Achwarzwcildsr Tageszeitung. Für die O.-A -Bezirks Nagold, Freudsnstadt und iLalw.

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Die Besichtigung -er zerstörten Gebiete.

Lias ReichÄvirtschastsministerium teilt mit: In der Zeit vom 25. September bis 18. Oktober 1919 Haben aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern zusammengesetzte deutsche Sachverständigenkommissionen Besicht gungsfahr- ten in den zerstörten Gebieten Frankreichs gemacht Nordfraukreich.

Tie erste Reise führte zunächst nach Arras, wo SO der Häuser und sonstigen Anlagen zerstört smd. Das zwischen^Arras und Lens liegende Gelände be­steht aus bestem Rüben- und Getreideboden' und ist der­artig durch Granattrichter, Schützengräben, Unterstände usw. zerstört, daß der Zerstörungsgrad mit 100 »/» an­genommen werden kann. Das gleiche gilt für die zwischen Arras und Lens liegenden kleinen Dörfer und zahlreichen Zuckerrübenfabriken. Von Lens, wo die Aufräumnngs- arbelten begonnen haben, bis zur Grenze des Departe­ments Pas de Calais war die gleiche vollständige Zer­störung von Häusern und Gelände festzustellen. In einem Teile des Departement du Nord waren die Aufräumungs­arbeiten des Geländes in bestem Gange. Ein Teil der wieder eingeebneten Flache war bereits in diesem Sommer wieder bestellt worden.

' " Tie Orte La Vassäe, Estaires, Nerville und die da­zwischenliegenden Dörfer usw. sind vollständig zerstört. Von. Nerville und Annentisres läßt die Zerstörung des Landes ganz und die Zerstörung der Ortschaften merklich nach. Auf der Strecke ArmentieresLille war von Zer­störung wenig festzustellen.

Die Siegfriedstellung.

Tie zweite Reise galt der Besichtigung typischer Punkte der zerstörten Gebiete des Departements Oise. Tie Zahl der zerstörten Häuser steigerte sich bis Riebe- court und Pont-l'Evsque, während das anscheinend be­schädigt gewesene Gelände bereits wieder eingeebnet und zum Teil auch schon bestellt war.

In Noyon sind 80 o/o der Gebäude, darunter die Kathedrale, zerstört.

Von Noyon ging die Fahrt prit Kraftwagen nach CHauny. Tie Dörfer und Gehöfte zwischen diesen bei­den Städten find zum größten Teil zerstört; das Ge­lände scheint unversehrt. Aus der Fahrt von Chauny na h Ham wurde festgestellt, daß das Gelände unbeschädigt scheint, jedoch fast alle Ortschaften, Gebäude, Gehöfte und Zuckerfabriken zerstört sind. Ham selbst ist gleich­falls. vollständig zerstört.

Zwischen Ham und Peronne, in derSiegfriedstel­lung", begann die Zerstörung des Geländes durch Gra­nattrichter, Stellungen, Schützengräben usw. Ter Zer­störungsgrad des Geländes erreichte in der Umgebung von Peronne seinen Höhepunkt, der bis kurz vor Albert be­stehen blieb. Peronne ist vollständig zerstört. Combles und die um Combles gelegenen Ortschaften sind über­haupt nicht mehr festzustellen. Das ganze hügelige Ge­lände zwischen Peronne und Combles und Albert ist voll von Trichtern, Unterständen, Stellungen, Draht­hindernissen usw. Albert ist gleichfalls zerstört

Das Marnegehret.

Die dritte Reise bezweckte eine, Besichtigung von zer­störten Gebieten in den Departements Aisne, Ardennes und Marne. Auf der Bahnfahrt von Paris nach Soissons waren schon von VillersCotterets an zerstörte Ortschaf­ten und beschädigte Felder in stets zunehmendem Maße zu sehen.

Von den 2800 Häusern Soissons sind nach fran­zösischer Angabe 2000 vollständig zerstört, 800 reparatur­fähig. Ein neuer Stadtbebauungsplan ist in Vorbereitung.

