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Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw.
88. Jahrgang.
«»«SiiAUnarwetse- Smal wSchkntlich. «nzeigenpr-tr - Im vberamtS- km^«alw für die «infp-Itiae Borgiszeik« 10 P?g„ außerhalb desselben ILPsg-, LS Pfg. Schluß für Jnserarannahme 10 Uhr vormittag«. Telefon s.
Samstag, den 12. April 1913.
Bezugspreis: In der Stadr nur Trägerlohn Mk. 1.25 vieneijührltch, Post»
bezug-preiS für den OrtS- und NackbarorrSverkeyr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. 1.90. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg.. in Bayern und Reich 42 Pfg
Amtliche Bekanntmachungen.
Die Ortsbehörden für die Arbeiterversichcrung
werden an die alsbaldige Vorlage der nach 8 839 RVO. in Verbindung mit 8 30 der Vollzugsverfügung zur RVO. vom 26. Oktober 1912, Reg.-Bl. S. 787, vierteljährlich einzureichenden Nachweife von Tätigkeiten bei dem nicht gewerbsmäßigen Halten von Reittieren und Fahrzeugen (8 537 Abs. 1 Nrn. 6 u. 7 und 88 836 ff. RVO.) erinnert.
Eventuell ist Fehlanzeige zu erstatten. Auf die nach 8 840 Abs. 2 RVO. der Nachweisung oder der Fehlanzeige beizusetzende Bescheinigung wird besonders hingewiesen.
Vordrucke für die Nachweise und Fehlanzeigen können von der W. Kohlhammerschen Buchdruckerei in Stuttgart bezogen werden.
Calw, den 10. April 1913.
K. Versicherungsamt.
Amtmann Rippmann.
Die Gemeindebehörden
mache ich darauf aufmerksam, daß nach 8 4 Abs. 2 der Dienstanweisung der Stratzenwärter auf den von der Amtskörperschaft zu unterhaltenden Straßen auch der Ortsvorsteher an der Aufsicht über die Straßen und Straßenwärter Anteil nimmt.
Demgemäß werden die Herren Ortsvorsteher ersucht, auf 1. Juni d. I. über den Zustand der Körperschaftsstraßen und über die Tätigkeit der Wärter kurzen Bericht hierher zu erstatten.
Den 11. März 1913.
Regierungsrat Binder.
Konfirmation.
Es ist und bleibt eine schöne Sitte in der evangelischen Kirche, die Kinder ihrer Genossen, wenn sie in ein gewisses Alter gekommen sind, an einem bestimmten Tag feierlich zu versammeln und ihnen in zusammenfassend abschließender Weise unter den Augen der Gemeinde die Bekräftigung ihres Taufbundes abzunehmen. Wie alle menschlichen Einrichtungen, hat auch die Konfirmationsfeier, wie sie heute bei uns in Württemberg z. B, begangen wird, ihre Mängel. Wenn dem einen das für Ablegung eines Glaubensgelübdes sehr frühe Alter von durchschnittlich 14 Jahren den anfecht
barsten Teil der „Organisation" der Konfirmation bildet,
so widerspricht der andere dagegen der Formulierung der Verpflichtungs- und Bekenntnisfragen und -Antworten, wie sie das Konfirmationsbüchlein enthält. Beide Bedenken aber haben bis heute nicht vermocht, die Popularität der Konfir- mationsfeier im evangelischen Volke zu mindern, so daß es kaum Eltern geben dürfte, die ihre Kinder rein aus den bezeichnten Erwägungen heraus vom Besuch des Konfirmationsunterrichts und damit der Konfirmation fernhalten, lieber die Berechtigung oder Nichtberechtigung jener Einwürfe gegen die Konfirmation ist mit dieser Tatsache aber natürlich noch nichts gesagt — auf der letzten Landessynode hörte man für die Aenderung der Verpflichtungsformel sehr beachtenswerte, ernste Stimmen laut werden, die der überzeugte Anhänger seiner Kirche unmöglich nur mit einem gleichgültigen Achselzucken über „diese Neuerungssüchtigcn" abschütteln darf. — Diese Gedanken treten hevor neu und eindringlich gerade unmittelbar um die Tage der Konfirmation, wo so viele hundert Kinder des Landes wieder vor dem Altar der Heimatkirche eingesegnet werden. Aber was noch mächtiger auf einen einstürmt, was unbekümmert um die äußere kirchliche Handlung das Herz bedrängt und fröhlich und bewegt macht, das ist der mit der Konfirmation gegebene Anlaß, ganz besonders