127. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 88. Jahrgang.

Ai--iNUNgrskisli öinal wöchentlich. Lnzeieenpreir: 3m vberamtr- 8st» für die einspaltige Borgiszeile IV Pfg.. außerhalb derselben 12 Pfg-, ? K'LMrü W Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon S.

Mittwoch, de» 4. Juni 1913.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.LS vierteljLihrltch, Post» bezugSpreiS für den OrtS- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg

Amtliche Bekanntmachungen.

K. Oberamt Calw.

Bekanntmachung, betreffend die Feldbereinigung II auf Markung Oberhaugftett.

Nachdem die Matze und Werte der zu bereinigen­den Fläche festgestellt sind, werden den Grundeigen­tümern die Besitzstandsauszüge zugestellt werden.

Die Besitzstands- und Einschätzungstagfahrt fin­det am

Mittwoch, den 25. d. M., nachmittags 1 Uhr,

auf dem Rathause in Oberhaugftett statt,' in der­selben können alle Interessenten ihre Einwendungen gegen die Besitzstandsaufnahme und gegen die Schätzung Vorbringen.

Dies wird mit dem Anfügen bekannt gemacht, datz etwaige Einwendungen bei Ausschlutzvermeidung bis zur Tagfahrt oder in letzterer selbst bei der Voll­zugskommission vorzubringen sind und datz gegen die Versäumnis rechtzeitigen Vorbringens solcher Ein­wendungen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattfindet.

In der Zwischenzeit sind zwei Wochen lang vor dem Termin die Akten (Situationsplan, Bonitie­rungsverzeichnis und Protokolle, Besitzstandsregister usw.) auf dem Rathause in Oberhaugftett zur all­gemeinen Einsicht aufgelegt.

Den 4. Juni 1913.

Regierungsrat Binder.

K. Oberamt Calw.

Diejenigen Gemeinden, welche um einen Staats­beitrag zu den Kosten des Schueebahnens auf den Staatsstraßen sowie auf Nachbarschaftsstratzen mit Personenpostverkehr im Winter 1912/13 nachsuchen wollen, haben die Kosten nach dem im Amtsblatt des Königl. Ministeriums des Innern von 1901 Seite 143 abgedruckten Muster zu verzeichnen und das Verzeichnis bis spätestens 7. Juni d. I. dem Oberamt vorzulegen.

Vordrucke können vom Oberamt bezogen werden.

Den 3. Juni 1913.

Regierungsrat Binder.

Die Wehrlast Europas.

Der bekannte englische Philanthrop Sir Max Wächter versendet soeben eine Broschüre:England, Deutschland und der Friede Europas", in der er u. a. folgende ihm vom englischen Kriegsministerium und vom Marineministerium zur Verfügung gestellte Zif­fern über die Mehrausgaben Europas mitteilt:

a) für das Landheer:

Rußland

Deutschland

Frankreich

England

Oesterreich-Ungarn

Italien

Andere Mächte

1060 000 000 -K 940 000 000 760 000 000 560 000 000 460 000000 340 000 000 700 000 000

Zusammen 4 820 000 000

b) für die Marine:

England

Deutschland

Frankreich

Rußland

Italien

Oesterreich-Ungarn Andere Mächte

900 000 000 Zl 4M 000 000 360 000 000 360 MO MO 180 OM OM 120 OM OM ,. 120 000 MO

Zusammen 2 500 000 000 .kl

Die Wehrlast Europas macht also im Jahr 7320 Millionen Mark aus. Sir Max Wächter stellt die Frage: Was bedeutet diese Summe? und er ant­

