Publikum — Blumen, Zurufe geworden feien, datz ihnen immer gewisser geworden sei: Wir sind weit vorne! Ganz besonders stiegen die Hoffnungen dann, als während seiner Fahrt an den Calwern vorbei Bundespräsident List ihnen zugerufen habe: „Ihr Calwer, ihr könnt euch freuen!" Eine unbändige Freude sei losgebrochen, als ^5 Uhr den Calwern vom Preisgericht verkündet wurde: lg. Die Sänger hielten ihren Dirigenten unter nicht endenwollenden Iubelrufen in die Höhe und donnernder Beifall aus den Reihen der in der Halle dichtgedrängt stehenden Menschenmenge war der Glückwunsch, den die Calwer in ihrem Glück zuerst vernehmen durften. Und wir daheim? Im stillen hatten sich die Liederkranz-Damen auf einen günstigen Ausgang des Wettbewerbs der Sänger gerüstet. Und als dann die Kunde durch die Stadt flog, da gabs ein stürmisches Arbeiten, Hasten, Eilen. Blumen und Kränze wurden bestellt und geflochten, Lampions und bengalisches Pulver beschafft, die weißen Kleider aus den Kästen genommen, um sich zum festlichen Empfang damit zu kleiden. Der Badische Hof- Saal war in einem Augenblick zu einer schön mit Fähnchen und Grünem ausgeschmückten Festhalle geworden. Jetzt sollen sie kommen. Die Knabenkapelle führte einen stattlichen Zug von Damen und Herrn zum Ehrenvorstand, in dessen Wohnung die alte Fahne, die schon so manchesmal auf die Wahlstatt vorangetragen worden war, abgeholt wurde, damit sie auch mit dabei sei, wenn die neue ihre erste kampferrungene Zierde in die Heimat bringe. Bald hatte sich ein tausendköpfiges Publikum am Bahnhof eingefunden. Sehr angenehm vermerkt wurde es allerseits, datz der Bruderverein, die „Concordia", geschlossen und mit Fahne zur Abholung bereitstand. Die Massen stauten sich vor dem Bahnhofzugang in fürchterlicher Enge. Der Zug kam endlich, endlich, und in begreiflicher Begeisterung entstiegen ihm die Sänger. Kaum durch die Menschengasse kamen sie. Der ganze schöne Festplan, sie vor dem Bahnhof begrüßen zu können, war umsonst ausgedacht; die Rufe und hochgehenden Wogen der Freude, das Staunen und Jubeln erstickten alles. Die tapfere Stadtkapelle, die auch zum Chor eine Reihe tüchtiger Sänger stellt, und die Jugendkapelle führten den Verein durch die Bahnhofstratze über die Waldhornbrücke durch die Lederstratze zum Badischen Hof. Die Bahnhofstratze glich einem Feengarten; von fast allen Häusern sah man Fahnen grüßen, Lampions leuchten und bengalische Feuer auflodern und an den Fenstern standen die Hausbewohner Kopf an Kopf. Der Badische Hof-Wirt, der behauptet hatte, die schönen Stimmen, mit denen die Liederkränzler den 1. Preis geholt hätten, kämen nur von seinem guten Bier, hatte sich groß angestrengt, um seinem Verein einen würdigen Empfang zu schaffen. Das ganze Anwesen lag in bengalisches Licht getaucht, als er anmarschierte. Ehe die Sänger in den Saal eintraten, grüßten sie die Einwohner mit dem Sängerwahlspruch, den Stadtschultheitz Conz mit weithin vernehmbaren Begrützungsworten herzlich und freudig erwiderte. Im Saal herrschte große Fröhlichkeit. In Reden wurde der Erfolg gewürdigt. Es sprachen: ein Vertreter der Concordia, der Ehrenvorstand, Präzept. Baeuchle, der Vorstand, Stadtpfleger Dreher, und Frau Katastergeometer Charrier; diese namens der Damen des gemischten Chores. Dann weiter der Vereinsdirigent, Oberlehrer Beutel, Landtagsabg. Staudenmeyer für die passiven Mitglieder und Handelslehrer Stauff. Von einer Freundin des Vereins wurden dem Vorstande und dem Dirigenten je ein Blumenstrauß überreicht; von Frau Amtsgerichtssekretär Siber und Frau Bauer prachtvolle Lorbeerkränze. Der preisgekrönte Verein sang den Anwesenden einige schöne, einfache Lieder. Die Sänger hatten alle von den jungen Damen Rosen-und Nelkensträußchen in die Hände usw. bekommen, wofür hier gebührender Dank gesagt sein soll. Einige ganz Wilde ließen nicht nach, bis getanzt wurde, und nachdem glücklich ein paar Klaiverspielende auf-
es eine männliche und würdige Tat sei, einer bedräng-! ten, hilflosen Frau auf diese Weise beizustehen; aber er fürchtete, sich durch jede Bewegung, durch seine Stimme zu verraten. Seine -Angst steigerte sich, als der Räuber von einem Briefe sprach, den er schreiben sollte.
