4 Uhr zum Rückflug zunächst nach Berlin aufge­stiegen.

Wien, 23. Juli. Bei der Explosion auf Objekt 3 der Pulverfabrik in Wölkersdorf wurden drei Arbeiter getötet, während 17 Personen, in der Hauptsache Frauen und Mäd­chen verwundet wurden, drei von ihnen so schwer, daß sie kaum mit dem Leben davon kommen dürften. Die Ursache der Explosion konnte bisher noch nicht festgestellt werden. Der .Arbeiter bemächtigte sich eine Panik, da sie die Tür des Rau­mes verschlossen fanden, in der das Geschoß krepierte. Durch herabfallende Mauerstücke wurden mehrere von ihnen ver­wundet. Als sie schließlich ins Freie gelangten, weigerten sie sich, trotz der Aufforderung der Direktion, die Arbeit wie­der aufzunehmen, worauf der Betrieb einstweilen eingestellt wurde. Er ist dies die fünfte Explosion, die sich in diesem Jahre in den Pulverfabriken von Wöllersdorf ereignete.

Kopenhagen, 23. Juli. Bei Kolding auf Jütland über­fuhren die Großfürsten Dimitri und Cyrill mit Gefolge ein Fleischerfuhrwerk. Dieses stürzte um und vier seiner Insassen wurden schwer verletzt. Die Insassen des Automobils fuhren, ohne sich weiter um die Verletzten zu kümmern nach der deut­schen Grenze, wurden aber dort angehalten und erst nach Fest­stellung der Personalien wieder entlassen.

New Jork, 23. Juli. Aus den Trümmern der gestern niedergebrannten Fabriken in Binghampton hat man bis jetzt 22 Leichen hervorgezogen. Die Toten sind völlig verkohlt. Man vermutet, daß sich unter den Trümmern noch weitere 50 Leichen befinden, die nicht geborgen werden können, da der Brand unter der Asche fortglimmt. 50 Frauen und Mädchen befinden sich im Hospital; sie haben zum Teil furchtbare Ver­letzungen davon getragen.

Dom Kriegsschauplatz.

Griechenland und Serbien stimmen dem Vorschlag Ru­mäniens zu, daß die Präliminarakte des Friedens in Buka­rest unterzeichnet werden. Griechenland stellt das Verlangen, daß der Waffenstillstand gleichfalls in Bukarest unterzeich­net wird. Die bulgarische Regierung hat auf die letzte ru­mänische Note mit der Erklärung geantworiet, daß sie die for­mulierten Hauptpunkte annehme und hoffe, daß die nebensäch­lichen Punkte keine Schwierigkeiten bereiten werden. Die in Nisch eingetroffenen bulgarischen Gesandten werden folgende Friedensbedingungen unterbreiten: 1) Saloniki nebst seinem Hinterland bis Tsagesi wird griechisch, 2) Kavalla verbleibt .bei Bulgarien, 3) Bulgarien verweigert die Zahlung einer Kriegsentschädigung, 4) Bulgarien erkennt nicht die Ver­pflichtung an, für materielle Schäden im östlichen Mazedonien aufzukommen, da es sich nicht für Plünderungen und Feuers­brünste verantwortlich hält. Zwischen den Königen Bul­gariens und Rumäniens hat ein Telegrammwechsel stattge­funden. Der bulgarische Zar bittet, um seiner gegenwärtigen peinlichen Lage ein Ende zu setzen, den König der Rumänen um Frieden, d. h., im Hinblick auf den festen Entschluß Bulgariens, mit Serbien und Griechenland Frieden zu schlie­ßen, und Einstellung des rumänischen Vormarsches. König Karol beeilte sich, auf diese Bitte hin den König Ferdinand auf die rumänischen Bedingungen zu verweisen, von deren Erfüllung Rumänien die Befriedigung der Wünsche Bulga­riens abhängig macht.

Serichtssaal.

Heilbronn, 22. Juli. Wegen Milchfälschung wurden in letzter Zeit folgende Personen verurteilt: Am 27. Mai vom K. Schöffengericht Weinsberg die Bauers­witwe Dertinger von Bretzfeld wegen fahrlässiger Milch­

fälschung zur Geldstrafe von 30 -A. Wasserzusatz 8 Pro­zent. Am 20. Juni von K. Schöffengericht Neckarsulm: Magdalene Wörner, Bauerstochter in Duttenberg, zur Geldstrafe von 60 Wasserzusatz 46 Prozent. Luise Kleesattel, Straßenwartsehefrau in Duttenberg, zur Geldstrafe von 60 -4l; Wasserzusatz 37 Prozent. Marie Nuß, Bauersehefrau in Duttenberg, zur Geldstrafe von 15 -R; Wasserzusatz 5 Prozent. Am 8. Juli vom K. Schöffengericht Weinsberg die Bauerswitwe Kniesel in Affaltrach zur Geldstrafe von 100 Wasserzusatz 88 Prozent. Christian Wolpert, Bauer in Schwabbach, we­gen fahrlässiger Milchfälschung zur Geldstrafe von 10 Mark; Wasserzusatz 10 Prozent. Die Milchen wurden in Heilbronn beanstandet.

