züglich, ihren Schülerinnen Freude am Zeichnen und namentlich an eigenen Entwürfen beizubringen und ich sah ganz reizende Zeichnungen nach eigenem Entwurf der Schülerin, welche dann wieder auf einer Arbeit verwendet wurden. Natürlich können so etwas nur fortgeschrittene Schülerinnen fertig bringen, sicherlich zu ihrer eigenen großen Freude. — Nun sind wir ja bereits in dem oberen Stock angelangt, als wir die Zeichnungen besahen, und befinden uns in der Kleiderausstellung. Wir erfreuen uns am Anblick aller Arten von reizenden, geschmackvollen Kleidern. Vom hübschen Kinderkleidchen an bis zur Straßen- und Eesell- schaftstoilette waren hier die schönsten Erzeugnisse der Kleiderkunst ausgestellt. Die Jacken der Straßenkleider machten wirklich den Eindruck, als wäre es Schneiderarbeit, und ein schönes, schwarzseidenes Brautkleid lieferte den besten Beweis, daß man den Schülerinnen gern das beste Material anvertrauen kann, denn mit Geschmack und Verständnis und unter der sicheren Führung der freundlichen Lehrerin lernen die Schülerinnen dieses verwenden. Sie lernen aber auch Selbständigkeit und manche Schülerin kann heute ihre Kleider ohne Hilfe zu Hause machen. — Gern würde ich Dir, liebe Freundin, noch weiter erzählen, von einem vollständig handgestickten, weißen Kleid, angefertigt von Fräulein Ahl- bek, der fleißigen Hilfslehrerin, prächtigen Tischdecken in Lochstickerei, von Schürzen, Morgenjacken, schönen Unterröcken, die da ausgestellt waren, aber es würde zu weit führen. Du wirst ausrufen, ich bringe das Beste zuletzt, wenn ich Dir noch sage, daß ich auch prächtige Flicktücher gesehen habe, und Dir versichere, daß auf diesen so hochwichtigen Teil in einem Haushalt, dem Flicken lernen, ein großer Wert in der Frauenarbeitsschule gelegt wird, und wohl den Töchtern, die diese Grundlage aller Näherei recht los haben!
Beim Ausgang aus dem geschmückten Ausstellungsgebäude sah ich zwei Lorbeerbäumchen stehen und dachte so für mich hin, daß den Lehrerinnen, die in verhältnismäßig kurzer Zeit solche Ergebnisse erzielten, wahrhaftig ein Lorbeerzweig gebühren würde. Einen unvergänglichen Lorbeer werden sie sich aber in den dankbaren Herzen der Schülerinnen gesetzt haben, die noch nach Jahren das verwerten werden, was sie unter dieser Leitung in der Calwer Frauenarbeitsschule gelernt haben.
Und somit, liebe Freundin, kann ich Dich nur herzlich aussordern, Deine liebe Tochter hierherzubringen, Du wirst Dich sicher über die Resultate, die hier erzielt werden, noch lange freuen. — Auf frohes Wiedersehen am 28. April, an welchem Tage der neue Kurs beginnt, die Anmeldung kann ich ja dann übernehmen.
Herzlich grüßt Dich und Deine Lieben
Deine
(s.) Bom Schwarzwaldverein. Wer am letzten Sonntag den Ausflug des Schwarzwaldvereins mitgemacht hat, der wird an diesen sonnenhellen Wandertag mit Freuden zurückdenken. Wohl waren es nur einige 20, die mit ausgezogen waren, aber alles in bester Stimmung unter der sicheren Führung von Herrn Paul Eeorgii. Von Weißenstein ging der Weg über Stock und Stein durch die netten Schwarzwaldnester Büchenbronn, Engelsbrand, wo der Aussichtsturm mehr Aussicht ahnen ließ, Langenbrand nach Schömberg, wo kurze Rast gehalten wurde. Aber das Schönste kam erst: auch die, denen der lange Winter die Glieder eingerostet hatte, vergaßen die 7 Stunden Marsch ob dem herrlichen Abendgang über Jgelsloch, Oberreichenbach, Altburg. Wir Talbewohner schätzen ja mehr als andere Sterbliche den weiten Blick, und den hat man dort oben über die Maßen schön. Saftgrüne Wiesen als Vordergrund, dahinter vom Stromberg bis zur Alb eine Weite des blauen Horizonts im Rundblick, daß dem Nüchternsten das Herz aufging! Schade, daß es nicht dreimal so viel waren; die dabei gewesen, werden dem Schwarzwaldverein für diese schöne Wan-
so angst, so bang, und ihr war, als müsse sie aufschreien und die Arme ausbreiten nach ihm — nach ihm — Aber ach! Er war ja so fern, wie konnte er sie hören und ihr helfen in ihrer tiefen Verlassenheit?
