Aus Stadt und Land
Calw, den 25. Januar 1929
Die Arbcitsmarktlage im ArbeitsamtSbezkrk Nagold.
I» der dritte» Januarwoche hat sich die Zahl der Unterstützten im ArbeitSamtsbezirk Nagold wider Erwarte» weiter ganz erheblich erhöht. Die seit Wochen steil aufwärts gerichtete Kurve der Unterstützten hat sich leider noch nicht verflacht. Im Gegenteil, der Zugang an Unterstützten war in der jüngsten Berichtswochc bedeutend gröber als im Durchschnitt der ersten und zweiten Januarwoche. Am 23. Januar erhielten im Arbeitsamtübezirk Nagold 5076 Personen Arbeitslosenunterstützung aus Mitteln der NeichSanstalt, das sind 864 mehr als am 16. Januar. Der Hauptteil au Unterstützten entfällt auf daö Overamt Frendenstadt mit 2612. Personen, alsdann folgen Nagold mit WO, Herrenberg mit 821, Horb mit 667 und schließlich Calw mit 623 Unterstützten.
Dieser außergewöhnlich hohe Stand an Unterstützten liegt ganz beträchtlich über dem des Vorjahres. Im Januar 1923 befanden sich im ArbcitsamtSbezirk Nagold nur etwas über 3060 Personen, d. h. also 2000 weniger in Unterstützung als zum gleichen Zeitpunkt dieses Jahres. Die Ursachen dieser unheilvollen Entwicklung dürften nicht nur in der rückläufigen Konjunktur, in der anhaltenden Winterkälte und der hohen Schneedecke zu suchen sein, vielmehr ist in den letzte» Wochen sowohl von seiten der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber eine bisher unbekannte planmäßige Inanspruchnahme der Arbeitslosenversicherung zu verzeichnen.
Infolge starken Schneefalls auch in den niedriger gelegenen bewaldeten Teilen des Arbeitsamtsbezirks (Enztal und StmmerSfeld) hat eine weitere große Anzahl Holzfäller Antrag auf Arbeitslosenunterstützung gestellt. Des weiteren sind fast alle Notstanösarbeiter der Arbeitslosenversicherung zur Last gefallen.
In den Außeuberufen hält die Arbcitsruhe an. Auch in der Landwirtschaft ist noch keine nennenswerte Nachfrage nach Arbeitskräften festzustellen.
Erziehuugsbcihilfen an Kricgerwaise».
Die Richtlinien für die Gewährung von Erztehungsbei- htlfen an Kriegerwaisen haben eine Neubearbeitung im Sinne einer Erleichterung des Bezuges erfahren. Die Zuständigkeit der Versorgungsämter ist erweitert worben. Sie dürfen nun die Beihilfen bis zu 36 monatlich ohne Zustimmung der Hauptfürsorgeämter gewähren. Für die Schätzung der besonderen Kosten der Berufsausbildung wird ruf folgendes htngewiesen: Mittelschüler werben Höhere Kosten verursachen als VolkSschüler. Die Kosten der Ausbildung steigen mit fortschreitendem Alter. Während der praktischen Lehrzeit wird tm allgemeinen eine Erztehungs- beihilfe von 25 N.^l monatlich unter Anrechnung etwaiger Hintcrblicbcnenbezüqe aus anderen Quellen angebracht sein, denn durch Berufskleidung, besonders kräftige Verpflegung asw. werben größere Aufwendungen entstehen. Die Einrichtungen, die die neue» Richtlinien bringen, werden von den kn Betracht kommenden Stellen begrüßt werden.
Wünsche zum Neichsverforgungsgesctz.