der Jugend zu gedenken, die von diesem Tage ab offiziell die Schwelle des Kindesalters jjberfchreitet und in vielen Fällen die ersten Schritte der jMbständigkeit entgegenwandert. Und das ist eine ernste ^che und eine solche von Wichtigkeit für die Zukunft des ganzen Volkes. Darum nämlich, weil cs nicht gleichgültig ist, wie diese Jugend aufwächst und sich entwickelt. Ob sie heranreift zu einem Geschlecht innerlich gesunder, freier Menschen, oder gleichgültig gegenüber den Idealen der Wahrheit, Gerechtigkeit, Reinheit und gegenüber jenen Idealen, die Lebensbrot für unser Dasein sind, aus denen im letzten Grunde der deutsche Gedanke in der Welt politisch, wirtschaftlich und kulturell seine siegreiche Kraft zieht. O, es fehlt ja an solch einem Konfirmationstage und während der Vorbereitung auf ihn sicherlich nicht und nirgendwo an Ermahnungen, Wünschen und Ratschlägen für die Kinder von Eltern, Geschwistern, guten Freunden, getreuen Nachbarn u. dgl. — aber, wir wissen ja alle, was es mit diesen aus sich hat. Ginge es nach ihnen, wären aus unsren Eltern und aus uns selbst die idealsten Engel geworden und allen nachfolgenden Konfirmanden ginge es nicht anders. Schließlich aber sind die Eltern froh, wenn der Junge seine ver
schiedenen Examen oder seine handwerkerlichen Prüfungen
hinter sich hat, sein gutes Auskommen findet, das ihn für die Zukunft und das Alter drückender Sorgen entheben mag und — die Sache klappt. Wir halten das für verfehlt, dieses Bloß-sich-selbst-leben, diese leider fort und fort um sich greifende ausschließliche Sorge um einen möglichst guten Platz an der Futterkrippe, da einen niemand mehr verdrängen könnte. Das freie Auf-sich-selbst-gestellt-sein, das Vertrauen in sich selbst, das verliert sich dabei so selbstverständlich, daß mau das junge, Helle, frische Ringen nach den Höhen des Lebens, nach Veredlung und Adlung seines inne- en Menschen darüber vergißt. Wie wäre es, wenn da statt der Mahnungen Beispiele gegeben würden? Die kleinen Beispiele, inmitten der Kleinigkeiten und Unscheinbarkeiten des Alltags! Sie bilden ein junges Herz viel leichter und williger als die eindringlichsten Mahnworte und machen es so ganz unwillkürlich empfänglicher für die großen, leuchtenden Ideale. Aber, um das zu erreichen, muß schon früh begonnen werden. In der ersten Kindheit schon. Denn die Erfahrungen, die das Leben draußen einem aufbewahrt, sind häufig so hart und rücksichtslos grausam, daß ein grundtüchtiger Charakter dazu gehört, den anerzogenen und ein- gepslanzten Idealismus nicht beim ersten Sturm schon über Bord zu werfen. Dieser Idealismus muß ein Stück des eigenen Jchs sein. Und mit ihm versetzt man Berge. Die Berge, die den Weg zum Glück sperren: die Berge des Unglaubens, des Neids, der Gleichgültigkeit allen hohen, ernsten Dingen gegenüber, des Kleinigkeits- und Kleinlichkeitsgeistes. Und dahinter winkt ein Land ehrlicher, froher Schaffenslust, mit aufrechten Männern und Frauen, rastloser, aufwärts- und vorwärtsdrängender Jugend, deren Stirnen leuchten vom Schein des uralten heiligen Feuers der Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit! Kommt, laßt uns in diesem Sinne und Geiste mit den Kindern gehen, die heute, „fromm geneigt, mit glüh'nden Wangen", ihren Taufbund erneuern. Dann werden sie später noch ihren Konfirmationstag segnen und nicht zu denen zählen, die mit verweinten Augen und verlorenem Herzen im Schwarm der anderen heimkommen, müde des Suchens nach dem Glück. Das walte Gott. —ck.
Die Heeresvorlage vor dem Reichstag.
Fünfter Tag. — Deckungsvorlage.)
Berlin, 11. April 1913.
Am Bundesratstische die Staatssekretäre Delbrück und Kühn. Präsident Dr. Kaempf eröffnet die
Feuilleton.
251 2m Sturpl genommen!
Roman aus den Freiheitskriegen 1813—1814.
Von H. E. Jahn.
