werde es immer geben. Man müsse auf die ortsüblichen Löhne Rücksicht nehmen. Der Beschaffung einer Pensionskasse für Waldarbeiter stünden zu große Schwierigkeiten entgegen. Nach Erledigung des Kapitels, sowie des „Jagden" betreffenden wurde die Fortsetzung der Etatsberatung auf Dienstag n achmittag vertagt.
Stadt, Bezirk «nd Nachbarschaft
Calw, 23. Juni 1913.
Der Liederkranz auf dem Sängerfest. Die schwere Stunde des Preisgesangs liegt glücklich hinter uns. Es waren gemischte Gefühle, die die Liederkränzler durchzogen, als sie sich am Sonntag früh im Lokal zum Abmarsch nach der Bahn sammelten. Man sang sich etwas Begeisterung durch ein schneidiges Marschlied an, das die Schläfer in der Bischofs- und in der Bahnhofstraße weckte. Der Zug nahm dann in Nagold den dortigen Liederkranz mit, der gleichfalls zum Wettgesang auszog. Das Wetter war das denkbar schlechteste. Es regnete unaufhörlich. In Tübingen zog der Verein unter Vorantritt der Fahne ein, gab auf dem Rathaus die Fahne ab und marschierte dann durch wirklich großartig ausgeschmückte Straßen in das „Museum". Im gleichen Saal war der Tisch auch für einen Heidenheimer und einen Schramberger Verein bereitet. Nach erfolgter leiblicher Stärkung sangen wir den Preischor vom Podium des Museumssaales aus, um die Stimmen „einzurenken", dann gings in Reih und Glied nach der Festhalle, die in etwa 25 Minuten vom „Museum" aus erreicht war. Die Aalener Liedertafel sang vor uns. XI Uhr betraten wir die Sängertribüne und warteten, vis vom Preisgericht aus das Zeichen zum Beginn unsres Liedes gegeben wurde. Tausende von Augen vor und neben und hinter sich. Und dann blühte es uns. Jetzt galts. „Es schienen so golden die Sterne. . ." durchdrangs die Halle. Der letzte Vers sei am besten vorgetragen worden, das ppp habe wunder voll durch den weiten Raum geklungen — sagten die Leute nachher. Ob das Preisgericht auch? „Ohne groben Fehler. Keinen Viertelston zu hoch oder zu nieder hörten wir auf. Genau auf dem Ton geblieben!" So die beruhigenden Worte des Dirigenten. „Es ist gelungen; jedenfalls können wir befriedigt sein; leer gehen wir nicht aus." Nach dem Rückmarsch zum Mittagessen im „Museum", das sehr gut ausgefallen sein soll, wurde das mutmaßliche Ergebnis natürlich lebhaft besprochen. Im Museum sagte der Ehrenvorstand, Präzeptor Baeuchle, er habe sich alle Vereine unserer Abteilung angehört, sein Eindruck sei, daß der Liederkranz gut abschneiden werde. — Wir hoffen, daß das der Fall wird. Ihre Pflicht haben Sänger und Dirigent vollauf getan; gehe es nun, wie es mag!
8t. Schulsache. Dem Unterlehrer Friedrich Bauschert in Eßlingen ist die freie ständige Lehrstelle in Wllrz- bach übertragen worden. — Die Bewerber um die ständige Lehrstelle in Teinach haben sich beim Evang. Oberschulrat zu melden.
Notstandsurlaub. Das Generalkommando hat den Truppen anheimgestellt, den Gesuchen um Beurlaubung von Mannschaften aus den vom Unwetter betroffenen Gemeinden Ahldorf, Baisingen, Eutingen, Mühlen und Rohrdorf möglichst entgegenzukommen.
scb. Mutmaßliches Wetter. Für Dienstag und Mittwoch ist strichweise gewittriges, aber meist trocknes und warmes Wetter zu erwarten.
-o- Unterreichenbach, 22. Juni. Der bekannte Easthof zum Deutschen Kaiser, Besitzer Adolf Dürr, brannte in der Nacht vom Samstag auf Sonntag
melt auf der Flur lieget? Glaube mir, wenn sie freiwillig mitgeht, soll sie mit Achtung behandelt werden, aber wenn du, bis ich drei zähle, nicht den Hahn in Ruhe setzest, so soll es ihr übel ergehen. Hahn in Ruh', eins, zwei, drei!"
