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Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

88. Jahrgang.

Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im Oberamts­bezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg.» Reklamen 25 Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.

Dienstag, den 5. August 1913.

Bezugspreis: In der Stabt mit Lrägerlohn Mk. 1.28 vierteljährlich, P-st. bezugSpreiS für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bagern und Reich 42 Pfg.

Amtliche Bekanntmachungen.

K. Oberamt Calw.

Bekanntmachung, betr. Verleihung von Medaillen der König Karl-Zubiläumsstiftung.

Durch Allerhöchste Entschließung Seiner Majestät des Königs vom 3. Juli d. I. ist

1. dem Jakob Schwämmle, seit 40 Jahren Ar­

beiter in der Baumwollspinnerei, G. m. b. H.,

2. dem Wilhelm Heilemann, seit 35 Jahren

Appreteur bei den Vereinigten Deckensabriken

Calw, A.G.,

3. dem Christian Riemann, seit 37 Jahren Ap­

preteur bei den Vereinigten Deckenfabriken Calw,

A.E.,

4. dem Andreas Haug, seit 37 Jahren Färberei­

taglöhner bei den Vereinigten Deckenfabriken

Calw, A.E.,

die Medaille der König Karl-Jubiläumsstiftung ver­liehen worden, was ich zufolge höheren Auftrags hiemit veröffentliche.

Den 4. August 1913.

Regierungsrat Binder.

An die Ortspolizeibehörden,

betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Bäckereien.

Von dem K. Gewerbeinspektor wurde bei den Re­visionen der Bäckereien wahrgenommen, daß die Ver­fügung des K. Ministeriums des Innern vom 12. März 1909 Reg.Bl. S. 43 nicht überall entsprechend der Vor­schrift des § 15 der genannten Verfügung in den Ar­beitsräumen ausgehängt ist, und daß vielfach auf dieser Tafel von der Ortspolizeibehörde nicht vermerkt ist, wenn seitens des Oberamts eine Dispensation von der gesetzlichen Vorschrift ergangen ist.

Die Ortspolizeibehörden werden daher angewiesen, bis 15. d. Mts. hieher zu berichten, ob den Vorschriften nunmehr genügt ist, bezw. welche Anstände bestehen.

/--Calw, den 2. August 1913.

K. Oberamt.

Amtmann Rippmann.

Flotzsperre.

Für die Zeit vom 4. bis 21. August d. I. wurde Flotzsperre auf der Enz und Kleinen; angeordnet.

Den 4. August 1913.

Reg.-Rat Binder.

Die Konferenz in Bukarest.

In der Samstagssitzung der Bukarester Friedens­konferenz stellten die Vulgaren gegenüber den Forde­rungen der Serben und Griechen (vergl. C. Tgbl. Nr. 178) folgende Gegenforderungen auf: 1) Die neue Grenze beginnt an der alten serbisch-bulgarischen Gren­ze, geht zwischen Kumanowo und Egri Palanka nach Süden, zwischen Veles und Jschtip über den Wardar bis Murichowo bei Monastir, sodann über Gewgeli und westlich von Serres über die Struma; sie endet im Golf von Orfano. Es bleiben daher auf bulgarischem Gebiet Egri Palanka, Kratowo, Kotschana, Jschtip, Radowischte, Strumitza, Doiran, Serres, Demirhisfar und Kavalla. 2) Da die Entscheidung über die Inseln von der Botschaf­tervereinigung in London den Großmächten Vorbehalten ist, kann Bulgarien nach dieser Richtung keine Ver­pflichtung übernehmen. 3) Bulgarien kann die Be­rechtigung der Forderung der Verbündeten nach einer Entschädigung der Einwohner nicht anerkennen und über diesen Gegenstand auch nicht verhandeln. 4) Bul­garien willigt ein, daß die Streitigkeiten, betreffend die alte serbisch-bulgarische Grenze, einer internationa­len Militärkommission anvertraut werden, die von den Großmächten zu ernennen ist. 5) Bulgarien nimmt den Grundsatz an, demzufolge die Kriegführenden sich unter Wahrung der Gegenseitigkeit verpflichten, auf ihrem Gebiet den Nationalitäten volle Schul- und Kirchen­freiheit zu gewähren. Diese bulgarischen Gegenvor­schläge haben einenungünstigen Eindruck" hervorgeru­fen, weil man in diesem Verhalten Bulgariens eine

Mißachtung des kriegerischen Erfolges der Verbündeten, sowie das Bestreben erblickt, die Friedensverhandlungen zu vereiteln. Man erwartet, daß die griechischen Unter­händler die bulgarischen Vorschlägein gebührender Form abweisen" werden. In der Beratung zwischen den beiderseitigen Unterhändlern am Samstag versuchte man, zu einer Einigung zu gelangen. Die Beratung endete indes ohne Ergebnis. Die Griechen bestehen auf Kavalla, ebenso die Vulgaren. Die Serben schlagen eine neue Westgrenze vor, ausgehend von dem Punkt, wo die Wasserscheide der Bregalnitza und der Struma die bulgarische alte Grenze berührt, dann der Wasserscheide entlang im Süden in das Tal der Strumitza, dann westlich anschließend an die Grenze des ersten Vor­schlags. Die Vulgaren lehnen dies ab.

