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Schwarzwälder Tageszeitung. Für die D.-A.-Bezirke Nagold, Freudsnstadt und Lalw.
Rr. 231
Druck und Verlag in Altensteig.
Mittwoch, den 3. Oktober.
WTB. Großes Hauptquartier, 2. Okt. (Amtlich.)
Westlicher zeriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rnpprecht:
In der Mitte der flandrischen Front war der Artillcriekampf- stark, zwischen Langhemark und Holle- beke mehrfach zu heftigen Tvommclfenerwellen gesteigert.
Morgens entrissen unsere Sturmtrnppen den Engländern im Poly gone-Wald üördlich der Straße Menin—Ipern in etwa 509 Meter Tiefe Kampfgelände, das gegen mehrmaligen starken Gegenangriff behauptet wurde. Außer erheblichen Verlusten büßte der Feind Gefangene ein.
Heeresgruppe deutscher Kronprinz:
Nordöstlich von Soi 1 1 ons nahm die Kampftätigkeit der Artillerie zu. Bor Verdun war der Feucrkampf im Anschluß an ein erfolgreiches Unternehmen auf dem Ostufer der Maas lebhaft. Bei Bezonvaux brachen morgens Infanteriestoß gruppen mit Pionieren bis in die Hinteren Lini«r der französischen Stellung, zerstörten dort die Grabenanlagen und kehrten mit mehr als 100 Gefangenen in die eigenen Stellungen befehlsgemäß zurück.
Auf dem
östlichen Kriegsschauplatz
und an der
mazedonischen Front
blieb bei geringer Gefechtstätigkeit die Lage unverändert.
Ter Erste Generalquartiermeister Ludcndorff. *
Der französische Höchstkommandierende, General Petain, hat festaestellt, daß bei dem französischen Angriff von Verdun das Verhältnis der Artillerie zur Infanterie wie 3 zu 2 sei. Mindestens dasselbe Verhältnis herrscht bei den Engländern in Flandern, aller Wahrscheinlichkeit nach übertrifft aber hier die Artillerie die Infanterie an Zahl noch stärker; ein englisches Blatt hat geradezu behauptet, die Artillerie an den Hauptstellen der flandrischen Front sei noch einmal so zahlreich als die Fnßtruppen. Das mag übertrieben sein, um der „Materialschlacht" eine erhöhte Folie zu geben, aber wenn die Sturmtruppen in der Schlacht vom 26. September auf 100000 Mann beziffert werden, wird man immerhin die Gesamtzahl der am Kampfe beteiligten Truppen auf englischer Seite auf mindestens 250000 Mann annehmen dürfen. Tie zahlenmäßiae Ueberleqen-
heit der Artillerie erscheint auch wahrschcinllch nicht nur wegen der ungeheuren Zahl der im Feuer befindlichen Geschütze, sondern auch deswegen, weil die Artillerie eigentlich ohne Unterlaß in dauerndem Kampfe ist, oft genug mit stundenlangem Trommelfeuer, so daß für ein Geschütz mindestens die dreifache Bedienung vorhanden »ein muß, drei Schichten, wie in einer Fabrik mit Turch- arbeit. Ter Weltkrieg ist den Engländern ja überhaupt nur ein großer Fabrikbetrieb, daher ihr Ausdruck „Materialschlacht" für die großen Kämpfe in Flandern. Für sic ist es in der Hauptsache die Arbeit von Maschinen, in diesem Fall Kanonen und ähnlichen modernen Werkzeugen. Ter Mann kommt kaum in Betracht. Das eben ist der Unterschied zwischen englischer und deutscher Auffassung; die Waffen aller Art bleiben für uns doch immer nur Mittel, für den Engländer sind sie bei weitem die Hauptsache und das Ausschlaggebende.
Ter König von Italien hat am Samstag die belgische Front besticht. Im Abschnitt von Ipern Platzte in der Nahe des Königs eine Granate, deren Luftdruck den König zu Boden warf. Er erlitt jedoch keine Verletzungen. Ter König soll von den Alliierten Verstärkungen für die Jfonzofront verlangt haben. Ter Pariser „Temps" glaubt aber, daß es nicht nötig — soll wohl heißen: möglich — fei; die österreichisch-ungarische Heeresleitung könne mit ihren 300 Bataillonen und 4000 Geschützen keine größere Angriffshandlung gegen Italien ausführen. — Tie ersten amerikanischen Truppen, ein Pivnierrcgiment, haben an der französischen Front den Kriegsdienst ausgenommen. Sie wurden neulich von deutschen Fliegern mit Bomben und Maschinengewehren angegriffen.