Ein wiederholtes Klopfen an der Stubentllr hatte die Weinende nicht gehört. Nun wurde die Tür behutsam geöffnet und herein trat Madame Kühn. Sie sah sich erstaunt um und schritt, als sie das junge Mädchen auf dem Bette liegen sah, besorgt näher: „Mademoiselle, sind Sie unwohl geworden?" fragte sie freundlich.
Helene schüttelte nur stumm den Kopf, daß die lichtblonden Haare sich lösten. Aurora streichelte leicht dieses weiche Haar und sagte: „Kommen Sie, liebes Kind, setzen Sie sich neben mich auf den Diwan und schütten Sie mir Ihr Herz aus." Mit sanfter Gewalt hatte Frau Kühn die Jungfrau emporgehoben und neben sich auf das Sofa niedergezogen, dann fuhr sie fort: „Sie sind erschreckt durch das Erscheinen Monsieur Soulardts? N'est-ce pas? Oh, ich habe scharfe Augen! Aber beruhigen Sie sich, die Männer sind ganz harmlose und ungefährliche Geschöpfe, man muß sie nur zu behandeln wissen. Es sind recht einfältige Esel, die sich leicht ins Joch spannen lassen und in der Tretmühle der Alltagsarbeit für die Frau das Brot verdienen. Kind, Sie müssen die Welt nur mit rechten Augen ansehen. Monsieur Soulard ist reich. Es ist viel Gold durch seine Hände gegangen, und es ist viel Gold an seinen Händen kleben geblieben. Mon Dieu! C'est l'usage du monde! Und es wäre albern gewesen, hätte er aus Skrupel oder Stolz von dem
derung Dank wissen und eine bleibende Erinnerung daran haben.
8t. Militärisches. Der Abschied ist bewilligt worden dem Stabsarzt der Landwehr 2. Aufgebots Dr. Vesenmayer- Wildberg (Calw).
Jungdeutschlandbund und die Turner. Der außerordentliche Kreisturntag in Stuttgart, der über das Verhältnis der Turnerschaft zum Jungdeutschlandbund beraten sollte, war von beinahe 600 Delegierten besucht. Mit 299 gegen 276 Stimmen wurde der Antrag des Ausschusses abgelehnt, zu erklären, daß der Kreis Schwaben den Beschluß des Ausschusses der Deutschen Turnerschaft, korporativ dem Jung- oeutschlandbund beizutreten, als für die Vereine nicht bindend auffaßt. Mit 342 Stimmen wurde ein weiterer Antrag des Kreisausschusses, den Beschluß bis zum nächsten Deutschen Turnertag im Jahre 1915 als nicht bindend zu erklären, angenommen.
scb. Mutmaßliches Wetter. Für Mittwoch und Donnerstag ist vorwiegend trockenes und wärmeres Wetter zu erwarten.
— Bad Liebenzell, 20. April. Vom Vezitkskommando Calw wurden 7 Mann des Beurlaubtenstandes, Reservisten und Landwehrleute von hier, mit je 1 Tag Mittelarrest bestraft, weil sie die Kriegsbeorderung nicht oder zu spät abgeholt haben.
Altensteig, 22. April. Aus der Privatschatulle des Königs wurden dem bei dem letzten Brandunglück zu Schaden gekommenen Paul Tafel 50 überwiesen. Tafel, der sich wegen seiner schweren Brandwunden noch im hiesigen Krankenhaus befindet, erholt sich nach und nach wieder.
Neuenbürg, 22. April. In Neusatz ist die Schmiede des Wilhelm Knöller nebst Wohnhaus bis auf den Grund mit aller Fahrnis abgebrannt. I
? Weilderstadt, 21. April. Gestern abend fand im Gasthof zur Post die Abschiedsfeier für den nach Kairo gehenden Dr. Zeller statt. Die beiden Gesangvereine trugen verschiedene Lieder vor. Außer Stadtschultheiß Beyerle widmeten dem Scheidenden noch warme Worte der Anerkennung die Schultheißen von Ostelsheim und Malmsheim, auch verschiedene andere Eemeindevertreter waren außer diesen erschienen. Verwaltungsaktuar Schütz sprach im Namen des Turnvereins, welchem Verein der Scheidende sowohl als auch seine Gemahlin treue Mitglieder waren. Frau Dr. Zeller wurde als Scheidegruß vom Verein eine Bronzefigur überreicht.
Württemberg.
