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Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

88. Jahrgang.

Arkcheinungrweise: Smal wöchentlich. Nnzetrenpreil: Im Oberamt»- kallw für die einspaltige BorgiSzeil« 10 Pfg., außerhalb derselben 12 Pfg., RsÄ«»»n W Pfg. Schluß für Jnseratannahme Il> Uhr vormittag». LelesoN S.

Samstag, den 26. April 1913.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerloh» Mk. 1.2L vierteljährlich. Post. b-zugSpreiS für den OrtS- und Nachbarortsverkehr Wk. 1.20. im Fernverkehr Mk. I.SO. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 12 Pfg.

Amtliche Bekanntmachungen

K. Oberamt Calw.

Bekanntmachung,

betr. die Feldbereinigung auf der Markung Altheng-

stett.

Nachdem die Revision und Richtigstellung der Zutei­lungsarbeiten für die genannte Felddereinigung erledigt ist, wird hiermit bekannt gegeben, dag die Schlußtagfahrt am Mittwoch, den 14. Mai d. I., von vorm. 11j4 Uhr an im Rathaus zu Althengstett stattfinden wird.

In dieser Tagfahrt, bei welcher der Zuteilungsplan, soweit erforderlich, von der Vollzugskommission erläutert werden wird, können Einwendungen jeder Art, ausgenommen solche, welche gegen die Beiziehung oder Nichtbeiziehung zu dem Unternehmen und die Feststellung der Grenzen der Be­reinigungsfläche oder gegen die Größe und den Wert der eingeworfenen Fläche gerichtet sind, vorgebracht werden. Sämtliche beteiligte Grundeigentümer bzw. deren mit Voll­macht versehene Vertreter, berechtigte Dritte, sowie Grund­eigentümer, welche bei dem Unternehmen zwar nicht im Sinne des Gesetzes (Art. 4 u. 5) beteiligt sind, deren Ver­hältnisse aber durch dasselbe in irgendeiner Weise geändert werden sollen, werden zur Teilnahme an dieser Tagfahrt hiermit eingeladen.

Einwendungen gegen den Zuteilungsplan, sowie gegen die in Gemäßheit desselben erfolgte Ausführung der Feid- bereinigung sind nach der Schlußtagfahrt ausgeschlossen.

Der Zuteilungsplan samt Tabellen und Akten ist auf dem Rathaus in Althengstett vom 29. d. M. bis 14. Mai d. Z. zur Einsicht aufgelegt.

Den 25. April 1913.

Regierungsrat Binder.

Bekanntmachung,

betr. die Zusammensetzung der Bezirksfarrenschau- behörde.

Gemäß Z 16 Abs. 1 der Vollz.-Verf. zum Farrenhaltungs- gesetz vom 1. Dezember 1897 (Reg.-Bl. S. 24) wird hiermit bekannt gemacht, daß die Bezirtsfarrenschaubehörde für den Zeitraum vom 1. Mai 1913 bis 30. April 1916 wie folgt zusammengesetzt ist:

a) ordentliche Mitglieder:

Oberamtstierarzt Pfeiffer in Calw, zugleich Vorsitzender: Schultheiß Hanselmann in Liebelsberg, zugleich Stellver­treter des Vorsitzenden:

Oekonom Gustav Fahrion, Pächter der Talmiihle: b) Stellvertreter:

Eemeindepfleger Dongus in Deckenpfronn;

Gemeinderat Kopp in Möttlingen:

Schultheiß Lörcher in Oberkollwangen.

Calw, den 25. April 1913.

Regierungsrat Binder.

Was will werden?

Montenegro wird Skutari nicht behalten, das ist der Tenor aller Andeutungen und mehr oder weniger offiziösen Erklärungen, die von den bestunterrichteten Kreisen der Balkandiplomatie gegeben werden. Wie einem Mitarbeiter desDeutschen Telegrafen" von einem Balkandiplomaten mitgeteilt wurde, scheinen diesem die meisten Erörterungen der Presse, die den Augenblick als gefahrdrohend hinstellen, zu sehr Sensationshascherei und Uebertreibung. König Ni- kita wird sich dem Willen der Mächte zu fügen haben. Der Antrag des Grafen Verchtold hat angeblich bereits die Zu­stimmung der Großmächte gefunden. Man erwartet die Räumung Skutaris innerhalb der nächsten 48 Stunden. Ruß­land wird die Forderung des Grafen Verchtold nachdrücklichst unterstützen. Von einem Eintreten Rußlands zugunsten Mon­tenegros kann nur insofern die Rede sein, als Rußland ver­suchen werde, die pekuniären Entschädigungsansprüche Mon­tenegros für den Verlust von Skutari nach Möglichkeit zu unterstützen. Im übrigen geht Rußland nach wie vor mit den Großmächten, die Skutari als Hauptstadt Albaniens be­stimmen wollen. Auch über die Stimmung bezüglich einer andern bedeutsamen Frage, der griechisch-bulgarischen näm­