Von Soissons aus erfolgw die Weiterreise in Kraft- Wagen durch das Aisne-Tal nach Vailly. Tie durch­fahrenen Gebiete zeigten durchgehend das Bild schwerer

Kriegsbeschädigungen. Nach französischer Angabe sind von 76000 Hektar Kulturland 8000 Hektar vollständig und 23000 Hektar teilweise von Granaten durchwühlt und von zahlreichen Stellungsbauteu durchzogen. Tie an der Strecke SoissonsVailly liegenden Ortschaften Bucy-le- Long, Missy, Selle-sur-Aisne und andere sind ganz zer­stört. Vailly ist gänzlich vernichtet. Auch auf der Wei­terfahrt bis nach le Bourg dicht an der Grenze der Departements Aisne und Ardennes waren fortwährend zerstörte Dächer, ausgedehnte Drahthindernisse, Wellblech­unterstände, Lager, Munitionsdepots usw. sichtbar. Auf der Strecke le Bourg--TeuillyBeanricaux schienen die Zerstörungen etwas geringer. Bon Beanricaux ab waren wieder in zunehmendem Maße die Spuren der früheren Kämpfe sichtbar. Das Gelände zwischen Berry au Bac und Guignicourt ist noch in dem Zustand wie zur Zeit der Kämpfe. Man sich zerschossene Tanks, die teilweise an der Straße liegen, ausgedehnte Drahthindernisse, Stel­lungsbauten. keinerlei Fcldüewirtschastnng. Ab Guigni­court führt die Fahrt.durch besonders armes Champagne- gebiet, ein in jeder'Bxzi'huug durch Kampfhandlungen und Stellungen durchwüh tes Gelände. Hier wären dre Wie- bcrhcrstellungskostcn größer als der Geländewert, der et­wa 1000 Fr. pro Hektar beträgt.

Auf der Strecke über LunevillePont Faverger hin­aus bis nach Reims zeigte sich überall das gleiche schon geschilderte Bild der Zerstörung.

Reims hatte vor dem Krieg 14L00 Häuser, von denen nach französischer Mitteilung 8 600 vollständig zer­stört find. 2500 Häuser sind wieder bewchnbar gemacht. In der Umgebung von Reims waren 126 OM Hektar Boden unter Feuer, von denen die Geschosse ausgelesen werden müssen. 156 000 Hektar sind von Stcllungsbau- ten usw. durchzogen und müssen eingeebnet werden. Im ganzen müssen 240 MO .Hektar Booen der Bewirtschaftung wieder Angeführt werden.

An der Maas.

Tie Gesaniteindrücke der 4. Fahr:, welche durch zer­störte Gebiete des Departements Meuse führte, kön­nen dahin zusammcngefaßt werden: das Departement Meuse hat vorwiegend landwirtfchaH.ichen Charakter. Et­wa ein Drittel der Fläche des Dcparlemcnts besteht aus Wäldern, die besonders in der Umgebung von Verdun größtenteils zerstört sind. An Kulturland sind nach fran­zösischen Angaben etwa 20 000 Hekrar gänzlich und etwa 40 MO Hektar teilweise zerstört. In den ersten Gebieten ist die Zerstörung stellenweise so stark, daß die Wieder- j-herstellungskostcn den Gcl'ändewert bei weitem übersteigen ^würden. Für diesen Fall soll der französische Staat in Aussicht genommen haben, das betreffende Gelände von . den Eigentümern zwecks Aufforstung käuf.ich zu erwerben und die Eigentümer anderweitig auznsiedeln- Bemerkens­wert ist, daß die aus den zahlreichen Granattrichtern aus­geworfenen Erdteile teilweise zerstäubt und auf den Fel­dern so fein verteilt sind, daß für die Ausfüllung der Granattrichter erhebliche Erdmassen fehlen. Tie Auf­räumungsarbeiten auf den Feldern scheinen nur in sehr geringem Umfang in Angriff genommen.

In dem Departement Meuse sollen insgesamt 40M Dörfer zerstört sein, in welchen der Wiederaufbau von etwa 30 000 Häusern in Betracht kommt.

Die Front vor Derdu».

Mit der Annäherung an Verdun macht sich eine Zunahme der Beschädigung der Felder durch ausgedehnte Drahthindernisse, Unterstände und Stellungen sowie von Granattrichtern bemerkbar.

Tie Stadt Verdun ist sehr stark beschädigt. Ans der Fahrt von Verdun an den Forts Tvuaumont, Vaux vorbei, längs der Todesschlucht durch das Kampfgelände über FresnesSt. Mihiel wurden die Gebiete der schweren Schlachten um Verdun 'besichtigt und dabei dort teilweise eine derartige Zerstörung des Geländes festgestellt, daß seine Wiederbenutzung in absehibarrer Zeit gänzlich ausge­schlossen erscheint. Tie auf diesem Wege passierten Dörfer Fleuch, Haudiomont, Manheuves, Fresnes, Wigneuilles. Cashillon, liegen vollständig in Trümmern. Teilweise ist die frühere Lage der Dörfer kaum wieder aujKufiuden.

