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Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
88. Jahrgang.
B«»tz«tnungrweise: Smal mbchentlich. «nzktzknprki»: Jmvberamt». »sMSalm für dt« einspaltige Borgtszeile IO Pfg., außerhalb derselben IL Psg., W Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vorniittagr. Telefon 9.
Donnerstag, den 17. April 1913.
Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mt. 1.25 vierteljährlich, Post« bezugSpreiS für den Orts- und Nachbarortsverkekr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., m Bayern und Reich 42 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung,
betr. die Farren-Oberschaubehörde für den Bezirk des 1V. landwirtschaftlichen Eauverbands.
In Ausführung des Art. 13 d. Ees. vom 16. Juni 1882- 21. Mai 1897, betreffend die Farreuhaltung, und in Gemäßheit der Vollziehungsverfügung vom 1. Dezember 1897 ist für den Zeitraum vom 1. Mai 1913 bis 30. April 1916 die Oberschaubehörde für den Bezirk des 10. landwirtschaftlichen Gauverbands folgendermaßen zusammengesetzt worden:
Gutsbesitzer Link-Trölleshof, Vorsitzender,
Hirschwirt Kleiner-Ebhausen,
Gutsbesitzer Adrion-Oedenwald.
Als Stellvertreter sind bestellt worden:
Schultheiß Seibold-Maisenbach,
Mühlebesitzer Haisch-Klosterreichenbach,
Oekonom Dingler-Lalw.
Calw, den 11. April 1913.
K. Obcramt.
Regierungsrat Binder.
Bekanntmachung,
betreffend die Abwehr des Stromertums.
Es ist in letzter Zeit die Beobachtung gemacht worden, daß mittellose Wanderer vielfach sich nicht mehr an die Wanderarbeitsstätten halten, sondern sich stromernd im Lande umhertreiben.
Die Ortspolizeibehörden werden daher angewiesen, unnachsichtig gegen solche Stromer vorzugehen, dieselben gegebenenfalls festzunehmen und dem Oberamt cinliefern zu lassen.
Zugleich ergeht wiederholt die Aufforderung an die Einwohner des Bezirks, unter keinen Umständen solchen mittellosen Wanderern Gaben und Almosen zu verabreichen, sondern dieselben stets an die Behörde und die Wanderarbeitsstätte zu verweisen; nur durch einmütiges Vorgehen der Behörden und der Bevölkerung kann dem Bettel und dem Stromertum wirksam begegnet werden.
Calw, den 16. April 1913.
K. Oberamt:
Reg.-Rat Binder.
Französische Ungezogenheiten.
Der Haß, die Dummheit und der Chauvinismus vermögen viel. Im 20. Jahrhundert mutz es sich das deutsche Volk, das reckige, kernige deutsche Volk, von Angehörigen eines langsam sterbenden Nachbarn, den es schon vor vierzig Jahren zu zerschmettern in der Hand gehabt hätte, bieten lassen, daß ihm Zugehörige auf eine Art und Weise brutalisiert werden, für die gar kein Ausdruck gefunden werden kann, um sie gebührend zu brandmarken. Aber, was die Sache besonders bedeutsam macht, das ist der Umstand, daß säst die gesamte französische Presse, jedenfalls die tonangebende, in dem Zwischenfall von Nancy so gar kein Vorkommnis erblickt, das französischerseits zu bedauern wäre. An den Fingern einer einzigen Hand sind die französischen Zeitungen aufzuzählen, die das unverschämte Betragen „gebildeter" Franzosen verurteilen. Und darin, daß Frankreichs Presse diese Dinge bemäntelt und beschönigt, liegt der Beweis für die Behauptung, daß nicht ein herausforderndes Vorgehen der betreffenden Deutschen zu dem Vorfall in Nancy Anlaß gegeben hat, sondern französischer Deutschenhaß, französische Heißblütigkeit. Daß die Deutschen im Theater sich völlig einwandfrei betrugen, bestreitet selbst der „Petit Parisien" nicht. Daß die französischen Studenten in der Wirtschaft, in welcher sie mit den Deutschen zusammen- trafen, diese absichtlich zum Streiten zu reizen versuchten, geben sie selbst zu. Sie schrieben auf einen Zettel Heines Worte „Ihr Deutschen seid ein großes Volk, so simpel und so begabet, man sieht euch wahrhaftig nicht an. daß ihr das Pulver erfunden habet" und ließen den Zettel mit diesen Worten den Deutschen überreichen. Die Deutschen hätten, sagte einer der vernommenen Studenten, über diesen Zettel