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Achwarzwälder Tageszeitung. Für die O.-A.-Be;irke Nagold, Freudenftadt und Talw

20S

Druck »»S Verlag t« Mteustekg.

Montag, de« 1. September.

Amtsblatt fikr Psalrgrasruwetler.

LVLV.

Warum Japan Mexiko umwirbt.

Mexiko ist die Vormacht des lateinischen Amerikas. Es ist mit seinen 15 Millionen Einwohnern zwar nicht der volkreichste Staat in Romanisch-Amerika das ist vielmehr Brasilien aber es ist das weltstrategisch und weltpolitisch zukunftreichste und wichtigste Land. Es hat unzoheure, geradezu unerschöpfliche wirtschaftliche Hilfs­quellen und Möglichkeiten. Und zwar auf zwei Ge­bieten des Lebens zugleich. Es ist nämlich nicht leicht zu entscheiden, welche Bodenschätze den anderen den Rang ablaufen, die landwirtschaftlichen oder die mineralischen. In Mexiko wächst rein alles, was es überhaupt auf Erden gibt. Sämtliche Getreidearten und sonstige Früchte, die bei uns gedeihen, finden sich auch im Lande der Azteken; dazu sind zahlreiche Südfrüchte, sind Tropen­erzeugnisse vorhanden, die uns fehlen. Das Land erzeugt, und zwar in ausgezeichneter Menge und Güte Tabak, Kaffee, Kakao, Baumwolle und Reis. Ms Land der Metalle ist Mexiko erst in den letzten Jahren so recht in Aufschwung gekommen und berühmt geworden. Be­sonders die Vorkommen anErdöl sind ganz riesig. Wäh­rend des Weltkriegs, der beinahe schon einige Monate vor dem 1. August 1914 gerade wegen der Oelfelder Mexikos ausgebrochen wäre, ist Mexiko an die zweite Stelle der produzierenden Länder gerückt. Den 60 Mil­lionen Faß (zu 1,9 Hktl.), die es erzeugt, ist freilich die nördlich vorgelagerte Union mit ihren 300 Millionen einstweilen noch weit voraus,nach dem Urteil von Ken­nern wäre jedoch Mexiko in der Lage, sehr bald an die allererste Stelle vorzurücken, sobald für Tampiko und die- anderen Gruben die genügende bergmännisch Aus- rüitung und die notwendigen Bassins und Magazine er­stellt seien.

Am ältesten und bekanntesten ist die Ausbentck an Silber. Auch heute noch steht das Land hierin an vorderster Stelle. Weiterhin kommen Manganerze, Gold, Blei, Kupfer und Quecksilber in Betracht. Man schätzte vor etwa 10 Jahren die metallische Gesamterzengung Mexikos auf drei Viertel Milliarden Gold-Mark. Seit­dem ist sie aber unverhältnismäßig gestiegen. Ueber die Möglichkeiten der Zukunft sind geradezu phanta­stische Hoffnungen im Schwange. So soll es in Mexiko einen Berg geben, der nach freilich unkontrollierbaren Schätzungen 42 Milliarden hochwertiger Eisenerze enthalte. Genug, Mexiko ist schon jetzt eines der reich­sten Länder der Erde und sein Reichtum ist trotz der un­aufhörlichen Wirren, die seinen Leib durchwühlen, auch im letzten Jahrzehnt noch beständig gewachsen. Es ist ferner strategisch von der äußersten Wichtigkeit. Schon Alexander von Humboldt behauptete, daß später der Mit­telpunkt des Welthandels und der Weltpolitik dorthin sich verlegen würde. Warum? Weil es die einzigartige Lage zwischen den zwei bedeutendsten Weltmeeren, dem Stillen und dem Atlantischen Ozean, habe. Bisher ist diese Gunst der Lage noch bei weickcm nicht gebührend in die Erscheinung getreten. Das ist aber eine Erfahrung, die man in der Geschichte öfters machen kann. Sind nicht auch die maritimen und kommerziellen Möglich­keiten Japans viele Jahrhunderte hindurch verborgen ge­blieben? Jetzt erst, seit einem Menschenalter, istdas Reich der zehntausend Inseln" ein führender Handels­und Seestaat geworden. Nichts möglicher daher, als daß in der neuen Weltepoche auch Mexiko eine Stellung tm Erdstaatensystem einnehmen kann, die ihm durch die Lilnst seiner, Lage zukommen würde.