Am Samstag landete bei Kadzawa (Holland) ein mit 2 Maschinengewehren bewaffnetes britisches Flugzeug. Tie Insassen wurden interniert.
Generalleutnant von Freytag-Loringhoven sagt in einer Schrift „Folgerungen aus dem Weltkrieg": Bei unserer mittleren Lage mußten wir, feit es an der Marne nicht gelungen war durchzudringen, uns mit einer ..Offensive mit beschränktem Ziel" begnügen, um mit Clausewitz zu sprechen. . . Daneben konnte «S sich' für die Mittelmächte nur darum handeln, im einzelnen dem Feinde zuvorzukommen. . ., die Initiative inr großen aber mußte den Feinden überlassen werden. — Major a. D. E. Mvraht schreibt dazu in der „Deutschen Tageszeitung":
Es fragt sich, welche Partei ist in Verfolg ihres strategischen Systems zu besseren Zielen gelangt? „Die „Kriegskarte" gibt uns unweigerlich die Siegespalme. Auch haben wir die sechsfache neberzahl der feindlichen Macht nicht nur mit weit geringeren Verlusten in Schach gehalten, wir haben auch ihre Stoßkraft derartig verringert, daß sic genötigt ist, nach imaginärer amerikanischer und japanischer Hilf- auszu- schäuen. Schon das Bild der letzten Sommer Kämpfe steht unter dem Zeichen unserer Angrijfserfolge. Am 19. Zuli begannen wir mit dem Durchbruch der russischen Front im Raume von Ztoczow. Zn drewiertelstiindigcm Sturm war die russische Stellung durchrannt. Aus dem taktischen Durchbruch wurde ein strategischer, der die russische Stellung in einer Breite von 250 Kilometern aufiolltc>» Bor Beginn des Durchbruchs standen die Feinde 150 Kilometer nordwestlich Czer- norvitz, am Lomnica-Abschnitt, tief in Galizien. Nach dem Durchbruch waren 25 000 Quadratkilometer Galiziens von den Russen befreit, dazu fast die ganze Bukowina. Der Feind hatte neben schwersten blutigen Verlusten eine Gesangenenzahl von 655 Offizieren und 41300 Mann eingebüht. Wir nahmen ihm eine Beute von 237 Geschützen ab. Weitere Er» folge an der russischen Ostfront folgten im September. Am 1. September überschritt unsere 8. Armee die Düna, schlug die viel stärkere russische 12. Armee und nahm Riga in Besitz Wir breiteten uns östlich des Flusses aus und bekamen übe. 3000 Quadratkilometer russischen Bodens in die Hand. Fast 9000 Feinde und 325 Geschütze waren die Beute. Am 21. September folgte wieder ein ergebnisreicher deutscher Angriff. Wir vertrieben den Feind aus seinem Brückenkopf westlich 2 akobstadt, gewannen 400 Quadratkilometer an strategisch wichtiger Stelle und brachten 4000 Gefangene und 50 Geschütze ein.
Am Isonzv fing die 11. Schlacht am 19. August an. Lieber 41 italienische Divisionen, etwa zwei Drittel des italienischen Heeres, bemühte sich mit einer Artillerie »von über 6800 Geschützen versehen, mit starken Fluggeschwadern und Motorbattericn, den österreichisch-ungarischen Ring zu sprengen. Die Feinde griffen auf einer Schlachtfront von 70 Kilo. Metern an. Fin einen Vertust von über eine Viertel. Million erreichten die vielfach überlegenen Italiener nichts als ein Zurückdrücken der Front unserer Verbündeten auf einer Breite von 25 Kilometern und in einer Tiele von 5 Kilometern. Und dabei lag dieser Gewinn nicht einmal in einem strategisch besonders wichtigen Raum.
Die Drühjahrsosfensive unserer Gegner im Westen dagegen hat ihnen trotz Einsatz eines Millionenhecres im Artois, a» der. Aisn« und m der Cüamvaan« nur üermaen
Amtsblatt sär Pfalzgrafenweiler.
1V17.
Erfolg gebracht. Erwähnen will ich nur den mächtigen Vorstoß der Franzosen am 16. April, bei dem sie an der Front Soissons—Auberive 106 Divisionseinheiten einsetzten und der Zahl nach 26 Divisionen verloren. Stracegischer Erfolg war ihnen nicht beschicken, und die taktischen Gewinne büßten sie im Laufe des Sommers zum Teil wieder ein.
