! ist sehr reichlich bemessen; er bringt ein Gedicht:Der Abend" von Brentano, eine Novellette von Hermann Hesse:Die Verhaftung", eine Plauderei:Druck­fehler", eine Schilderung des Ehe- und Frauenlebens in den Strafkolonien und eine Witzecke.

X Bezirksschulversammlung. Am 11. Juni fand in Neuenbürg die Vezirksschulversammlung des Schul­bezirks Neuenbürg statt, dem auch ein Teil des Cal- wer Oberamts zugeteilt ist. Der Vorsitzende, Be­zirksschulinspektor Baumann, begrüßte die Erschiene­nen mit warmen Worten und dankte den Gästen, unter denen sich die beiden Oberamtsvorstände, sowie Oberamtsarzt Dr. Härlen, Dekan Uhl befanden, für das Interesse, das sie der Schularbeit entgegenbrin­gen. Aus dem Uebersichtsbericht des Vorsitzenden ist hervorzuheben, dag der Schulbezirk 119 Lehrstellen umfaßt, 88 ständige und 31 unständige; davon ent­fallen auf Neuenbürg 91, aus Calw 28. Im Calwer Teil sind es 2069 Schüler, 1014 Knaben und 1056 Mädchen, gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme von 35 Schülern. Auf eine Lehrkraft kommen durch­schnittlich 68 Schüler, der Landesdurchschnitt beträgt 58. Abteilungsunterricht muß in 82 Klassen erteilt werden, das sind 68,9 Prozent. Im weiteren Ver­lauf kamen zu besonderer Besprechung das Schul­arztgesetz, das religiöse Memorieren, der freie Auf­satz und das moderne Zeichnen. Unter Leitung von Oberlehrer Vollmer-Neuenbürg sangen Schüler der Oberklasse zwei herzerfrischende Chöre:Es reden und träumen die Menschen so viel" undLaßt das deutsche Lied erklingen". Hierauf hielt Hauptlehrer Ackermann-Schömberg einen interessanten, fein durch­dachten Vortrag über das Thema:Was kann von seiten der Schule und des Lehrers zur Pflege der vaterländischen Gesinnung geschehen?" Oberlehrer Vollmer hatte eine prächtige Ausstellung von Schü- .lerzeichnungen arrangiert. Das Mittagessen wurde im Gasthaus zum Bären eingenommen.

Von der Westseite des Bezirks. Seit einigen Tagen ist die Witterung so kühl und windig. Wenn das Kartoffelhacken und Krautsetzen beendigt ist, be­ginnt die Heuernte, welche im Tal in vollem Gang l ist und den Taglöhnern Verdienst bringt. Die Menge befriedigt vollauf, möge die Güte ebensogut aus- fallen und recht gute Witterung eintreten. Die Neubauten schreiten rasch voran und in einigen Wo­chen sind in verschiedenen Orten neue Häuser im Roh­bau erstellt.

Unser Garten. Die emsige Hausfrau, die Freun­din des Gemüsegärtchens, jätet und hackt, gräbt die leer gewordenen Beete sofort um und pflanzt darauf frühe Kohlräbchen, Wirsing und Salate, sät Spinat und stupst Rettiche. Auch Buschbohnen können noch gelegt werden. Viel Gießen ist derzeit nötig, aber nicht über die Mittagshitze, nur morgens und abends, und morgens womöglich mit abgestandenem Wasser. Blumenkohl besonders will viel Wasser. Um die Blume vor den Sonnenstrahlen zu schützen, knickt man einige kräftige Blätter ein und biegt sie über die Blume, daß sie wie ein Sonnenschirm dienen. In den Spargelbeeten geht die Ernte bald dem Ende zu. Hierauf ist sofort kräftig zu düngen. Die Prest- linge sind aufzubinden oder auf Holzwolle zu legen. Die Tomaten werden nun auf sonnige Stellen aus­gepflanzt. Das Ziergärtlein vor dem Hause erhält jetzt einen anderen Anblick. Die Stiefmütterchen

haben verblüht und kommen heraus, an ihre Stellen treten die Blatt- und Topfpflanzen, besonders auch die vielfarbigen Knollenbegonien. Die Dahlien werden an Pfähle angebunden. Die Nelken sind am Verblühen und können bald als Absenker zum Ver­jüngen genommen werden.

