71 . Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.88. Jahrgang.

8-k«-inungrw-tse: Smal wöchentlich, «nzrig-npi-i« : Jm Ob-ramtS.

«-Iw für die einspaltige «orgtsretle 10 Pfg., außerhalb d-«f«lb-n ILPfg.. «sAamen LS Psg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon g.

Freitag» den 28. März 1913.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mt. 1.25 vierteljährlich, Post.

bezugSpreiS für den Orts- und NachbarortSverkebr Mk, 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich «2 Psg,

Amtliche Bekanntmachungen.

Amtsversammlung.

Am Montag, den 7. April d. Z., vormittags von 8)4 Uhr an, findet auf dem Rathaus in Calw die Amtsversammlung statt. Hierbei sind nach Turnus IV stimmberechtigt die Ge­meinden

Calw, Agenbach, Altburg, Althengstett, Bergorte, Dachtel,

Deckenpfronn, Emberg, Eechingen, Hirsau, Liebenzell,

Neuweiler, Oberhaugstett, Oberreichenbach, Ottenbronn,

Simmozheim, Stammheim, Teinach, Zavelstein, und zwar Calw mit 9 Stimmen, Hirsau, Liebenzell, Stamm­heim mit je 2 Stimmen, alle übrigen Gemeinden mit je l Stimme.

Von jeder Gemeinde haben so viel Vertreter zu er­scheinen, als sie an diesem Tage Stimmen in der Amts- versammlung führt.

Die von der Stimmberechtigung ausgeschlossenen Mit­glieder der Amtsversammlung, sowie die ordentlichen, nicht aus der Mitte der Amtsversammlung gewählten Mitglieder des Bezirksrats sind befugt, an den Verhandlungen mit be­ratender Stimme teilzunehmen.

Außerdem können sämtliche Ortsvorsteher des Bezirks auf Rechnung der Oberamtspflege der Amtsversammlung anwohnen.

Gegenstände der Beratung find:

1. Abhör der amtskörperschaftlichen Rechnungen für 1914.

2. Verwilligung von Amtskörperschaftsbeiträgen zu den Kosten der Bahnprojekte HerrenbergCalw und Böb-

lingenSllllv.

3. Erhöhung des Einlagen- und des^Ausleihe-Zinsfußes der Oberamtssparkasse.

3. Polizeiliche Prüfung der Schankgefäße.

o. Aufwendungen für Einrichtung und Betrieb der Kraftwagenlinie LiebenzellCalwTeinachWild­

bad.

6. Erklärung der llebernahme der neuen Nachbar­schaftsstraße SominenhardtStation Teinach in die Verwaltung der Amtskörperschaft und Festsetzung des Gehalts für den Straßenwärter.

7. Verwilligung des satzungsmätzigen Beitrags an die Stadtgemeinde Liebenzell zu den Kosten der Ver­besserung der Nachbarschaftsstraße LiebenzellDenn­jächtUnterreichenbach.

8. Verwilligung eines Beitrags zu den Kosten der Ueber- brückung des Rötelbachs und der Stichkorrektion der Straße nach Zavelstein in der Nähe des Rötelbachs.

9. Schuldaufnahme zu Straßenbaukosten-Beiträgen.

10. Aenderung der Satzung der Bezirkskrankenpflegever­sicherung.

11. Kollektiv-Haftpflichtversicherung der Bezirksgemeinden.

12. Erhöhung der Straßenwärtergehälter.

13. Wahl verschiedener Kommissionen usw.

14. Bezirkskrankenhausbausachen.

15. Feststellung des Voranschlags für den Haushalt der Amtskörperschaft pro 1913.

16. Minder wichtige Gegenstände.

Calw, den 28. März 1913.

K. Oberamt:

Regierungsrat Binder.

Der Sturm auf Adrianopel.

Sofia, 27. März. Ueber den Gang der Operatio nen vor Adrianopel am 24., 25. und 26. d. M. wer den folgende Einzelheiten bekannt gegeben: Am 23 abends erging von dem Hauptquartier an den Ober kommandierenden der zweiten Armee der Befehl, di, vorgeschobenen türkischen Stellungen auf dem Ost abschnitt anzugreifen und zu nehmen. Daraufhin be fahl der General die Eröffnung der Operationen: den Nachmittag des folgenden Tages. Um 2 Uhi nachmittags wurde auf allen Abschnitten durch dii ^lagerungsaWllerie das Feuer eröffnet, das bi- 8 Uhr abends anhielt. Die Türken erwiderten leb hast mit ihrer ganzen Artillerie. Nach 8 Uhr abend­wurde dleBeschießung weniger heftig, um den Trup pen die Möglichkeit zu geben, sich für den Angrif