„Mit diesen Hunden ist nicht zu spassen," flüsterte der Jäger, indem er den Besehl des Räubers befolgte; „wahrhaftig, an meinem Leben liegt nichts, aber wenn ich einen niederschieße, könnten sie meine Dame um so härter behandeln. Ich will die Gräfin um Rat fragen. Gebt uns," fuhr er mit lauter Stimme fort, „gebt uns eine halbe Stunde Waffenstillstand, um die Gräfin vorzubereiten, sie würde, wenn sie es so plötzlich erfährt, den Tod davon haben."
„Zugestanden," antwortete der Räuber und ließ zugleich den Ausgang der Treppe mit sechs Mann besetzen.
Bestürzt und verwirrt folgten die unglücklichen Reisenden dem Jäger in das Zimmer der Gräfin; es lag dieses so nahe, und so laut hatte man verhandelt, daß ihr kein Wort entgangen war. Sie war bleich und zitterte heftig, aber dennoch schien sie fest entschlossen, sich in ihr Schicksal zu ergeben: „Warum soll ich nutzlos das Leben so vieler braver Leute aufs Spiel setzen?" sagte sie. „Warum euch zu einer vergeblichen Verteidigung auffordern, euch, die ihr mich gar nicht kennet? Nein, ich sehe, daß keine andere Rettung ist, als den Elenden zu folgen."
Man war allgemein von dem Mut und dem Unglück der Dame ergriffen; der Jäger weinte und schwur, daß er diese Schmach nicht überleben könne. Der Stu
bis auf den Grund nieder. Das Feuer, das vermutlich in der Stallung ausbrach, griff so rasch um sich, daß die Bewohner des Gebäudes sich zum Teil durch die Fenster in Sicherheit bringen mußten. Gerettet konnte gar nichts werden. Mitverbrannt sind 2 Hunde, 1 Mutterschwein mit Jungen und zahlreiches Federvieh. Das hinter dem Brandherd stehende Anwesen des Mühlebesitzers Haisch stand ebenfalls in großer Gefahr, konnte aber durch die energische Tätigkeit der Feuerwehr gerettet werden. Die Entstehungsursache ist bis jetzt unbekannt, doch wird Brandstiftung vermutet.
Wildbad, 23. Juni. Am Samstag sabend um i/-6 Uhr fuhr hier ein mit drei Pforzheimer Herren besetztes Automobil infolge zu schnellen Fahrens des Chauffeurs zwischen Enzklösterle und Wildbad an einen Randstein. Die Herren stürzten alle heraus, der Chauffeur flog mit dem Kopf derartig an einen Baum, daß er sofort tot war. Es ist der 19 Jahre alte Willy Weigel von hier.
Württemberg.
Das Liederfest.
Tübingen, 22. Juni. Das 30. allgemeine Liederfest des Schwäbischen Sängerbundes hat heute unter der Teilnahme von etwa 13 000 Sängern aus ganz Schwaben seinen Anfang genommen. Die Stadt Uhlands und Silchers hat sich aus diesem Anlaß in ihr Festgewand geworfen, Straßen und Plätze bilden ein einziges Meer von Grün und Fahnen. Leider ist die Witterung dem Feste zunächst sehr ungünstig: Seit dem frühen Morgen regnet es ohne Unerlaß, was natürlich dem erwarteten Fremdenzuzug erheblichen Abbruch tat, nicht aber der gehobenen Stimmung der Sänger und der Feststadt. Das Fest fand gestern abend seine Einleitung in einem Begrüßungsabend auf dem Schloß. Das den Abend füllende Programm bestritt die Kapelle des 106. Infanterieregiments mit den vereinigten Tübinger Gesangvereinen. Den Willkomm namens der Sadt entbot den Sängern der Oberbürgermeister Haußer, der dem Fest ein schönes Gelingen und dem deutschen Liede frohes Gedeihen wünschte und mit einem Hoch auf den Schwäbischen Sängerbund schloß. In dessen Namen und namens der Gäste dankte der Bundespräsident, Rechtsanwalt und Reichstagsabgeordneter List- Reutlingen, der daran erinnerte, daß vor mehr als fünfzig Jahren das Staufenbanner des Bundes in Tübingen seine Weihe erhielt, ein Akt, den damals Uhland mit dem Wunsche begleitete, das deutsche Lied möge, allzeit frei, bald in einem einigen, freien, großen deutschen Vaterland erschallen. Ein Jahrzehnt nach des Dichters Tode ging dieser Wunsch in Erfüllung. Seither habe insbesondere der Schwäbische Sängerbund, der auch an der Spitze des Deutschen Sängerbundes stehe, nichts versäumt, um dem deutschen Gesang seinen