gesucht wurde und erinnerte an den heutigen, für Hirsau als Kurort bedeutungsvollen Tag. Ein brausendes Hoch auf die Kurgäste schloß die Rede. Im Anschluß an diese trug ein Schüler frisch und mit Betonung ein Gedicht vor. Dann gabs Konzert und unter dessen Klängen Kinderspiele. Ein munteres, jahrmarktähnliches Treiben entwickelte sich. Am Abend schwoll der Strom der Gäste — Calw selbst war über Erwarten stark vertreten — noch mehr an. Mit hereinbrechender Nacht erstrahlten Wege, Rasen, See in stimmungsvollem, farbigen Lichterglanze, und die alten Schloß- und Klosterruinen durchleuchtete eine glutige Helle, die die Erinnerung an die bitteren Zeiten der Zerstörung des Wunderbaues heraufbeschwor. Das war alles sehr eindrucksvoll. Mit Tanz schloß der Tag. — Mögen die Hoffnungen in Erfüllung gehen, die der aufstrebende Kurort Hirsau an diesen gestrigen Tag knüpft!
Oberhaugstett, 31. Juli. Gestern abend fand im Löwen zu Ehren des von hier scheidenden und nach Tamm OA. Ludwigsburg beförderten Hauptlehrers Diegel eine Abschiedsfeier statt. Stadtvikar Schmid betonte in seiner Rede des Scheidenden Verdienste in der Schule und schilderte dessen friedliebenden und unparteiischen Charakter. Schultheiß Proß dankte im Namen der Gemeinde für den unverdrossenen Fleiß und die Liebe, mit denen Herr Diegel die Kinder zu behandeln wußte und bedauerte dessen Weggang. Zum Schluß dankte der also Geehrte für das ihm und seiner Familie entgegengebrachte Vertrauen, und für die Liebe, die sie in hiesiger Gemeinde genießen durften. Wir wünschen ihm und seiner Familie von Herzen ferneres Wohlergehen!
Breitenberg, 4. Aug. Heute nacht wurde der ledige, 26 Jahre alte Bauer Rentschler von hier bei einem Wortwechsel in den Unterleib gestochen. Der Verletzte wurde noch in der Nacht ins Krankenhaus Calw verbracht. Sein Zustand ist befriedigend.
-- Weilderstadt, 1. Aug. Nachdem der Turnverein vor 14 Tagen dem Turnverein Pforzheim einen Besuch abgestattet hat, beabsichtigt diesen Sonntag auch der Gesangverein „Sängerbund", die Pforzheimer Ee- sangesbrüder zu besuchen. — Nächsten Mittwoch kommt hierher eine Abordnung des Deutschen Hopfenbauvereins, um den Stand der Hopfen zu besehen, nachdem sie dieses auch in Tettnang, Rottenburg und Herrenberg getan haben. Wie verlautet, soll die Hopfenpflanze in Böhmen, dem Hauptkonkurrenten Württembergs in diesem Artikel, dieses Jahr unter der Witterung sehr gelitten haben, darum erwarten unsere Produzenten bei schöner Ernte einen hohen Preis.
Altensteig, 2. August. Der Viehmarkt gestaltete sich so lebhaft, wie lange nicht mehr. Die Zufuhr war eine große und auch das Publikum war zahlreich
Kmina.
17) Roman von Gerhard Büttner.
Im Salon zweiter Klasse konnten sie nur schwer ein passendes Plätzchen finden.
Unweit ihnen saßen einige österreichische Offiziere, die bei Bier und Kartenspiel lebhaft die tripolitanische Frage behandelten, das Gespräch aber abbrachen, als sie des türkischen Diplomaten Uniform ansichtig wurden.
Als einziger Zivilist an ihrem Tische saß eine kraftstrotzende Gestalt, deren lebhafter Erzählung jetzt die Offiziere folgten, der auch Amina und Ben Hassan Omir unwillkürlich zuhörten.
Zunächst schien das Thema die Pferdezucht zu bilden, wozu auch einige Offizere diese oder jene Bemerkung machten.
Ganz besonders intensiv folgte sodann Amina den Reden des Zivilisten, weil ihr die Sprache ungemein bekannt vorkam. Unablässig mühte sie sich, das Gesicht des Fremden zu erkennen, doch war ihr dies nicht
Da meinte einer der Offiziere, nachdem das Gespräch allgemein auf die Landwirtschaft übergesprungen war: „Das muß ich ja sagen, daß Hellmuths Alter ohne den trefflichen Inspektor, der ihm nun kurzerhand wegen so einer Lapalie davongelaufen ist, niemals so glänzend dastände, wie heute. Denn nicht wahr, Hellmuth, Euere Hypotheken . . ."