Von den Kriegsbeschädigte» und Kriegshinterbliebene» wird eine sechste Novelle zum Reichsversorgungsgesetz gewünscht. Verlangt wird u. a. die reichsgesetzliche Regelung der Heilfürsorge für Kriegshinterbliebene; Verbesserung der -eidlichen Versorgung der Kriegshinterbliebenen; Zurücknahme der soziale» Fürsorge für die Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen auf das Reich; Wiederaufleben der Lbgefnndencn Renten bei 10 und 20 Proz. Erwerbsbeschränkung; wesentliche Erhöhung der Rentensätze, insbesondere von 50 Proz. aufwärts; Streichung der Ausgleichszulage; Erhöhung dcS Sterbegelds; Streichung der Ruhensbestim- wungen bei Nebeuetnkommen; Fortfall der Znsatzrente, die durch Erhöhung unnötig gemacht werben soll. Ferner wird vom Reichstag die Gewährung einer einmaligen Winterbct- hilfe und eine Erhöhung der Mittel verlangt, die zur Gewährung von Erziehungsbeihilfen an KriegSwaisen bereitgestellt werden.
Die Lage des Arbeitsmarkics t» Siidwcstdcutichlanb.
Nach den Berichten der Arbeitsämter war der Zugang an Arbeitslosen in der Berichtswoche vom 10. bis 16. Januar nicht mehr ganz so stark wie in der Vorwoche. Die Zunahme der unterstützten Arbeitslosen betrug 9764 Personen (8346 Männer und 1424 Frauen) gegen 13 225 (11 615 Männer und 1616 Frauen) in der Zeit vom 2. bis 9. Januar. Am 16. Jan. bezogen 165 950 Personen die versichernngsmäßige Arbeitslosenunterstützung und 5572 die Vrisennuterstützung gegen 97 212 L'Z'W. 5649 am 9. Januar. 994 Personen (882 Männer und 112 Frauen), Angehörige der Land- und Forstwirtschaft, der Industrie der Steine und Erden, sowie des Fremdenver- kehrsgewerbes schieden aus der versichernngSmäßigeu Arbeitslosenunterstützung ans nnd w-urden in die ncueinge- führtc Sonderfürsorge für den Fall der berufsüblichen Arbeitslosigkeit übergcsührt; mit der Überführung der Ban- arbctter wird am 21. Januar begonnen.
Die Gesamtzahl der Unterstützten ist von 162 761 auf 112 625 um 9,5 v. H. gestiegen: davon waren 96 681 Männer (gegen 87 741 am 6. Januar) und 16 444 Frauen (gegen 15 626). Auf die Arbeitsämter in Württemberg nnd Hohen- zvllern trafen 45 963 Hauptunterstützungsempfüngcr (gegen 42 253) und auf die Arbeitsämter in Bade» 66 502 (gegen 60 508). Im Gesamtbczirk des Landesarbcitsamts kamen am 16. Januar auf 16:16 Einwohner 22,4 Unterstützte gegen 26,4 am 2. Januar, 7,6 am 31. Oktober und 4,7 am 1. August.
Nene Einrcifevorschristen für Brasilien.
Wie uns mitgcteilt wird, hat die brasilianische Regierung neue Paß- und Einrejsevorschriften erlassen, bei denen besonders zu beachten ist. daß das Visum von dem Reisenden persönlich beantragt werden muh. Das Visum wird nicht sofort erteilt, sondern kann erst drei Tage nach Stellung des Antrags in Empfang genommen werden. Reisende, die zur Ueberfahrt nach Brasilien einen der im regelmäßige» Südamerikadienst verkehrenden Passagier- und Frachtbampfcr benutzen und sich bas brasilianische Visum erst tn Bremen besorgen wollen, müssen also hier spätestens drei Tage vor Abfahrt des Dampfers eintresfen und die vorgeschriebenen Papiere beim brasilianischen Konsulat etnretchcn. Ferner ist neu, daß die Reisenden einen Personalausweis beibringcu müssen, der ersetzt werden kann durch ein zweites Führungszeugnis mit Photographie und Fingerabdrücken, sowie Angaben über Alter, Nationalität, Stand und Beruf.
Moos nnd Flechten in den Baumkrone«.