8eb. Mutmaßliches Wetter. Für Samstag und Sonntag ist unbeständiges, teilweise trübes, teils auf­heiterndes und mäßig warmes Wetter zu erwarten.

Dietlingen, 13. Juni. Anläßlich des Regierungs­jubiläums des Kaisers findet nächsten Sonntag eine besonders prächtig ausgestattete Festaufführung der Lichtensteinspiele statt; außerdem wird am Montag, 16. d. M., eine Schülerauffllhrung veranstaltet, für welche die Schüler aller Lehranstalten auf allen Plätzen 50 ^bezah len. (Eingesandt.)

Stuttgart, 12. Juni. Nächsten Montag reist der König zur Beglückwünschung des Kaisers nach Ber­lin. Die Rückkehr nach Bebenhausen erfolgt am Mittwoch.

Stuttgart. 12. Juni. Die Studentenschaft der Technischen Hochschule hatte zum Regierungsjubiläum des Kaisers am Samstag abend einen Fackelzug ge­plant. Er mußte jetzt abgesagt werden, weil weder der Hof des Residenzschlosses für die Abhaltung einer Ansprache, noch der Marktplatz oder der Gewerbe­halleplatz für das Zusammenwerfen der Fackeln zur Verfügung gestellt werden konnte.

Stuttgart, 12. Juni. Im Alter von 86 Jahren ist in Cannstatt der General der Infanterie z. D. Freiherr Pergler v. Perglas, Ritter des Eisernen Kreuzes 1. Klasse, des Eroßkreuzes des Militär­verdienstordens, des Großkreuzes des Friedrichs­ordens, Kommentur des Ordens der württembergi- schen Krone und zuletzt Kommandeur der 26. Di­vision, gestorben. Er hat die Feldzüge von 1848/49, 1866 und 1870/71 mitgemacht.

Stuttgart, 12. Juni. Im Beisein von Kult­minister Dr. v. Habermaas, Regierungsdirektor v. Hieber, sowie zahlreicher Vertreter von Behörden wurde heute die vom Stuttgarter Pfadfinderregiment veranstaltete große Pfadfinderausstellung in den Räumen der städtischen Gewerbehalle eröffnet.

Stuttgart, 12. Juni. An einer im Rathauskeller abgehaltenen Sitzung des Landesausschusses des Württembergischen Öbftbauvereins, die vom Ver­einsvorstand Fischer geleitet war, nahmen namens der Zentralstelle für Landwirtschaft Weinbauinspek­tor Mährlen und Obstbauinspektor Winkelmann teil. Es wäre, nach den Ausführungen des Vorsitzenden, durchaus verfehlt, nach den Frostnächten vom 12. bis 14 April den Mut sinken zu lassen. Vielmehr mutz gerade jetzt das Möglichste getan werden, um die erlittenen schweren Schäden zu heilen und Maßregeln zu ergreifen, durch die künftig eintretenden etwaigen Schädigungen vorgebeugt werden kann, wie dies bis zu einem gewissen Grad durch zweckmäßige Sorten­wahl jetzt schon geschehen kann. Der nächste Obstbau- tag findet am 5. Oktober d. I. in Spaichingen statt.

Stammheim, bei Ludwigsburg, 12. Juni. Bei unvorsichtigen Schießübungen, die junge Burschen im Alter von 1617 Jahren auf Bretter Vornah­men, schlug eine Kugel durch und verirrte sich in eine ca. 50 Meter entfernt gelegene Wohnung, wo

hält. Der den Gemeinden zufallende Anteil darf nicht für Pflichtaufgaben der Gemeinden verwendet werden. Damit ist die erste Lesung beendet.

Aus dem Landtag.