lich, liegen heute nur beruhigende Nachrichten vor. Man hofft, daß es den Großmächten gelingen werde, auch hier die wesentlichen Eefahrenmomente durch gemeinsame Vor­stellungen in Sofia, Athen und Belgrad auszuschalten, doch wird es voraussichtlich bei dem Versuch bleiben, da die Großmächte die Möglichkeit einer kriegerischen Verwicklung innerhalb des Balkanbundes gänzlich zu verhindern sich außer Stande erklären. Eine neuere, allerdings sehr vorsichtig aufzunehmende Meldung bestreitet das Vorhandensein eines serbisch-griechischen Eeheimbiindnisses mit der Spitze gegen Bulgarien völlig. Der griechische Delegierte Skuludis er­klärte einem Vertreter des Reuterschen Bureaus, daß die in England verbreiteten Gerüchte über ein angebliches Ge­heimabkommen oder ein nicht geheimes Abkommen zwischen Griechenland und Serbien gegen Bulgarien vollkommen falsch seien. Vor einigen Tagen habe die Türkei Griechenland Vorschläge unterbreitet angesichts gewisser Möglichkeiten, aber diese seien von Griechenland zurückgewiesen worden. Griechenland habe seine feste Absicht ausgesprochen, treu seinen Verbündeten zur Seite zu stehen. Ob nun die Be­fürchtung, der Balkanbund unter sich raufe zuguterletzt noch am seine Kriegsbeute, sich verwirklicht oder nicht jeden­falls liegt bei den gegenwärtigen Zuständen eine gegen­seitige Verwicklung der europäischen Großmächte viel näher, als bei einem etwaigen Feldzug der Balkanverbündeten gegen sich selbst. Ausgeschloffen ist natürlich auch in letzterem Fallh nicht, daß sich die gefürchtete Auseinandersetzung zwi­schen den Großmächten entzündet, die Reibungsflächen zeigen sich bei den jetzigen Verhältnissen aber viel deutlicher. Friede oder Krieg unter Europas Nationen hängt von der Haltung Rußlands ab. Trifft zu, daß es mit den europäischen Mächten einig geht und nicht insgeheim Montenegro den Nacken steift, dann ist die Ausficht auf friedliche Abrechnung und Aufteilung gegeben. Dann, wenn Rußland durchhält, werdPi die kriegslüsternen Mitglieder des Balkanbundes sich^uch überlegen, ehe sie gegen Bulgarien losschlagen. So, wie die Nachrichten heute lauten, hält Rußland zu Europa. Die diplomatischen Kreise Berlins und Roms leben der bestimmten Zuversicht, daß die Mächte einig bleiben gegenüber Montenegro, um den Frie­den zu retten.

Stadt» Bezirk und Nachbarschaft

Calw, 26. April 1913.

Pfingstreise nach Paris. Wer lacht da nicht? Das Journal DÄllemagne", die in Berlin erscheinende franzö­sische Zeitung, erdreistet sich, gegenwärtig an Zeitungsredak­tionen ob auch an Private, konnten wir nicht feststellen Prospekte zu versenden, in denen zur Beteiligung an einer Reise nach Paris über die Pfingstfesttage aufgefordert wird. Man kann sich völlig frei von Franzosenfresserei wissen und doch fest auf dem Standpunkt stehen: solange uns Deutschen sranzösischerseits nicht Garantien dafür gegeben werden, daß wir unbelästigt von besserem und weniger besserem Pöbel durch Frankreich reisen können, so lange wollen wir es blei­ben lassen, nach Frankreich unsre Vergnügungsgelder hinein­zutragen. Und so lange halten wir Anpreisungen und Auf­forderungen französischer oder deutscher Unternehmungen an uns Deutsche zu Frankreich-Reisen für Zudringlichkeiten, für unverfrorene Frechheiten, die wir uns schönstens verbitten und damit am wirksamsten beantworten, daß wir sie grund­sätzlich nicht beachten. Wir empfehlen jedermann, Reise­prospekte mit Reklame für Frankreich dem Papierkorb zu überantworten.

v. Die Zahl der höheren Schüler Calws. Im lausenden Schuljahr besuchten das Realprogymnasium Calw nach den statistischen Nachrichten über den Stand der höheren Schulen Württembergs 151 ( 16) Schüler, davon 138 evan­gelische und 13 katholische, bzw. 103 einheimische, 41 im Um­kreis wohnende und 7 auswärtige, ferner 2 Mädchen: die Realschule 18 (-s- 18) Schüler, sämtliche evangelisch, da­von 12 einheimische und 6 im Umkreis wohnende, ferner 1 Mädchen; die Realschule Weilderstadt 30 ( 10) Schüler, davon 19 evangelische und 11 katholische, bzw. 15 einheimische und 15 im Umkreis wohnende, ferner 3 Mädchen.