Wie sollte er schreiben, welche Titel dem Grafen geben, welche Form dem Briefe, ohne sich zu verraten?
Seine Angst stieg aber aufs höchste, als der Anführer der Räuber Papier und Feder vor ihn hinlegte, ihn bat, den Schleier zurückzuschlagen und zu schreiben.
Felix wußte nicht, wie hübsch ihm die Tracht patzet, in welche er gekleidet war; hätte er es gewußt, er würde sich vor einer Entdeckung nicht im mindesten gefürchtet haben. Denn als er endlich notgedrungen den Schleier zurückschlug, schien der Herr in Uniform, betroffen von der Schönheit der Dame und ihren etwas männlichen, mutigen Zügen, sie nur noch ehrfurchtsvoller zu betrachten. Dem klaren Blicke des jungen Goldschmieds entging dies nicht; getrost, datz wenigstens in diesem gefährlichen Augenblick keine Entdeckung zu befürchten sei, ergriff er die Feder und schrieb an seinen vermeintlichen Gemahl, nach einer Form, wie er sie einst in einem alten Buche gelesen; er schrieb:
„Mein Herr und Gemahl!
Ich unglückliche Frau bin auf meiner Reise mitten in der Nacht plötzlich angehalten worden, und zwar von Leuten, welchen ich keine guten Absichten Zutrauen kann. Sie werden mich so lange zurückhalten, bis Sie, Herr Graf, die Summe von 20 060 Gulden für mich niedergelegt haben.
getrieben worden waren, gabs auch noch Getanztes. Aber auch dieser Abend nahm sein Ende — am frühen Morgen. Es schienen so golden die Sterne ... als der Heimweg angetreten wurde, die Brunnen rauschten verschlafen in der prächtigen Sommernacht und wohl mag manch einer der Liederkränzler nachher einsam am Fenster die Erlebnisse der verflossenen zwei Tage überdacht haben, die so überaus befriedigende wurden. Wir aber fassen unfern Glückwunsch zusammen in die Worte des Schwäbischen Sängerwahlspruches:
Das Herz voll Lieder froh und frei.
Dem Staufenbanner ewig treu,
So stehn wir ein in Lust und Leid,
Allzeit für Deutschlands Herrlichkeit.
Die Tinte ist teurer geworden. Der Verein deutscher Tintenfabrikanten E. V. hat anfangs dieses Monats beschlossen, die wichtigsten Schreib- und Kopiertinten in den verschiedensten Füllungen im Preise zu erhöhen. Der Beschluß wird also begründet: „Seit Jahrzehnten waren dank der Uneinigkeit der verschiedenen Firmen die alten Preise maßgebend, weshalb der Verdienst sich allmählich so verringerte, daß der Zwang die Beteiligten zusammenführte, um endlich Preise zu erreichen, bei denen ein Auskommen möglich ist. Die Verbraucher von Tinte werden in Würdigung der Verhältnisse gewiß gern dem Beschlüsse Rechnung tragen."
scb. Mutmaßliches Wetter. Für Miitwoch und Donnerstag ist trockenes und warmes Wetter zu erwarten.
Pforzheim, 23. Juni. In Gegenwart der Vertreter von 45, unter insgesamt 50 Bezirksvereinen hielt der württembergische Schwarzwaldverein hier, wo er seinen zweitstärksten, 1500 Mitglieder starken Vezirksverein hat, seine diesjährige Hauptversammlung ab. Der Vorsitzende, Schulrat Dr. Salzmann- Stuttgart leitete die Verhandlungen. Beschlossen wurde der Bau eines Aussichtsturmes auf dem Rinkenberg bei Vaiersbronn. Die noch fehlenden 3500 ^ werden aus den laufenden Mitteln zur Verfügung gestellt. Auch der Bezirksverein in Klosterreichenbach erhält einen Beitrag von 400 ^ zum Bau einer Brücke für den automobilfreien Weg durch das Murgtal. Geheimer Kommerzienrat Junghans in Schramberg wurde zum Ehrenmitglied gewählt. In den Ausschuß wurden durch Zuruf berufen: Stadtschultheitz Riecker-Alpirsbach, Oberamtsbaumeister Köbele-Altensteig, Apotheker Hartmann-Calw, Oberförster Freih. v. Sütz- kind-Dornstetten, Rektor Volz-Heilbronn, Apotheker Bozenhardt-Neuenbürg, Distriktsarzt Dr. Boekh- Pfalzgrafenweiler, Kaufmann Schober-Pforzheim, Geh. Komm.-Rat Dr. Junghans-Schramberg und Hauptlehrer Huber-Tuttlingen.