Stuttgart. 12. Juni. Die Zweite Kammer be­gann auch ihre heutige Sitzung mit mehreren Ab­stimmungen. Angenommen wurde der Antrag Andre (Ztr.), für ein ärztliches Mitglied bei der Gewerbeinspektion 1200 statt 1100 Zl zu bewilli­gen. Alle übrigen Anträge waren vergebliche Liebes­müh. Die Debatte wandte sich heute zunächst der Frage der Arbeitsvermittlung zu. Es lag ein An­trag des Ausschusses vor, die Regierung möge er­wägen, ob nicht bei den öffentlichen Arbeitsnachweis­stellen auf die Schaffung von besonderen Einrich­tungen für beschränkte Arbeitsfähige hinzuwirken sei. Mattutat (Soz.) bezeichnet die private Arbeits­vermittlung als überflüssig. Dr. K e ck (Natl.) zollte den Arbeitsämtern volle Anerkennung. Andre (Ztr.) meinte, die Arbeitslosenunterstützung werde in allen Gemeinden, nicht nur in Stuttgart und Gmünd, durchgeführt werden können, wenn der Staat die Ge­meinden unterstütze. Fischer (Vpt.) sprach sich für den Antrag des Ausschusses aus, wenn dadurch nicht eine Beeinträchtigung der öffentlichen Arbeitsämter eintrete. Minister des Innern v. Fleischhauer betonte, daß man sich mit den Arbeitsämtern auf dem richtigen Wege befinde. Mit den beschränkt Arbeitsfähigen habe man in Stuttgart keine guten Erfahrungen gemacht. Bezüglich der Arbeitslosen- fllrsorge sei ein Eingreifen des Staates nicht not­wendig, da die Ausgaben der Gemeinden hierfür ge­ring seien. Dr. Lindemann (Soz.) stellte den Antrag, die Regierung möge erwägen, in welcher Weise die Zuweisung von Arbeitsgelegenheiten an beschränkt arbeitsfähige Personen gefördert werden könne. Keck (Natl.) erklärte, seine Partei stimme für diesen Antrag, weil er allgemeiner gefaßt sei und zu nichts Positivem verpflichte. Der sozialdemokra- tisech Antrag wurde indessen abgelehnt und der An­trag des Ausschusses angenommen. Bei Kapitel W a n d e r a rb e i t s st ä tt e n" wurde auf eine Lücke im Wanderarbeitsstättennetz im Donautal hin­gewiesen und eine humanere Behandlung der Wan­derer verlangt. Schließlich wurde noch in die Be­ratung des KapitelsZentralstelle für die Landwirt­schaft" eingetreten. Schock (Vpt.) präsentierte eine Reihe von Wünschen, namentlich auf dem Gebiete der Förderung der Zucht und verlangte die Aus­nützung der Moore durch Gefangenenarbeiter. Schmidberger (Ztr.) sprach über die Abwande­rung der ländlichen Bevölkerung in die Stadt und ihre Ursachen und gab der Erwartung Ausdruck, daß dem nächsten Etat größere Mittel zur Förderung der Landwirtschaft eingesetzt werden. Ströbel (V.K.) konstatierte auf Grund einer Besichtigung der Straß­burger Ausstellung, daß man in Württemberg nicht zurllckstehe. Um Z42 Uhr wurde die Weiterberatung auf morgen vertagt.

Stadt, Bezirk «nd Nachbarschaft.

Calw, 13. Juni 1913.

Vom Kur- und Fremdenblatt erscheint morgen die 4. Nummer. Sie enthält die Kurlisten der Bäder Liebenzell und Teinach und der Kurorte Calw, Hirsau und Unterreichenbach. Der unterhaltende Teil

Das Wirtshaus im Spessart.

29) Erzählung von Wilhelm Hauff.

Man brachte ihn in ein finsteres und feuchtes Ge­fängnis. Neunzehn elende Menschen lagen dort auf Stroh umher und empfingen ihn als ihren Leidens­gefährten mit rohem Gelächter und Verwünschungen gegen den Richter und den Kalifen. So schrecklich sein Schicksal vor ihm lag, so fürchterlich der Gedanke war, auf eine wüste Insel verbannt zu werden, so fand er doch noch einigen Trost darin, schon am folgenden Tage aus diesem schrecklichen Gefängnis erlöst zu werden. Aber er täuschte sich sehr, als er glaubte, sein Zustand auf dem Schiff werde besser sein. In den untersten Raum, wo man nicht aufrecht stehen konnte, wurden die zwanzig Verbrecher hinabgeworfen, und dort stießen und schlugen sie sich um die besten Plätze.

Die Anker wurden gelichtet, und Said weinte bit­tere Tränen, als das Schiff, das ihn von seinem Vater­land entführen sollte, sich zu bewegen anfing. Nur ein­mal des Tages teilte man ihnen ein wenig Brot und Früchte und einen Trunk süßen Masters aus, und so dunkel war es in dem Schiffsraum, daß man immer Lichter herabbringen mußte, wenn die Gefangenen speisen sollten. Beinahe alle zwei, drei Tage fand man einen Toten unter ihnen, so ungesund war die Luft in diesem Wasterkerker, und Said wurde nur durch seine Jugend und seine feste Gesundheit erhalten.

