tretungen Eingang gefunden. (117 Vertreter in beiden Kollegien, 47 nur im Gemeinderat, 65 nur im Bürgerausschuß.) Um eine genaue Uebersicht über die Durchführung des Parteitagsbeschlusses in Nürnberg, nach welchem kein Parteimitglied der deutschen Turnerschaft angehören soll, zu bekommen, hat der Landesvorstand durch Fragebogen ermittelt, daß in 191 Ortsvereinen 1815 Parteigenossen Mitglieder der deutschen Turnerschaft sind. Für den Ausschluß dieser Genossen aus der Partei erklärten sich 92 Ortsvereine, dagegen 153. Am 15. Juni wurde der hauptsächlich aus Arbeitern bestehende Schwäbische Turn- und Spielverband gegründet, die einerseits sich nicht der Arbeiterturnbewegung, noch auch nicht, um des „Jungdeutschlandrummels" willen, der deutschen Turnerschaft sich anschließen wollten. Die Landeskasse hatte 1912 mit 100 000 den höchsten Umsatz seit Bestehen der Organisation. Die Landtagswahlen kosteten 32 617,30 ^F.; besonders nachdrücklich wurde das Oberland bearbeitet. — Ausführlich ist über die Preßkommission berichtet. Sie fragt die Parteigenossen mit Rücksicht auf die Haltung der Schwäb. Tagwacht: Ob die Tagwacht zu den wichtigen Fragen des Parteilebens eine einheitliche Haltung habe, oder ob Zustände einkehren sollen, wo der eine Redakteur verwünsche, was der andere verfluche; welche Befugnisse ferner die Pressekommission zu erfüllen habe? — Die Tagwacht hat 67 000 Barumsatz gehabt, die Eßlinger Volkszeitung ihren Bezieherstand um 500 auf 6100 erhöhen können. In den Verhältnissen der Freien Presse in Göppingen hält die Besserung an.
Stuttgart, 23. Juli. Die Firma Robert Bosch teilt mit, daß der Metallarbeiterverband sich mit dem Verband württem- bergischer Metallmdustrieller zwecks Verhandlungen über eine Beilegung des Kampfes in Verbindung gesetzt hat. Morgen wird unter der Führung des Verbandes württembergischer Metallindustrieller eine Verhandlung zwischen den Parteien stattfinden. Ferner hat die Firma an ihre Arbeiter eine Bekanntmachung verteilen lassen, wonach sie künftig Fragen, die ihren Betrieb betreffen, nur noch mit Angehörigen des Betriebs verhandeln kann. Es sei deshalb nötig, einen Fabrikausschuß zu wählen, der nicht nur aus Leuten bestehen dürfe, Pie von einer einzelnen Gewerkschaft aufgestellt sind; zu diesem Zweck soll der Fabrikausschuß in Zukunft durch eine Verhältniswahl gewählt werden. Bosch wünscht nicht, daß irgend welche seiner Beamten sich einmischen, richtet aber an die Arbeiterschaft die dringende Bitte, dafür zu sorgen, daß Männer in den Ausschuß kommen, denen sie ihr Vertrauen schenken kann. Zwar soll die Wahl nicht sofort stattfinden, doch hält es Bosch für nötig, daß sich möglichst bald ein Zusammenschluß der nicht im Deutschen Metallarbeiterverband Organisierten vollzieht. Schließlich spricht Bosch allen seinen Dank aus, die ihn in diesem Kampfe unterstützt haben. — Heute vormittag 11 Uhr hatte die Zahl der Arbeiter in der Firma Robert Bosch den Stand von 1747 Arbeitern, ohne Meister, Lehrlinge und Beamte erreicht.
Stuttgart, 23. Juli. 10 000 schätzte man nach dem Verschwinden des Obersekretärs der israelitischen Oberkirchenbehörde Leopold Friedmann den von dem Flüchtigen unterschlagenen Betrag an amtlichen Geldern. Nun stellte sich heraus, daß er auch noch bei der württembergischen Bankanstalt für die Rechnung der Behörde Wertpapiere erhoben und zu Geld gemacht hat. Es handelt sich dabei um weitere 30 000 Mark.
Stuttgart, 22. Juli. Das Bundesfest des südd. ev. Jünglingsbundes findet in diesem Jahr am 21. Sept. in Stuttgart statt. Beim Festgottesdienst in der Stiftskirche wird
klmina.
10) Roman von Gerhard Büttner.