Seit den letzten Jahren des tatkräftigen Präsidenten porfirio Diazhat sich eine engere diplomatische Ver- lindung zwischen dem führenden Staate Ostasiens, Ja- ?an, und dem Lateinisch-Amerika angebahnt. Schon l877 blühte die Auswanderung chinesischer Kulis nach Peru und seit reichlich einem Vierteljahrhundert gingen japanische Kulis nach Mittelamerika und Westindien. Heute ist die Zahl der OÜasiatcn in ganz Lateinisch-Ame­rika bedeutend angewachscn. Ganz so riesenhaft, wic inan sich das manchmal ausmalt, ist allerdings die Zahl nicht, in Mexiko dürste die Menge sämtlicher Ostasiaten 60000 kaum überschreiten, davon werden die Japaner über die Hälfte bilden.

Die beginnende Freundschaft zwischen dem Mikado und Porfirio Tiaz wurde nicht nur durch politische Er­wägungen,, sondern auch durch Rassenforschungen gestützt. Tatsächlich ist eine Urverwandtschaft nicht ohne weiteres in das Gebiet der Lächerlichkeit zu verbannen. Ein italie­nischer Sprachforscher, Trombetti, hat den Nachweis er­bracht, daß die Sprachen Nordasiens mit den Jndia-

nersprachen von Alaska bis zum Amazonas verwand! seien, und lange vor ihm hat ein französischer Gelehr­ter, der Graf Charenzey, vermutet, daß der Titel des Mikados in Peru und bei den Seminlolen Floridas aus­tauchte. Ein seltsames altjapanisches Wort für Erd­beben, Nae, findet sich genau so in amerikanischen Spra­chen.

Das Auswachsen japanischen Einflusses in Amerika im allgemeinen und Mexiko im besonderen haben die Jankees mit steigender Besorgnis gesehen. Als vollends ein Neffe von Diaz als diplomatischer Abgesandter nack, Japan ging, als bei späteren beiderseitigen Missionen eine Verbrüderung der Völker anhob, als die Japaner Landkäufe in Niederkalisornien machten und die Hww auch auf die Magdalenen-Bai zu legen schienen, da er­kannte man in Washington das Herannahen eines ge­fährlichen Feindes und erörterte mit Eifer die greifbar auftauchende gelbe Gefahr. Das erste Stadium der Rei­bungen, das sich auf Hrmonlulu abgespielt hatte, war längst überwunden, obwohl dort die Zahl der Japaner auf 120000 angeschwollen ist: auch das zweite Stadi­um, der rege Gesandtschaftsverkehr zwischen Tokio und Mexiko, hat zunächst keine ernstlichen Folgen gehabt, das dritte Stadium, die Besetzung von Veracruz und Hinterland durch 15 000 Dankeetruppen verliefen im Sande und endete als vorläufig unbeträchtliche Episode. Jetzt aber beginnt das vierte, das entscheidende Stadium. Jetzt kündigt sich bereits das zukünftige Ringen um Mexiko an, und nicht umsonst ist es ein Nebenzweck der amerikanischen Politik gewesen, sich durch das Eintreten in den Krieg gegen Deutschland ein allzeit verwendungs­bereites Riesenheer zu sichern, das allen Möalicbkeittm gewachsen ist.

Zur Lage.