gelacht und sich über das schöne Deutsch des Verses gefreut. — Also: die Herausforderung durch die Franzosen liegt offen zutage. Und wie stellt sich die Presse Frankreichs dazu? Schmählich. Man lese, was „Radical" schreibt: „Wir sind weit entfernt davon, das Verhalten dieser Studenten zu billigen, die sich ganz und gar täuschen, wenn sie sich einbilden, Frankreich auf diese Weise zu ehre«. Aber auf diesen Maßstab zurückgeführt, verdient der Zwischenfall nicht einmal, daß man sich weiter dabei aufhält." — Saubere Ansichten über Anstand, was? Weiter: der „Eaulois": „Wenn in der Haltung einiger angeheiterter Nancyer Nachtschwärmer ein schlechter Geschmack vorlag, so hat man auf der andern Seite der Grenze in gleicher Weise aus diesem Anlaß unmäßige Nervosität und unhöfliche Erörterung bekundet. Alles in allem, gegeneinander wären wir also quitt." Aber es kommt noch hahnebüchener. Die „Croix", ein füh
rendes Blatt klerikaler Richtung, stellt in fünf Punkten mit
scheinheiligem Augenaufschlag folgende Moral aus: „1. Die Deutschen, die behaupten, daß sie unsere übermäßige Höflichkeit in dem Zeppelinfall nicht vergessen würden, kennen sich selbst nicht, denn bei der ersten Gelegenheit entstellen sie die einfachste Tatsache, um uns zu reizen. 2. Die Deutschen sind nicht bei uns beliebt, das wird immer so sein, solange sie uns Elsaß-Lothringen gestohlen haben. 3. Die französischen Studenten sind lebhaft, ein wenig zu lebhaft. 1. Es ist klug, künftig jeden Deutschen, der nach Frankreich kommt, mit einer Schutzwand zu umgeben und diese Schutzwand von vier Spezialkommissaren bewachen zu lasten. Es gibt 300 000 Deutsche in Frankreich. Das macht 390 900 Schutzwände und 1200 000 Spezialkommissare. Die Kommissare werden im Wettbewerb ausgesucht und der Bau der Schutzwände französischen Industriellen anvertraut, ö. Die Deutschen mögen zu Hause bleiben." Das soll wahrscheinlich geistreich sein, aber der fünfte Punkt stimmt.
Nancy, 16. April. Der Staatsrat Ogier ist heute früh hier eingetroffen und hat sofort die Untersuchung des Zwischenfalles vom Sonntag begonnen.
Parlamentarisches.
Aus dem Reichstag.
Berlin, 16. April.
Am Bundesratstisch Staatssekretär v. Jagow. Präsident Dr. Kaemps eröffnet die Sitzung um l.25 Uhr. — Etat des Auswärtigen Amtes (Fortsetzung). — Staatssekretär v. Jagow: lieber den Stand der Untersuchung des Zwischenfalles in Nancy kann ich dem Hause Mitteilen: Der französische Minister des Aeußern hat dem kaiserlichen Botschafter in Paris mitgeteilt, daß die bis jetzt vorliegenden Berichte der Lokalbehörden in Nancy keinen genügenden Aufschluß über alle Tatsachen geben, und daß daher die französische Regierung einen höheren Staatsbeamten mit der Vornahme einer strengen Untersuchung und Prüfung betraut habe. Das Ergebnis dieser Untersuchung bleibt abzuwarten. Andererseits hat uns der kaiserliche Statthalter in Straßburg die Uebersendung der von den Lokalbehörden in Metz mit den Betroffenen aufgenommenen Protokolle in Aussicht gestellt. Wenn dieselben eingegangen sind, werden sie dem kaiserlichen Botschafter übersandt werden, um bei der Untersuchung Berücksichtigung zu finden. Unterstaatssekretär Z i m- mermannn: In der Debatte wurde wiederholt der Wunsch ausgesprochen, daß die deutschen Diplomaten
Feuilleton.
so) 2m Sturm genommen!
Roman aus den Freiheitskriegen 1813—1811.
Von H. E. Jahn.
Am Morgen des 21. Oktober kam ein zerlumpter Gassenjunge zum Rentier Lange, der ihm einen Zettel des Super- numerarius überbrachte. Auf dem Zettel stand, er möge sofort kommen, denn ihr alter Bekannter, Natan Schuster aus Luckau, wäre wieder da und wünsche ihn dringend zu sprechen. Sofort zog der alte Mann seinen Ueberrock an und eilte aus dem Hause. Leuchen sah ihm verwundert und beunruhigt nach; war er doch in letzter Zeit fast nie und besonders nicht zu so früher Morgenstunde ausgegangen. Eine geheime Angst schnürte ihr Brust und Herz zusammen und ließ sie erbeben vor etwas Fremdem.
