I liGZIMs-
88. Jahrgang.
Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw.
158 .
Erscheinungsweise: Smal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im OberamtS- b-zirk Calw sür die einspaltige Borgiszeile 10 Psg.. außerhalb desselben 12 Psg., Reklamen 2S Psg. Schluß sür Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.
Donnerstag» den 10. 3uli 1913
Bezugspreis: In der Stabt mit Trägerlohn Mk. 1.LS vierteljährlich. Post- bezugSpreiS sür den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Psg.. in Bayern und Reich 42 Psg.
Amtliche Bekanntmachungen.
An die Gemeindebehörden.
Bekanntmachung betr. die Einleitung der Jahresschätzung der Gebäudezubehörden.
Unter Hinweis an den Erlaß des K. Verwaltungsrats der Gebäudebrandversicherungsanstalt vom 23. Mai d. Js. (Min.-A.-Bl. S. 578) wird Nachstehendes bekannt gegeben.
Zunächst ist die Schätzung derjenigen Aenderungen einzuleiten, welche sich an Fabriken oder sonstigen größeren gewerblichen Anlagen nebst ihre« Zubehörden (namentlich Maschinen) durch Neubauten oder sonstige Bauausführungen, bezw. durch Abgang, Zuwachs oder Wertveränderung von Zubehörden seit der letzten Schätzung ergeben haben.
Zu diesem Zweck werden die Gemeindebehörden beauftragt, die Besitzer derjenigen Fabriken oder gewerblichen Anlagen, bei welchen die bezeichneten Voraussetzungen zutreffen, zu unverweilter, unter Berücksichtigung der nachstehenden Bestimmungen zu bewerkstelligender Anmeldung der eingetretenen Aenderungen bei der Ortsbehörde aufzufordern, hierauf die Durchsicht der auf Fabriken und ähnliche Gebäude bezüglichen Einträge des Feuerversicherungsbuchs vorzunehmen und von den hienach sich ergebenden Aenderungsanträgen spätestens bis 1. August d. Js. hierher Anzeige zu machen.
Im einzelnen sind hierbei die Vorschriften des oben angeführten Erlasses genau zu beachten.
Hinsichtlich der sonstigen Gebäude find die nachstehenden weiteren Bekanntmachungen zu beachten.
Calw, den 8. Juli 1913.
K. Oberamt.
Regierungsrat Binder.
Bekanntmachung
betr. die Einleitung der Jahresschätzung der Gebäude. In Ergänzung des oberamtlichen Erlasses vom 8. Juli d. Js. wird hinsichtlich der Jahresschätzung der Gebäude, welche nicht Fabriken und dergl. gewerbliche Anlagen sind, unter Hinweis auf Ziff II des Erlasses des K. Vcrwaltungs- rats vom 23. Mai d. Js. «Min.-A.-Bl. S. 578) folgendes angeordnet:
1) Die Gebäudeigentümer sind zur Anmeldung der seit der letzten Jahresschätzung vorgekommenen Neubauten und Bauveränderungen aufzufordern.
2) Unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Bezirks hat die gemeinderätliche Durchsicht des Feuerversicherungsbuchs im Anfang stattzufinden.
3) Bis zum 1. August d. Js. ist von den Ortsvorstehern dem Oberamt zu berichten, ob u. wieviele Gebäude des Gemeindebezirks einer neuen oder veränderten Schätzung oder Klasseneinteilung zu unterwerfen sind. Da die bisherigen Jahresschätzungen hauptsächlich dadurch ver-
'' zögert wurden, daß bei der Schätzung eine weit größere Anzahl zu schätzender Gebäude vorgefunden wurden, als die Verzeichnisse erwarten ließen, so ist der Aufstellung der Verzeichnisse besondere Sorgfalt zu widmen.
Aus dem Anmeldungsverzeichnis soll ersichtlich sein:
3 . der Name des Gebäudebesitzers,
b. die Hausnummer und die Bezeichnung des Gebäudes und etwaiger Zubehörden, insbesondere auch die einzelnen Unternummern zusammengehöriger Gebäude, welche neu geschätzt werden sollen,
c. der Grund der beantragten veränderten Schätzung und
ck. (gem. Art, 17 des Brandvers.-Ges.) der Wert des angemeldeten Gebäudes und die etwa von der Versicherung auszunehmenden Teile.
Für die Vollständigkeit der Aufzählung werden die Ortsvorsteher verantwortlich gemacht.
4) Dem Bericht des Ortsvorstehers ist von dem Gemeinderat die Beurkundung beizufügen, daß die jährliche Prüfung der Gebäudeverstcherungsanschläge unter Zuziehung der Ortsfeuerschauer der Vorschrift gemäß von Nummer zu Nummer vorgenommen worden ist.
