118. Amts- und AnzeigeblaLI für den Oberamtsbezirk Calw. 88. Jahrgang.
LütALisunzsw etse: Kmal wkchentlich. Lnjitgenprti«: gm Vberavrt«- vsgM GÄw für die einspaltige BorgiSzeile 10 Pfg,, außerhalb derselben 12 Pfg-, 8M«N!«n 2b Pfg. Schluß für Jnserarannahme 10 Uhr vormittag«. Telefon 9.
Samstag, den 24. Mai 1913.
Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohu Mk. 1.25 vierteljährlich. Post- bezugSpreiS für den OrtS- und Nachbarortsverkebr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., m Bayern und Reich 42 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen.
K. Oberamt Calw.
Aushebung der Militärpflichtigen.
Das diesjährige Aushebungsgeschäft findet am Mittwoch, den 11. Juni und Donnerstag, den 12. Juni d. I., je vormittags von 8 Uhr an, auf dem Rathaus in Calw statt.
Es haben auf dem Rathaus in Calw zu erscheinen: am Mittwoch, den 11. Juni d. I., vormittags 7^ Uhr: die als dauernd untauglich erklärten, die zum Landsturm und zur Ersatzreserve vorgeschlagenen Militärpflichtigen, so- wiesiimtliche Schneider, insbesondere auch die als tauglich bezeichnten Schneider;
am Donnerstag, den 12. Juni d. I., vormittags 7 Uhr:
sämtliche als tauglich bezeichnten Militärpflichtigen mit Ausnahme der schon auf Mittwoch vorgeladenen Schneider, sowie die Reklamierten mit ihren Angehörigen.
Die Herren Ortsvorsteher erhalten die Weisung, die vor die König!. Oberersatzkommission zu beordernden Militärpflichtigen, über welche ihnen besondere Verzeichnisse zukommen werden, mit dem Anfügen vorzuladen, daß sie bei Vermeidung der gesetzlichen Strafen und Rechtsnachteile an den genannten Tagen vormittags 7)^ Uhr auf dem Rathaus in Calw zu erscheinen haben. Auch sind die Militärpflichtigen auf die Bestimmungen der Wehrordnung §8 65 Ziss. 3, 71 Ziss. 7 und 72 Ziff. 3 aufmerksam zu machen, wonach Versuche Militärpflichtiger zur Täuschung gerichtlich bestraft werden, die Entscheidungen der König!. Oberersatzkommission endgültig sind und jeder in den Grundlisten des Aushebungsbezirks enthaltene Militärpflichtige berechtigt ist, im Aushebungstermin zu erscheinen und der Oberersatzkommission etwaige Anliegen vorzutragen.
Ferner haben die Herren Ortsvorsteher darauf hinzuwirken, daß die Militärpflichtigen mit reingewaschenem Körper und reiner Wäsche erscheinen. Diejenigen Militärpflichtigen, welche an Schwerhörigkeit zu leiden behaupten, haben das Innere der Ohren gründlich zu reinigen, um eine Untersuchung derselben zu ermöglichen.
Allgemein bekannte Fehler der Militärpflichtigen (geistige Beschränktheit, Epilepsie usw.) sind — soweit solche nicht schon bei der Musterung zur Sprache gebracht wurden — vor der Aushebung dem Oberamt anzuzeigen. Bei Schwerhörigen, Nervenleidenden, Stotterern, Geisteskranken oder Taubstummen verlangt die König!. Oberersatzkommission Vorlage von ärztlichen Zeugnissen. Dieselben sind, soweit noch nicht geschehen, mit den Vorladungen hierher einzu- senden.
Es wird darauf aufmerksam gemacht, dag Familienverhältnisse halber ein Militärpflichtiger niemals zum Train bestimmt wird und daher derartige Gesuche wertlos sind.
Die Eröffnungsurkunden über die Vorladung der Militärpflichtigen sind spätestens bis 5. Juni d. I. hierher vorzulegen. Ueber sämtliche vorhandenen Schneider (tauglich und nicht tauglich) sind Arbeitszeugnisse anher vorzulegen. Die Militärpflichtigen haben ihre Losungsscheine zur Aushebung mitzubringen.
Militärpflichtige, welche sich auswärts aufhalten, dürfen nicht von anderen Bezirken hierher zur Aushebung berufen werden, sind vielmehr zu belehren, dag sie sich am Orte ihres dauernden (nicht bloh vorübergehenden) Aufenthalts zur Stammrolle anzumelden und zur Aushebung zu stellen haben.
Sodann haben die Herren Ortsvorsteher darauf zu achten, daß keine Scheinverzüge Vorkommen. Bei denjenigen Militärpflichtigen, welche vor der Aushebung sich wieder nach Hause begeben, ist sich daher zu vergewissern, ob sie nicht in der Absicht gekommen sind, um an der Aushebung teilzunehmen und alsdann wieder an ihren früheren Ort zurückzukehren. In Anstandsfällen ist sofort dem Oberamt Anzeige zu erstatten. Bei jeder Neumeldung ist von jetzt ab zu berichten, ob nicht ein Scheinverzug des Militärpflichtigen vorliegt.