Reichspräsident Ebert, nach seiner Ve^.o.gung am 22. August verfassungsmäßiges Oberhaupt der deut­schen Republik, macht gegenwärtigem Begleitung des Reichswehrministers Noske seine Antrittsvisite bei den Regierungen der größeren Bundesstaaten. Zuerst war er in München und am 28. August kam er nach Stutt­gart; demnächst wird er Karlsruhe besuchen und wahr­scheinlich bei dieser Gelegenheit auch in seiner Vater­stadt Rast machen, der Präsident ist bekanntlich in Heidelberg geboren. Daß bei solchen Staatsbesuchen nicht bloß Höflichkeiten ausgetauscht werden, versteht sich von selbst, und so wurde z. B. in Stuttgart u. a. von der Kohlennot gesprochen und von der Katastrophe, die Württemberg mangels direkter Verbindung mit den Koh­lengebieten ganz besonders schwer treffen muß, wenn es nicht gelingt, vor Beginn des Winters die Zufuhr von Kohlen wesentlich zu heben. Präsident Ebert überzeugte sich selbst von der schweren Gefahr und er richtete so­gleich eine telegraphische Aufforderung an den Reichs­wirtschaftsminister, nach Möglichkeit dafür zu sorgen, daß eine ergiebigere Belieferung Württembergs stattsin- den könne. Hoffentlich hat die dankenswerte Anregung den gewünschten Erfolg. Daß gerade Reichswehrmini­ster Noske den Präsidenten auf seinen Reisen begleitet, geschieht nicht von ohngefähr. Durch seine Anwesenheit m den süddeutschen Hauptstädten wird gleichsam das Siegel auf die Auflösung der bisher selbständigen Hee­resverwaltungen und der eigenen Kriegsministerien ge­brückt. Wir werden diesen Verlust, wie so manchen an­keren an der alten Selbständigkeit, noch lange schmerz­lich empfinden, wie Staatspräsident Blos in seinem Begrüßungstelegramm an Eber: sagte. In beinahe schar­fer Weise und mit deutlicher Spitze gab auch Minister Lindemann den Besorgnissen der Süddeutschen über dieGleichmacherei" im Reich Ausdruck.

Der geplante Umtausch des seitherigen deutschen Notengelds, der so viel Unruhe und Schaden ge­stiftet hat Berliner Finanzkreise wollen einem Kurs­verlust und was drum und dran hängt von etwa IH 2 Milliarden errechnet haben, ist abgetan, da er tat­sächlich undurchführbar war, sintemal wir ehen nicht mehr Herr im eigenen Hause sind. Nun soll sich die kleine Kommission", die in Berlin ans Finanzsachver­ständigen gebildet wurde, den Kops zerbrechen, wie man der Masscnflncht der Kapitalien die Wege ins Ausland verrammeln und die Milliardenflüchtlinge an den hei­mischen Opferaltar znrücksühren kann. Das meiste wird Wohl schon längst draußen sein, und was einmal über )em Berge ist, wird man so leicht nicht mehr kriegen. 2a, w-mir man vor 7 bis 8 Monaten zugeg. ißen .harre.

Us inan noch nichts von Vermögensabgabe, Erbschafts­steuer, Einkommensteuer nsiv. wußte. Mittlerweile ha­ben die Kinder des Kriegsgiücks Zeit und Gelegenheit zenug gefunden, Fortunas verschwenderische Gaben zu wetten". Nichtsdestoweniger wollen wir derkleine» Kommission" besten Erfolg zu ihrer Arbeit wünschen.