auf die vorgeschobenen Stellungen vorzubereiten. Die Bulgaren setzten zum Sturm an eigenen Truppen ohne Serben acht Brigaden von der 8., 11. und 12. Division ein, zusammen 64 000 Gewehre. In der Nacht vom 24. auf den 25. gegen 3 Uhr rückte das bulgarische 30. Infanterieregiment auf dem Ostab­schnitt gegen Kum Dereh vor und durchzog den Ort um 4ist Uhr. Gleichzeitig eröffneten die Feld- und Belagerungsgeschütze das Feuer gegen die türkischen Stellungen. Der Feind antwortete mit einem hef­tigen Infanterie- und Artilleriefeuer auf die vor­rückenden Kolonnen. Unter dem Schutz der bulgari­schen Artillerie rückten die Truppen kühn vor und nahmen bei Anbruch des Tages die vorgeschobenen Stellungen, Kusch Tepeh, Maslak, Mal Tepeh, Sapu- dschilar, Eski Kumlach, Patschedschilar und Demir- kapu mit dem Bajonett, während das 56. Regiment in tollkühnem Angriff gegen den Festungsgürtel im Norden zwischen Aiwas und Tasch Tabia vorwärts stürmte. Zwölf Geschütze und 300 Mann wurden ge­fangen genommen. Zu derselben Zeit nahmen die Truppen des südlichen Abschnitts Pamukirtü, und drangen gegen Tokat Bair und Dudscharos vor. Das serbische 20. Regiment bemächtigte sich seinerseits des Hügels nordwestlich von Kadikiöi. Aus dem linken Flügel nahm die serbische Timok-Division Ekmektschi- DköT ein. Die serbische Donau-Division kämpfte mit Belagerungsartillerie um den Besitz von Papas Te­peh und suchte den ganzen Tag die schwere feindliche Artillerie niederzukämpfen. Auf dem Ostabschnitt rückten die Truppen entschlossen vor und erschienen gegen 10 Uhr morgens zwei- bis dreihundert Schritt vor dem Festungsgürtel, wo sie die folgende Nacht verbrachten. Tausend Mann, sechs Maschinengewehre und 21 Geschütze, von denen sogleich sieben Schnell- feuergeschlltze gegen den Feind in Tätigkeit gesetzt wurden, fielen in die Hände der Bulgaren. Gegen Abend machte sich die Ueberlegenheit der bulgarischen Velagerungsartillerie fühlbar. Mehrere türkische Batterien stellten das Feuer ein. Da der Befehl ge­geben war, in der Nacht die Forts anzugreifen, kam es nachts zu einem sehr lebhaften Artilleriefeuer auf beiden Seiten. Die Infanterie zerstörte die künst­lichen Hindernisse und nahm mit Tagesanbruch die ganze Linie der Forts Aiwas, Aidjioglu, Kestenlük, Kuru Tschesmeh, Jildis Tabia, Topjolu, Kawkas und Kaik mit dem Bajonett. Nachdem gepanzerte Soldaten die Drahtzäune durchschnitten hatten, jag­ten sie wegen der Minengefahr eine große Viehmenge voraus. Die Forts wurden im Bajonettangriff ge­nommen. Auch die Serben in der nordwestlichen Linie kämpften heldenhaft. Gegen 8j^ Uhr morgens begannen die Türken in Adrianopel die Depots, Ka­sernen und Hospitäler, sowie andere militärische Ge­bäude zu zerstören und die Stadt an einigen Punkten in Brand zu stecken.

Sofia, 27. März. Seit dem frühen Morgen ist die ganze Stadt auf den Beinen. Alle Gebäude tra­gen Flaggenschmuck. Der Platz vor der Kathedrale und die dahinfllhrenden Straßen sind von einer freu­dig bewegten Menge erfüllt. In der Kathedrale wurde ein Requiem für die gefallenen Soldaten ab­gehalten. Sodann fand ein To ävuni statt. Der Kriegsminister bildete den Gegenstand lebhafter Kundgebungen.

Sofia, 26. März. König Ferdinand ist in Be­gleitung des Kronprinzen Boris und des Prinzen Kyrill nach Adrianopel abgereist.

Belgrad, 27. März. Hier herrscht allgemeine Er­bitterung über das Eingreifen der Großmächte wegen Skutari. Außer dem 20. serbischen Regiment soll auch das 9. schwere Verluste beim Sturm von Adria­nopel gehabt haben. Die Sanitätszüge sind sofort nach Adrianopel abgegangen. Der erste Verwunde­tentransport wird am Sonntag hier erwartet. Die ungeheure Zahl der Opfer läßt hier keine rechte Freude aufkommen und nur wenige haben ihre Häu­

ser beflaggt, auch wirkt die Ungewißheit wegen des

Schicksals von Skutari lähmend ein.

