nars in Friedberg, Dr. Schöll, ein geborener Württembergs!. — Der diesjährige Kongreg für Innere Mission findet vom 22. bis 35. September in Hamburg statt. Professor D. v. Wurster (Tübingen) hat einen Vortrag zugesagt.
Besigheim, 8. März. Der 23-jährige Weingärtner Gottlob Ioos, der am 22. Januar wegen Erbschaftsstreitigkeiten seinen Bruder, den Feldschützen Ioos, durch einen Schutz so schwer verletzt hat, ist gestern an der Gemmrigheimer Brücke aus dem Neckar gezogen worden. Der Verwundete befindet sich noch im Heilbronner Krankenhaus und es ist nicht abzusehen, ob er noch einmal ganz hergestellt werden kann. Jedenfalls wird ihm eine dauernde Entstellung seines Gesichtes bleiben.
Urach, 8. März. Die verwitwete Arbeiterin Marie Ott hat sich am Mittwoch mit ihren zwei Kindern im Alter von 3 Jahren und 5 Wochen in ihre Wohnung eingeschloffen. Man hatte seither nichts mehr von ihr gesehen, bis das jämmerliche Geschrei der Kinder die Nachbarn veranlatzte, die Wohnung zu öffnen. Dort wurden die Kinder halb verhungert und wimmernd aufgefunden. Die Mutter lag tot im Bette. Anscheinend hat sie sich selbst vergiftet. Die Kleinen wurden sofort in Pflege genommen. Man hofft sie am Leben zu erhalten.
Biberach, 9. März. Von 1600 Wahlberechtigten haben bei der Stadtschultheißenwahl 1206 abgestimmt. Davon erhielt Atmann Doll 1258 Stimmen. 21 leere Zettel wurden abgegeben. Das von sehr erfreulicher Einmütigkeit zeugende Ergebnis ist dadurch erzielt worden, daß nicht nur die Zentrumspartei einstimmig sondern auch die anderen politischen Parteien der Stadt beschlossen hatten, für Alfred Doll einzutreten. Er stammt aus Munderkingen, ist schon seit acht Jahren auf dem hiesigen Oberamt tätig und von katholischer Konfession. Der Liederkranz brachte dem neuen Stadtschultheißen gestern abend ein Ständchen.
Vom Bodensee» 9. März. Mit unseren Frühlingsboten, den Zugvögeln, finden sich auch wieder die italienischen Arbeiter ein. Sie kamen in Sonderziigen bis Bregenz und wurden dort auf österreichische Dampfer verladen, deren gestern vier nach Konstanz fuhren, von wo die Arbeiter in drei badischen Extrazügen weiter befördert wurden. Es waren rund 1400, die zumeist Köln, Düsseldorf und Duisburg zufuhren.
Aus Welt und Zeit.
Von der Hornisgrinde, 9. März. Auf die sonnigen Lenztage der letzten Woche sind noch einmal Winterstürme eingekehrt. Schnee mit Regen und dann nur Schnee kam in wilden Böen über die Berge und legte ihnen nochmals ein weitzes Kleid an. Die Temperatur fiel rasch und der Nordwestwind fegt heute eisig über das Land. In den Tälern hielt der Schnee nicht stand und verwandelte sich, wo die Sonne über ihn kam, bald in eine trübe Brühe. Die Schwarzwaldbäche sind uferooll und die Straßen in den Niederungen starren vor Schmutz. Da aber das Wetterglas rapid steigt, ist wohl zunächst wieder trockener Frost zu erwarten.
Berlin, 8. März. Die Konferenz über die Heeresvorlage, zu der der Reichskanzler die Führer der bürgerlichen Parteien und ihre Stellvertreter zu gestern nachmittag eingeladen hatte, begann damit, daß der Kriegsminister einen Vortrag militärisch-technischer Natur hielt. Im Anschluß daran sprach der Reichskanzler über die politische Lage im Ausland. Ueber diese Mitteilungen wurde strengste Schweigepflicht auferlegt. Dem Berliner Lokalanzeiger zufolge verlautet so viel, daß die bisher genannte Höhe der Kosten, und zwar der einmaligen mit einer Milliarde und der dauernden mit 200 Millionen jährlich, ihre Bestätigung
finden. Im Laufe des heutigen Tages dürften weitere vertrauliche Besprechungen mit den Parteien im Reichstag stattfinden. Auch das intime Diner, das der Reichskanzler heute abend einigen namhaften Parlamentariern gibt, soll diesem Zwecke dienen. Ueber den Plan der einmaligen Vermögensabgabe, der noch ergänzt werden soll durch eine einmalige Besteuerung der großen Einkommen, vielleicht von 15 000 -4t an aufwärts, verlautet, daß durch diese Kriegsabgaben 800 Millionen aufzubringen für möglich gehalten wird. Für die Deckung der dauernden Ausgaben soll weder eine Dividenden-, noch eine Kotierungssteuer im Bundesrate auf Aufnahme rechnen können. Mehr Aussichten scheint, wie verschiedene Blätter meinen, die Erbanfallsteuer zu haben.