ft. Höhere Schulen. Nach den soeben erschienen statisti­schen Nachrichten über den Stand der höheren Schulen in

Wüttemberg im laufenden Schuljahr werden diese Schulen wie folgt besucht: Gymnasiale Schulen einschließlich Latein­schulen 5702 (gegen Vorjahr291), realgymnasiale Schulen 3410 (-s- 116), Realschulen 17 087 (-j- 78), Elementarschulen 5112 (-s- 173), somit zusammen 31311 (-s- 76) Schülern, von denen 4553 ( 157) Oberklassen angehören; von den Schülern sind 23705 (-s- 112) evangelisch, 6839 ( 89) katho­lisch, 678 (- 15) israelitisch und 89 (->- 8) sonstiger Konfes­sion. Mädchen sind es im Stuttgarter Mädchengymnasium 85 (->- 9), in den sonstigen Eymasien und Progymnasien 98 (->- 1), in den realistischen Schulen mit Oberklaffen 214 (-s- 26), in den Latein- und Realschulen 930 (-j- 79), Ele­mentarschulen 51 (-s- 11) und höheren Mädchenschulen 6426 (^ 112).

b. Die Pferdegewinne auf der Stuttgarter Pferdemarktlotterie wurden zuletzt gezogen, sie fielen aur folgende Nummern: 77465, 102618, 32655, 43673, 12762, 44345, 4250, 4646, 14647, 9980, 63138, 57121, 44441, 29314, 32464. (Ohne Gewähr).

ep. Kirchenkollekten. Aus der Pfingstkollekte zur Unterstützung evangelischer Kirchengemeinden im In - u. Ausland, die laut Mitteilung des Kons. Amtsblatts im vorigen Jahr die Summe von 23257 ^ ertragen hat, haben 54 württ. Gemeinden Beiträge erhalten. Außerdem wurden daraus unterstützt: die deutsch-ev. Gemeinden in Castro, Pedreira, Brüdertal, Hammonia, Neuwürttemberg, (Brasilien), Paris und Lyon; die St. Martini­schule in Kapstadt; die deutsch-ev. Seemannsmission, der Kirchbau in Füssen a. Lech u. Hospitalbau in Jaffa; Umelamed; das Evangelisationswerk der belgischen Nationalkirche; die eo. Gesellschaft für die protestantischen Deutschen in Amerika. Ferner hat eine besondere, im Dez. v. I. vom Konsistorium empfohlene Kirchenkollekte für den Bau einer ev. Kirche in Rom 7900 ertragen.

Der April in alten Zeiten. Im Jahre 1289 war so ein warmer Winter, daß nicht ein einziger Schnee vermerkt worden, um Weihnachten grünten die Bäume, in Hornung hatte man zeitige Erdbeeren, die Reiher, Hatzen und Hühner und dergleichen Geflügel schlaiften Junge, im Aprilen hatte man blühende Trauben ge­funden. Anno 1420 war abermal so ein warmer Win­ter, dag den 20. März die Obstbäume ausgeschlagen, im Aprilen die Trauben geblühet, um Pfingsten Erndt und um Bartholomäi Herbst worden. 1443 aber ist ein solch kalter geworden, und ein sehr tiefer Schnee ge­fallen, weswegen wieder alle Wasser also gefroren, daß man mit Weinwägen darüber fahren können; und weil die Kälte und der Schnee bis zu Ende des Aprilen währte, war es ein elender Jammer mit dem Mahlen, bis es aufging. Im Jahre 1485 gab es viel Schnee in dem Märzen, und um Eeorgii 23. April Reifen. Anno 1572 ist in den Weinbergen, was bezogen war, den 17. April von Reifen erfroren. 1590 sind die be­zogenen Weinberge um Eeorgii auch erfroren. Im Jahre 1610 vor dem Eingang dieses Jahre war es nach der Saat so dürr, daß der Same nicht aufgegangen bis in den Jänner und Hornung, da es überflüssig Regenwetter gegeben. Das kalte Wetter aber in dem Märzen und Aprilen zog die zarten Samen aus . Anno l611, in dem Winter gab es wenig Schnee, aber zu Anfang des Frühlings viel Regen, daß die Wasser zum zweitenmal alle Täler überschwemmet; es folgte auch ein warmer Frühling und kam der Wein gar früh, also, daß man um Eeorgii die Weinstöck schon verbrochen und an den Mauren blühende Trauben gefunden. Es war so dürr, daß man viel nicht hacken noch die Pfähl stoßen können. Man machte daher nur Vogen und steckte die Pfähle erst um Pfingsten, da es eine Durchfeuchte gegeben, hinzu.

8cb. Mutmaßliches Wetter. Für Sonntag und Montag ist gewittriges Wetter zu erwarten.

Weilderstadt, 25. April. Gestern abend gegen 7 Uhr hatten wir Gewitter mit starkem Regen. Dabei schlug der Blitz zwischen hier und Merklingen in die Telephonleitung