Von der Beiziehung der Herren Ortsvorsteher zum Aushebungsgeschäft wird auch Heuer abgesehen.
Endlich werden die Herren Ortsvorsteher beauftragt, die Stammrollen für isii, igiz und 1913 nebst den Beilagen zum Zweck der Prüfung durch den Zivilvorsitzenden der
Königl. Oberersatzkommission zuverlässig bis S. Juni d. I. an das Oberamt einzusenden.
Sollten in neuerer Zeit Strafen gegen Militärpflichtige erkannt worden sein, so wären solche in den Stammrollen nachzutragen und dem Oberamt in besonderem Bericht sofort anzuzeigen.
Den 23. Mai 1913.
_Regierungsrat Binder._
Die Hochzeit im Kaiserhause.
„Deutsche Völker allesamt" schauen heute nach Berlin, wo das jüngste Kind des deutschen Kaiserpaares und einzige Tochter dem Sohne des braunschweigischen Fürsten die Hand zum Bunde fürs Leben reicht. Es gibt im Leben einer Familie vielleicht kaum einen schöneren Tag, als wenn ein Kind Hochzeit feiert, heraustritt aus dem Kreis, der es so und so lange umschlossen, um selbst sich eine neue Heimat zu bauen. Und wie in einer Familie am Hochzeitstag alles mit den besten Segenswünschen auf das neue Paar blickt, so tut heute die ganze große deutsche Völkerfamilie. Das Herzblatt der Kaiserin, die Prinzessin Viktoria Luise, die inmitten einer lebhaften, fröhlichen Schar von sechs Brüdern heranwuchs — Aeute feiert sie Hochzeit. Wir Deutsche nehmen sto^roh uoch an den Ereignissen und Geschicken unseres Kaiserhauses aufrichtig und von Herzen kommenden Anteil. So im Glück, als im Unglück. Freuen uns mit ihm und trauern mit ihm. Das große Familienfest, das sich heute in prachtvollem Glanze in der Kaiserrestdenz abspielt, es hat aber picht nur rein familiäre Bedeutung. Das ist das Geschick der Fürstenkinder, daß selbst in solch allerpersönlichsten Angelegenheiten fast ausnahmslos politische Erwägungen berücksichtigt werden, vielleicht werden müssen. Der Gedanke an derartige Rücksichten liegt ja bei der Vermählung zwischen der Prinzessin Viktoria Luise und dem Prinzen Ernst August, Herzog zu Braunschweig, ganz nahe. Die seit 1866 währende, von Seiten des Vaters des Bräutigams mit verbissener Heftigkeit genährte Feindschaft der Häuser Hohenzollern und Welf zu beseitigen, hat Kaiser Wilhelm stets ritterlich sich bestrebt und nie eine Gelegenheit vorübergehen lassen, seine Versöhnlichkeit und Bereitwilligkeit, Frieden zu machen, zu beweisen. Durch die familiäre Verbindung beider Dynastien ist der Weg frei geworden zu ihrer endgültigen Aussöhnung. Die Kaisertochter wird Regentin eines Landes, aus dem schon mancher preußische Fürst in früheren Jahrhunderten sich seine Ehegefährtin holte. Aber, so wird allerseits hervorgehoben, diese Heirat sei nicht eine, rein aus politisch-dynastischen Erwägungen heraus gewordene. Die beiden Fürstenkinder seien einander in ungezwungener, aufrichtiger Neigung zugetan, was die Bedeutung hat, daß die erste und letzte Bedingung für ein Zusammenleben zweier Menschen, herzliche Liebe, hier in dem Sichfinden der Kaisertochter und des Welfensohnes vorhanden ist. Wie glücklich und vorbildlich ist das Eheleben unseres Kaiserpaares! Und zwischen den Verhältnissen, unter denen sich 1880 Prinz Wilhelm seine Braut, Prinzessin Augusta Viktoria aus Schleswig-Holstein holte, besteht eine gewisse Verwandtschaft mit denen, aus denen heraus die Ehe der Tochter dieses hohen Paares erwuchs. Hier wie dort haben zwei Fürstenhäuser, die politische Geschicke zerrissen hatten, ihre Aussöhnung mit der Anknüpfung engster familiärer Bande gekrönt. Möchte auch die Ehe der Kaisertochter von dem frohen Glück umleuchtet sein, mit dem diejenige ihrer Eltern gesegnet ist und möge der Umstand, daß sich zur Vermählung der deutschen Kaisertochter die Regenten zweier großer Reiche, des englischen und des russischen, eingefunden haben, zugleich von guter Bedeutung für die völkischen Beziehungen unsres großen Vaterlandes werden. Die junge Kaisertochter, die nunmehr an der Seite eines künftigen Regenten aus dem Kreise der kaiserlichen Familie hinein in einen eigenen, selbst auszufüllenden Wirkungskreis zieht, begleiten unsre besten Wünsche — möge das junge Paar in Glück und Unglück seinem Lande zum Segen gesetzt sein!