Rumänen und Vulgaren sind schon so ziemlich im Reinen. Am Samstag kam es zu einer Einigung unter den beiden Parteien über die drei Punkte, die von Rumänien in der Note vom 21. Juli umschrieben worden sind. Der Verlauf der neuen Grenze wurde durch die militärischen Unterhändler festegelgt. Sie beginnt 12 Kilometer unterhalb Balt- schik, läuft dann in einer Entfernung von 10 Kilometer südlich Dobritsch vorüber und endigt 9 Kilometer west­lich von Turtukai bei dem Dorfe Tourksymil. An eini­gen Punkten weicht die neue Grenze um 1516 Kilom. von der geraden Linie nach Westen ab. Ferner ver­pflichtete sich Bulgarien, die Befestigungen von Rust- schuk und Schumla zu schleifen und keine neuen Befesti­gungen in dem dazwischen liegenden Gebiet und in einem Umkreis von 20 Kilom. um Baltschik herum an­zulegen. Die Frage der rumänischen Schulen und Kir­chen in dem von Bulgarien eroberten Gebiet wurde ent­sprechend den auf der Petersburger Konferenz gemach­ten Vorschlägen geregelt.

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Bukarest, 4. Aug. Heute vormittag wurde ein von rumänischer Seite eingebrachter Vorschlag auf Verlänge­rung der Waffenruhe um 3 Tage angenommen.

Stadt» Bezirk und Nachbarschaft

Calw, 5. August 1913.

Gemeinschaftlicher Bezug von Obst Lurch die Darlehenskassenvereine. Auf Einladung des Stadtsch. Müller von Neubulach versammelten sich eine größere Anzahl Vertreter von Darlehenskassenvereinen des Be­zirks, um wegen gemeinschaftlichem Aufkauf von Obst Beratung zu pflegen. Durch das Rundschreiben der Kauf­stelle für landw. Genossenschaften v. 31. v. Mts., hatte die Angelegenheit insofern Förderung erfahren, als die Kaufstelle sich bereit erklärt hat, die Vermittlung des Ankaufs von Mostobst für diesen Herbst unter annehm­baren Preisen und zuverlässigen Bedingungen zu über­nehmen. Die anwesenden Vertreter begrüßten diese Ge­legenheit und glaubten, durch die Annahme der Offerte der Kaufstelle aufs Neue volles Vertrauen entgegen zu bringen. Von 14 Vereinen wurden in vorsorglicher Weise 28 Waggon Obst bestellt, und wir möchten hoffen, daß die Ausführung der Lieferung in befriedigender Weise erfolgt.

Klavier- und Liederabend. Heute abend treten im Badischen Hof der Klaviervirtuose Franz Xaver Mühlbauer und der Tenorist Ernst Walden-Eut- mann aus Berlin auf. (Siehe Ins.)

Fo Weiß begnadigt. Die wegen Mords u. a., be­gangen an dem Bahnwart Löffler in Althengstett, gegen den ledigen Bauern Wilhelm Weiß erkannte Todes­strafe wurde durch Entschließung des Königs in lebens­längliche Zuchthausstrafe umgewandelt. Weiß wird sein Leben im Ludwigsburger Zuchthaus verbringen müssen.

Turnerisches. Der hiesige Turnverein hat sich an dem am Sonntag in Horb a. N. stattgefundenen Eauturnfest in der erfolgreichsten Weise beteiligt. Er erhielt im Vereinswetturnen einen Id Preis und war Sieger gegen drei andere Vereine im Gauwettkampf beim Stafettenlauf. Von den einzelnen Turnern er­hielten Preise: In der Oberstufe: Julius Zahn 3.