Die Engländer haben sich, von i>er Tauchboot-Not dazu anaetrieben, in drei gewaltigen Flandern sch lachten vergeblich bemüht, eine Offensive mit beschränk! in Zic! in unserem Sinne durchzuführen. Ein großer Angriff mar es^ den sie unternahmen, aber er blieb in seinen Anfängen stecken und verlor sich im engsten taktischen Rahmen. Am 31. Zuli wurden sie offensiv auf einer Frontbrette von 25 Kilometern, und zwar „mit Massen, die bisher ckb keiner Stelle des Krieges eingesetzt wurden". Am 16. August und in den folgenden Tagen rannten sie in einer Frontoreite von 30 Kilometer» mit „der Blüte ihres Heeres" an. Am 20. September setzten sie gegen 10 Divisionen, über 100 000 Mann, zum Sturm an. Me' Verluste der Engländer sind ungeheuer gewesen. Genaues Zahlen fehlen noch. Aber eine halbe Million wird wohl im! ganzen vergeblich geblutet haben. Vergeblich, denn der Gewinn bestand in einem Zurückdrücken der deutschen Abivchrfront auf einer Brette von 30—35 Kilometern und in einer Tiefe von nur 1—5 Kilometern. Knappe 90 Quadratkilometer haben also die Gegner in zweimonatiger Offensive erkämpft, ohne die defensive aber aktive Kriegführung der Deutschen auch nur im mindesten zu erschüttern.
Diese kurze, keineswegs erschöpfende oder irgendwie zu Deutschlands Gunsten gefärbte Zusammenstellung läßt ohne wei- tercs auch klar erkennen, welch ein gewaltiger Unterschied besteht zwischen dem Erfolg unserer „Offensiven mit beschränktem Ziel" und den großen feindlichen Offensiven.
„Wir werden zu trachten haben, künftig dem Kriegs den Charakter des Bewegungskriegs zu wahren," schreibt Loringhoven, „um jo mehr, als wir im Weltkriege nur durch ihn durchschlagende Erfolge erzielt haben." Und Moraht sagt dazu: Noch weiter wird' Großes durch unsere Angriffe geleistet werden und die Erfolge unserer „Offensiven mit beschränktem Ziel" werden zusammen unserem Endsiege mehr dienen als die feindlichen Generalioffensiven der Entente dkutzen bringen; werden.
Erneuter Tauchboot-Pessimismus in England.
Es wird uns geschrieben:
Wieder einmal schlägt die Stimmung in England um.
Noch vor einem Monat, nämlich am 16. August 1917, verkündete der Premierminister Lloyd George mit hochtönenden Phrasen, daß die Tauchbvvtgesahr von England gemeistert werde und daß die Nahrungsmittelver- sorgnng — nicht zuletzt durch die gewaltige Sparpropaganda und deren Resultate — sichergestcllt sei. Außer den üblichen Bemerkungen, daß man „trotzdem" natürlich sehr sparsam im Verbrauch sein müsse, sich Einschränkungen aufzuerlegen habe usw„ war in der ganzen Rede keine Schwarzscherei zu bemerken. Nunmehr Verkünder Lord Rhondda von neuem die Notwendigkeit wirklich ernster Sparsamkeit, und die englische Presse nimmt wieder einmal den Pessimismus zum Ausgangspunkt und Leitmotiv ihrer Betrachtungen.
Wir wissen ebenso genau, was wir von diesem Pessimismus zu halten haben, wie wir den englischen Regiernngsoptimisiilus in seinen ans ganz bestimmte Zwecke Angeschnittenen Machten durchschauten. Aber selbst, wenn wir diesen: erneuten Pessimismus der Engländer skeptisch gegenübertrcten, so bleiben doch genügend Tatsachen bestehen, welche uns mit Befriedigung erfüllen können. Wenn die Engländer nicht allgemein, und ganz besonders die englische Regierung, das Gefühl hätten, daß England in wirtschaftlicher Beziehung in der Tat einer Krisis entgegentreibe, so würden sie wohl nicht die lächerliche Nolle auf sich nehmen, heute Mengen zu lassen, was gestern von amtlicher Seite feierlich verkündet wurde. — Das ist aber der Fall, wenn in dem halbamtlichen Berichte an die Presse gesagt wird, wie man in der „Times" vom 14. September 1917 lesen kann, daß die bisherige Brotersparnis nur ohs Prozent gegenüber 1916 betrage, während Mr. Lloyd George genau einen Monat vorher erklärt hatte, das Sparergebnis des letzten Monats sei so glänzend, daß er es gar nicht mitzutcilen wage, sondern erst abwarten wolle, ob es so weiter gehen werde.
Tie pessimistischen Erörterungen der englischen Blätter enthalten auch viele Bemerkungen, welche mit den tatsächlichen Verhältnissen in England im Zusammenhang stehen und daher nicht ms übertrieben angesehen werden können. So sollen z. B. dieses Mal, wie die ..Tailv Mail" vom 14. September 1917 berichtet, die