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M 117. Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw. 88. Jahrgang.

Gr?Lsi«ungriorisl: Smal wöchentlich- «neeisenprri«: Jm Oberamtr.

Ualw für die einspaltige BorgiSzeile 10 Pfg.. außerhalb desselben 12 Pfg.. ihMzmien 85 Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags, Telefon Ü.

Freitag, den 23. Mai 1913.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trügerlohn Mk. 1.28 vierteljährlich, Post- bezugSpreiS für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg SO Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg,

Amtliche Bekanntmachungen.

Die Gemeindebehörden

erhalten den Auftrag, unter Vorlage des Ausstandsverzeich­nisses bis 1. Juni d. I. zu berichten, wie viel Ausstiinde an Steuer, Holz- und Pachtgeld, Kapitalzinsen und sonstigen Einnahmen der Gemeinde vom Rechnungsjahr 1912 und den früheren Jahren noch vorhanden sind.

Zugleich ist der Nachweis der vom Gemeinderat bezüg­lich der Ausstände getroffenen Verfügungen H 174 Abs. 8 Vollz.-Verf. z. E.-O. zu erbringen.

Den Herren Gemeindepflegern ist hiervon unter Ein­trag in das Schultheißenamtsprotokoll Eröffnung zu machen mit dem Auftrag, die vorhandenen Ausstände alsbald bei­zutreiben, damit der Abschluß der Rechnungshauptbücher nicht verzögert wird.

Calw, 22. Mai 1913.

Kgl. Oberamt: Regierungsrat Binder.

Die holländische Küstenbefestigungsfrage.

Die am 6. d. M. erfolgte Annahme der Küstenbefesti­gungsvorlage hat eine längere Vorgeschichte. Am 20. Sep­tember 1910 verlangte die Regierung im ganzen 40 Millio­nen Gulden für diesen Zweck. Daraufhin setzte in Holland, mehr aber noch in Belgien, Frankreich und England eine systematische Hetze gegen den Plan ein, der von Deutsch­land eingegeben sei. In Frankreich ging man schon so weit, daß Minister Pichon in der Kammer einige drohende Wendungen gebrauchte. Daraufhin erklärte am 28. Januar 1911 die holländische Regierung in den Eeneralstaaten,daß zwischen dem Entwurf und der international geregelten Stellung Belgiens kein Zusammenhang bestehe und daß die Bedeutung des Entwurfes in keinem Fall den Gegenstand offizieller Beurteilung irgendeiner europäischen Macht bil­den könne". Sachlich indessen wich man in Holland doch zurück, indem die Angelegenheit auf die lange Bank geschoben wurde. Die Regierung zog später ihre erste Vorlage zurück und brachte eine wesentlich kleinere ein. Sie schlug den Bau eines Forts bei Vlissingen vor, dessen Kosten auf 5 360 000 Gulden geschätzt werden, eine Verstärkung der Artillerie in den bestehenden Forts von Hoek van Holland, Pmuiden und Harssen, die auf 730 000 Gulden geschätzt wird, und den Ausbau des Forts Kykduin, der auf 4 760 000 Gulden veranschlagt wird. Nun ist also die Entscheidung gefallen. Die Regierung, die im Laufe der Debatte wiederholt mit Nachdruck erklärt hatte, daß die Vorlage keinem auswärtigen (lies: deutschen) Druck ihren Ursprung verdanke, hat gesiegt. Zuerst wurde der Gegenantrag des früheren Generals Eland (Liberal), aus der Küstenverteidigungsvorlage den Bau des Vlissinger Forts zu streichen, mit 54 gegen 35 Stimmen ab­gelehnt und sodann die Regierungsvorlage mit der gleichen Stimmenzahl angenommen. Gegen die Vorlage stimmte die ganze Linke mit Ausnahme des früheren Ministers des Äuße­ren Karnebeek, während die Rechte geschlossen für den Ent­wurf eintrat. Die militärpolitische Bedeu­tung der Angelegenheit wird in derB. Z. am Mittag" also dargelegt:Die jetzt getroffene Entscheidung ist ein Beweis dafür, daß Holland fest entschlossen ist, seine Neutralität und Unabhängigkeit im Falle eines Krieges mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten und zu verteidigen. Als Mittelpunkt der ganzen Landesverteidigung, sozusagen als letzter Zufluchtsort der Armee, ist die große Befestigung von Amsterdam zu betrachten. Es ist von einem Gürtel befestigter Werke umgeben, die die Landeshauptstadt gegen jede Beschießung sichern und zugleich sehr günstige Verhält­nisse für die Verpflegung bilden, namentlich dadurch, daß sie ausgedehnte, sehr ertragreiche Viehweiden umschließen. Die äußere Befestigungslinie liegt 10 bis 14 Kilometer von der Stadt entfernt. Die ganze Stellung hat eine Aus­dehnung von 135 Kilometern und ist damit die größte Euro­pas. In den letzten Jahren war diese Festung namentlich auf der Seeseite im Osten und Süden ausgebaut und ver­bessert worden. Die hier gelegenen Werke sind nach moder­nen Erundzügen ausgebaut und mit den neuesten Geschützen

