74 . Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 88. Jahrgang.

t sfHitnungSwels-! Smal wöchentlich. «n,«ig-npr«ir . Im vber-mts- » hi-Ä Lalw für di- einspaltige Borgiszeile 10 Pf«-> außerhalb deiffelben 12 Pfg.. ^Msmen 25 Psg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.

Diensag, den 1. April 1913

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post­

bezugspreis für den OrtS- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfgr

Amtliche Bekanntmachungen.

K. Oberamt Calw.

Bekanntmachung,

betr. die Lehrwerkstätte für das Gcrbereigewerbc in Metzingen.

Die Lehrwerkstätte ist eine staatliche Unterrichts­anstalt, die der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel unterstellt ist. Sie ist eingegliedert in den Be­trieb des Eerbermeisters Robert Brauchte in Metzingen.

Das neue Schuljahr beginnt am l. Mai d. I. An­fragen und Anmeldungen nehmen die K. Zentralstelle und der Betriebsinhaber entgegen.

Den 30. März 1913.

Regierungsrat Binder.

Bekanntmachung.

betr. die Eichpflicht der in fabrikmäßigen Betrieben zur Ermittlung des Arbeitslohnes dienenden Meßgeräte.

Nach Z 6 der Maß- und Eewichtsordnung dürfen in fabrikmäßigen Betrieben zur Ermittlung des Ar­beitslohnes nur geeichte Maße, Gewichte und Wagen angewendet und bereit gehalten werden. Den Maßen stehen gleich die zur Raummessung bestimmten Meß­werkzeuge für Flüssigkeiten und für trockene Gegen­stände, nicht dagegen die Metzmaschinen. Nach.8 11 der Maß- undGewichtsordnung sind diese Meßgeräte auch nacheichpflichtig.

Zu den fabrikmäßigen Betrieben gehören nicht nur die Fabriken im Sinne der Gewerbeordnung, sondern überhaupt alle Betriebe, (Steinbruchbetriebe, landwirt­schaftliche Nebenbetriebe usw.), sofern sie nach Art, Größe und Umfang des Betriebs Ähnlichkeit mit Fabrikbetrieben haben.

Ausnahmen von der Eichpflicht bestehen für die auf dem englischen System beruhenden Maße für Textil­waren. (Reichsgesetzblatt 1911 S. 1063).

Die Besitzer von fabrikmäßigen Betrieben, in denen Meßgeräte zur Ermittlung des Arbeitslohnes angewen­det und bereitgehalten werden, werden aufgefordert, für die sofortige Eichung bezw. rechtzeitige Nacheichung ihrer Meßgeräte (letztere während der öffentlich be­kannt gemachten Nacheichtermine) zu sorgen. Soweit sie Zweifel über die Eichpflicht haben, wird ihnen zwecks Vermeidung der Bestrafung empfohlen, Auskunft über die Eichpflicht der Meßgeräte bei der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel einzuholen.

Calw, den 30. März 1913.

K. Oberamt:

Reg.-Rat Binder.

Bekanntmachung,

betr. Ausführungsbestimmungen zum Wettbewerbs- gefetz.

Auf Grund der 88 6 bis 10 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 (RGBl. S. 499) und der Verfügung des König!. Ministeriums des Innern, betreffend den Vollzug des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 28. August 1909 (Reg.-BI. S. 230), sowie auf Grund der nach Anhörung der zuständigen Handels­und Handwerkskammer gemäß 8 7 und 8 9 Abs. 2 dieses Gesetzes auf die Dauer von 3 Jahren hiermit erlassenen Anordnungen gelten für den Umfang des Oberamtsbezirks Calw folgende Bestimmungen:

8 1 -

Wird in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mit­teilungen, die für einen größeren Kreis von Personen be­stimmt sind, der Verkauf von Waren angekündigt, die aus einer Konkursmasse stammen, aber nicht mehr zum Bestände Es ^"Eursmasse gehören, so ist dabei jede Bezugnahme aus die Herkunft der Waren aus einer Konkursmasse ver- Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschrift werden mit Geldstrafe bis zu 150 oder mit Hast bestraft.

§ 2 .

Wer in öffentlichen Bekanntmachungen oder Mitteilun­gen, e für einen größeren Kreis von Personen bestimmt

sind, den Verkauf von Waren unter der Bezeichnung eines

Ausverkaufs ankündigt, ist gehalten, in der Ankündigung den Grund anzugeben, der zu dem Ausverkauf Anlaß ge­geben hat.