„Kreuz gegen Halbmond! Und in der Welt entrollte sich'das gleiche, nur gewaltigere Schauspiel, wie es sich kurz vordem in dem Hause Ihres Gatten, Madame, abgespielt hatte. Zwar flohen Sie, und der Staat Türkei wird dies wohl nicht tun. Aber die Vorgeschichte ist überall, in der Weltgeschichte, wie in Ihrer Familiengeschichte, mit Brutalität verbunden. Man pfeift es in Venedig von den Dächern, daß Sie Ihres Gatten Thomasos Opfer geworden wären, wenn Sie nicht geflohen wären. Ist es wahr, Madame? Sie schweigen? Habe ich Ihnen wehe getan? Verletzten Sie meine Worte? Soll ich jemand rufen, der Sie stützt, Signora, Sie wanken ja . . . ."
Stützend griff er nach Amina, die einem Ohnmachtsanfall nur mit größter Beherrschung entging.
„Lassen Sie," sagte sie leise, „es ist nichts. Nur die unvermutete Tatsache, daß Sie mich kennen, alles wissen, was so . . . so . . . furchtbar ist, das packte mich so intensiv. Reden wir nicht weiter davon . . . Reden wir später darüber. Monsieur Pierre," und sie hielt erschöpft eine Weile inne, „versprechen Sie mir, daß Sie als Ehrenmann über alles hier schweigen werden. Man soll das Asyl eines Flüchtlings als heilig betrachten. Bedenken Sie, es war nicht allein die Flucht einer Gattin. Es war die Flucht einer Mutter für ihr Kind, Monsieur, die Selbsterhaltung zwingt . . . ."
Weiter kam Amina nicht. Es schwirrte ihr alles vor den Augen. Sie fand keine rechten Worten mehr. Tonlos tastete sie nach dem Treppengeländer und stieg einige Stufen hinan. —
„Entschuldigen Sie," sagte sie tonlos. Schon verbeugte er sich und trat einige Schritte zurück, da ries
der Vorsitzende des Bayerischen Bundes, Pfarrer Walther, sprechen. Im Zirkusgebäude wird sich eine Nachfeier anschließen. — Bei der am 20. Sept. vorausgehenden Bundeskonfe- renz wird Oberlehrer Kiefner-Stuttgart über die Familie und das Vereinsleben einen Vortrag halten.
Plattenhardt, A. F. 23. Juli. Die Leiche des ermordeten Forstanwarts Klingler ist zur Beerdigung freigegeben und nach seiner Heimat Korb im Remstal geschafft worden. Der Leichenbefund durch die Gerichtskommission ergab, daß Klingler den Schuß von hinten erhielt und verblutete. Die Kugel drang ins rechte Schulterblatt ein und kam auf der rechten Brustseite wieder heraus. Sie paßte in das Gewehr des Ruck, so daß dieser als der Haupttäter anzusehen wäre, wenn er nicht behauptete, Mack habe ihm das Gewehr entrissen und den tödlichen Schuß abgegeben. Im Uebrigen haben alle beide, als sie sahen, daß Klingler nicht gleich tot war, so lange auf ihn eingeschlagen, bis die Schädeldecke zertrümmert und ihre eigenen Gewehre abgebrochen waren. Ruck hatte sich auf Anraten seines Vaters gestellt, nachdem er ihm am Sonntag Kenntnis von dem, was ihm bedrückte, gegeben hatte. Der Umstand, daß die beiden Schüsse Klinglers von seinen Gegnern den einen überhaupt nicht trafen und den andern nur streiften, ist darauf zurückzuführen, daß die beiden sich hinter Bäume versteckt hatten. Als sie sahen, daß Klingler keine Kugel mehr im Gewehr hatte, sprangen sie hinter den Bäumen hervor und brachten ihn um. Klingler selbst war zum Schießen berechtigt, weil die beiden Wilderer auf seinen Anruf die Gewehre nicht weglegten, sondern im Anschlag verharrten. Die Mörder werden vor das nächste Schwurgericht gestellt werden.
Böblingen, 23. Juli. Ein halb gelähmtes 28 Jahre altes Mädchen in Darmsheim beging den Fehler, vor dem schon so oft in den Zeitungen gewarnt wurde, Spiritus ins Feuer zu gießen. Es entstand eine gewaltige Stichflamme, die die Kleider des Mädchens in Brand setzte. Die Unglückliche wurde über und über mit Brandwunden bedeckt, denen sie bald darauf erlag.
Donzdorf, 23. Juli. Der Papst hat dem Grafen von Rechberg-Rothenlöwen zu seinem 80. Geburtstag, den er am 23. August begehen wird, das Großkreuz des St. Eregoriusordens verliehen. Der Bischof Dr. v. Keppler hat den Orden gestern dem Grafen im hiesigen Schloß überreicht.