Vierzehn Tage waren sie schon auf dem Master, als eines Tages die Wellen heftiger rauschten, und ein un­gewöhnliches Treiben und Rennen auf dem Schiffe entstand.

Said ahnte, daß ein Sturm im Anzug sei; es war ihm sogar angenehm, denn er hoffte dann zu sterben.

Heftiger wurde das Schiff hin und her geworfen, und endlich saß es mit schrecklichem Krachen fest. Ge­schrei und Geheul scholl von dem Verdeck herab und mischte sich mit dem Brausen des Sturmes. Endlich wurde es wieder stille, aber zu gleicher Zeit entdeckte auch einer der Gefangenen, daß das Wasser in das Schiff eindringe. Sie pochten an der Falltür nach oben, aber man antwortete ihnen nicht. Als daher das Wasser immer heftiger eindrang, stemmten sie sich mit vereinigten Kräften gegen die Türe und sprengten sie auf.

Sie stiegen die Treppe hinan, aber oben fanden sie keinen Menschen mehr. Die ganze Schiffsmannschaft hatte sich in Booten gerettet. Jetzt gerieten die meisten Gefangenen in Verzweiflung; denn der Sturm wütete immer heftiger, das Schiff krachte und senkte sich. Noch einige Stunden saßen sie auf dem Verdeck und hielten ihre letzte Mahlzeit von den Vorräten, die sie im Schiff gefunden, dann erneuerte sich auf einmal der Sturm, das Schiff wurde von der Klippe, worauf es fest saß, hinweggerissen und brach zusammen.

Said hatte sich am Mast angeklammert und hielt ihn, als das Schiff geborsten war, noch immer fest. Die Wellen warfen ihn hin und her, aber er hielt sich, mit den Füßen rudernd, immer wieder oben. So schwamm er in immerwährender Todesgefahr eine halbe Stunde, da fiel die Kette mit dem Pfeifchen wieder aus seinem Kleid, und noch einmal wollte er versuchen, ob es nicht töne. Mit der einen Hand klam­merte er sich fest, mit der andern setzte er es an seinen

Mund, blies, ein Heller, klarer Ton erscholl, und augen­blicklich legte sich der Sturm, und die Wellen glätteten sich, als hätte man Oel darauf ausgegossen. Kaum hatte er sich mit leichterem Atem umgesehen, ob er nicht irgendwo Land erspähen könnte, als der Mast unter ihm sich auf sonderbare Weise auszudehnen und zu bewegen anfing, und zu seinem nicht geringen Schrecken nahm er wahr, daß er nicht mehr auf Holz, sondern auf einem ungeheuren Delphin reite; nach einigen Augenblicken aber kehrte seine Fassung zurück, und da er sah, daß der Dephin zwar schnell, aber ruhig und gelassen seine Bahn fortschwimme, schrieb er seine wun­derbare Rettung dem silbernen Pfeifchen und der gü­tigen Fee zu und rief seinen feurigsten Dank in die Lüfte.

Pfeilschnell trug ihn sein wunderbares Pferd durch die Wogen, und noch ehe es Abend wurde, sah er Land und erkannte einen breiten Fluß, in welchen der Del­phin auch sogleich einbog. Stromaufwärts ging es langsamer, und um nicht verschmachten zu müssen, nahm Said, der sich aus alten Zaubergeschichten er­innerte, wie man zaubern müsse, das Pfeifchen heraus, pfiff laut und herzhaft und wünschte sich dann ein gutes Mahl. Sogleich hielt der Fisch stille, und hervor aus dem Wasser tauchte ein Tisch, so wenig naß, als ob er acht Tage an der Sonne gestanden wäre, und reich besetzt mit köstlichen Speisen. Said griff weidlich zu, denn seine Kost während der Gefangenschaft war schmal und elend gewesen, und als er sich hinlänglich gesättigt hatte, sagte er Dank; der Tisch tauchte nieder, er aber stauchte den Delphin in die Seite, und sogleich schwamm dieser weiter den Fluß hinauf.

(Fortsetzung folgt.)