8 3.

Wer Ausverkäufe der nachstehend unter Nr. 1 bis 10 ausgeführten Art, gleichgültig unter welcher Bezeichnung, veranstalten will, ist gehalten, nach näherer Bestimmung in 8 4 hiervon der Ortspolizeibehörde Anzeige zu machen und ein Verzeichnis der auszuverkaufenden Waren einzu­reichen.

Diese Bestimmungen gelten für Ausverkäufe:

1. wegen Veränderungen in der Firma oder der Person des Geschäftsinhabers (Umwandlung in eine andere Gesellschaftsform, Ausscheiden oder Neueintritt eines Gesellschafters, Wechsel des Geschäftsinhabers oder Teil­habers, Eeschäftsverkauf, Geschäftsverpachtung);

2. wegen Aenderungen im Geschäftsbetriebe (Aufgabe des Geschäfts, Aufgabe einer Geschäftsabteilung, Aufgabe einer bestimmten Warengattung, Aenderungen des Ver­kaufssystems, z. B. Einführung von Einheitspreisen);

3. wegen Aenderung des Warenlagers (Ueberfüllung, Platzmangel, Räumung, Beschädigung der Waren in­folge von Feuer, Wasser, Rauch oder sonstigen durch elementare Gewalt verursachten Schadens);

4. wegen Aenderung der Geschäftsräume und deren Jnnen- cinrichtunsi

5. wegen geschäftlicher Zwangslagen (Arrangements, Füh­rung von Prozessen, Zahlungsschwierigkeiten, gericht­lichen oder außergerichtlichen Vergleichs);

6. wegen günstigen Einkaufs; ferner

7. für Ausverkäufe, bei denen Waren durch Taxatoren, Auktionatoren, Treuhändler oder sonstige Beauftragte, sei es freihändig, sei es im Wege der Versteigerung, feilgeboten werden; die Vollstreckungsverkäufe der Ge­richtsvollzieher sind ausgenommen:

8. für Ausverkäufe, welche durch gewerbsmäßige Auf­käufer fremder Warenmassen veranstaltet werden;

9. für Ausverkäufe, welche nach Art der Wanderlager außerhalb der ständigen Vetriebsräume stattfinden; endlich

10. für Ausverkäufe aus Liquidations-, Konkurs- und Nachlaßmassen, sobald die Waren nicht mehr in der Verfügungsgewalt des Liquidators, Konkursverwalters oder Nachlaßpflegers stehen.

Der Ankündigung eines anmeldepflichtigen Ausverkaufs (Nr. ,110) steht jede sonstige Ankündigung gleich, welche den Verkauf von Waren wegen Beendigung des Geschäfts­betriebs, Aufgabe einer einzelnen Warengattung oder Räu­mung eines bestimmten Warenvorrats aus dem vorhandenen Bestände bezweckt.

Die Unterstellung weiterer Ausverkaufsarten unter die gegenwärtigen Bestimmungen bleibt Vorbehalten.

8 4 -

Zuständig zur Empfangnahme der Anzeige und des Ver­zeichnisses ist die Ortspolizeibehördc des Orts, an welchem der Ausverkauf veranstaltet werden soll.

Die Anzeige hat Vor- und Zunamen, sowie Wohnort und Geburtstag des Veranstalters und die Bezeichnung der Räume zu enthalten, in denen der Ausverkauf stattfinden soll. Auch ist in derselben der Grund des Ausverkaufs sowie der Beginn desselben (Tag, Stunde, Monat, Jahr) anzu­geben.

In dem Verzeichnis sind die auszuverkaufenden Waren nach Gruppen vollständig und übersichtlich zu bezeichnen. Sind Waren noch abzunehmen, so ist der Tag der Bestellung und der Name des Lieferanten anzugeben.

.Die Anzeige und das Verzeichnis ist vom Veranstalter persönlich oder durch einen Bevollmächtigten oder durch ein­geschriebenen Brief einzureichen, muß aber in jedem Falle vom Veranstalter unterschrieben sein.

Die Uebergabe der Anzeige und die Einreichung des Verzeichnisses hat vor der ersten Ankündigung des Aus­verkaufs zu erfolgen.