Landwirtschaft «nd Märkte.

Pforzheim, 19. Juli. Der heutige Schweinemarkt war befahren mit 67 Ferkeln. Verkauft wurden 50. Preis: 4654 -1l das Paar.

Weilderstadt, 22. Juli. Der Viehmarkt gestern war stark besucht. Handel trotzdem gedrückt. Eesamt- zufuhr 545 Stück, und zwar: 160 St. Ochsen und Stiere, 250 Kühe und Kälber, 135 St. Jungvieh. Preise: Ochsen 530622 Stiere 410500 ^l, Kälberkühe 420600 Kalbinnen 450500 -N; Schmalvieh 162

bis 260 lK das Stück. Schweinemarkt. Zu­fuhr: 62 Stück Läufer und 594 St. Milchschweine; el­ftere 116145 -N, letztere 4562 -N das Paar.

s. Herrenberg, 21. Juli. Auf dem heutigen Vieh­markt waren zugeführt: 55 Stück Ochsen, 296 Stück Kühe und Kalbinnen, 170 Stück Jungvieh, was gegen letzten Markt ein Mehr bedeutet bei den Ochsen um 21 Stück, bei den Kühen und Kalbinnen um 64 Stück, und bei dem Jungvieh um 23 Stück. Von Händlern waren zugeführt 100 Stück. Es waren ziemlich viele Käufer am Platze; der Verkauf ging schleppend. Begehrt war besonders fettes und Jungvieh. Die Preise sind gegen letzten Markt gleichbleibend. Erlöst wurde für ein Paar Ochsen 10001450 für eine trächtige Kuh 350 bis

580 für eine Milchkuh 350450 -R, für eine Schlacht­kuh 250400 -R, für eine Schaffkuh 345480 -N, für eine Kalbin 400600 -R, für ein Jungrind oder Stier 170300 Auf dem Schweinemarkt waren

zugeführt: 333 Milchschweine; Erlös pro Paar 45 bis 68 -K, 185 Stück Läuferschweine; Erlös pro Paar 70 bis 125 Zl. Verkauf gut.

Oberndorf, 22. Juli. In Lauterbach ist die Heidel- beerernte, welche nur in winterlichen Lagen ergiebig ist, in vollem Gang. Die Beerenpreise, 1820 L das Pfund, sind ungewöhnlich hoch und übersteigen die Preise der vorangegangenen Jahre ums Doppelte und Dreifache.

v. Die württ. Ziegenzucht. Während Württemberg im vorigen Jahrhundert in der Ziegenzucht sowohl hinter seinen Nachbarstaaten als hinter Preußen und Sachsen bedeutend zu­rückblieb, zeigt die neuere Entwicklung ein gegenteiliges Bild. Nach den jetzt vorliegenden Ergebnissen der Viehzählung vom 2. Dez. v. I. stieg im letzten Jahrfünft 19071912 der Ziegenftand in Württemberg von 88 201 auf 111630, somit um 23 429 Stück 26,5 A, in Bayern dagegen von 308150 auf 315 000, somit um nur 7000 Stück oder 2,3 A>; in Preu­ßen aber ging der Ziegenstand von 2 235 529 auf 2 085 446 oder um 150 083 Stück 6,7 zurück. Im Interesse der Volksernährung ist die Aufwärtsbewegung in Württemberg sehr zu begrüßen; an dem Mehr ist der Neckarkreis mit 8695 Stück (27,3 A), der Schwarzwaldkreis mit 8090 (31,8 °/o),

der Donaukreis mit 4178 ( 27,8 A>) und der Jagstkreis mit 2466 Stück (15,5 A>) beteiligt. Dieses günstige Resultat wurde sowohl durch die rührige Tätigkeit der Ziegenzuchtver- -eine als durch die gesteigerten, staatlichen Maßnahmen zur Förderung der Zucht derKuh des kleinen Mannes" herbeige­führt.