Der Frostschaden.
Die Umfrage des Württembergischen Obstbauvereins bei seinen Vertrauensmännern in den 21 Obstgauen des Landes hat im einzelnen bestätigt, was wir schon ausführlich über den Frostschaden vor 8 Tagen berichteten. Auch diese Erhebungen lassen noch kein engdültiges Urteil zu, da, wie wir schon früher bemerkten, viel von dem weiteren Verlauf der Witterung abhängt und andererseits mancher Schaden erst später deutlich erkennbar wird. Daran aber, daß größtenteils eine Fehlernte an Obst zu erwarten ist, besteht kaum ein Zweifel mehr, besonders für die Kirschengebiete, die schon im vorigen Jahre eine Fehlernte hatten. Am ehesten ist von den spät blühenden Obstsorten noch etwas zu erhoffen, wovon in Stuttgart, Cannstatt und Eßlingen 20 Prozent, in Waiblingen, Backnang und Marbach 30 bis 40 Prozent, in einer Reihe weiterer Bezirke bis zu 50 Prozent als nicht erfroren bezeichnet wird. Je rauher die Bezirke, je weiter die Vegetation zurück, desto besser noch die Aussichten. Andererseits sind vielfach diese Bezirke mit geringem Obstbau, so daß nennenswerte Mengen auch aus diesen Gebieten nicht zu erwarten sind und frisches Obst Heuer wohl ein Leckerbissen sein wird. — Über die Lage in der Schwarzwaldgegend, berichten die Vertrauensmänner dem Verein: Horb,!
Brauche abweichen wollen. Soulard kann Ihnen alle Wünsche erfüllen! Sie können in Seide und Samt gehen, in Paris in den höchsten Kreisen als Stern glänzen, ja, beim Kaiser kann und wird er Sie einführen." Helene zuckte zurück, Frau Aurora aber fuhr fort: „Ihr Papa ist mit der Hochzeit einverstanden. Sie sind minderjährig und haben daher zu gehorchen, zumal Ihr Papa nur Ihr Bestes, Ihr Lebensglück im Auge hat. Nehmen Sie es nicht zu ernst, die Ehe ist in unserem aufgeklärten Jahrhundert nicht mehr ein Kerker, in dem man zwei Menschen zusammenschmiedet, sondern ein sonniger Pavillon, wo man aus- und einflattern kann nach Belieben. Nun, überdenken Sie sich alles, liebe Mademoiselle, und folgen Sie dem Rate Ihres Vaters." Dann glitt Aurora aus dem Gemache, während sie halblaut das alte Lied trällerte, das 1806 viel gesungen wurde:
Fürs Vaterland zu sterben Wünscht mancher sich.
Zehntausend Taler erben.
Das wünsch' ich mich.
Das Vaterland ist undankbar,
Und dafür sterben? O, du Narr!"
Helene sprang vom Diwan auf und eilte ans Fenster. Es begann schon zu dämmern. Durch die Gassen brauste der Sturm. Wie Lenchen so hinaussah, gewahrte sie die hohe Gestalt des Marquis de Bosquet, in seinen Reitermantel gehüllt, langsam vorübergehen. Rasch stieß sie das Fenster auf und rief: „Kolonel, bitte, warten Sie einen
Freuden st adt, Nagold: Erfroren:Aepfel frühblühend 50—80 Prozent, spät 20—40 Prozent, Birnen 60—90 Prozent, Kirschen 20-30 Prozent, Nüsse 40 Prozent, Stachel- und Johannisbeeren 10—30 Prozent; der Ansatz war nicht überreich. — Balingen, Sulz, Oberndorf: Das Oberamt Balingen hat bedeutend stärker gelitten als die Oberämter Sulz und Oberndorf; während in den letzteren nur geringer Schaden gemeldet wird, ist in Balingen so ziemlich alles erfroren, bis auf spätblühende Aepfel und Mostbirnen. — Tübingen, Herrenberg, Rottenburg, Böblingen: Erfroren: Aepfel 50—100 Prozent, ganz spättreibende weniger; Birnen 75—100 Prozent, Mostbirnen weniger; Kirschen, Pflaumen, Pfirsiche, Aprikosen total; Beerenobst 50—100 Prozent. Erdbeeren in Tübingen gut. — Leonberg, Calw, Neuenbürg: Bis auf einige spät- blühende Apfelsorten fast alles total erfroren; Stachelbeeren 50—60 Prozent. Man befürchtet das Eingehen mancher Bäume.