kulturellen und veredelnden hohen Wert zu erhalten. Der Redner schloß mit einem Hoch auf die Feststadt. Heute früh war Tagwacht und Frühkonzert auf dem Marktplatz. Von 7° Uhr an liefen die Sonderzllge, dreißig an der Zahl, aus ganz Württemberg ein. Um X8 Uhr zogen die Tübinger Vereine nach dem Festplatz und der 4000 Menschen fassenden Festhalle. Dort erfolgte unter Ansprachen des Oberbürgermeisters und des Bundespräsidenten die offizielle Eröffnung des Festes und die Uebergabe der Bundesfahne an die Feststadt. Dann nahm das Wettsingen seinen Anfang. Daran nahmen, dem Urteil von zwei Preisrichtergruppen unterstehend, insgesamt 92 Vereine teil, und zwar 40 in der Klasse einfacher Volksgesang, 24 in der Klasse gehobener Volks-
dent aber schmähte auf sich und seine Größe von sechs Fuß. Wäre ich nur um einen halben Kopf kleiner," rief er, „und hätte keinen Bart, so wüßte ich wohl, was ich zu tun hätte, ich ließe mir von der Frau Gräfin Kleider geben, und diese Elenden sollten spät genug erfahren, welchen Mißgriff sie getan."
Auch auf Felix hatte das Unglück dieser Frau großen Eindruck gemacht. Ihr ganzes Wesen kam ihm so rührend und bekannt vor, es war ihm, als sei es seine frühe verstorbene Mutter, die sich in dieser schrecklichen Lage befände. Er fühlte sich so gehoben, so mutig, daß er gerne sein Leben für das ihrige gegeben hätte. Doch als der Student jene Worte sprach, da blitzte auf einmal ein Gedanke in seiner Seele auf; er vergaß alle Angst, alle Rücksichten, und er dachte nur an die Rettung dieser Frau. „Ist es nur dies," sprach er, indem er schüchtern und errötend hervortrat, „gehört nur ein kleiner Körper, ein bartloses Kinn und ein mutiges Herz dazu, die gnädige Frau zu retten, so bin ich vielleicht auch nicht zu schlecht dazu; ziehet in Gottes Namen meinen Rock an, setzet meinen Hut auf Euer schönes Haar, und nehmet deinen Bündel auf den Rücken und —ziehet als Felix, der Eoldarbeiter, Eure Straße."
Alle waren erstaunt über den Mut des Jünglings, der Jäger aber fiel ihm freudig um den Hals. „Goldjunge," rief er, „das wolltest du tun? Wolltest dich in meiner gnädigen Frau Kleider stecken lassen und sie retten? Das hat dir Gott eingegeben; aber allein sollst du nicht gehen, ich will mich mit gefangen geben, will bei dir bleiben an deiner Seite, als dein bester Freund, und so lange ich lebe, sollen sie dir nichts anhaben
gesang, 21 in der Klasse einfacher Kunstgesang und 7 in der Abteilung schwieriger Kunstgesang. In den beiden erstgenannten Abteilungen hörte man sehr zahlreich die Silcher'schen Lieder, im Kunstgesang Hegarsche. Der Wettgesang brachte naturgemäß verschiedenartige Leistungen, überragend gute, aber auch an das Durchschnittsmäßige nicht heranreichende. Im allgemeinen ließ der Wettbewerb hohe Begeisterung für den Sang, fleißige Vorbereitung und tüchtiges Können erkennen. Das Wettsingen dauerte von morgens 9 Uhr bis abends 6 Uhr. Während es sich abwickelte, zog der Stuttgarter Liederkranz, dessen Ehrenmitglied Ludwig Uhland einst gewesen, zum Uhlanddenkmal, wo er namens des Schwäbischen Sängerbundes einen Kranz niederlegte. Vortrüge von Liedern mit Uhlandschen Texten und eine Ansprache des Vorstandes, Qberpräzeptor Schairer, umrahmten diesen Akt. Eine ähnliche Huldigung bereitete ein etwa 500 Sänger starker Chor den Manen Silchers an dessen Denkmal bei der Universität. Hier wurden Silcherlieder gesungen und von Rektor Merkle- Göppingen eine schwunghafte Ansprache gehalten. Im Anschluß an diesen Akt fand an dem einstigen Wohnhaus Silchers in der Erabenstraße die Enthüllung einer Gedenktafel statt. Den heutigen ersten Festtag beschloß ein Doppelkonzert auf dem Festplatz und eine italienische Nacht. Morgen bilden die Hauptaufführung, zu der das Könispaar aus Bebenhausen erscheinen wird, und der Festzug mit der Preisverteilung die wesentlichen Bestandteile des Programms.
