Landwirtschaft und MSrtte.

Stuttgart, 24. Juni. Schlachtviehmarkt. Zuge­trieben: 234 Stück Großvieh, 299 Kälber, 936 Schweine. Ochsen 1. Kl. 100105 Bullen 1. Kl. 9194 °4l, 2. Kl. 8489 -4l. Stiere 1. Kl. 103106 ^4l. Jung­rinder 2. Kl. 100102 -4t, 3. Kl. 98100 ,4t. Kühe 2. Kl. 7880 -4l. Kälber 1. Kl. 108113 -4l, 2. Kl. 98106 3. Kl. 8595 Schweine 1. Kl. 7173

Mark, 2. Kl. 6871 -4t, 3. Kl. 65 -4l. Verlauf des Marktes: mäßig belebt. _

Kirchheim u. T., 24. Juni. Dem hiesigen Woll- markt, der gestern seinen Anfang nahm, waren etwa 3500 Zentner zugeführt. Fast das ganze Quantum wurde am ersten Tage verkauft; nur wenige Reste sind noch vorhanden. Gegen frühere Jahre waren weniger Käufer am Platze, was wohl auch zur Folge hatte, daß die Preise am Nachmittag einen Rückgang erfuhren, der bis zu 10 Mark betrug. Erlöst wurde für Bastard­wolle 145166, für mittelfeine 172176 und für feine Vastardwolle 193 -4t pro Zentner. Letzteren Preis er­zielte die Graf Rechbergsche Eutsverwaltung. Schon am Nachmittag wurden verschiedene Posten verwogen, ge­sackt und spediert.

Ulm, 24. Juni. Der Ulmer Wollmarkt vom 19. bis 21. Juni war gut besucht und nahm für die Mehrzahl der Verkäufer einen recht befriedigenden Verlauf. Um­gesetzt wurden rund 3113,5 Zentner im Werte von 499150 -K. Der Vormittag des ersten Tages'verlief resultatlos. erst mittags regte sich die Kauflust, die gegen das Ende des Marktes aber wieder empfindlich abflaute, sodaß einzelne Verkäufer, die den Bogen zu stark spannten, mehrere Mark für den Zentner weniger erhielten, als ihnen am ersten Tag geboten worden war. Der Aufschlag bewegte sich je nach Qualität zwischen 15 und 20 -4t. Letzteren Preis erzielten Wollen aus gul behandelten Zuchtschäfereien, während Hammelwol­len weniger begehrt waren und minder hoch bezahlt wurden. Die Preise bewegten sich zwischen 140 und 168 Mark der Zentner.

Wöchentlicher Saatenstandsbericht der Preisbe­richtsstelle des Deutschen Landwirtschaftsrats. Nach­dem die Vorwoche sehr kühles, stürmisches Wetter und die Nacht vom 14. auf 15. dieses Monats in vielen Gegenden Frost gebracht hat, vollzog sich zu Beginn der Verichtswoche ein Umschwung zu warmer, trockener Witterung. Wo es in der Vorwoche nicht an Regen gefehlt hatte, namentlich in West- und Süddeutschland, haben sich die Pflanzen in befrie­digender Weise weiter entwickelt. Weniger günstig lauten dagegen die Berichte aus vielen Gebieten Ost- und Mitteldeutschlands, wo sich die Aussichten der letzten Woche nicht gebessert, vielfach sogar ver­schlechtert haben. Der Weizen hat sich bisher noch am besten gehalten, aber stellenweise fehlt es auch ihm schon an Feuchtigkeit. Wo der Roggen in der letzten Woche noch in Blüte stand, hat er bei kalter, stürmischer Witterung und durch den erwähnten Nachtfrost gelitten. Vielerorts droht die seit Wochen herrschende Trockenheit die Körnerbildung zu beeinträchtigen; häufig wird berichtet, daß er auf leichten Stellen zu bleichen beginnt und, wenn nicht bald Regen kommt, notreif zn werden droht. Die meisten Klagen dieser Art kommen aus West­preußen, Brandenburg, z. T. aus Pommern und Posen, auch in der Provinz Sachsen fehlt es neben guten Berichten nicht an Besorgnissen wegen der Trockenheit. Von den Sommersaaten steht die Gerste meist noch recht gut, dagegen läßt die Ent­wicklung des Hafers vielfach sehr zu wünschen übrig.