„Sind restlos gelöscht!" erwiderte der Angeredete.
Nun hatte Amina den Sprecher völlig erkannt. Der Ausdruck von Freude und eines peinlichen Gefühls wechselte auf ihrem Antlitz. Man mußte ihr dies wohl anmerken; denn einige Male fragte Ben Hassan Omir, was sie denn habe?
„Nichts und viel", erwiderte Amina.
„Ich konstatiere soeben," fuhr sie fort, „daß die Welt klein ist, sehr klein. Oben an der Ostsee, in Steinkirchen, da habe ich einen Ingenieur kennen gelernt, Und was wetten Sie, Freund, daß derselbe da bei den Offizieren am Tische sitzt und sich geraume Zeit schon Mühe gibt, zu ergründen, ob es denn wahr sein könne, daß ich just dieselbe Signora bin, für die er mich wohl hält."
Im gleichen Moment trug der Kellner das Nachtessen auf; v. Haller aber erhob sich von seinem Platze, einige Sekunden darauf der Signora gegenüber zu stehen.
„Grüß Euch Gott, Signora, in meinem Heimat
vertreten. Zugeführt waren 186 Paar Ochsen, 68 Stück Kühe, 80 Stück Jung-oder Schmalvieh. Der Handel war sehr lebhaft. Die Preise hielten sich im allgemeinen auf der seitherigen Höhe. Ochsen und Stiere galten 818—1825 tck per Paar, Kühe 281—561 per Stück, Jung- oder Schmalvieh 150—580 -4t per Stück. Die Händler machten große Einkäufe. Auf der hiesigen Station gingen 11 Eisenbahnwagen mit zusammen 131 Stück Vieh ab. — Auf den Schweinemarkt waren 157 Stück Läufer und 328 Milchschweine zugeführt. Erstere galten 55—110 -Ä, letztere 28—61 per Paar.
Nagold, 3. Aug. Auf dem Rathaus in Wildberg haben die Vertreter einer Anzahl interessierter Gemeinden die Errichtung einer Distriktsarztstelle in Wildberg beschlossen und ein Wartgeld von 1600 bewilligt. Die Stelle wird ausgeschrieben. — Verwalter Elock vom Bruderhaus in Schernbach tritt in den Ruhestand und siedelt nach Reutlingen über. Er hat 33 Jahre seines Lebens dem Bruderhaus gewidmet und eine reich gesegnete Tätigkeit entfaltet. Auch hat er viele Vertrauensämter bekleidet, da er als ein erfahrener Praktiker im Obstbau, sowie in der Land- , und Forstwirtschaft galt.
Württemberg.
Jlsfeld OA. Besigheim, 2. Aug. (Zur Warnung.) Kommt da ein Hausierer, der sich als Vertreter des Lorenz Kaselitz aus Hannover ausgibt, mit Namen Max Jakob. Er sucht hauptsächlich solche Häuser auf, in denen in letzter Zeit eine Person gestorben ist, gibt an, für 85 Pfg., welche voraus zu zahlen sind, liefere er eine garantiert fast lebensgroße Vergrößerung einer mitgegebenen Photographie des Verstorbenen. Erhält er 85 Pfg. und eine Photographie, dann kommt er nicht mehr wieder. Nach etwa 6 Wochen kommt ein Vertreter der Münchener Photographischen Kunstanstalt München 23, Helmtrudenstraße 11/l. Dieser Vertreter heißt Ewald Spenke und wohnt Eerberstraße 19 in Heilbronn. Er zeigt ein Bild vor und läßt sich einen Garantieschein unterschreiben mit Anfügen, daß für Ähnlichkeit des Bildes gesorgt wird und läßt sich 2.50 Mark vorauszahlen. In dem Garantieschein steht: Erfüllungsort für beide Teile ist München, das Bild kostet 7.50 ^l, also werden noch 5 -4l auf das Bild nachgenommen, hiezu kommen noch 70 Pfg. Nachnahmeporto. Kommt dann das Bild, so hat es mit der Photographie des Verstorbenen keine Ähnlichkeit und der Besteller gehört zu denen, die „nicht alle werden".