Württemberg.
Des Liederfestes zweiter Tag.
Tübingen, 23. Juni. Vom schönsten Wetter begünstigt, hob heute der zweite Tage des 30. Allgemeinen Liederfestes des Schwäbischen Sängerbundes mit der Wiederinstandsetzung dessen an, was das gestrige Regenweter am Festkleide der Stadt und auf dem Festplatze verdorben hatte. Dann kam die Hauptprobe für die Festaufführung, und schließlich nahte diese selbst heran. Der König und die Königin waren im Automobil von Vebenhausen gekommen, um die 6000 Sänger in den Massenchören zu hören. Oberbürgermeister Haußer und der Bundespräsident List empfingen an der Spitze der Ehrendamen und des Festausschusses und un-
Die Bedingung ist dabei, datz Sie nicht im mindesten über die Sache sich bei der Obrigkeit beschweren, noch ihre Hilfe nachsuchen, datz Sie das Geld durch einen einzelnen Mann in die Waldschenke im Spessart schicken; widrigenfalls ist mir mit längerer und harter Gefangenschaft gedroht.
Es fleht Sie um schleunige Hilfe an
Ihre unglückliche Gemahli n."
Er reichte den merkwürdigen Brief dem Anführer der Räuber, der ihn durchlas und billigte. „Es kommt nun ganz aus Ihre Bestimmung," fuhr er fort, „ob Sie Ihre Kammerfrau oder Ihren Jäger zur Begleitung wählen werden. Die eine dieser Personen werde ich mit dem Briefe an Ihren Herrn Gemahl zurückschicken."
„Der Jäger und dieser Herr hier werden mich begleiten," antwortete Felix.
„Gut," entgegnete jener, indem er an die Türe ging und die Kammerfrau herbeirief, „unterrichten Sie diese Frau, was sie zu tun habe."
Die Kammerfrau erschien mit Zittern und Beben. Auch Felix erblaßte, wenn er bedachte, wie leicht er sich auch jetzt wieder verraten könnte. Doch ein unbegreiflicher Mut, der ihn in jenen gefährlichen Augenblicken stärkte, gab ihm auch jetzt wieder seine Reden ein. „Ich habe dir nichts weiter aufzutragen," sprach er, „als datz du den Grafen bittest, mich so bald als möglich aus dieser unglücklichen Lage zu reißen."
ter den donnernden Hochrufen der Riesenversammlung die Majestäten, auf die sodann der Vorstand des Stuttgarter Liederkranzes, Oberpräzeptor Schairer, ein Hoch ausbrachte. Die Sänger sangen zum Gruß den Wahlspruch des Schwäbischen Sängerbundes. Die Musikkapelle des 180. Infanterieregiments spielte unter Schneckenburgers Leitung im Verein mit der Kapelle des 125. Infanterieregiments aus Stuttgart Wagners „Einzug der Gäste auf der Wartburg" aus dem „Tannhäuser", worauf 3oo0 Sänger den Pilgerchor vortrugen. Dann folgten die einzelnen Programmpunkte unter der Leitung der verschiedenen Dirigenten in prächtigen, wohlabgerundeten Chören von gewaltiger Wirkung und mit Solovorträgen. Unter den Klängen „Heil unsrem König Heil" und den tausendfältigen Hochrufen der Sängerschaft verließ das Königspaar die Aufführung, über die es sich wiederholt hochbefriedigt geäußert hatte. Die Festtafel wurde im Museum abgehalten. Unter den Ehrengästen befand sich auch der Kultminister Dr. v. Habermaas. Der Bundespräsident List brachte den Trinkspruch auf den Kaiser, Oberbürgermeister Haußer den auf den König aus. Der Vorstand des Tübinger Sängerkranzes, Katastergeometer Fischer, sprach auf den Schwäbischen Sängerbund. Unter einer Reihe weiterer Trinksprüche zog sich die Tafel bis gegen 3 Uhr hin, woraus sich der Festzug am Kelterplatz durch die Stadt zum Festplatz in Bewegung setzte. Der Vorbeimarsch des äußerst farbenprächtigen und imposanten Zuges dauerte fast eine Stunde. In der Festhalle begann alsbald die Preisverteilung.