In feuchten Höhenlagen oder in der Nähe der Waldränder zeigen die Obstbäume vielfach eine Menge von Moosen und Flechten. Es ist kein schöner Anblick, wenn die Bäume dicht mit Moos überdeckt sind. In der Nähe der Wälder ist die Sache oft ganz schlimm. Hier tritt das graugrüne, lang herabhängende ZottelmooS ost so stark auf, daß man kaum noch die kleinen Zweige steht. Diese unwillkommene Zugabe tm Obstgarten kann den Bäumen recht gefährlich werden, zumal die Moose die Unterschlupf- und Brutstätten für allerlei Obstbaumschädlinge sind. Was ist hier zu tun? Abkratzen kann man tn den Kronen nicht, auch das Abbürsten hat seine Schwierigkeiten. Hier hilft nur eine Bespritzung der Bäume mit 16—15prozentigem Obstbaumkarboltneum oder noch besser das Überstreuen der Bäume an einem taufrischen Morgen mit Ätzkalk ober das tüchtige Überspritzen des ganzen Baumes mit dünner Kalkmilch. Dieses letztere Verfahren kostet fast nichts, es schadet nichts, der Kalk düngt sogar und die Flechten sterben ab.
Wetter für Samstag und Sonntag.
Starker Hochdruck liegt jetzt über Island. Die Wetterlage in Sübdeutschland wird von einer südlichen Depression beherrscht. Für Samstag und Sonntag ist noch vielfach bedecktes, aber nur zu leichteren Niederschlägen geneigtes Wetter zu erwarten.
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. Essringen, 24. Jan. Die hiesige Schafweide wurde an de» seitherigen Besitzer Karl Essig von Böblingen zum Preise von 825 Jt verpachtet. Der vorjährige Pachtpreis belief sich auf 725 ,/k.
SCB Stuttgart, 24. Jan. Für den Ankauf von Grundstücken stellt der Gemeinderat außen den für 1923 vorgesehe
nen 2 Millionen Mark weitere 300 666 Mark bereit unter Übernahme dieses Mehrbedarfs auf die Anleiheverwaltnng
SCB Gmünd, 24. Jan. Der Gemcinderat beschloß in seiner letzten Sitzung, die Schwemmkanalisation abschnittsweise in einem Zeitraum von 16 Jahren mit jährlich 35 666 bis 46 060 ./t Aufwand durch,',»führen und die Kläranlage selbst möglichst hiiiaiisznschicben. Der Anschluß ist zunächst nur für Neubauten Pflicht. Erst später wird der Anschluß auch für die anderen Gebäude obligatorisch.
SCB Billingcn, 24. Jan. Das Opfer eines eigenartigen Unfalls wurde am Montag nachmittag der Lokomotivheizer Hanö Zimmermann ans Villingcu. Zwischen den Stationen Schönberg und GengeirLach der Schwarzwaldbahn schürte er ans einer Güterzugsmaschine bas Feuer, wobet der Stiel des Feuerhakens stark über die Lokomotive nach dein anderen Gleis hinausragte. Als im gleichen Augenblick ein Schnellzug vorbeiraste, erfaßte er den Haken und schlug ihn so stark zur Seite, daß der Heizer einen Armbrnch und Nippen- qiietschnngen erlitt. Schwerverletzt wurde er ln das Kran- lenhails Gengenbach gebracht. Es besteht jedoch keine Lebensgefahr.
Vermischtes Stradkvarks Geheimnis.
Eine Entdeckung von großer Bedeutung für die Musikgeschichte scheint in Bergamo gelnngen zu sein. Dort fand ein Antiquar, dem eine alte Truhe mit Geheimfächern zur Auffrischung übergeben worden war, in einem dieser Fächer einen Stoß alter Handschriften mit Zeichnungen von Instrumenten. Lin Mailänder Geigenbauer, der einen Teil der Papiere zur Prüfung und Entzifferung erhalten hatte, erkannte sofort den hohen kunstgeschichtlichen Wert und sicherte sich ihren Besitz. Für den Rest der Handschriften verlangte jedoch der Bcrgamaske einen allzu hohen Preis. Das veranlaßte den Mailänder, Anzeige bei der Polizei zu erstatten, die nunmehr den gesamten Fund sicher stellte. Eine von Fachgelehrten vorgenommene Untersuchung ergab, daß es sich um die Lebensbeschreibung und um Vorschriften des berühmten Cremoneser Geigenbauers Antonio Stradivari handelt. Man hofft, jetzt endlich vor der Lösung des Geheimnisses dieses Künstlers zu stehen, das seinen beiden Söhnen noch bekannt war, von diese» aber mit ins Grab genommen wurde. Bisher sind alle dahin sielenden Versuche trotz der dafür anfgewendeten erheblichen Mittel ergebnislos geblieben. Die Kunst Stradivaris steht noch immer unerreicht da.