Gmünd, 2. Aug. Neben weiteren Geschäften hat nun auch der Konsumverein im Interesse des Personals für seine 6 Läden über den Monat August den 7 Uhr- Ladenschluß eingeführt. Ausgenommen sind der Freitag und der Samstag.
lande," sagte er in einem Tone, dem man übermäßige Freude anmerkte, „ich ahnte nicht, daß sich so rasch erfüllen würde. . . ."
„Ein Freund meines Elternhauses," warf Amina ein, weil sie fürchtete, daß v. Haller in seiner impulsiven Art sich ihrem Begleiter gegenüber irgendwie verraten könnte, „Ben Hassan Omir!"
„Ingenieur Hellmuth v. Haller! Freue mich unendlich, einem so berühmten Vertreter der Nation der verehrtesten Signora die Hand drücken zu dürfen. Meine Freunde an jenem Tische haben Sie bereits lebhaft betrachtet; ich glaube, sie würden glücklich sein, auch Ihr werte Bekanntschaft zu machen."
„Ehrt mich sehr, ehrt mich sehr!" sagte Ben Hassan Omir und verbeugte sich einigemale.
„Vielleicht darf ich Sie mit den Herren bekannt machen," meinte v. Haller, „sobald Sie Ihr Nachtessen eingenommen. Inzwischen möchte ich nicht weiter stören." Und er reichte Ben Hassan Omir und Amina die Hand.
Was aber Amina in seinem Händedruck spürte, trieb heiße Glut in ihre Wangen.
Und als v. Haller sich wandte und dem Tisch seiner Freunde zuschritt, traf sie noch ein Blick aus seinen Augen, aus dem sie herausfühlte, daß er auf ihre Antwort warte.
Einen so kräftigen Appetit, wie ihn ihr Begleiter zeigte, vermochte Amina nicht zu entwickeln. Sie stach mehr in den Speisen herum, als daß sie aß. Und als die ersten Fahrgäste nun aufbrachen, um wieder die Coupees aufzusuchen, begann auch sie Ben Hassan Omir auf die vorgerückte Zeit aufmerksam zu machen.
Nur wenige Passagiere weilten noch im Speisesaale, als v. Haller den türkischen Diplomaten mit seinen Freunden bekannt machte.
Während diese sich nun mit Ben Hassan Omir unterhielten, widmete sich v. Haller ganz Amina.
„Welch ein Glück," meinte er, „Sie hier zu treffen. Ist das Schicksal so huldreich, mir mehr als erwartet beim Eintritt in die liebe, alte Heimat an Glück zu spenden? Haben Sie ein Glück für mich mitgebracht, Teuerste? Ihre Augen strahlen so zur Hoffnung begeisternd. Kehren Sie jetzt in Ihre Heimat zurück, weil Sie jetzt frei sind. Hat Sie Ihr Gatte freigegeben, ist Ihr Weg zur Zukunft nun der Dornen bar, von denen Ihnen das Leben nun schon genug zu fühlen gab?"
Steinheim OA. Heidenheim, 2. Aug. Bei der Versteigerung der Schafweide kam die Gemeinde zu einem so schönen Erlös, wie schon seit langem nicht mehr. Statt 2440 °4l im Vorjahr wurden 3940 gelöst. Auch in anderen Gemeinden wurde ein erheblicher Mehrerlös erzielt.
Mittelbiberach, 2. Aug. Als der verheiratete Gabriel Kopf von Reute damit beschäftigt war, Gülle auf seine Wiese zu führen, hatte er sein drei Jahre altes Söhnchen vorne auf den Wagen gesetzt. In einem unbewachten Augenblick spielte das Kind mit einem der Jochnägel; das Joch löste sich und als der Vater die Gefahr bemerkte, war es schon zu spät. Das Kind fiel unter den Wagen, besten Räder ihm über den Kopf gingen. Es konnte nur mehr als Leiche unter dem Wagen hervorgeholt werden.
Mm, 2. August. Oberleutnant Dietsch vom 19. lllanenregiment König Karl hat den bereits berichteten Selbstmord in der in der Rankestraße zu Berlin gelegenen Wohnung begangen. Er war zur Kriegsakademie kommandiert und galt als sehr fleißig. Der Verstorbene war seit Dezember 1901 Leutnant und seit dem 20. Dezember 1910 Oberleutnant. Es heißt, daß er von früher her dringende Verpflichtungen hatte, die ihm die Waffe in die Hand gedrückt haben sollte.