5> Das von den Ortsvorstehern zu führende Verzeichnis über die angefallenen Aenderungen ist seiner Zeit der
Schätzungskommission bei ihrem Eintreffen in der Gemeinde zu übergeben.
Calw, 8. Juli 1913.
K. Oberamt.
Regierungsrat Binder.
Die Herren Ortsvorsteher und Verwaltungsaktuare werden auf den Erlaß des K. Verwaltungsrats der Gebäudebrandversicherungsanstalt, betr. die jährlichen Aenderungen zum Fcuer- versicherungsbuch vom 23. Mai d. Js. — M.-A.-Bl. S. 578 — zur Nachachtung hingewiesen.
Calw, den 8. Juli 1913.
K. Oberamt:
Regierungsrat Binder.
Der Krieg der Greuel und Grausamkeiten.
Der Befreiungskrieg der Balkanstaaten, der das Abschütteln des Türkenjochs zum Ziele hatte, war, wie man sich erinnert, überreich an Unmenschlichkeiten und Grausamkeiten. Es bringt nun einmal ein jeder Krieg mit sich, daß über die Grenzen des Völkerrechts hinaus manche Bestien ihre Opfer abschlachten, in des Wortes wahrster Bedeutung. Solche Einzelfälle werden sich nun einmal nie ganz ausschalten lassen. Bedenklich aber wird diese Erscheinung, wenn sie den Charakter einer pathologischen Volkswut annimmt und Opfer hekatombenweise fordert. Es ist, wie wenn ein hütender Wahnsinn die Kriegführenden befallen hätte, ein Wahnsinn der volkspsychologisch ist, der an Hexenverfolgung und Ausgeburten mittelalterlichen Fanatismus erinnert. Der neue Balkankrieg scheint die kaum beendeten Kriegsgreuel und die fanatischen Grausamkeiten überbieten zu wollen. Aus Saloniki wird telegraphiert, der Leiter Eichel der französischen Mission in Kiltisch sei Augenzeuge gewesen der unerhörten Grausamkeiten der Bulgaren. Jene Draufgänger, die man in übertriebenem Eifer als die Preußen des Balkans pries, bulgarische Komitatschis sollen die Bevölkerung des ganzen Distriktes in eine Moschee eingesperrt, mit Bomben attackiert, das Gebäude in den Brand gesteckt und die Opfer dem Flammentod geweiht haben, während die Frauen gezwungen waren, dem schrecklichen Tod ihrer Männer zuzuschauen. Weiter ist in dem Bericht des Gewährsmannes auch das Traurige erwähnt, daß ein großer Trupp wehrloser Menschen in einer Moschee verbrannt wurde. Die Frauen wurden auf dem Marktplatz dem Flammentod geopfert. Sollten sich die Nachrichten von solchen unerhörten Grausamkeiten bewahrheiten, so hätten dann allerdings die Bulgaren jene Sympathie der Kulturvölker sich verscherzt, zum anderen den Beweis ihrer augenblicklichen Ohnmacht und ihrer weltpolitischen Unreife gegeben. Das allein, daß solche Greueltaten nicht durch die Furcht vor der Sünde Gewalt verhütet werden können, wird nicht verhindern können, daß sie ein Schandfleck in der Geschichte des 20. Jahrhunderts für ewige Zeiten bilden.
Belgrad, 9. Juli. Das gestrige Regierungsblatt meldet als unumstößliche Tatsache: 1) Daß bei Kumanowo und Köprülü überhaupt keine Kämpfe stattgefunden haben. 2) Kri- volak ist von den Serben am 6. Juli nachmittags wieder genommen worden unter Zurückdrängung der Bulgaren über den Wardar. 3) Bezüglich St. Nikola liegt ein Irrtum vor, da es zwei Orte dieses Namens gibt. Das Belgrader Telegramm, wonach die Serben bei St. Nikola von den Bulgaren angegriffen wurden, meint den Ort, der zwischen Kuja- zewatsch und Pirot liegt. 4) Kotschana ist von den Serben unter Sprengung des rechten bulgarischen Flügels genommen worden.
Wien, 9. Juli. Angesichts der Gefahr der Verschleppung der auf dem Balkan herrschenden Cholera durch gefangene bulgarische Soldaten sind nach Mitteilungen von maßgebender Stelle seitens der Monarchie die notwendigen sanitären Maßnahmen an den Grenzen gegen die Balkanstaaten in umfassender Weise getroffen worden.
Sofia, 9. Juli. Die bulgarische Regierung hat den 10. und 11. Jahrgang der Reserve, also die Männer über 48 Jahren einberufen.