bestückt worden. Diese Bauten hatten den ausgesprochenen Zweck, die Festung gegen einen von deutscher Seite kommenden Angriff zu sichern, wenn Deutschland sich nicht an die Neutralität Hollands halten würde. Da alle verfügbaren Mittel aus den Ausbau der Ost- und Südsront verwendet wurden, waren die anderen Fronten vernachlässigt worden. Dies betraf namentlich die Küstenbefestigungen. Als die niederländische Regierung nun an den Ausbau die­ser Fronten gehen wollte und einen diesbezüglichen Gesetz­entwurf vorlegte, erhob sich ein gewaltiger Sturm, nament­lich im Auslande. Man wollte Holland sogar das Recht absprechen, Befestigungen an der Scheldemündung anzulegen. Es hängt dies mit Belgien und der belgischen Befestigung Antwerpen zusammen. Diese bildet den Hauptwaffenplatz von Belgien und wird ebenfalls als Zufluchtsort für die belgische Armee betrachtet, wenn diese sich nicht mehr im freien Felde halten kann. Nun liegt aber Antwerpen an der Schelde, aber 67 Kilometer von ihrer Mündung ent­fernt, die ganz in holländischem Besitz ist. Es bestand unn die Angst, daß die Holländer durch die Anlage neuer Be­festigungswerke an der Scheldemündung in der Lage sein würden, diese vollkommen zu sperren und jedes Ein- und Auslaufen von Schissen zu verhindern. Dadurch würde der belgische Handel und die Verpflegung von Antwerpen voll­kommen gestört werden. Die ganze Angelegenheit gewann aber eine erhöhte Bedeutung und eine internationale Be­deutung, wenn man an eine aktive Teilnahme eines eng­lischen Expeditionskorps an einem mitteleuropäi­schen Kriege denkt oder wie es namentlich in Frankreich der Fall ist bestimmt daraus rechnet. Für dieses war Antwerpen der beste Landungspunkt, wo das englische Heer, durch die Festungswerke gedeckt, ruhig ans Land gehen konnte, um dann gegen die rechte Flanke der Deutschen vorzugehen. Eine wirksame Befestigung an der Scheldemündung hätte dies gehindert."

Stadt, Bezirk rrnd Nachbarschaft

Talw, 23. Mai 1913.

Vom Rathaus.

Oeffentliche Sitzung des Eemeinderats unter dem Vorsitz von Stadtschultheiß Lonz am Donnerstag nachmittag von 4 Uhr ab. Anwesend sind 9 Eemeinderäte. Die Liefe­rung des Materials zum Bewalzen der Vorstadtstraße wird den Porphyrwerken Weinheim übertragen, das Werk lieferte bisher zur Zufriedenheit der Stadtverwaltung und hat auch im neuesten Falle das günstigste Angebot gemacht mit 555 oll. Der hiesige Ortsausschuß des Jung­deutschlandbundes dankt in einem Schreiben dem Gemeinderat für die neuerliche Bewilligung eines Beitrags und Ueberlassung von Gelände zu Uebungen. Die An­schaffung der neuen Gesangbücher für die Schü­ler fällt offenbar vielen Leuten schwer. Der Kirchengemeinde­rat hat aus ihm zur Verfügung stehenden Mitteln 50 Ge­sangbücher beschafft zur Austeilung an Volksschüler. Für die vom Eemeinderat bzw. vom Ortsschulrat zu genehmigen­den Anschaffungen würden etwa 75 -4t erforderlich sein, die aus der Schulkaffe entnommen werden können. Der Eemeinde­rat ist einverstanden. Dann wird beraten über die Eingabe um Gaszuleitung zum Bauplatz des Hauptlehrers Schund an der Stammheimer Steige. In Betracht kämen für die Art der Zuleitung zwei Möglichkeiten: g) Fortsetzung des Anschlusses vom Neubau des Architekten Braun, also ein­fache Privatleitung mit 225 -4l von Sch. selbst zu bezahlenden Kosten, oder b) Fortführung der städtischen Hauptleitung vom Pfarrer Josenhansschen Gebäude aus die Stammheimer Steige herauf mit 100-Millimeter-Röhren bis zum Hause des Hauptlehrers Schund. Die Kosten dafür berechnen sich auf 842,20 -4t, für die von Hauptlehrer Schund und weiteren befragten Anliegern 400 -4t aufgebracht werden. Die Aus­führung h wird von Stadtbauamt und Gaswerk befürwortet. Die Röhren werden in die Böschung gelegt werden, so daß ein Aufreißen des Pflasters der neuen Strecke unterbleiben kann. Der Eemeinderat ist gleichfalls für Ausführung des Vorschlags b und genehmigt mit ihr die Abmachungen der in Betracht kommenden Anlieger. Stadtschultheiß Conz will am Samstag 14 Tage nach Ulm einrücken und