Das Ergebnis des Wettsingens vom Sonntag, 22. ds., ist folgendes. Es erhielten Preise:
Abt. I (Einfacher Volksgesang): Je einen ersten Preis: 1. Schnaitheim, Germania. 2. Obertürkheim, Eintracht. 3. Weiler i. B., Liederkranz. 4. Echterdingen, Liederkranz. 5. Unterböbingen, Sängerkranz. 6. Unterboihingen, Eintracht. — Je einen zweiten Preis: 1. Eönningen, Männergesangverein. 2. Gingen a. F., Liederkranz. 3. Unterrombach, Liederkranz. 4. Wurzach, Liederkranz. 5. Wäschenbeuren, Liederkranz. 6. Plochingen, Frohsinn. 7. Dürrmenz, Liederkranz. 8. Waldstetten, Cäcilia. 9. Lauchheim, Concordia. 10. Neckartailfingen, Sängerbund. 11. Rohr, Männergesangverein. 12. Scharnhausen, Sängerlust. 13. Straßdorf, Liederkranz. 14. Wolfschlugen, Concordia. 15. Hedelfingen, Liederkranz. 16. Altenstadt, Frohsinn. 17. Betzingen, Bürgergesangverein. 18. Eerstetten, Liederkranz. 19. Oberkochen, Sängerbund. 20. Asperg, Liederkranz. — Abt. sl (Gehobener Volksgesang): Einen ersten Preis: 1. Calw, Liederkranz. 2. Feuerbach, Harmonie. 3. Stuttgart-Karlsvorstadt, Liederkranz. — Einen zweiten Preis: 1. Birkenfeld, Sängerbund. 2. Böblingen, Liederkranz. 3. Eglosheim, Liederkranz. 4. Aalen, Liedertafel. 5. Zuffenhausen, Neuer Singverein. 6. Reutlingen, Sängerkranz. 7. Ebingen, Harmonie. 8. Nagold, Liederkranz. 9. Reutlingen, Concordia. 10. Altenstadt, Liederkranz. 11. Degerloch, Concordia. 12. Oberbettringen, Musikverein. 13. Ludwigsburg, Liederhain. 14. Neuenbürg, Liederkranz. 15. Rechberghausen, Harmonie. 16. Schramberg, Lyra. — Abt. Ill (E i n- facher Kunstgesang): Einen ersten Preis: 1. Vaihingen, Männergesangoerein. 2. Söflingen, Liederkranz. 3. Stuttgart-Karlsvorstandt, Alemannia. 4. Botnang, Liederkranz. 6. Rottenburg, Liederkranz. 6. Tuttlingen, Liederkranz. 7. Schramberg, Frohsinn. 8. Kleineislingen, Germania. 9. Stuttgart-Karlsvorstadt, Sängerklub. 10. Heidenheim, Sängerkranz. — Einen zweiten Preis: 1. Eaisburg, Männergesangverein. 2. Neuhausen, Eintracht. 3. Gablenberg, Liederkranz. 4. Reutlingen, Liedertafel. 5. Gaisburg, Liederkranz. 6. Heubach, Liederkranz. 7. Wangen i. A., Liederkranz. 8. Ebingen, Eintracht. 9. Heilbronn, Urbanus. — Abt. IV (Schwieriger Kunstgesang):
„Und," fuhr der Räuber fort, „datz Sie dem Herrn Grafen aufs Genaueste und ausdrücklichste empfehlen, datz er alles verschweige und nichts gegen uns unternehme, bis seine Gemahlin in seinen Händen ist. Unsere Kundschafter würden uns bald genug davon unterrichten und ich möchte dann sür nichts stehen."
Die zitternde Kammerfrau versprach alles. Es wurde ihr noch befohlen, einige Kleidungsstücke und Leinenzeug für die Frau Gräfin in einen Bündel zu packen, weil man sich nicht mit vielem Gepäck beladen könne, und als dies geschehen war, forderte der Anführer der Räuber die Dame mit einer Verbeugung auf, ihm zu folgen. Felix stand auf. der Jäger und der Student folgten ihm, und alle drei stiegen, begleitet von dem Anführer der Räuber, die Treppe hinab.
Vor der Waldschenke standen viele Pferde; eines wurde dem Jäger angewiesen, ein anderes, ein schönes, kleines Tier, mit einem Damensattel versehen, stand für die Gräfin bereit, ein drittes gab man dem Studenten. Der Hauptmann hob den jungen Goldschmied in den Sattel, schnallte ihn fest und bestieg dann selbst sein Rotz. Er stellte sich zur Rechten der Dame auf, zur Linken hielt einer der Räuber; auf gleiche Weise waren auch der Jäger und der Student umgeben. Nach dem sich auch die übrige Bande zu Pferde gestzt hatte, gab der Anführer mit einer helltönenden Pfeife das Zeichen zum Aufbruch, und bald war die ganze Schar im Wald verschwunden.
(Fortsetzung folgt.) ;