Wilhelmshaven, 9. März. Heute vormittag fand im Exerzierhause der 2. Torpedodivision eine Trauergottesdienst für die mit dem Torpedoboot 8 178 untergegangenen Seeleute statt. Außer der 2. Torpedobootsdivision nahmen Abordnungen aller Marineteile an der Feier teil. Erschienen waren ferner der Stationschef Graf von Baudissin, der Chef der Hochseeflotte Vizeadmiral von Jngenohl, der Chef des 1. Geschwaders Vizeadmiral Lans und 8 Gerettete, sowie einige Angehörige der untergegangenen Seeleute. Nach einem Choral hielten der evangelische und der katholische Marinepfarrer Ansprachen.
Berlin, 8. Mürz. Der Kronprinz wird im Herbst dieses Jahres zum Kommandeur des Kaiser-Alexander-Garde- Grenadier-Regiments ernannt werden und kehrt damit aus Danzig wieder nach Berlin und zur Infanterie zurück.
Beuthen i. Oberschl., 9. März. Gestern abend ist an dem Schuhmacherehepaar Dylla ein Doppelraubmord verübt worden. Das Ehepaar wurde durch 8 Dolchstiche in die Herzgegend und in die Schläfe getötet. Die Frau war 00 Jahre, der Mann 70 Jahre alt. Als der Tat dringend verdächtig wurden heute früh zwei Verwandte in Myslowitz verhaftet. Angeblich sind 300 ->t geraubt worden.
Baltimore, 7. März. An Bord einer Barke, die neben einem britischen Dampfer im unteren Hafen Dynamit einlud, ereignete sich heute eine Explosion. Beide Schiffe wurden vollständig zerstört. Der Dampfer hatte eine Besatzung von 23 Mann, die auch auf der Barke arbeiteten. — Die Zahl der bei der Dynamit-Explosion im Hafen von Baltimore Getöteten wird auf mehr als 60 angegeben. Zahlreiche Personen wurden tödlich verletzt. Das für den Panamakanal bestimmte Dynamit wurde aus drei Eisenbahnwagen an Bord eines Leichterschiffes auf den britischen Dampfer Alumchine verladen. Plötzlich brach Feuer im Laderaum der Alumchine aus. Die Mannschaften der Alumchine sprangen ins Wasser. Im nächsten Augenblick erfolgte eine erdbebenartige Detonation, die im Umkreise von hundert Meilen in fünf Staaten verspürt wurde und großen Sachschaden anrichtete. Die Alumchine glich einer Flammensäule. Dynamitkisten und tonnenschwere Rumpfteile wurden weithin fortgeschleudert. Ganz Baltimore erzitterte, die Wolkenkratzer schwankten, tausende Fensterscheiben wurden eingedrückt, drei Fahrzeuge zerstört. Die Zahl der Verwundeten wird auf 200 angegeben.
Eerichtssaal.
Rottenburg, 8. März. Das Schöffengericht hat drei Frauen aus Oeschingen zu Geldstrafen von 15, 30 und 40 -4t verurteilt, weil sie durch das berüchtigte Melkkllbelschwenken ihrer nach Reutlingen verkauften Milch Wasser von 7, 13 und 16 Proz. zugesetzt hatten.
Reutlingen, 8. März. Das städtische chemische Untersuchungsamt hat die Milchlieferungen einer Bauerntochter aus Grotzengstingen beanstandet. Auf Grund der chemischen Analyse wurde ein Wasserzusatz von 10 Proz. festgestellt.
Die gewinnfrohe Vauerntochter kam mit einer vom hiesigen Schöff engericht verhängten Geldstrafe von 10 -4t und den
Landwirtschaft «nd Markte.
Herrenberg» 8. März. Auf den heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 62 Stück Milchschweine (Erlös pro Paar 40—58 -4t) und 24 Stück Läuferschweine (Erlös pro Paar 70—100 -4t). Verkauf: lebhaft.