Er bleibt meist kurz, ist im Schoßen behindert, und auf leichten Böden wird er gelb und vertrocknet. Auch in West- und Süddeutschland bleibt der Hafer stellenweise zurück, dort, wo namentlich das Unkraut überhand genommen hat. Für den Fortgang der Futterernte war das trockene Wetter sehr vorteil­haft; der Ertrag entspricht nicht überall den Er­wartungen, ist aber im Durchschnitt befriedigend z. T. reichlich. Auch bei den Hackfrüchten sind in­folge der Trockenheit keine rechten Fortschritte zu verzeichnen. In der Frostnacht vom 14. zum 15. Juni ist das Kartoffelkraut vielfach abgefroren, sonst stehen die Kartoffeln nicht schlecht, doch ist die Feuchtigkeit für ihr weiteres Gedeihen nötig. Die Zuckerrüben werden sehr verschieden beurteilt; Trockenheit und Insekten beeinträchtigen an vielen Stellen ihre Entwicklung.

Mit Iungdeutschland nach Berlin.

Von Emil Georgii jr.

(Schluß.)

Samstag.

Wir standen morgens schon um 4 Uhr auf, weil die meisten nicht gewöhnt waren, auf Strohsäcken zu schlafen. Um X>7 Uhr fuhr alles miteinander nach Ber­lin hinein. Wir besichtigten dann die Siegesallee, wo rechts und links die Standbilder der Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg, der Könige von Preußen und der Kaiser des neuen deutschen Reiches, abgesehen oon Kaiser Wilhelm ii, standen, von Albrecht dem Bä­ren aus dem Geschlecht der Askanier, bis Kaiser Fried­rich dem III. Am Ende dieser Allee stand die Sieges­säule. Sie erreicht mit der sie krönenden Germania eine Eesamthöhe von 6116 Meter. Den 7 Meter hohen quadratischen Sockel schmücken 4 Vronzereliess, auf der Ostseite der dänische Krieg, gegenüber Schlacht bei Se­dan 1870 und der Einzug in Paris 1871; auf der Nordseite Schlacht bei Königgrätz 1866 und im Süden der Einzug in Berlin 1871. 60 vergoldete, im Kriege erbeutete feindliche Kanonen umgeben die Säule in drei Reihen. Oben steht die über 8 Meter hohe Ger­mania, in der Linken den Lorbeerkranz und in der Rechten ein Feldzeichen mit dem eisernen Kreuz; dicht daneben stand auch das Nationaldenkmal für den Für­sten Bismarck. Dann besichtigten wir das Reichstags­gebäude. Wir kamen durch viele prächtig geschmückte Sitzungssäle für den Bundesrat nach dem großen Sit- zungssaa. Rechts und links von dem Präsidentensitz sind die Plätze für die Bundesratsmitglieder und Mi­nister. Unmittelbar davor ist das Rednerpult. Konzent­risch sanft ansteigend sind davor die Abgeordnetensitze, und nachdem ich ziemlich lange suchte, fand ich unter den 397 Plätzen glücklich den des Calwer Abgeordneten Schweickhardt.

Nachher gingen wir ins Zeughaus. Unten in der Mitte waren verschiedene Modelle von Luftschiffen und Flugmaschinen, rechts das Artillerie-Museum und links verschiedene Modelle von Festungen und Schlachten, z. B. Paris, Sedan, Düppel, Königgrätz, St. Privat nebst den dazu gehörenden Gemälden. Die Geschlltzsammlung ge­währt ein ziemlich vollständiges Bild von dem Entwick­lungsgänge des Geschützwesens seit dem Ende des 14. Jahrhunderts, während die Zahl der Prunkstücke ziem­lich klein ist. Man sah die sonderbarsten Arten von Geschützen, wie Mörser, Steinbüchsen, Orgelgeschütze und auch ganz moderne. Auf der andern Seite waren Uni­formen von allen Teilen des Heeres und auch kleinere Modelle von Artillerie- und Pioniergeräten. Darauf

Jetzt erst bin ich in Sicherheit!" rief die Gräfin, als sie etwa hundert Schritte entfernt waren.Noch immer glaubte ich, die Frau werde mich erkennen und durch ihre Knechte festnehmen. O, wie will ich euch allen danken! Kommet auch ihr auf mein Schloß, ihr müßt doch euren Reisegenossen bei mir wieder abholen."

Der Zirkelschmied sagte zu, und während sie noch sprachen, kam der Wagen der Gräfin ihnen nachgefäh- ren; schnell wurde die Türe geöffnet, die Dame schlüpfte hinein, grüßte dzn jungen Handwerksburschen noch ein­mal, und der Wagen fuhr weiter.