Friedrichshafen, 23. Juli. Im ganzen Bodenseegebiet sind heute Nacht wieder ziemlich schwere Gewitter niedergegangen, verbunden mit starken Regengüssen, die das fortwährende .Steigen des Sees zur Folge haben. Im hiesigen Hafen ist der Wasserstand schon so hoch, daß für das Anlegen der Schisse Notbrücken erstellt werden müssen. Seit Sonntag ist der Pegel von 4,52 Meter auf 4,75 Meter, also um 23 Centimeter gestiegen.
Aus Welt und Zeit.
6. Kongreß für freies Christentum.
Vom 15.—20. Juli tagte in Paris der „6. Kongreß für freies Christentum". Das Programm war ein ungemein reichhaltiges. Es wurde über die Zeichen des religiösen Fortschritts im Protestantismus, Katholizismus, Judaismus und bei den nichtchristlichen Religionen gesprochen. Vertreter aller möglicher Denominationen waren da, auch ein buddhistischer Professor, Hr. Jayatilaka aus Ceylon und ein indischer Muhammedaner, Hr. Khwaja Kamaluddin. Die Hugenottengeschichte wurde ausgiebig behandelt; daneben die prinzipiellen Fragen des Verhältnisses von Wissenschaft und Religion, von
sie ihm noch zu: „Monsieur, wer ist der Herr, welcher mich hier zu sprechen wünschte?"
„Pardon, Gnädigste, daß ich es vergaß. Hier fand ich auch nicht mehr den rechten Mut, Ihnen seinen Namen mitzuteilen . . ."
„Monsieur, nur rasch, mir ist nicht wohl . . ."
„Da halte ich wohl dafür, ich sage Ihnen seinen Namen später."
„Nein, jetzt . . . Monsieur, ich muß ihn wissen . ."
„Ben Hasson Omir, sagte Monsieur Pierre ernst.
„Ah . . er . ." hauchte Amina, und so rasch als möglich huschte sie die Treppe hinauf. Kaum aber, daß sie das Zimmer erreicht hatte, sank sie auf der Ottomane nieder und weinte, weinte bitterlich. Die kleine Eio- vanna-Refia schrie vor Angst und auf das höchste besorgt, bemühte sich Alia um ihre Herrin.
Drunten im langen Flure des Hauses schlugen hart die Türen zum Dining-Room zu. Monsieur Pierre mußte wohl ziemlich unwirsch davon gegangen sein.
Als Amina nach geraumer Zeit wieder ihre ganze Fassung erlangte, machte sie sich über die Behandlung, die sie dem Franzosen hatte angedeihen lassen, bittere Vorwürfe, und dann dache sie mit einem Lächeln um die sonst schmerzbewegten Lippen an Ben Hassan Omir. Sie dachte ohne Furcht an ihn. Er war ihr nie feind gewesen. Nein, als Freund ihres Bruders hatte er ihr in Durazzo zu Füßen gelegen. Nun war er hier, hier in Berlin, suchte sie, er, ein Landsmann, einer aus ihrer Heimat, einer, dem sie die Liebe, die heiß erflehte, so viele Male verwehrt hatte, einer, der jung und schön und reich war, eine ungewöhnliche Bildung besaß und in der neuen Aera ihres Vaterlandes eine Rolle spielte....
„Er ist da!" sagte Amina zu Alia und lächelte dabei. Weiter nichts. Doch Alia hätte keine so lang-
Kunst und religiösem Gefühl, ferner das Verhältnis des fortschrittlichen Christentums zum Monismus, zum Traditto- nalismus und Dogmatismus. Bemerkenswert war der Beifall, den Professor B o r n h a u s e n-Marburg fand, als er von der Vereinigung der beiden Nationen diesseits und jenseits der Vogesen sprach und auf das Frankreich der Zukunft hinwies, das religiös sein werde, wie er bestimmt hoffe auf Grund der neuerdings vorhandenen Anzeichen. Pfarrer P. Iägeraus Freiburg sprach in überzeugender Weise über die Religion als Basis der Moral und fand sich hier zusammen mit Boutrour von der französischen Akademie. Am Freitag gab die Große Oper dem Kongreß zu Ehren die „Hugenotten" bei ausverkauftem Haus. Das unübertreffliche Spiel der ausgezeichneten Kräfte riß die Zuhörer zu begeisterten Kundgebungen hin. Am letzten Tag, Samstag, kamen besonders der Expriester Romolo Murri aus Rom, Abgeordneter, und die modernistischen Katholiken Professor Schnitzler und Dr. Funk, Herausgeber des neuen Jahrhunderts, aus München zum Wort. Zugleich tagte die „internationale Union christlich liberaler Frauen". Die englische Damenwelt war stark vertreten. Ein gemeinsamer Gottesdienst mit 3 Sprachen (französisch, deutsch, englisch) wurde am Sonntag im oratoire ciu ttouvre gehalten, hier redete G. Traub aus Dortmund. Am Schluß des Gottesdienstes wurde ein Kranz am Denkmal Colignys, das an der Außenseite der Kirche in der Rue Rivoli steht, niedergelegt. Am Montag unternahmen die Teilnehmer einen Ausflug nach Chantilly zur Besichtigung der dortigen historischen Sammlungen. Der Kongreß war sehr eindrucksvoll. (Schw. M.)