damit einen Teil seines Urlaubs nehmen. Seine Stelle als Vorsitzender des Eemeinderats wird über diese Zeit E.-R. H. Wagner vertreten, die laufenden Geschäfte, einschließlich Ratsschreiberei und Polizeigeschäfte, Stadtschultheißenamts­sekretär Braun erledigen. Von 6 Uhr ab beteiligt sich auch der Bürgerausschuß mit 12 Mitgliedern an der Sitzung. Der Vorsitzende verliest darauf das Dank­schreiben, das Gemeinderat und Bürgerausschuß an B.-A.-O. E. Wagner richten wollen für die Stiftung von 50 000 -4t für den Bau des Realprogymnasiums. Die Kol­legien sind mit der Fassung einverstanden. Der vom Vor­sitzenden vorgeschlagenen Regelung des Abteilungs­unterrichts an einer Klasse der Volksschule stimmen die Kollegien zu. Das Kinderfest soll endgültig am Samstag, 14. Juni, dem Kaiserjubiläumstag, abgehalten werden. Eine Verlegung des Wochenmarktes auf den Frei­tag aus diesem Grunde erachten die Kollegien nicht für notwendig. Dagegen aber kam zur Sprache eine lebendigere Ausgestaltung des Festes, namentlich des Festzuges. Die stärkere Beteiligung der Oberklassen der Schulen, der Lehrer­schaft am Realprogymnasium, ferner Teilnahme der Vereine, selbst der bürgerlichen Kollegien wurde gewünscht. G.-R. Bäuchle erinnert daran, daß bei den früher rechts- und linksnagoldisch gefeierten Kinderfesten je auch die betreffen­den Kollegialmitglieder im Festzug mitmarschiert seien. In anderen Städten sei die Beteiligung der Gemeindevertreter zum Teil selbstverständlich. Die Stimmung im Kollegium geht stark nach Beteiligung am Fest, namentlich auch mit Rücksicht auf die dadurch wohl eher erreichbare Beteiligung der Vereine am Festzuge und daraus sich ergebende Be­lebung und Erhöhung der Feststimmung. Sie einigten sich am Ende auf Beteiligung, die jedem Mitglied freigestellt sein soll. Die Abmachungen mit dem Vertreter der Ver­einigten Deckenfabriken über Geländeerwerb für den Ausbau des Hirsauer Weges bedurften noch Abänderungen, zu denen die Kollegien ihre Zustimmung zu geben hatten. Diese Zustimmung erfolgte ohne grundsätzlichen Widerspruch. Auch ein weiterer alter Bekannter, der Hohe-Felsen- Weg, gab wieder Beratungsstoff. Ein früherer Beschluß des Vezirksrats, den Verbindungsweg von der Krankenhaus­zufahrtsstraße hinüber zum Hohen Felsen in 6 Meter Breite auszuführen, zuzugestehen samt dem Zugeständnis, rechts und links der Böschung je 3 Meter unbebaut zu lassen, wurde neuerlich abgeändert. Die Straße soll 7jH Meter Breite erhalten, dabei die Fahrbahn 4,50 Meter. Der Bezirksrat knüpft an diese befriedigendere Regelung die Bedingung, daß an einer bestimmten Stelle eine Einfahrt in den Bergrat Schüzschen Garten gewonnen wird. Schluß der Sitzung ^8 Uhr.

Erklärung. Von der Leitung der Freiwilligen Sanitäts­kolonne hier geht uns folgendes Schreiben zu: Ueber die im gestrigen Calwer Tagblatt seitens des offenbar nicht ge­nügend orientierten Vorsitzenden des Schwäbischen Athleten­verbandes abgegebeneErklärung" wundern sich diejenigen Mitglieder der Sanitätskolonne, die über die beiden Pfingst- feiertage Dienst getan haben. Tatsächlich handelte es sich um 13 Unfälle, zum Teil sehr schwerer Art, wie in Nr. 109 dieses Blattes richtig erwähnt ist. Die Sanitätskolonne hat wohl keinen Anlaß, die Sache schlimmer darzustellen, als sie in Wirklichkeit war, und erklärt, daß sie anläßlich eines derartigenSports" keine Dienste mehr leistet. Von der durch den Verband erwähntenAchselverstauchung" ist kei­nem der Sanitätsleute etwas bekannt, sonst wäre ja die Zahl der Unfälle noch größer. Darüber, daß die Verletzung deskinderreichen" Familienvaters wie sie anscheinend in anderen Blättern dargestellt wurde nicht so harmloser Art war, und wie sie hervorgerufen wurde, kann der zu­gezogene Arzt wohl am ehesten ein Urteil fällen.

Berkehrseinnahmen. Auf den württembergischen Staatseisenbahnen sind im Monat April insgesamt 7 256 000 -4k vereinnahmt worden. Von dieser Summe entfallen auf den Personenverkehr 2 619 000 -4t, auf den Güterverkehr 4 381 000 -4t und auf sonstige Quellen 256 000 -4t. Gegen den gleichen Monat des Vorjahrs brachte der Personenverkehr (wegen des Heuer in den März fallenden Osterfestes) einen Ausfall von 376 000