Um dieselbe Zeit hatten die Räuber und ihre Ge­fangenen den Lagerplatz der Bande erreicht. Sie wa­ren durch eine ungebahnte Waldstraße im schnellsten Trab weggeritten; mit ihren Gefangenen wechselten sie kein Wort, auch unter sich flüsterten sie nur zuweilen, wenn die Richtung des Weges sich veränderte. Vor einer tiefen Waldschlucht machte man endlich Halt. Die Räuber saßen ab, und ihr Anführer hob den Eold- arbeiter vom Pferd, indem er sich über den harten und eiligen Ritt entschuldigte, und fragte, ob doch die gnä­dige Frau nicht gar zu sehr angegriffen sei.

Felix antwortete ihm so zierlich als möglich, daß er sich nach Ruhe sehne, und der Hauptmann bot ihm den Arm, ihn in die Schlucht zu führen. Es ging einen steilen Abhang hinab; der Fußpfad, welcher hin­unterführte, war so schmal und abschüssig, daß der An­führer oft seine Dame unterstützen mußte, um sie vor der Gefahr, hinabzustürzen, zu bewahren. Endlich langte man unten an. Felix sah vor sich beim matten Schein

des anbrechenden Morgens ein enges, kleines Tal von höchstens hundert Schritten im Umfang, das tief in einem Kessel hoch hinanstrebender Felsen lag. Etwa sechs bis acht kleine Hütten waren in dieser Schlucht aus Brettern und abgehauenen Bäumen aufgebaut. Einige schmutzige Weiber schauten neugierig aus diesen Höhlen hervor, und ein Rudel von zwölf großen Hunden und ihren unzähligen Jungen umsprang heulend und bellend die Angekommenen. Der Hauptmann führte die vermeintliche Gräfin in die beste dieser Hütten und sagte ihr, diese sei ausschließlich zu ihrem Gebrauch bestimmt; auch erlaubte er aus Felix' Verlangen, daß der Jäger und der Student zu ihm gelassen wurden.

Die Hütte war mit Rehfellen und Matten ausge­legt, die zugleich zum Fußboden und Sitze dienen muß­ten. Einige Krüge und Schüsseln, aus Holz geschnitzt, eine alte Jagdflinte, und in der hintersten Ecke ein Lager, aus ein paar Brettern gezimmert und mit wollenen Decken begleitet, welchem man den Namen eines Bettes nicht geben konnte, waren die einzigen Geräte dieses gräflichen Palastes. Jetzt erst, allein ge­lassen in dieser elenden Hütte, hatten die drei Gefange­nen Zeit, über ihre sonderbare Lage nachzudenken. Felix, der zwar seine edelmütige Handlung keinen Augenblick bereute, aber doch für seine Zukunft im Fall seiner Entdeckung bange war, wollte sich in lauten Klagen Luft machen; der Jäger aber rückte ihm schnell näher und flüsterte ihm zu:Sei um Gottes willen stille, lieber Junge; glaubst du denn nicht, daß man uns behorcht?"Aus jedem Wort, aus dem Ton

ging's ins königliche Schloß. Hier kamen wir durch den äußeren und inneren Hof in den Schweizersaal, und von da durch 5 kleinere Säle in den alten Thronsaal; durch zwei weitere Kammern kamen wir in den Kapitelsaal des hohen Ordens vom Schwarzen Adler, der früher Schloßkapelle war. Alle diese Säle waren mit präch­tigen Bildern von dem großen Kurfürsten, von Fried­rich dem Großen und andern Königen, ihren Gemahlin­nen, Geschwistern und anderen geschmückt. In der Ro­ten Adler-Kammer befinden sich Leuchter und Tische, die früher echt Silber, von Friedrich dem Großen aber nach dem 7jährigen Krieg eingeschmolzen, in Holz nach­geschnitzelt und dann versilbert worden waren. In der Bildergalerie hatte es an der Fensterseite Schlachten­bilder von Hohenfriedberg, Tres Forcas, Zorndorf, Kolin, ferner Friedrich an der Leiche Schwerins und die Generale an der Leiche Friedrichs des Großen; auf der andern Seite Bilder von verschiedenen Königen und Kaisern. Dann kamen wir-noch in den Weißen Saal und die Schloßkapelle. Nachmittags exerzierten alle auf dem Kasernenhof herum und dann ging man ins Mausoleum. Abends machten wir Schwaben noch einen Bummel auf dem Markt.