Maul- und Klauenseuche. Da die Maul- und Klauen­seuche in Württemberg, Baden und Hessen erloschen und in den für die Einfuhr nach Württemberg in Betracht kommenden anderen deutschen Bundesstaaten sehr erheblich zurückgegangen ist, ist der Gesundheitszeugniszwang für Wiederverkäufer auf­gehoben worden und fällt die amtstierärztliche Untersuchung der aus anderen deutschen Bundesstaaten im Eisenbahn- oder Schiffsverkehr eingeführten Schweine an der Entladestelle weg. Dagegen sind für im Besitze von Händlern befindliche Schweine, die zum Zweck des Verkaufs aufgestellt oder außer­halb abgegrenzter Räumlichkeiten (auf der Rampe, im Um­herziehen usw.) feilgeboten oder auf Märkte aufgetrieben wer­den, nach wie vor amtstierärztliche Gesundheitszeugnisse bei­zubringen, ausgenommen hiervon sind jedoch diejenigen Schweine, die in öffentlichen Schlachthäusern zum Verkauf aufgestellt sind oder auf Schlachtviehhofmärkte aufgetrieben werden. Ferner wird erneut bestimmt, daß von außerhalb Landes eingeführte Einstellschweine, insoweit es jeweils nicht schon wegen Maul- und Klauenseuche zu geschehen hat, in Rücksicht auf Schweineseuche und Schweinepest auf die Dauer von 5 Tagen unter polizeiliche Beobachtung zu stellen sind.

Vermischtes

K.K. Eine wichtige volkswirtschaftliche Erscheinung.

Die Möbelfabriken beklagen sich seit Jahren immer mehr über den abnehmenden Absatz ihrer Erzeugnisse und besonders darüber, daß die Bestellungen auf gute Aussteuern immer kleiner werden, obgleich die Aus­gaben für andere Luxus- und Eebrauchsgegenstände in Deutschland ganz außerordentlich gestiegen sind. Ein junger Volkswirt hat jetzt den überraschend einfachen Grund für diese Erscheinung gefunden. Er liegt darin, daß die Wohnungen entsprechend dem Steigen der Erundstückspreise und den hohen Baukosten gegen früher kleiner und kleiner werden, und daß daher in neuen Wohnungen, wenn sie auch sonst mit allem Komfort ausgestattet sind, für größere Möbel überhaupt kein Platz mehr ist. In einzelnen Städten, besonders Süd­deutschlands, wo zudem die gebirgige Lage das Bauen noch besonders verteuert, macht sich dieser Rückgang des Absatzes in hervortretender Weise fühlbar. Unter die­sen neuartigen wirtschaftlichen Verhältnissen leidet na­türlich nicht bloß die Möbelbranche, sondern auch das Kunstgewerbe überhaupt.

Sprechfaal.

Bad Liebenzell. Seit einiger Zeit ist der Un­fug des Peitschenknallens wieder im Zunehmen. Schon an und für sich im Allgemeinen tadelnswert, ist es eine besondere Rücksichtslosigkeit gegen die zahlreichen Kurgäste, welche hierher kommen um Ruhe und Erholung zu finden, bei Tag und bei Nacht. Einsender hofft daher, daß diese Anregung genügen wird, um die städtische Behörde zur Be­kanntmachung eines ausdrücklichen Verbotes zu veranlassen, wie es z. B. schon längst im benach­barten Hirsau besteht.O"

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.

dem Lande ihres Gatten und ihrer Heimat. Und nun war Ben Hassan Omir hier in Berlin, kam zu ihr, hatte sie gefunden, sie, für die seine Liebe schon brannte, ehe die Geschütze über das Mittelmeer nach der Küste zielten, schon ehe die afrikanische Küste von Kriegs­schiffen belagert war und die Früchte eines reichen Som­mers ungepflückt im Sande ferner Wüsten und dem Grunde sonniger Oasenränder verdarben.

Und in merklicher Freude wandte sie sich ihrem Kinde zu und sang Giovanna-Refia vor:Allah ist groß, Allah ist groß und Mohammed und Mohammed der ist sein Prophet. . ." und wohl hundert Male wiederholte sie diesen schlichten heimatlichen Refrain und freute sich fast kindisch darüber, wenn die Kleine versuchte, der Mutter Sing-Sang nachzumachen . . .

Leise, fast garnicht merklich, wurde es düster. Un­bemerkt waren die Stunden fortgeschritten. Allmählich legten sich die bleiernen Schatten der Herbstdämmerung über das Licht des Tages und Amina war auf der Otto­mane neben dem Lager ihres Kindes eingeschlafen. Alia aber sorgte sich um das Kind.