Berlin, 23. Mai. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" veröffentlicht an der Spitze ihrer heutigen Ausgabe folgenden Glückwunsch zur Hochzeit der Kaisertochter: „Umgeben von einem großen Kreis erlauchter Gäste schließen morgen die Prinzessin Viktoria Luise und der Prinz Ernst August den Bund fürs Leben. An der Freude der hohen Eltern und des jungen Paares nimmt das deutsche Volk wärmsten Anteil. Auch wir bringen innige Segenswünsche für diese Verbindung dar, die aus herzlicher Neigung aufgebaut ist und durch die zugleich alte Gegensätze ausgeglichen werden. Möge das gütige Geschick, das bisher die einzige Kaisertochter im Elternhaus geleitet hat, auch über ihre Zukunft an der Seite ihres Gemahls walten und Beiden ein ungetrübtes menschliches Geschick beschieden sein!"
Berlin, 23. Mia. Heute vormittag empfing das Brautpaar in Gegenwart der Kaiserin in der braunschweigischen Galerie eine Anzahl von Deputationen und Persönlichkeiten und nahm zahlreiche Glückwünsche und Geschenke entgegen. Der Wert der Geschenke wird auf weit über 10 Millionen Mark geschätzt, trotzdem verhältnismäßig wenig Juwelen und Schmucksachen geschenkt wurden.
Stadt, Bezirk «nd Nachbarschaft
Calw, 24. Mai 1913.
Die heutige Nummer des Calwer Tagblatts umfaßt 8 Seiten; Erstes und Zweites Blatt. Der Stadt- auflagc liegt außerdem die erste Nummer des Kur- und Fremdenblattes bei. Wir machen darauf unsere Leser besonders aufmerksam mit dem Anfügen, daß Bestellungen auf das Kur- und Fremdenblatt jederzeit von uns entgegengenommen werden. Preis für die ganze Saison — 17 Nummern — 1.3V Ul frei ins Haus.
Aus dem Voranschlag des städtischen Haushalts für 1913. (III.)
Wir kommen zu dem Voranschlag der Volksschulen und Mädchenmittelschule. Zunächst ziehen wir dir hauptsächlichen Einnahmesummen aus der Aufstellung für 1913. Da stehen einmal 133 Ul aus Stiftungen und Legaten und 11356 Ul Staatszuschuß zu den Lehrersgehältern. An Schulgeldern werden bezahlt von der Mittelschule 1666 Ul, und zwar 1020 Ul von 30 Schülerinnen der Oberklasse mit je 31 Ul, 616 Ul von 28 Schülerinnen der Unterklasse mit je 22 „ll; der Rest entfällt auf Fortbildungsunterricht besuchende Schülerinnen und auf solche, die nur dem obligatorischen Unterricht anwohnen. An Schulgeldern der Evangelischen Volksschule werden vereinnahmt 1016 Ul, von 582 Schülern (316 Mädchen, 266 Knaben) je 3 Ul, abzüglich 700 Ul Nachlässe. Die Katholische Volksschule läuft mit 80 Ul Schulgeldeinnahmen im Voranschlag. 21 Knaben und 32 Mädchen zu je 3 Ul bezahlen zusammen 159 Ul, wovon die Hälfte etwa wieder als Nachlaß abgerechnet ist. Die Gesamtsumme der Einahmen beträgt 11131 Ul. Ihnen stehen gegenüber als Ausgaben 13 900 Ul. Diese ergeben sich in der Hauptsache aus 7670 Ul Besoldungen für die Lehrkräfte an der Mittelschule und 32 812 Ul für persönlichen Aufwand an der Volksschule, einschließlich desjenigen für die Industrieschule. Für Reinigung, Heizung und Beleuchtung der Lehrgebäude ist eine Summe von 2200 .ll angegeben, für Aufwand auf das Inventar eine solche von 500 ^<l. Der Abmangel in dieser Rechnung beträgt 29169 — Im Vor
anschlag für das Realprogymnasium sind unter Einnahmen zunächst 7156 Ul an Staatsbeiträgen zu den Lehrstellen ausgeführt, 6390 ^<l Staatszuschuß zu den Lehrer- gehültern, 1500 Ul Amtskörperschaftsbeitrag und 7065 Ul Schulgelder. Letztere werden bezahlt von 22 Schülern der 6. und 7. Klasse mit je 60 -,<l — 1320 Ul, 12 Schülern der 5. Klasse mit je 15 Ul — 510 ^<l, 18 Schülern der 1. Klasse mit je 15 ^ll — 810 Ul, 31 Schülern der 3. Klaffe mit je 15 Ul — 1530 Ul, 29 Schülern der 2. Klaffe mit je 15 Ul — 1395 Ul, 25 Schülern der 1. Klaffe mit je 30 ,<l — 750 Ul und 27 Schülern der Vorklaffe mit je 30 Ul — 810 Ul; zusammen 167 Schüler. An der Summe von 7065 Ul ist ein Nachlaß von 300 »<l abgerechnet. Die Hauptausgaben sind auch hier natürlicherweise die Besoldungen. Sie erfordern 35 597 Ul; Reinigung, Heizung und Beleuchtung der