Die Wiederaufforstungsarbeiten.

Im Anschluß an diese Reisen fanden Besichtigungen von Forstsachverständigen aus den Kreisen der Arbeit­geber und der Arbeitnehmer unter der Leitung von ört­lich orientierten französischen Forstverwaltnngsbeamten statt.

Tie erste Reise führte über Bar-le-Duc in die durch die kriegerischen Ereignisse beschädigten Waldungen des De­partements de la Meuse. Tie Besichtigung begann im Wald von Apremont bei St. Mihiel, folgte sodann der langen Schlucht von Calonne und endete mittags in Ver­dun; nachmittags wurde dem Forst de la Chrlade ein Besuch abgestattet und von Les Jslettes die Rückreise an­getreten. Es wurden verschiedene Grade der Waldzerstö­rung festgestellt. Zur Wiederherstellung der Waldungen ist in erster Linie erforderlich die Säuberung und Wieder­einebnung des Bodens, der Aushieb der mehr oder min­der stark beschädigten Baumhölzer und die kulturelle Er­gänzung der entstandenen Lücken sowie die gänzliche Neu­aufforstung der größeren Blößen. Im letzteren Fall wird nach Ansicht der französischen Forstleute vornehmlich Nadelholz, wie Kiefer und Fichte, in Frage kommen.

Tie zweite Besichtigung erstreckte sich auf die Wal­dungen von St. Gobain, Coucy-Bafse und Coucy-le- Chateau bei Laon, Departements Aisne. Die Grund­sätze der Wiederherstellung der Waldungen, die ebenfalls schwer und lange unter Geschützfeuer gelegen haben, wer­den ungefähr die gleichen fein, jedoch ist die Anzahl der geschädigten Stämme eine noch größere.

In forstlicher Hinsicht wird nach Aufräumng der Bodenoberfläche von allerlei Kriegsmaterial die baldige Aufarbeitung und das Ausrücken der Baumstämme in Frage kommen, sodann die Begründung von neuen Jung­beständen. Zu diesem Behufe ist die Beschaffung genügen­den Pflanzenmaterials ins Auge gefaßt.

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Es ist zu bemerken, daß die Verwüstungen, namentlich der .Städte wie Noyon, Laon, Soissons, Peronne, Al­bert nsw., hauptsächlich das Werk der furchtbaren feind- lieben Beschießungen sind.

Neues vom Tage.

Der Nachfolger des Kardinals Hartman«.

Berlin, 20. Nov. Wie demBerl. Lokalanz." aus Fulda gemeldet wird, wird als mutmaßlicher Nach­folger des verstorbenen Kölner Erzbischofs der derzeitige Bischof von Paderborn genannt.

Die Forderungen der Landwirtschaft.

Berlin, 20. Nov. Der Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft hat nach Beratung mit sämtlichen land­wirtschaftlichen Körperschaften Deutschlands seine grund­sätzlichen Forderungen in einer Kundgebung zusammengc aßt. An die Stelle der jetzigen Zwangswirtschaft mü,sc ne Lieferung ans Grund der tatsächlichen Lei­tungsfähigkeit treten, fodaß die öffentliche Bewirt- chaftung sich nur auf Brotgetreide und, sofern dies mit Rücksicht auf die Kinder und die Kranken nicht zu vermeiden ist, auf die Sicherung der Milch und der von der Milchbewirtschaftung nicht zu trennenden Mok- kereierzeugnifse für diese Bedürfnisse erstrecken. Tie Fleischbewirtschaftunng fei sofort aufzuhe­ben. Von einer Zuckerbewirtschaftung im nächsten Ernte- jahr fei abzusehen.

Verurteilung Miihfams.

München, 20. Nov. Ter in Ansbach eine Gefäng­nisstrafe verbüßende Bolschewist Mühsam wurde wegen Beleidigung des Justizministers Dr. Müller-Meiningen zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt.

Gegen den Anschluß Vorarlbergs an die Schweiz.

Bnchs (Kt. St. Gallen), 20. Nov. In der Schweiz besteht nicht nur ein Ausschuß für die Vereinigung Vor­arlbergs mit der Schweiz, sondern auch ein solcher, der dagegen wirkt. Tiefer hielt in Buchs eine Versammlung äb, die an den Bundesrat ein Telegramm mndte und chm für seine vorsichtige Haltung in der Frage die volle

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