Sonntag. "

Nachdem diese Nacht alles viel besser geschlafen hatte, exerzierten wir noch ein wenig und dann gings mit Bataillonsmusik hinaus ins Stadion. Man brauchte etwa 1)^ Stunden dazu; das Stadion war länglich, amphitheatralisch, das heißt, die Hinteren Sitze waren höher als die vorderen. Das Stadion ist etwa 1l km lang und 150 m breit. Gegenüber dem Kaiserthron waren zwei Eingangstore und das Schwimmbassin. Um 1s 2 Uhr kreiste ein Doppeldecker über uns und bald darauf erschien der Kaiser; im gleichen Augenblick ließ die Brieftaubenkompagnie 5000 Brieftauben steigen. Um 1s 3 Uhr marschierten wir unten vorüber; 1s 4 Uhr fuhr der Kaiser im Auto ganz langsam an unserem Spalier vorüber. Bis 5 Uhr kamen wir wieder in die Kaserne zurück. Abends spielten einige, auch ich, Fußball.

Montag

Morgens besichtigten wir den Zoologischen Garten; es war sehr schön, leider wurde aber viel umgebaut, so daß man manche Abteilungen nicht sehen konnte. Mittags durften wir ins Theater auf Kaisers Kosten. Nach dem Befehl des Kaisers wurde das schöne, patrio­tische StückKolberg" von Heyse gegeben. Es spielt in Kolberg zur Zeit der Belagerung durch die Franzosen, und handelt hauptsächlich von Verhandlungen zwischen dem Bürger Nettelbeck und dem Kommandanten Enei- senau. Wir lösten dann unsere Fahrkarten und gingen in das größte Berliner Warenhaus; hier kamen wir auseinander und da ich nicht wußte, wohin, eilte ich so schnell als möglich auf den Bahnhof. Hier mußte ich noch 10 Minuten warten, bis die andern kamen. Im Zug wars so voll, daß wir keinen Platz mehr be­kamen und 2 Stunden im Gang herumstehen und -sitzen mußten; erst in Weimar bekamen wir einigermaßen Platz. Ich schlief dann die ganze Nacht hindurch. Ueber Würzburg und Osterburken erreichten wir um 8 Uhr Stuttgart. Hier trennten wir uns; ich ging ins Baden, die Tierlein zu ersäufen, die mich noch von Berlin her plagten. Da ich den Zug 9 Uhr 22 verfehlte, blieb ich bei meinem Onkel und fuhr erst 3 Uhr 18 heim. Hier kam ich gut an. Mit einem fröhlichen Heil will ich nun schließen. Ende gut, alles gut.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.

deiner Sprache könnten sie Verdacht schöpfen," setzte der Student hinzu. Dem armen Felix blieb nichts übrig, als stille zu weinen.

Glaubt mir, Herr Jäger," sagte er,ich weine nicht aus Angst vor diesen Räubern, oder aus Furcht vor dieser elenden Hütte, nein, es ist ein ganz anderer Kummer, der mich drückt! Wie leicht kann die Gräfin vergessen, was ich ihr schnell noch sagte, und dann hält man mich für einen Dieb, und ich bin elend auf immer!"

Aber was ist es denn, was dich so ängstigt?" fragte der Jäger, verwundert über das Benehmen des jungen Menschen, der sich bisher so mutig und stark be­tragen hatte.

Höret zu, und ihr werdet mir recht geben," ant­wortete Felix. Mein Vater war ein geschickter Gold­arbeiter in Nürnberg, und meine Mutter hatte früher bei einer vornehmen Frau gedient als Kammerfrau, und als sie meinen Vater heiratete, wurde sie von der Gräfin, welcher sie gedient hatte, trefflich ausgestattet. Diese blieb meinen Eltern immer gewogen, und als ich auf die Welt kam, wurde sie mein Pate und be­schenkte mich reichlich. Aber als meine Eltern bald nacheinander an einer Seuche starben, und ich ganz allein und verlassen in der Welt stand, und ins Waisenhaus gebracht werden sollte, da vernahm die Frau Pate unser Unglück, nahm sich meiner an und gab mich in ein Erziehungshaus; und als ich alt genug war, schrieb sie mir, ob ich nicht des Vaters Gewerbe lernen wollte.

(Fortsetzung folgt.)