Annahme der dreijährigen Dienstzeit in Frankreich
OT. Man mag da sagen, was man will: die internationale Konkurrenz ist ein Faktum, mit dem gerechnet werden muß, und diese Konstatierung liegt zum Teil auch auf militärischem Gebiet. Prägnanter fassen die sozialdemokratischen Zeitungen diesen Begriff in dem Schlagworte „Wettrüsten". Damit ist nicht gesagt, daß Schlagwort und prägnant identisch seien. Oft und auch hier ist das Gegenteil der Fall, sofern man nur zwischen Ursachen und Wirkungen unterscheidet. Es ist schlechterdings undenkbar, daß die deutsche Taktik, sich jederzeit nach zwei Fronten in Bereitschaft zu halten, Frankreich zur Einführung der dreijährigen Dienstzeit, also zur Vergrößerung seines Heereskontingents, gezwungen hsä. Deutschland hat weltpolitisch und weltwirtschaftlich andere Interessen zu schützen, zu propagieren und neu anzubahnen, und nicht nur prophylaktische Maßnahmen dem vielverkannten Erbfeinde gegenüber zu ergreifen. Das Volk der 66 Millionen, dessen, um eines herauszugreifen, Kolonialpolitik immer noch um ein Jahrhundert hinter den anderen Völkern nachhinkt, kann nicht die Agenzien schaffen, die die in ihrem Wachstum stagnierende Nation von 40 Millionen zu evolutionierenden Heeresreformen zwingen könnten. Die Nachbarn jenseitig der Vogesen wissen genau, daß Frankreich einst auf die Stufe der politischen Bedeutungslosigkeit Spaniens herabgedrückt sein wird. Dieses Podium hinauszuschieben, sucht man durch Betonung der numerischen Heeresstärke, Nimbus und Prestige zu wahren und zu erhöhen. Gleichwohl mag das Axiom von Wettrüsten nicht ganz verkannt werden, nur sollte man unterscheiden, inwieweit das damit ausgesprochene Schlagwort politischem Eigennutz dient, und inwieweit das Rüsten und Bereitsein die Aussichten des internationalen Wettbewerbs auf allen Gebieten stützen und fördern. Die französische Deputiertenkammer hat jetzt die Vorlage wegen der dreijährigen Dienstzeit angenommen. Wie das Land die vermehrten finanziellen Lasten tragen wird, welche Stimmung die Mehrsteuer der Wehrsteuer auslösen wird, das ist eine Frage, deren Beantwortung erst den wahren Charakter des modernen französischen Nationalgeistes dartun kann, etwa so, wie die mehr oder weniger deutsche Bereitschaft, die neuen Militäropfer zu tragen, ein Gradmesser für das germanische Nationalbewußtsein bilden wird.
Stadt» Bezirk und Nachbarschaft
Talw, 10. Juli 1913.
Der gestrige Krämermarkt war hinsichtlich seiner Frequenz von mittlerer Güte, auf dem Viehmarkt dagegen zeigte sich ein gutes, lebhaftes Bild. Der Obst- und Gemüsemarkt ließ gleichfalls nichts zu wünschen übrig, bis auf die Unsitte des Auflaufens der Waren durch Händler, ehe überhaupt das Marktleben im Gang war. Es ist einfach unerhört, und gehört mit aller Entscheidenheit bekämpft, daß die Händler, wie sie es gestern z. B. mit den zu Markt gebrachten Heidelbeeren trieben, so viel nur irgend möglich, zu einem recht günstigen Preis den Bauersleuten die Waren abkaufen, sodaß die Hausfrauen hinterher gezwungen sind, die verteuerten Früchte den Händlern abzukaufen. Gestern war in der Frühe um 8 Uhr keine Beere mehr, die nicht die Händler mit Beschlag belegt gehabt hätten und wer den Bauern vorher 15 oder höchstens 18 Psg. bezahlt hatte, kam bei den Händlern nachher nicht unter 30 Psg weg! In Stuttgart, das doch ein teures Pflaster haben soll, bezahlt man 20 Psg. Aehnliche ungute Zustände herrschen bei uns aber auch auf dem Buttermarkt. Wenn wir uns recht entsinnen, hat sich der Gemeinderat früher schon mit dieser Sache befaßt und s. Zt. beschlossen, Erhebungen darüber anzustellen, wie anderwärts diesem Unfug zu Leibe gegangen wird. Die Beschwerden und Klagen, die jetzt, zur Beerenzeit in verstärktem Maße über das Schalten der Händler laut werden, veranlassen hoffentlich, daß er recht bald für Abhilfe besorgt ist.
Bei der diesjährigen Landesausstellung von Lehrlingsarbeiten wurden u. a. ausgezeichnet durch einen 2. Preis: Joh. Schnaufer bei Schuhmachermeister Fritz Schüler, hier; durch eine Belobung: Michael Seydt, bei Schuhmachermeister Fritz Schüler, hier, Ehr. Braun bei Schneidermeister Fritz Wetzel, hier, und Martin Wentsch bei Wagnermeister Karl Stüber hier.