wortet darauf:Der Panamakanal wird, wenn voll­endet, ungefähr 1600 Millionen Mark kosten. Europa gibt also für seine Kriegsrüstungen jährlich mehr als viermal so viel aus, wie die Kosten des gewaltig­sten und teuersten Jngenieurunternehmens der Welt betragen. Wenn wir den Wert von Handelsschiffen im Durchschnitt zu 300 pro Tonne brutto ansetzen, so beträgt der Wert der ganzen englischen Handels­flotte von 10 000 Schiffen und von 9 Millionen Ton­nen brutto 5700 Millionen Mark, während der Wert aller Handelsflotten der ganzen Welt, die 40 Mil­lionen Vrutto-Tonnen umfassen, 12000 Millionen Mark beträgt. Die europäischen Staaten geben, wie wir gesehen haben, für ihre Land- und Seerllstung 7320 Millionen Mark pro Jahr oder über 600 Mil­lionen Mark pro Monat aus. Mithin geben sie alle 10 Monate eine Summe aus, die dem Werte der ganzen Handelsarmee Englands gleichkommt, und alle 20 Monate einen Betrag, der ebenso groß ist wie der Wert aller Handelsschiffe der ganzen Welt. Europa verwendet jedes Jahr bedeutend mehr für Rllstungszwecke als für Erziehung, Hygiene und alle anderen sozialen Zwecke zusammen. Außerdem wach­sen die militärischen Ausgaben der Völker von Jahr zu Jahr mit fortwährend gesteigerter Schnelligkeit. Dabei sind die Geldverluste nicht die einzigen, die Zu beklagen sind. Die gegenwärtige Organisation Europas führt auch zu einer enormen Verschwendung von menschlicher Energie und von menschlicher Ar­beit. Mehr als vier Millionen der kräftigsten jungen Leute stehen in den Heeren und in den Marinen Europas unter Waffen, und mehr als eine Million Zivilisten sind fortwährend mit der Produktion von Kriegsschiffen, Waffen, Pulver und anderem Kriegs­bedarf beschäftigt. Durch diese Entziehung von 5 Mil­lionen der besten Arbeiter und von einer Million Armeepferden werden die Völker Europas jährlich um eine Summe geschädigt, die mehrere tausend Mil­lionen Mark beträgt. . . ." Man kann es verständ­lich finden, datz Max Wächter gegenüber diesen er­schreckenden Zahlen zu dem Vorschlag eines europäi­schen Staatenbundes nach Art des Schweizer Bundes kommt, wo auch jeder Kanton seine eigene Verfas­sung, seine eigene Regierung und sein eigenes Par­lament hat.

Stadt» Bezirk und Nachbarschaft.

Calw, 4. Juni 1913.

Das Pratzlersche Marmorwerk ist durch Kauf an Vergassessor a. D. Bischofs aus Frankfurt a. M. über­gegangen. Der Kaufpreis betrug 71500 Zl. Die Uebernahme des Geschäfts erfolgt auf 1. Juli d. I.

Jahrhundertfeier für Hermann Kurz. Angesichts der bevorstehenden 100jährigen Geburtstagsfeier von Hermann Kurz, des schwäbischen Literaturforschers und Dichters, geboren 30. November 1813 zu Reut­lingen, von 1863 Universitätsbibliothekar zu Tübin­gen, gestorben am 10. Oktober 1873, wurde in Stutt­gart von Verehrern des Dichters der Gedanke ange­regt, in Württemberg an solchen Stätten, die in irgendwelcher Beziehung zu ihm standen, eine Ehrung des so lange Verkannten und Uebersehenen in der Weise ins Leben zu rufen, datz entweder eine Straße oder eine Allee oder ein hübscher Aussichtspunkt mit seinem Namen benannt, ein Baum gepflanzt oder eine Erinnerungstafel angebracht werde. Im Schil­lermuseum in Marbach a. N. wird zurzeit eine Her- mann-Kurz-Ausstellung vorbereitet. Zu der ge­planten Ehrung beizutragen hätte auch Calw bzw. Bad Liebenzell, welchen Ort gleichfalls Erinnerungen mit dem Namen des schwäbischen Poeten verknüpfen.

Die Nationalspende zugunsten der katholischen Mission hat für die Diözese Rottenburg nach dem jetzt endgültig feststehenden Ergebnis insgesamt 143 807 -il erreicht.

Von einem, der den Wald kennt, wird uns ge­schrieben: Nicht jedes Jahr gibt es eine gute Heidel-

beerernte, durch welche ärmere Leute, groß und klein, einen Verdienst haben. Auch dieses Frühjahr schien es, als ob fast nichts zu hoffen wäre. Die Aussichten sind bessere geworden, streckenweise werden wir diese vorzügliche Handels- und Arzneipflanze blühen sehen und ernten dürfen. Mancher wird sich schon auf einen guten, neuenHoabeer" freuen. In keinem Hause sollte ein guter Heidelbeergeist fehlen, er wirkt als Arzneimittel; ein Schluck von ihm bei Erhitzung ge­nommen, schadet nicht. Je älter der Saft ist, desto besser!