Stuttgart, 21. Juni. Das viertägige Schwäbische Musikfest, das in Stuttgart stattfindet, ist gestern abend mit Aufführung der in Deutschland noch unbekannien Oper „Der Schatz des Waldemar" von Andreas Hallen eröffnet worden.
Stuttgart, 22. Juni. Trotz des anfangs sehr schlechten Wetters kamen heute mehrere Tausend Pfadfinder aus dem ganzen Lande nach Stuttgart zum Pfadfindertag und zogen gegen mittag vom Akademiehof nach der Eewerbehalle zur Feier des Kaiserjubiläums. Der riesige Zug war noch verstärkt durch etwa tausend Stuttgarter Pfadfinder. Nachmittags waren in der Ausstellung praktische Vorführungen, später in der Ear- nisonskirche eine kirchliche Feier mit Ansprachen von Stadtpfarrer Lauxmann, Stadtpfarrer Riecke und Pfarrer Köhler.
Tübingen, 21. Juni. In die hiesige chirurgische Klinik ist der 17jährige Fabrikarbeiter Wilhelm Klink aus Urach unter furchtbaren Schmerzen am Wundstarrkrampf gestorben. Er hatte anfangs voriger Woche in Urach beim Turnen einen Fall getan und sich dabei das linke Handgelenk vollständig zersplittert. Man schaffte ihn hierher in die Klinik. Es gelang aber den Aerzten nicht, ihn zu retten.
Besigheim, 21. Juni. Auf der Straße nach Ludwigsburg wurde heute früh 4 Uhr der 25 Jahre alte von Hägenau OA. Gaildorf gebürtige Fuhrmann des Mühlebesitzers Fackler bei der Hohenstange tot aufgefunden. Der Leichnam lag zwischen den Rädern seines Wagens, die ihm über den Hals gegangen waren. Der Verunglückte, der wahrscheinlich auf dem Wagen geschlafen hat und dann heruntergefallen ist, dürfte ein Opfer dieser Unsitte geworden sein. Er wird als ein ordentlicher Mensch geschildert.
Meidelstetten, 21. Juni. Ein überaus trauriges Geschick ereilte den mit Mähen beschäftigten, fleißigen, fast 80jährigen Georg Martin Rauscher, genannt „Jörgmarte". Er gelangte infolge seiner
dürfen." — „Auch ich ziehe mit dir, so wahr ich lebe!" rief der Student.
Es kostete lange Ueberredung, bis die Gräfin in diesen Vorschlag einwilligte. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, daß ein fremder Mensch für sie sich auf- opfern sollte; sie dachte sich im Fall einer spätern Entdeckung die Rache der Räuber, die ganz auf den Unglücklichen fallen würde, schrecklich. Aber endlich siegten teils die Bitten des jungen Menschen, teils die Ueber- zeugung, im Fall sie gerettet würde, alles aufbieten zu können, um ihren Retter wieder zu befreien. Sie willigte ein. Der Jäger und die übrigen Reisenden begleiteten Felix in das Zimmer des Studenten, wo er sich schnell einige Kleider der Gräfin überwarf. Der Jäger setzte ihm noch zum Ueberfluß einige falsche Haarlocken der Kammerfrau und einen Damenhut auf, und alle versicherten, daß man ihn nicht erkennen würde. Selbst der Zirkelschmied schwur, daß, wenn er ihm auf der Straße begegnete, würde er flink den Hut abziehen und nicht ahnen, daß er vor seinem mutigen Kameraden sein Kompliment mache.
Die Gräfin hatte sich indessen mit Hilfe ihrer Kammerfrau aus dem Ränzchen des jungen Eoldarbei- ters mit Kleidern versehen. Der Hut, tief in die Stirn gedrückt, der Reisestock in der Hand, das etwas leichter gewordene Bündel auf dem Rücken machten sie völlig unkenntlich, und die Reisepden würden zu jeder andern Zeit über diese komische Maskerade nicht wenig gelacht haben. Der neue Handwerksbursche dankte Felix mit Tränen und versprach die schleunigste Hilfe.
(Fortsetzung folgt.)