Nagold, 8. März. Auf dem Viehmarkt waren zugeführt: 11 Paar Ochsen, 5 Paar Stiere, 107 Kühe. 67 Kalbinnen und Rinder (Jungvieh) und 71 Kälber. Verkauft wurden: 4 Paar Ochsen mit einem Eesamterlös von 5863 -4t, 4 Paar Stiere mit einem Gesamterlös von 777 -4t, 35 Kühe mit einem Gesamterlös von 11095 -4t, 20 Kalbinnen und Rinder (Jungvieh) mit einem Eesamterlös von 5812 «4t und 31 Kälber mit einem Eesamterlös von 4892 -4t. Der Preis pro Ochse betrug 311—980 -4t, pro Kuh 250—580 -4t, pro Stück Jungvieh 240—420 -4t und pro Kalb 120—220 -4t. — Auf dem Schweinemarkt waren zugeführt: 156 Läufer- und 187 Milchschweine. Verkauft wurden: 111 Läuferschweine mit einem Gesamterlös von 5724 -4t und 153 Milchschweine mit einem Eesamterlös von 3976 -K. Der Preis pro Paar Läuferschweine betrug 74—138 -->t und pro Paar Milchschweine 39—63 -4t.
Nagold, 8. März. Das Gasthaus zum Schiff von A. Lauter ging durch Kauf an Hans Stahl, Metzger von Weltenschwan (O.-A. Calw) zum Preise von 36 000 °4t über. — Das Anwesen von Fr. Steinle, mechanische Schreinerei in Ebhausen wurde um 23 000 -4t ohne Werkzeug und Inventar an Herrn C. I. Schickhardt, Fabrikant in Ebhausen, abgegeben. — Von heute ab kostet Kalbfleisch 96 -H, Schweinefleisch 90 Rindfleisch 90
Altensteig, 8. März. So flau gegenwärtig der Handel in Schnittwaren ist, so gut geht der Verkauf von Stammholz. Beim K. Forstamt hier betrug der Gesamtdurchschnitt 121,5 Proz., der Mehrerlös bei 4202 Festmetern 18 706 -4t. Aehnlich ist es in den übrigen Schwarzwaldrevieren. Die Staatskasse kann ihre guten Einnahmen aus dem Walde gegenwärtig recht wohl brauchen.
Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei
K. Standesamt Calw.
Geborene.
2. Mürz. Hedwig Berta, T. d. Theodor Schechinger, Schneidermeisters hier.
4. Elife. T. d. Paul Schock, Fabrikarbeiters hier.
4. „ Ch-istof August, S. d. 'August Meckerte, Pflästerer-
mcistcrs hier.
, Getraute.
6. März. Giebenrath, Otto Adolf, Huf- und Wagenschmicd in Ebingen unn Emma Christiane Ernstine Müller, ohne Beruf, hier.
Gestorbene.
1. März. Müller, Moria Walpurga, geb. Heidelberger, gew.
Ehefrau d Josef Anton Müller, Steinhauers hier. 1. „ Balz, Justus Wilhelm, gew. Weißgerber hier.
1. „ Graze, Luise, geb. Stickel, Wwe. des j- Johann Chr.
_Graze gew. Schneidermeisters hier._
Reklamsteil.
Öko s'lWWWWW »L/-//ÄS.
2 ) 3m Sturm genommen!
Roman aus den Freiheitskriegen 1813—1814.
Von H. E. Jahn.
Als sie später, zum Ausgehen angezogen, am Wohnzimmer vorübergehuscht war, hatte sie drinnen Monsieur Soulard das Soldatenlied trällern hören: „Mademoiselle, voulez-vous danser?"
Die alberne Melodie verfolgte sie. Tanzen? Tanzen taten nur die Franzosen, aber auf einem Vulkan, der sich jeden Augenblick öffnen konnte, um sie alle zu verschlingen.
Plötzlich entfuhr den Lippen des Mädchens, das ganz in ihren Gedanken dahingeschritten war, ein leiser Ausruf des Staunens — denn dicht neben ihr stand im hellblauen Waffenrock mit grünem Kragen ein schlanker Freiwilliger Jäger. Und jetzt erkannte sie die gebräunten Züge unter dem hohen, mit Wachstuch überzogenen Tschako: es war Hans Hoyas liebes Gesicht. „Habe ich dich erschreckt, Lenchen?" fragte Hans grüßend.