Paris, 27. März. Nach einerMatin"-Meldung geht in Philippopel das Gerücht um, daß unter den Gefangenen von ALrianopel sich auch der türkische Thronfolger Jussuf Ezzedin befindet. Mit der Be­lagerungsarmee geraten auch 40 deutsche Offiziere, die als Instrukteure tätig waren, in bulgarische Hände.

Um die Konstantinopel unmittelbar schützenden Verteidigungslinien, die nach der Ortschaft Tschatal- dscha benannt sind, entbrannte neuerdings gleichfalls der Kampf. Es scheint, daß die Bulgaren auch hier im siegreichen Vorwärtsdringen begriffen sind; ein­wandfreie Meldungen, daß die türkischen Stellungen genommen seien, liegen nicht vor.

Stadt, Bezirk und Nachbarschaft.

Calw. 28. März 1913.

Vom Rathaus.

Oesfentliche Sitzung des Eemeinderats mit Orts­armenbehörde unter dem Vorsitz von Stadlschultheiß Conz am Donnerstag nachmittag von 4 Uhr ab. Anwesend sind 10 Gemeinderäte, Dekan Roos und Stadtpfarrer Heberle. Mit dem Vortrag und der Besprechung von Armenfällen: Aufnahmen ins Ar­menhaus, Hauszinsbeiträge, begann die Sitzung. Dem Landesverband für Jugendfürsorge wird das Eeorgenäum mit einem Jahresbeitrag von 10 ^st als Mitglied beitreten. Die Beratungsgeschäfte des Eemeinderats allein begannen nach 1^-stiindiger Dauer der Sitzung mit der Ortsarmenbehörde mit Friedhofsangelegenheiten. Die An­pflanzungen auf dem Friedhof wurden an die beiden Gärtner Steck und Mast mit 168,50 Ul und 309 Ul vergeben. In der letzteren Summe ist zugleich auch die für Anpflanzung der Wendeplatte an der Stutt­garter Straße einbezogen. Die Baumlieferung für Kirchhof und Wendeplatte erhielt die Firma Brecht (Ditzingen) übertragen. Der Voranschlag für den im unteren Teil des Friedhofs zur Aufstellung ge­langenden Brunnen, berechnet vom Stadtbauamt, lautet auf 430 -N. Die Ausführung wird dem Bau­werkmeister Alber, dem einzigen Unternehmer, der sich darum bewarb, übertragen. Zwei Angestellte des städtischen Elektrizitätswerkes, ein Hilfsmonteur und ein Hilfsmaschinist, legten dem Gemeinderat Lohnaufbesserungsgesuche vor. Der Monteur beantragte eine Erhöhung seines seitheri­gen Stundenlohnes von 42 Pfg. auf 50 Pfg. Die Verwaltung befürwortet Erhöhung auf 45 Pfg,- für den Maschinisten Aufbesserung seines Monatsgehalts von 90 auf 100 <1l. Der Eemeinderat bewilligte die Lohnzulagen, da er sie für gerechtfertigt findet. Für die städtische Verwaltung wird die Einstellung eines Hilfsarbeiters für einen oder zwei Monate notwendig. Der Eemeinderat genehmigt diese Hilfs­kraft. Verwaltungskandidat Schneider wird mit 4,20 ^tt Taggeld dazu angestellt werden. Weiter gibt der Eemeinderat seine Zustimmung zum Ueber- gang des Handfertigkeitsunterrichts an der Volksschule von Unterlehrer Schaible an Haupt­lehrer Schmidt. Abgewiesen wird ein Gesuch von sieben Fuhrwerksbesitzern, die auf Grund der Bestim­mungen des Stromtarifs für Kraft des Städtischen Elektrizitätswerkes gehalten sind, für ihre Motoren von über l L8. monatlich für 2 -N Elektrizität ab­zunehmen, tatsächlich jährlich aber nicht für 24 .st elektrische Kraft verbrauchen. Dieser Monats- bzw. Jahrespreis sollte daher ermäßigt werden. Die Ab­lehnung des Gesuchs wird mit dem Verweis auf be­reits abschlägig beschiedene ähnliche Gesuche begrün­det. Schluß der Sitzung nach Erledigung von Rech­nungssachen.

Die Frühjahrsgesellenprüfungen im Prüfungs­bezirk Calw finden statt am Montag, den 31. März, für Flaschner, Küfer, Maler, Tapezierer, Zimmerer, Schmiede, Wagner, Maurer und Schreiner,' am