Aschaffenburg, 23. Juli. Gestern landete hier ein belgischer Ballon mit 3 Insassen, die in Brüssel aufgestiegen waren. Die Aufzeichnungen und Photographien wurden beschlagnahmt und an das bayerische Kriegsministerium gesandt, während die Insassen hier unter polizeilicher Aufficht stehen. Das Generalkommando in Würzburg wird entscheiden, ob der Ballon und seine Insassen anstandslos die Heimreise antreten dürfen.
Halle, 23. Juli. Am Rande der Dölauer Heide wurde In der Nacht auf den 22. Juli auf dem Schießplätze des 36. Infanterieregiments ein Posten von drei Personen niedergeschlagen, die ihm das Gewehr zu entreißen suchten und ihn schwer verletzten. Trotzdem gelang es dem Soldaten sein Gewehr festzuhalten. Auf seine Hilferufe eilte eine Patrouille der Schießplatzwache herbei. Bei ihrem Herannahen ließen die drei Kerle von ihrem Opfer und entkamen unerkannt in bas Dunkle. Man vermutet, daß der Ueberfall Spionagezwecke verfolgt habe.
Geilenkirchen, 23. Juli. Das Grubenunglück auf der Zeche „Carolus Magnus" ereignete sich dadurch, daß sich 7—8 Ringe des provisorischen Schachtausbaues loslösten, wodurch Gesteinmaffen hinabfielen. Die Ursache des Nachgebens der Ringe ist bergtechnisch noch nicht einwandfrei festgestellt. Die Verunglückten liegen in etwa 40 Meter Tiefe, 9 Meter hoch überschüttet. Die Bergungsarbeiten, die schwierig sind, sind im Gange.
Hamburg, 23. Juli. Auf Veranlassung des Hamburger Auswandererkomitees wurde am Montag ein Russe, der ein 21jähriges Mädchen nach Südamerika verschleppen wollte, verhaftet. Er hatte bereits die Fahrkarten für den zur Abfahrt bereitstehenden Dampfer gelöst.
Königsberg. 23. Juli. Der Fliegerleutnant Joly und der Hauptmann Osius vom Generalstab, die gestern den Fernflug Köln—Berlin—Königsberg vollführten, sind heute nachmittag kurz nach
jährige Dienerin sein müssen, wenn sie nicht gleich gewußt hätte, wen ihre Herrin meinte.
Schon als sie noch in Durazzo waren, als in Sommerzeiten die heißen Südlandsgluten ihre Wangen glutrot färbten, stieg schon in Aminas Antlitz manche Röte empor, wenn man von seinem Ruhm erzählte. Von ihm, den sie einst vor Viktor ausgeschlagen hatte . . . weil die Eltern einen anderen Ehrgeiz hatten und weil sie an seiner Seite eine nur von Vielen gewesen wäre. Eine von vielen . . . Das hatte sie nie sein wollen. Eeradesowenig, als sie nicht zu viel für einen sein wollte, für einen, der kein Herz hatte und weniger Gemüt, als vielleicht jener, dem sie nur eine von Vielen hätte sein können, sein dürfen. O, Fluch der Tat des eigenen Willens. Wenn nur ein unreif Blatt an diesem Lebensbaume eigenen Willens war, dann konnte ja Allah keinen Segen spenden, und Mohammed und die Propheten mutzten zürnen, weil sie Vaterland und Glauben ihrer Väter gering geachtet hatte, in fremde Weingärten ausgezogen war und einem fremden Glauben huldigen sollte . . . Sollte? Sie hatte eigentlich ganz gern die heiligen Kapellen besucht. Der Christenheit Gebet war ihr sogar zu Herzen gedrungen. Aber an Viktor hatte sie keinen seelischen Halt gehabt. Da mutzte ihr Herz und Gemüt verdorren, da mußte es von dem, was sie aus ihren Heimattagen in sich trug, vom Bilde Mohammeds und den Propheten, von jener Liebe, Treu und ehrbar im Zeichen des Halbmonds, von jenem Glauben voller Formeln und heiligen Eifer leben . . . Und sie hatte davon gelebt. Ihr Herz war dabei ein Türkenherz geblieben ... Rein und edel . . . und voll Sehnsucht nach den Offenbarungen der Kraft ihrer Nation. Und nun stand ihr Volk in der Kraftprobe, nun stand ihr Volk im heiligen I Feuer um Blut und Leben. Nun war es Krieg zwischen