Die kleine Giovanna-Refia trug nicht ganz der Mutter Züge; aber sie hatte dieselbe feine Nase, den kleinen, spitzen Mund; einen so zierlichen, wie er meist nur Orientalinnen eigen ist. Ein zierliches Kinn ver­lieh zudem mit einigen Wangengrübchen dem Antlitz so etwas Weiches, Zartes, daß es garnicht der schwär­merischen Augen bedurft hätte, um Anteil an der müt­terlichen Schönheit zu haben.

Amina selbst aber war stets als klassische Schönheit bekannt gewesen. Und die Beurteiler ihrer anmutigen Züge, der hohen, schlanken und doch auch üppigen Ge­stalt hatten nicht Unrecht. Zudem paarte sich mit ihrer

Schönheit ein seltenes Maß an Geist, was sie zu einer begehrenswerten Frau krönte . . .

Nacht war es geworden, als Amina wieder er­wachte. Kind und Dienerin fand sie schlafend. Von unten aus dem Hause herauf drang ein wenig leichte Musik herauf. Es mußte lustig im Dining-Room zu­gehen. Aus der Stadt aber tönten die Pulsschläge des Eroßstadtlebens an ihr Ohr: Das Töffen von Auto­mobilen, das Schellen der Straßenbahnklingeln, Men­schenrufe, die Gassenhauer halbwüchsiger Burschen; und das alles in einem wüsten Durcheinander, wie es eben nur eine Großstadt auch zur Nachtzeit zu erzeugen vermag.

Amina horchte!

Dann erhob sie sich von ihrer Ottomane und trat an das Fenster, öffnete es und sah hinab, in das laute Nachtleben Berlins, in der Stunde vor dem zehnten Glockenschlag! In der Stunde von dem Uebergang der lauten, geschäftigen Eroßstadtnacht in die stillere, sündi­gere, einschmeichelnde Eroßstadtnacht nach der zehnten Stunde. . . Um dieselbe Zeit, wenn die Eulen im tiefen Forste ihre schrillen Rufe nach Beute, verbunden mit lockenden Tönen, erschallen lassen; wenn der Scha­kal durch die Föhrenstämme schleicht, um seine Eier zu löschen, dann hebt der bachantische llmtrieb der sün­denhungrigen Großstädter an, dann schleicht im Ver­führungsmantel die galante Welt durch die Straßen Spree-Athens.

Und der Teufel lacht! Ja, er lacht . ., lachte . . ! Amina höre es . . . Das girrte aus den Straßen da unten zu ihr herauf, als säßen lauter Waldvögelchen, lockere, leichte Geschöpfe auf schwankem Aste und mach­ten sich Liebeserklärungen, Männlein und Weiblein, girr, girr . . . interessant für den Zuschauer! Und

Amina lächelte. Sie hatte da unten unter ihrem Fen­ster ein zärtliches Pärchen vorbeieilen sehen. Und sie lächelte, weil sie gesehen hatte, wie die Deutschen lieben. Die Deutschen . .! Ach, sie hatte immer gehört, der Deutsche habe so gar kein Temperament! Das gäbe es herzlich selten im Norden Europas, selten! Selbst in Süddeutschland sei es damit schon schwach bestellt. Und nur der Süden Europas werde vom Temperament er­füllt: Spanien, Italien und ihre Heimat .... Aber Amina wußte es jetzt besser. Sie hatte den stürmischen Kuß des Liebsten da unten und der Liebsten feurige Gebärden im Scheine der Easlaternen betrachtet. Da hatte sie Glut gespürt in dem Liebesleben jener zwei. Und sie mußte an die Liebe der Heimat denken, und an Ben Hassan Omir . . .

Bei Mohammed und den Propheten," sprach Ami­na zu sich,ich will nicht sündigen, aber ich muß im­mer daran denken, daß er hier ist, hier in Berlin, mich sucht, ja schon gesunden hat und zu mir kommen wird: Ben Hassan Omir ... Ich kann ihn nicht sehen, ich darf ihn nicht sehen, ich bin eine italienische Frau, Viktors Gattin, von welchem Mann mich nach seiner Religion nur sein Tod zu trennen vermag. Oder der meine! Es ist gleich! Das eine ist so traurig wie das andere. Gerade so traurig, daß ich, geflohen vor ihm, jetzt hier mit meinem Kinde in Einsamkeit weile und daran denken muß, wie traurig doch das Leben ist, wenn ihm der rechte Inhalt fehlt, die teilende Liebe, ja die Liebe, die gibt und nimmt, opfert und Opfer empfängt. Das Leben ist wie ein Hauch, heißt es im Koran," achtet, daß ihr die Liebe gewinnt, die zu versühnen mag mit Mohammed und den Propheten..."

(Fortsetzung).