Leutkirch, 2. Aug. Zur Sekretärwahl im alten Eisenbahnerverband scheinen sich die Verhältnisse allmählich zu klären und die Kandidatur Fischer-Heilbronn starken Vorsprung zu gewinnen. Nachdem Heilbronn, Reutlingen und Crailsheim schon einstimmig für ihn eintraten, ist Fischer auf Sonntag zu einer von den ober- schwäbischen Eisenbahnern veranstalteten Versammlung nach Leutkirch berufen worden.
Aus Wett und Zeit.
Mainz, 2. Aug. Ein Mann, der nach Bingerbrück reisen wollte, wurde auf einer Station der Rhein-Nahe- Bahn aus dem Zuge heraus verhaftet, weil während der Fahrt ein Schaffner darüber Verdacht geschöpft hatte, daß zwei Mädchen von 15—17 Jahren, die in der Begleitung des Mannes reisten, unaufhörlich weinten. Der Verhaftete verweigerte jede Angabe über sich.
Straßburg, 3. August. In der Nacht zum Samstag stellte ein patrouillierender Posten von der 2. Kompagnie des Infanterieregiments 143 im nassen Graben der alten Festungswerke hinter der Zitadelle einen dort verbotenerweise fischenden Unteroffizier und gab auf denselben, als er trotz eines. dreimaligen Anrufs Miene machte, zu entfliehen und sich nicht verhaften ließ, einen Schuß ab. Der Unteroffizier, Vizefeldwebel Boldt von der 4. Komp, des Inf. Regts. 132 ist ziemlich schwer am Schulterblatt verwundet und liegt im Lazarett.
Amina sah an v. Haller vorbei.
„Frei? — Ja frei bin ich jetzt, Herr v. Haller," entgegnete sie. „Aber es war der bittere Tod, der mich entkettete. Drüben in Tripolis hat mein Gatte Sühne für seine Charakterfehler gesucht; in meinem Heimatsorte Durazzo aber, da ist er gestorben. Der Tod löst alles, Herr v. Haller, Haß und Liebe".
„Es war ihm, als klang ein grenzenloses Glück durch ihre Stimme. „Und nun?" fragte er. „Was nun?"
Schien Amina das Hoffen nicht zu spüren, das ihn beseelte? „Jetzt muß ich heim," sagte sie, „heim nach Durazzo. Man wartet meiner. Die Gräber warten. Das meiner Mutter und das meines Gatten."
„Und wenn auch ich warte, Amina?"
Einen Augenblick schien Amina zu überlegen, dann sagte sie leise und tonlos: „Was soll ich Ihnen sagen, Herr v. Haller. Sie sind ein edler und guter Mensch; und wenn ich aufrichtig sein soll: ich habe Sie gerne. Aber wie die Dinge nun liegen: hinter mir ist alles voll Traurigkeit; kein Glück, wenig Liebe zu finden. Da wird es auch Sie nicht Wunder nehmen, wenn ich an eine Zukunft voll Sonnenschein nicht mehr recht glaube. Wenn ich so alles überdenke, dann möchte ich fast sagen: ich heirate nie mehr!"
r,Das ist ein schweres Wort, Signora, an einen, der Sie liebt. Sollte es wirklich bei dem Nie bleiben?"
„Und wenn auch das nicht, Herr v. Haller. Sobald dürfte ich meinen Sinn wohl kaum ändern."
„Signora," ries Ben Hassan Omir herüber, „wir müssen sogleich ins Coupee!"
„Ganz recht," gab Amina zurück, „Herr v. Haller wird mich vielleicht bis dorthin begleiten."
„So darf man also doch noch hoffen, Signora. Sie haben nicht nein gesagt, und man darf warten?"
„Warten? Ich kann es Ihnen nicht verbieten, Herr"». Haller."
Sie traten auf den Bahnsteig hinaus. Er begleitete sie auf den Perron. Das Halbdunkel, das hier herrschte, ließ v. Haller die Signora noch vorteilhafter und begehrenswerter erscheinen; zudem waren sie unbeachtet.
„Amina," sagte v. Haller, und reichte ihr seine Rechte, „Leben Sie wohl und vergessen Sie nicht . . ."
Voll Zärtlichkeit hatte er sich über sie gebeugt. Sie fühlte eine Unzahl glühender Küste auf ihren Lippen.
(Fortsetzung folgt.)