*
Zur Durchführung des Volksschulgesetzes sind nach einer vom Kultministerium der Zweiten Kammer vorgelegten Uebersicht in den letzten vier Jahren von den Gemeinden insgesamt 17 895 493 -K für 554 Schulbauten ausgegeben worden, 10 985 254 im Eeschäftskreis des Evangelischen Oberschulrats und 6 910 239 -K in dem des Katholischen Oberschulrats. Es handelte sich dabei auf evangelischer Seite um 130 Neubauten mit einem Aufwand von 9 655 401 -il und 166 Um- und Anbauten zu 1329 853 -1l, auf katholischer Seite um 123 Neubauten zu 5 910 797 -ü und 135 Um- und Anbauten zu 999 442 -K.
*
Stuttgart, 21. April. Die Tochter des Königs, Fürstin Pauline zu Wied, ist am Samstag hier eingetroffen. Der König war zu ihrem Empfang auf dem Bahnhof erschienen und geleitete sie in den Wilhelmspalast, wo die Fürstin von der Königin begrüßt wurde.
Stuttgart, 21. April. Zu Ehren des bisherigen kommandierenden Generals des 13. Armeekorps, Herzogs Al- brecht von Württemberg, fand im Hotel Marquardt ein Abschiedsessen zq 160 Gedecken statt, an dem die übrigen dem Armeekorps angehörigen Herzöge, der Kriegsminister, die Generalität und Abordnungen der Offizierkorps teilnahmen. Herzog Albrecht brachte ein Hurra auf den König aus. General Graf von Pfeil sprach die Abschiedsworte an den Herzog, die dieser mit einem Trinkspruch auf das 13. Armeekorps dankend erwiderte.
Zuffenhausen, 22. April. Am Sonntag mittag sind in der Pauluskirche sieben Opferstöcke beraubt worden. Wie viel Geld dem Dieb in die Hände fiel, muß erst noch festgestellt werden.
Plochingen, 21. April. Ein Soldat, der sich von Tübingen in seine Garnison nach Ulm zurückbegeben wollte, ist auf dem hiesigen Bahnhof in den falschen Zug eingestiegen. Beim Gasthof zum Waldhorn merkte er den Irrtum, sprang aus dem fahrenden Zug und wurde so schwer verletzt, daß er bald darauf im Johanniterspital, wohin man ihn gebracht hatte, verstarb. — In Uhingen wurde der 35 Jahre alte, verheiratete, beim Gleisumbau beschäftigte italienische Erdarbeiter Pistoni durch den Ulmer Schnellzug beim Ueber- schreiten der Gleise erfaßt. Der Kopf wurde ihm vom Leibe getrennt. Er hinterläßt in seinem italienischen Heimatsort eine Witwe mit 6 unversorgten Kindern.
Plochingen, 21. April. Der „Plochinger- und Neckarbote" hat nach vierteljährlichem Dasein sein Erscheinen wieder eingestellt.
Untergruppenbach (O.-A. Heilbronn), 21. April. Auf schreckliche Art ist die 71 Jahre alte Ehefrau des Maurermeisters Oppenländer um ihr Leben gekommen. Sie befand sich allein zu Hause und machte im Zimmerofen Feuer. Hierbei setzte sich die betagte Frau offenbar auf einen Schemel,
Augenblick, da ich Sie, wenn Sie gestatten, auf Ihrer späten Promenade begleiten möchte."
„Mademoiselle, ich bitte, ganz über mich befehlen zu wollen.
Nach wenigen Minuten trat Lenchen, mit Hut, Mantel und Muff wohl gegen Kälte und Wind ausgerüstet, auf die Straße und langsam schritten beide dem zwischen dem Elster- und Schloßtor gelegenen Berliner Pförtchen zu. Der Oberst mußte sich schwer auf seinen Stock stützen, da das erfrorene Bein ihm viele Schmerzen machte. Darum brummte er auch ein „Sacrebleu" nach dem anderen über die quacksalberischen Pflasterkästen, die nichts verständen, als den Leuten das Geld aus den Taschen zu ziehen.
So hatten sie, beide ziemlich einsilbig, die Höhe des Walles erstiegen und blickten weit hinab iu das dunstige Land. Fern, zwischen dem Schwarz der Wälder, glühten die Wachtfeuer der Belagerer. Jetzt wehte der Sturm Gesang herüber, ein deutsches Lied, und jetzt konnte Lenchen sogar die Wort verstehen:
„Es heult der Sturm, es braust das Meer.
Heran ihr Sorgen, groß und schwer,
Heran bei Wetter und Regen!
In unfern Adern jauchzt die Lust,
Wir deutschen Männer, wir werfen die Brust Euch stolz und kühn entgegen!"
(Fortsetzung folgt.)