Preis, Gustav Hiller 4. Pr., Emil Erhardt 5. Pr.; in der Unterstufe: Robert Herz I.Pr., Fritz Schind­ler 2. Pr., Eugen Müller 10. Pr., Hans Finkenscher 11. Pr., Ernst Jooß 15. Pr., Hermann Dierlamm 18. Pr., Bruno Koch 20. Pr., Georg Rösle 20 Pr., Erich Wal­ter 21. Pr., Karl Bacher 24. Pr.; die Zöglinge: Gustav Wiedmaier 1. Preis, Alfred Keßler 2. Pr., Emil Rieger 4. Pr., Fr. Schad 8. Pr., Heinrich Nagel 14. Pr., Karl Schaffert 16. Pr.

scb. Mutmaßliches Wetter. Für Mittwoch und Donnerstag ist zeitweise bewölktes, aber vorherrschend trockenes und ziemlich warmes Wetter zu erwarten.

b. Hirsau, 4. August. Recht bewegtes Leben herrscht zurzeit hier. Eine Ferienkolonie mit 28 Knaben aus Cannstatt hat für 25 Tage im Wald­horn ein Heim gefunden. Sind auch die Lager­stätten bescheiden, so sind doch die Unterbringungs­räume hell und luftig und darum auch der Humor und die Lebenslust der wohlversorgten Jungen groß. Bei günstiger Witterung findet man die heiteren Burschen freilich den Tag über wenig zu Hause. Da Hallen die prächtigen umliegenden Wälder und die romantischen Tälchen wider von ihrem Gesang und Freudengeschrei. Dort weitet sich die Brust! Da stellt sich pünktlich der bisher oft mangelnde Appetit ein.

^ Bad Teinach, 4. Aug. Der letzte Samtag brachte den Kurgästen ein« Italienische Nacht mit bengalischer Beleuchtung und Feuerwerk. Bei herrlichstem Wetter erleuchteten Hunderte von Lampions in allen möglichen Größen, Formen und Farben die Anlagen rund um das Vadhotel herum vom Lindenplatz hinter dem Palais an der Trinkhalle und Hirschquelle vorbei, bis zur Teu- felsbrücke und zurück bis zum Portal; besonders reizend waren die Anlagen am kleinen Teiche und am Waldes­rande der kleinen Tour entlang anzusehen. Auf den Balkonen und Veranden erhöhten kleine farbige Wind­lichter die Wirkung. Bei Einbruch der Nacht verkündete ein Kanonenschlag den Beginn des Feuerwerks. Es war eine glückliche Idee, dieses vom Turm der Zavelsteiner Ruine abzubrennen. Es dürfte weit und breit kaum einen Badeplatz geben, der einen für solche Zwecke >sv günstigen Platz aufzuweisen hat. Gegen den dunkel­blauen, sternbesäten Augustnachthimmel hebt sich auf steiler bewaldeter Höhe der alte Burgturm majestätisch ab; die Wirkung des bengalischen Lichtes, der Raketen mit ihren langsam herabsinkenden Sternchen, der Feuer­räder usw. war unbeschreiblich schön, das Herrlichste war ein mehrere Minuten währender Lichtregen, einem Wasserfall vergleichbar, der in breitem Strom vom Turm herabbrauste; etwas Entzückenderes läßt sich kaum denken. Auch mit mäßigen, klug und geschickt angewandten Mitteln ist Großes zu erzielen, dafür war der gestrige Abend ein schlagender Beweis. Und es waren alle Zuschauer voll befriedigt und einig in dem Wunsche nach einer baldigen Wiederholung der Ver­anstaltung, die auch die Bewohner unserer Oberamts­stadt anziehen dürfte, zumal die Beleuchtung der Ruine Zavelstein für jeden Sonntagabend vorgesehen ist.

w. Althengstett, 4. Aug. Am gestrigen Sonntag besuchte uns der Posaunenchor des Jünglingsvereins von Marbach a. N. Schon in aller Morgenfrühe zogen die jungen Musiker unter den Klängen eines frohen Marschliedes hier ein. Da unsre Kirche wegen um­fassender Restaurationsarbeiten gegenwärtig nicht be­nützt werden kann, wurde der Vormittagsgottesdienst gestern erstmals im Pfarrhof gehalten. Nachmittags fand unter großer Teilnahme von Jung und Alt ein Waldgottesdienst statt. In beiden Gottesdien­sten wirkte der Posaunenchor mit und gestaltete sie durch Begleitung des Gesangs und weiterer schöner Dar­bietungen zu einer weihevollen Feier. Auch mehrere Ständchen wurden von den unermüdlichen Posaunen­bläsern gebracht; namentlich wurden verschiedene Kran­ke, welche den Gottesdienst nicht besuchen konnten, da­mit erfreut. So wurde der ganzen Gemeinde von den lieben Gästen ein schöner Sonntag bereitet, den sie ge­wiß in dankbarem Andenken behalten wird.