Erdbeeren. Die Zeit der würzigen Erdbeeren ist wieder gekommen. Die Erdbeeren gehören wegen ihres erfrischenden und kühlenden Geschmacks nicht nur zu den herrlichsten Obstsorten, sondern sie haben auch einen hohen gesundheitlichen Wert. Sie sind leicht verdaulich, reinigen das Blut und sollten, da sie viel natürliches Eisen enthalten, weit eher in großer Menge genossen werden als Eisenpräparate, die nur den Magen verderben. Im Sommer und bei innerer Hitze leisten Erdbeeren Kranken und Ge­sunden die besten Dienste. Sie sind dann ein küh­lendes Labsal für den nach Labung Lechzenden. Auch bei Gries- und Steinleiden werden vielfach täglich gleichmäßige Portionen von Erdbeeren empfohlen. Der verstorbene Kneipp verordnete täglich zu ver­schiedenen Malen bis zu einem halben Liter Erdbeer­breies. Auch für solche, die mit aus dem krankhaften Blute herrührenden Ausschlägen behaftet sind, soll je ein halbes Liter Erdbeeren, morgens und abends genossen, eine vorzügliche Wirkung haben. Nicht minder leisten sie bei Gicht und Podagra vortreff­liche Dienste. Während die Kultur sich alle Mühe gibt, die Erdbeere zu veredeln, während wir im Gar­ten düngen und gießen, übernimmt draußen im Walde die Allmutter Natur die Pflege des unschein­baren Pflänzchens. Denn dort wächst nachbarlich neben mächtigen Farnkräutern, wie hineingesteckt in den grünen Moosteppich, gleichfalls eine Erdbeere. Sie ist nicht so groß wie ihre kultivierten Schwestern im Garten, aber an Wohlgeschmack steht sie ihnen keineswegs nach und an Aroma ist sie zweifellos ihnen allen überlegen. Die Walderdbeere eignet sich wie keine Frucht zu wahrhaft kulinarischen Genüssen. Mit Zucker bestreut gibt sie einen unübertrefflichen Kühl­trank und in Weine eine vorzügliche Bowle.

Fahrpreisermäßigung und Sonderzüge für das Schwäbische Sängerfcst in Tübingen. Zum Besuch des am 22. und 23. Juni in Tübingen stattfindenden 30. allgemeinen Liederfestes des Schwäbischen Sängerbundes hat die Staatseisenbahnverwaltung auf den württembergischen Staatsbahncn eine Fahrpreisermäßi­gung in der 4. Klasse mit Beschränkung auf die aus diesem Anlaß auSzuführcndcn Sonderzüge in der Art gewährt, daß den Reisenden, die sich durch das Festabzeichen als Mitglieder des Schwäbischen Sängerbundes ausweiscn, die Benützung der Sondcrzüge zum Preise von 1,77 Pfg. für 1 Kilometer der ein­fachen Fahrt gestattet wird. Die Ermäßigung wird nur ge­währt, wenn die Hin- und Rückfahrt in den Sonderzügen erfolgt. Sonderzugskarten zu ermäßigten Preisen werden daher nur für die Hin- und Rückfahrt ausgegeben. Festteilnehmer, die einen Sonderzug nur auf der Hinfahrt oder nur auf der Rückfahrt benützen, haben auch bei der Fahrt im Sonderzug Fahrkarten des gewöhnlichen Verkehrs zu lösen. Familienangehörige der Sängcrbundsmitglicdcr erhalten keine Fahrpcrisermäßigung. Die Strecken, auf denen Sondcrzüge verkehren, werden durch Aus­hang auf den Stationen bekannt gemacht werden.

sc-b. Mutmaßliches Wetter. Für Donnerstag und Freitag ist sommerlich warmes, aber strichweise mit Gewittern verbundenes Wetter zu erwarten.

8t. Hirsau, 3. Juni. Vorbehaltlich der endgülti­gen Verabschiedung des Hauptfinanzetats 1913/14 wird u. a. eine Oberkontrolleurstelle beim Kameral- amt Hirsau ausgeschrieben. Die Bewerber müssen sich beim Steuerkollegium innerhalb 8 Tagen melden.

Pforzheim, 3. Juni. Am 1. Juni waren 50 Jahre verflossen, seitdem die Strecke MühlackerPforzheim