Selbstgefällig lachend, saß Frau Eveline Brümmer im Wohnzimmer auf dem Sofa, und ihr zur Seite, schwatzend wie ein gutgelaunter Papagei, der Kapitän Horace Soulard, vermummt durch schwarze Perücke und Vollbart, blauer Hornbrille. Draußen auf dem Flur hantierte der Supernumera- rms selbst. Seine blinzelnden Fuchsaugen bewachten die dicke, dumme Magd und die über der Wohnungstür hängende sehen, wann es läute. Da er den Schall seiner Schwerhörigkeit wegen nicht vernehmen konnte, mußten seine Augen ihm sein Gehör ersetzen.
Endlich begann die Glocke sich zu bewegen. Hastig eilte Brümmer zur Tür, riß sie auf und begrüßte den eintretenden
Lange: „Ah, das ist gut von Ihnen, daß Sie gekommen sind! Meine Eveline und unser gemeinsamer Freund aus Luckau erwarten Sie schon im Zimmer. Bitte, treten Sie ein!"
Lange befand sich alsbald den beiden Genannten gegenüber, und seine Begrüßung wurde von ihnen herzlichst erwidert.
„Tiens! Er seien bon, er sein aimable!" Und ihm einen Stuhl zurechtrückend, nötigte Soulard: „Voulez-vous avoir la complaisance!" Darauf in seinem südlichen Temperament fortfahrend: „Wie sein die kleine, belle Madelon? Wollen sie immer wissen rien du tout von die arme Soldat, die Soulard? Es sein ein großes Malheur für die wunde Herz von die Monsieur Soulard! Er meinen es so brav, er sein ein homme de bien!"
„Ja, das sind Sie," nickte die dicke Frau Brümmer beifällig. „Und jedes Mädchen könnte stolz und glücklich sein, das ein solcher Mann, wie Sie, liebte und zum Altar führte. „Aber Helene ist noch so jung. Ich zum Beispiel —" Sie unterbrach sich und schlug errötend ihre Augen aus die etwas schmutzige Spitzenschürze nieder.
„Ah, Sie, Madame," sagte der Franzose, sich galant vorneigend, daß ihm die schwarzen Locken über sein Gesicht fielen, „Sie, Madame, superbe, Sie können verstehen die peines amoureuses. Hälas! Es seien triste!" Soulard seufzte, und auch Frau Brümmer.
Lange aber brummte: „Leuchen ist ein dummes und unerfahrenes Kind! Aber den Eltern ist die Pflicht und die Macht gegeben, für ihre Kinder zu sorgen und sie zu bewahren vor Irrungen und Abwegen. Aber ich weiß, der
albernen Gans steckt der tölplige Bengel, der Hans, in dem Kopfe! Der Narr steht jetzt draußen im Felde, um für die sogenannte Befreiung des Vaterlandes zu kämpfen. Ich wünschte, hol's dieser oder jener! — daß der Naseweis an der bei Möckern erhaltenen Wunde draufgehe!"
„Ah, j'y pense! Wie heißen das preußische Mensch, das gegen unsern magnifique Empereur die Arm er'oben?"
„Hans Hoya, freiwilliger Jäger," kam es sauer aus Langes Munde.
„Ans, o ja! Komisches Name. Aber Madelon muß werden meine Femme. Ick aben die Parole d'Honneur von die Pere, ick sein le plus heureux Homme, das die Braut heimführen! Vraiment!"
Lange unterstrich durch Kopfnicken die Worte des Franzosen: „Ich habe mir die Sache überlegt und bin der Ansicht, Helene und ich begleiten Euch, Monsieur Soulard, nach Frankreich, so lange, bis der Kaiser alle seine Feide wieder zu Boden geschmettert hat. Dann kehren wir mit den Siegern frohlockend zurück."
„Trös bien! Wird die kleine Madelon auch mitwollen?" fragte eifrig Soulard.
„Freiwillig wohl kaum!" entgegnete Lange, den Kopf bedächtig wiegend. „Aber man kann ihr ja etwas vormachen. Zum Beispiel, wir führen nach Halle, um den im Lazarett liegenden Hoya zu pflegen. Ich müßte das Mädchen nicht kennen, daß ich nicht wüßte, sie würde lieber noch heute als morgen aufbrechen. Wir aber fahren nach Magdeburg, und von da über Merseburg, Frankfurt ins Elsaß hinein."