In Obcrschlesien soll der- Generalstreik wieder zu Ende sein. Es hat große Aufregungen und verhält­nismäßig viel Blut gekostet, die durch die polnischen Ränke aufgeftachelten Arbeiter wieder zur Vernunft zu bringen; 10 verdienstlose Tage, und ein Ausfall der Kohlen­förderung, der 100 Millionen Mark übersteigen dürfte, das haben sie erreicht. Die Aufwiegler in Warschau aber reiben sich die Hände. Ter Anschlag, durch pol­nische Banden Oberschlcsien zu überrumpeln, ist. zwar nicht gelungen, aber der Oberste Rat in Paris hat sich jetzt davon überzeugen können, was ihm die polnischen Delegierten" bisher schon immer plausibel zu machen versucht hatten: daß ganz Oberschlcsieneinmütig" ge­gen die deutsche Herrschaft sich auflehne und daß Deutsch­land nicht imstande sei, die von den Polen so sehr er­sehnte Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten. Der Oberste Rat beschloß daher, Oberschlesien ebenso besetzen zu lassen wie die Rheinprovinz und die Pfalz, natürlich nur zur Sicherung der Ordnung. Tie Reichsregierung erhob gegen diesen neuesten Streich Protest, aber wir kennen es aus der langen Leidenszeit der Waf­fenstillstandsverhandlungen, wie deutsche Proteste in Pa­ris bewertet werden. Schon sind in Amerika 5000 Mann eingeschifst worden, die nach Oberschlesien befohlen sind. Andere Truppen werden folgen. Es läßt sich denken, wie die Fxinde dieOrdnung" wiederherstellen werden. Die Deutschen werden bedrückt oder zum Land hinaus­geekelt und Polen hereingezogen und wenn dann der Tag der freien Volksabstimmung kommt, dann tritt es klar zutage, wicberechtigt" die alten Klagen der armen Polen und'ihre Ansprüche auf Schlesien waren. So wirds gemacht, alles im Namen des Völkerbunds und des Selbstbestimmnngsrechts der 3Mker.

Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß man die neue Demütigung und Schädigung Deutschlands ans den glü­henden Haß der herrschenden Kreise in Frankreich zurück­zuführen hat, ebenso wie die von England bereits zu­gesagte Heimbeförderung der Kriegsgefan­genen in letzter Stunde vom Obersten Rat sicherlich auf Betreiben Frankreichs verboten worden ist. Mau sprach früher von demLoch von Belfort", dem Ein- Lrllstor nach Deutschland, w'i das Frankreichs ganze? rachedürstendes Sinnen und Denken wie durch dämoni­schen Bann Jahrzehnte hindurch gerichtet war, sodaß es darüber seine wichtigsten Interessen, die ganz wo anders lagen, oftmals vergaß und versäumte. Aber die Fran­zosen sind sich gleich geblieben. In der Befriedigung ihres Rachegefühls kennen sie keine Grenzen mehr; sie sind blind geworden und haben in ihrem Vernichtungs­koller nicht gesehen, wie sie im Verband von England mehr und mehr in den Hintergrund geschoben wurden. Erst der englisch-persische Vertrag hat sie aus ihrem Suggestionszustand aufgerüttelt, als es zu spät war. In einem halbamtlichen Artikel des PariserTemps" wurde schon die jedenfalls sehr begründete Be­fürchtung ausgesprochen, daß das neu erworbene Syrien bereits ein sehr unsicherer Besitz für Frankreich zu wer­den anfange, da England seinem Schützling, dem neu­gebackenenKönig von Hedschas", die Unabhängigkeit in Syrien schon zwei Jahre vorher durch Geheimvertrag zugesichert habe, ehe es in einem anderen Geheimvertrag (1916) Frankreich Syrien als Kriegsbeute versprach. Hätte die französische Diplomatie damals noch ein Auge für andere Dinge als für dasLoch von Belfort" ge­habt, so hätte es den Betrug merken müssen, !

Von Italien hört man nicht vier; es schmollt und grollt noch wegen Fiume, über das immer noch keine Entscheidung getroffen ist. Es liegt gewissen Teilen des Verbands offenbar daran, Italien noch länger zappeln zu lassen, denn um einen Machtspruch wäre man sicher nicht verlegen gewesen, wenn man den Streit zwi­schen Italien und Serbien hätte beendigen wollen. Der Verband war doch auch gleich bei der Hand, Rumä­nien die Freundschaft zu kündigen, als dieses aufzu­mucksen wagte. Die Rumänen haben nämlich bei ihrer Besetzung Ungarns die Bestandteile für die neue eiserne Brücke über di« Save, die Belgrad mit Semlin ver­bindet (die alte war beim Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen Oesterreich und Serbien gesprengt worden) in der Fabrik in Temesvar, wo die Brücke hergestellt wird, beschlagnahmt. Die Brücke solle im Dezember feriL sei».