Als um 12 Uhr der König von Sachsen, umringt von seinen Garden und französischen Truppen, aus Eilenburg eintraf, ging Napoleon ihm sofort entgegen und traf den König zu Pferde, da die Kosaken so keck gewesen waren, selbst diese starke Truppenmacht anzufallen. Der Kaiser suchte den besorgten Fürsten zu beruhigen. Inzwischen raste bei Markkleeberg, Wachau und Liebertwolkwitz die gewaltige Reiterschlacht. Um die Standarten vieler preußischer und russischer Reiterregimenter leuchtete neuer Ruhm. Besonders zeichneten sich die neumärkischen Dragoner aus, die sich heute und am 16. den Ehrennamen „Dragoner von Wachau" erwarben. Leutnant v. Eillern warf sich über einen breiten Graben, den die französischen Reiter vergebens zu nehmen versuchten, in deren Flanken, Major v. Löbell folgte mit dem Regiment, und die Masten Berkheims würden geworfen. In einer Gefechtspause, in der sich der Staub, den die Tausende von Rosteshufen aufgewirbelt, etwas gelegt hatte, bemerkte der Leutnant Guido v. d. Lippe, der mit den Plänklern vor der Front des Regiments hielt, den König von Neapel, Murat, in seinem theatralischen Aufputz. Unter dem dreieckigen Hut, mit Straußenfedern überladen, überragt von einem Reiherstutz, funkelten die grauen Augen hervor. Ein langes, gerades Schwert, ohne Korb und Stichblatt, klirrte am goldenen Gürtel. Blutrote Beinkleider,
an den Nähten gestickt, gelbe, hohe Stiefel, und alles strahlend von Gold, wie die lichtblaue Samtdecke des Hengstes, wie das türkische Zaumzeug aus rotem Leder. Langsam ritt der König in solchem Aufputz die Linien seiner Regimenter entlang. Da blitzte ein kühner Gedanke in des jungen Leutnants Kopf auf, den König sich mitten zwischen seinen Soldaten herauszuholen und gefangen zu nehmen. Seinem Pferde die Sporen einsetzend, ruft er den Plänklern zu, ihm zu folgen, und dahin braust die wilde Jagd, mit hochgeschwungenen Säbeln und Hurra. Das Gefolge des Königs prescht erschreckt vor den rasenden Dragonern auseinander, und, nur von seinem Stallmeister gefolgt, sucht sich Murat zu retten. Pfeilschnell rast die Jagd dahin; Guido ist seinen Reitern weit voraus, er blutet im Gesicht, aber nichts kann den verwegenen Jüngling zurückhalten, und immer näher kommt er dem Fliehenden. „Halt, halt! König!" Nur noch wenige Sprünge, und seine Klinge schwirrt dem König schon über dem Kopf, da — die Augen der Preußen nur aus Murat gerichtet, haben sie den Stallmeister ganz außer acht gelassen, — dem jungen Helden stößt er die Klinge durch den Leib, daß er tot zu Boden rollt.
Erst als das letzte Licht des umwölkten Tages verlosch, endete das Gefecht. Rot auf loderte in die Nacht die Glut des brennenden Liebertwolkwitz, und der Sturm, der Hagel und Regen vor sich herfegte, trieb auch die Flammen weit hinaus. Der Sturm verlöschte die Wachtfeuer, deckte in Leipzig mehrere Dächer ab, warf Schornsteine nieder und entwurzelte Bäume.
Müde nahte der Morgen des 16. Oktober. Grau, frostig, in schleppende Nebel gehüllt, trat er aus dem Grau des Ostens.
^m Südosten, bei Wachau, war gegen 10 Uhr das furchtbare Ringen entbrannt. Die Erde zitterte unter dem Donner von 150 französischen Geschützen. Rauch, Staub, das Ausstiegen von Pulverwagen, das krachende Bersten der Granaten, das Einstürzen von Gebäuden, ihr Auflodern, ringsum die blutigen, aufgewühlten Felder, auf denen die Menschen wutschäumend miteinander rangen. Ganze Reihen sanken zerfetzt übereinander, Regimenter wurden zu Bataillonen, zu Kompagnien. Auf sie ließ Napoleon um 1 Uhr seine gewaltigen Reitermassen, 10 000 Pferde, los, um das gelichtete Häuflein zu zermalmen.
Im Laufe des Tages hatte der Kaiser dem in Leipzig harrenden König von Sachsen wiederholt melden lassen: Die Schlacht habe ihren Anfang genommen, bevor der Feind sich noch entwickeln konnte; ein österreichischer Erzherzog und 1000 Mann seien gefangen. Und dann später: Alles gehe gut: die Franzosen hätten Anhöhen und Dörfer genommen. — Nun, da der Schlachtenkaiser seine erprobten Eisenreiter auf die dünnen Reihen der Feinde losgelaffen hatte, war er des Sieges so gewiß, daß er befahl, man solle in der Stadt alle Glocken läuten.
So mischten sich bald die feierlichen Klänge der Glocken in das dröhnende Krachen der Geschütze. Aber es war kein Freudcngeläute, wie der blaffe Korse meinte, sondern ein Trauergeläute, durch das seine Macht und sein Ruhm zu Grabe getragen wurde. Die Ausdauer und der Todesmut der Russen unter Prinz Eugen von Württemberg und der 9. preußischen Brigade Klüx, dazu die schneidigen Attacken der russischen und preußischen Reiter, ließen diese gewaltige Masse von Menschen und Pferden zerschellen. Sie geriet im tollen Vorwärtsjagen in sumpfiges Gelände, zwischen