8 ö.

Die Ortspolizeibehörde prüft die eingehenden Anzeigen und Verzeichnisse auf ihre Vorschriftsmäßigkeit.

Die Ein sicht der Verzeichnisse ist jedem gestattet. Die

Handels- und Handwerkskammern können von den Anzeigen und Verzeichnissen Abschriften nehmen.

Nach Beendigung des Ausverkaufs bewahrt die Orts­polizeibehörde Anzeigen und Verzeichnisse 3 Jahre lang auf.

8 6 .

Wer im Falle der Ankündigung eines Ausverkaufs Waren zum Verkauf stellt, die nur für den Zweck des Aus­verkaufs herbeigeschafft worden sind (sog. Vor- oder Nach­schieben der Waren), wird nach 8 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 5000 oder mit einer dieser Strafen bestraft.

8 7-

Auf Saison- und Inventurausverkäufe, die in der An­kündigung als solche bezeichnet werden und im ordentlichen Geschäftsverkehr üblich sind, finden die vorstehenden Bestim­mungen (8 16) keine Anwendung.

Saison- und Inventurausverkäufe sind nur zweimal im Jahr in der Weise zulässig, daß der Inventurausverkauf mit einem Saisonausverkauf verbunden wird. Diese Ausverkäufe dürfen nur in der Zeit vom 2. Januar bis 15. Februar und vom 15. Juli bis 31. August stattfinden und einzeln die Dauer von zwei Wochen nicht übersteigen.

8 8 .

Mit Geldstrafe bis zu 150 -.tt oder mit Haft wird be­straft,

1. wer es unterläßt, in der Ankündigung eines Ausver­kaufs den Grund anzugeben, der zu dem Ausverkauf Anlaß gegeben hat;

2. wer den Anordnungen in 88 3 und 4 zuwiderhandelt oder bei Befolgung dieser Anordnungen unrichtige An­gaben macht;

3. wer den im Betreff der Saison- und Inventurausver­käufe getroffenen Anordnungen (8 7) zuwiderhandelt.

Die gegenwärtigen Bestimmungen treten am 1. April 1913 in Kraft.

Mit diesem Zeitpunkt werden die bisherigen Bestim­mungen, betr. die Saison- und Inventurausverkäufe vom 27. November 1912, veröffentlicht im Calwer Tagblatt Nr. 282, aufgehoben.

Calw, den 28. März 1913.

K. Oberamt:

Amtmann Rippmann.

Stadt» Bezirk und Nachbarschaft.

Calw, 1. April 1913.

Der nächtliche Eierkuchen. Ein Eeschichtlein, das wert ist, zur Erheiterung, je nachdem auch zur Be­herzigung und Warnung aufbewahrt zu werden, trug sich kürzlich dahinten bei uns wo, be­halten wir vorläufig für uns zu. Ein jüngerer Ehemann, der auch zur Nachtzeit im Freien seinen Berufsgeschäften obzuliegen hat, beobachtete bei einem seiner Dienstgänge zur Stunde, da andere Leute in der Regel tief im Schlafe liegen, von der Ferne aus Licht in der Küche seines Häuschens. Sein Staunen darob stieg, als er nach und nach unterschied, daß seine liebe Frau am Küchenherd hantierte. Lustige Rauch­wölkchen entquollen dem Kamin. Da mußte etwas Be­sonderes los sein. Um sich über die Sache aufzuklären, begab sich unser also Ueberraschter, gedankenvoll allerlei Vermutungen nachhängend, nach dem Ort der Begeben­heit. Und was er sah und fand, war schon geeignet, ihnheiß" zu machen. Stand da seine Ehehälfte in der Küche mit von der Hitze des heißen Herdes hold er­glühtem Eesichtchen in der Kleidung, in der man sich gemeinhin zu Bett legt und war damit beschäftigt, einen schönen, großen, saftigen Eierkuchen zu backen. Einen Eierkuchen, mitten in der Nacht! Im Schlafzim­mer sollte sich die Lösung des Rätsels finden: dort, wo der Ehegemahl seine Ruhestatt wußte, neben der, eben eierkuchenbackenden Gemahlin, lag einer, fröhlich und guter Dinge der gelben Speise harrend, warm und wohlig eingebettet. So, pfeift der Wind von daher?