Kirchliche Nachrichten
Evangelische Gottesdienste.
Sonntag Septuagesimae, 27. Januar.
Turmlied: 11 „Nun freut euch, liebe Christengmein".
9.80 Uhr: Hanptgottcsdienst, Stadtpfarrer Hermann. An- fangslied: 16, „Such, wer da will."
11 Uhr: Christenlehre (Töchter 2. Bez.), Stadtpfarrer Hermann.
11 Uhr: Sonntagsschule tm Vereinshaus, Missionar Stahl.
6 Uhr: Abendgottesdienst tm Vereinshaus, Stadtvtkar Hermann.
Donnerstag, 31. Jan. 8 Uhr: Btbelsiunde. Von der Bruderliebe. 1. Petr. 1,22—2,4. Stadtpfarrer Hermann.
Freitag, 1. Febr., 543 Uhr: Gustav Adolf-Frauenverein.
Kath. Gottesdienst.
Sonntag, 27. Jan.
8 Uhr: Frühmesse mit Homtlic. 5410 Uhr: Predigt, Anrt und Christenlehre. 542 Uhr: Andacht.
Montag, 8 Uhr: Gottesdienst tn Bad Liebenzell.
Beicht: Samstag von 4—546 Uhr und Sonntag früh ab
7 Uhr.
Gottesdienste der Methobistengemcinde.
Sonntag, den 27. Januar 1929.
Calw. Vorm. 5410 Uhr: Predigt (Harsch); 11 Uhr: Svnntagsschule; nachm. 6 Uhr: Elternabend.
Mittwoch, abends 8 Uhr: Bibel- und Gebetftunde.
Stammheim. Vorm. 10 Uhr: Predigt; nachm. 542 Uhr: Eltcrnstunde (Harsch).
Mittwoch, abends 8 Uhr: Bibel- und Gebetstnnbe.
Samstag LLschmittag Treffpunkt: Windhof Sonntag früh 9 Nh» Treffpunkt: beim Rühle
Sonntag Rucksackvesp.er mitnehmen.
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4. Brennholzverkauf
Am Montag, de« 28. Januar au» Etaatswald Distr. Ketterleshalde Ab- teilung Eiskeller, Echieß- statt.Fuchsricgel.Ob. Dachsbauschlag. Rm.: eichen: 3 Prügel und Klotzholz: rotbuchen: 40 Scheiter, 123 PriigelundKlotzholz; weiß- buchen : 22 Prügel (die Rüg. kommen später); Nadelholz: 26 Prügel und Anbruch. Gebundene Neistgwellen 65 eichene, 3000 rotbuchene, 1300 Weißbuchen«, 740 ficht. Aus den Abt. Buchwald, Fuchsriegel und Ob. Dachsbauschlag : 33 Fichtenstang.- Haufen geschätzt zu 990 Wellen und tn Abt. Eiskeller und Schiebstatt 2 Fichtenflächenlose geschätzt zu 230 Wellen. Das Beig- holz bei der Fuchsriegelhütte wird nicht verkauft, nur die Wellen. Zusammenkunft zum Verkauf um 19Uhr Kreuzung Maureuer Alles und Adlerallee.
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Tagesordnung:
1. Geschäftsbericht, 2. Kassenbericht. 3. Revision,bericht, 4. Neuaufnahmen, 5. Anträge, 6. Mahlen, 7. Verschiedenes.
Die Anwesenheit sämtlicher Mitglieder, auch der passiven, ist dringend notwendig. Der Auvschuh.
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