Sie schüttelte lachend das Köpfchen: „Ich dachte ja soeben an dich. Aber der Waffenrock —"
Und dann erzählte das junge Mädchen ihrem Verlobten die Erlebnisse der letzten Zeit, still in sich hinein weinend.
Hans aber rief zornig: „So ein Schleicher! Aber, Lieb, warum hast du mir denn kein Sterbenswort von all dem geschrieben? Ich wäre sofort gekommen und hätte dem Parlez-vous gezeigt, wo der Zimmermann das Loch gelassen!"
„Horch, Hans, was ist das?" unterbrach sie erschreckt seine Worte. Entferntes dumpfes Krachen klang herüber, wie das Rollen eines nahenden Gewitters.
„Das sind die Kanonen der Russen!" ging es jubelnd durch die Volksmenge, die in den Straßen sich sammelte: „Das sind die Kosaken Tschernitschefs! Von Ält-Landsberg her ist er in Pankow eingerückt und hat den Generalgouverneur Marechal Augereau, Herzog von Castiglione, zur Räumung und Uebergabe der Stadt durch einen Parlamentär aufgefordert. Die Kosaken des Obersten Tettenborn kämpfen schon am Oranienburger Tor!"
Hans hielt es für geboten, die Geliebte so schnell wie möglich nach Haus zu geleiten. Schon wenige Minuten später kam es vom Landberger Tor her in rasender Carriere dahergestoben, mit dröhnenden Hufen und klirrenden Waffen, in angstvoller, atemloser Flucht. Es war ein Haufe Dragoner, der durch die schreiend auseinandereilende Menge mit verhängten Zügeln dahinbrauste. Viele der Italiener bluteten. Hinter ihnen her flitzten die Kosaken auf ihren kleinen, zottigen Steppengäulen.
Da öffneten sich Fenster und Türen und jung und alt jubelte den kecken Reitern zu, die durch die Straßen brausten.
Wie die gelben Krieger durch die Landsberger Straße dahinrasten, blitzte in Hans' Seele der Gedanke auf: vielleicht quält jetzt wieder der freche Franzose dein Mädchen durch sein zudringliches Liebesgeplapper. Rasch vorspringend rief er: „Halt! Kameraden, hier drinnen steckt ein schuftiger Franzosenkerl, den müssen wir uns greifen!"
Einige der wilden Reeiter zügelten ihre Gäule und kreischten ihm in fremder Sprache etwas zu, da trat aber schnell ein anderer Jäger vor und sagte: „Wott w dom je,
affizärr franzoski! Skareje!" (Hier im Hause französischer Offizier! Schnell!)
Ein boshaftes Grinsen verzerrte die Gesichter, und die schwarzen Schlitzaugen funkelten tückisch. Ein halbes Dutzend der Kosaken schwang sich aus den Sätteln und folgte, den Säbel in der Rechten, die Pistole in der Linken, den vorauseilenden Jägern.
In dem stillen Speisezimmer befanden sich Lenchen, ihr Vater und Soulard Leim Mittagessen. Das entfernte Schießen hatte der Franzose den russischen Streifpatrouillen zugeschrieben, die seit einiger Zeit Berlins Umgebung unsicher machten. Der General Poin^ot, der ihnen entgegengesandt war, würde den „Messieurs les Cosaqes" schon den Marsch blasen. Er erging sich gerade in Redensarten, in denen er Helene mit Venus und Juno verglich; wäre er Paris gewesen, er hätte nur ihr den goldenen Apfel gereicht. . . . Der alte Lange lachte vergnügt, nickte, daß der Puder aus seiner Perücke in weißen Wolken emporstaubte, und rieb sich die mageren, knochigen Hände. Lenchen hätte gern das Zimmer verlassen, wagte es aber des Vaters wegen nicht.
Soulard hatte inzwischen eifrig weitergeschwatzt: „Ick lieben Sie ganz furieux, terrible! Wir Franzosen, wir seien forts dans l'amour und dans la guerre! Wir seien irre- sistible! Und ick werden Sie schützen mit meine Arm gegen alles Ennemies, und wären es der Teufel Mine en personne! Sacrs nom de Dieu!" Er hatte die rechte Hand pathetisch erhoben, die linke an seinen Säbel gelegt, und stand da in seiner- und goldstrotzenden blauen Uniform martialisch wie ein Kriegsheld. Papa Lange sah mit bewundernden Blicken auf ihn. (Fortsetzung folgt.)