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^ 51. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 88. Jahrgang.

Lstch-inungSwkif«.- Smal wSchentlich. Anzeigenpreis: Im Oberamts- d,q>«L Lalw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg., MMsmen LS Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon g.

Montag, den 3. März 1913

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich. Post« bezugSpretS für den OrtS- und Nachbarortöverkedr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

Die neue Wehrvorlage.

Berlin, 1. März. Die Nachrichten der letzten Tage in der Presse über die Militärvolage widersprechen sich viel­fach, so das; sie nur Verwirrung anzurichten geeignet sind. Die Vorlage ist nun im Kriegsministerium in allen Einzel­heiten soweit fertiggestellt, datz ihre Ueberweisung an das Reichsschatzamt voraussichtlich im Laufe der kommenden Woche erfolgen kann, von wo aus sie weiter an den Bundes­rat und Reichstag geht, bei dem man sie noch vor Ostern einzubringen hofft. Unter allen Umständen soll aber erreicht werden, datz die Verstärkungen und die damit zusammen­hängende Neuordnung des Heeres am 1. Oktober d. I. ins Leben treten können. Die bisher angegebenen Eesamtkosten von einer Milliarde und darüber lassen voraussehen, datz durch die Vorlage alle vorhandenen Lücken ausgefüllt werden. Ueber Einzelheiten wird man erst sprechen können, wenn die Vorlage in der bekannten Form der Etats vor­liegt, so datz dann auch ersehen werden kann, welche dauern­den Ausgaben notwendig sein werden, über die sich genaue Angaben vorläufig noch nicht machen lassen. Ueber die unterste Grenze und das Steuerprivilegium der Fürsten will dieB. Z. am Mittag" nach einer Korrespondenz wissen, datz die Vermögen bis 30 000 M oder 50 000 M frei bleiben sollen. Daneben und neben der Reichsvermögenssteuer in der einen oder anderen Form, auf der die Regierung zu be­stehen scheint, ist die Beseitigung der Steuerfreiheit der Für­sten in Aussicht genommen. Es besteht bei der Reichs­leitung die Absicht, die wegen ihrer Höhe ganz besonders ins Gewicht fallenden einmaligen Kosten der Heeresvorlage durch einmalige Abgabe vom Vermögen zu decken.

Parlamentarisches.

Berlin, 1. März. Marineoffiziere waren an den Re­gierungstischen, Marineoffiziere mit ihren Damen in den Regierungslogen anwesend. Auf der Journalistentribüne waren die ausländischen Zeitungskorrespondenten, insbeson­dere die französischen und englischen, die meist nur an solchen Marine- und Heerestagen an den Arbeitstischen der Presse erscheinen, anwesend. Endlich Marineetat. Ein neues Gesprächsthema und eine andere politische Melodie, neue Schlagwörter tönen durch das Haus. Man erwartet einen großen Tag. Der bleibt aber aus und die heutige General­debatte bringt zwar manches Interessante, aber im wesent­lichen floß sie ruhig und wenig aufregend dahin. Nach der ^ Budgetkommission hatte man einen Vorstotz des Zentrums ^

Feuilleto n.

ls Brigitta.

Erzählung von Adalbert Stifter.

Nach fünfzehn Jahren, während welchen Brigitta auf Maroshely hauste, kam der Major, indem er seinen Landsitz llwar, wo er sonst nie gewesen war, bezog. Von diesem Weibe lernte er, wie er mir selber sagte, Tätigkeit und Wir­ken und zu diesem Weibe faßte er jene tiefe und ver­spätete Neigung, von der wir oben erzählt haben.

Nachdem nun, wie am Eingänge des Abschnitts erwähnt wurde, dieser Teil aus Brigittas früherem Leben erzählt ist, gehen wir wieder in der Entwicklung der Zustände weiter, wo wir sie verlassen.

Steppen gegenwar t.

Wir ritten nach Maroshely. Brigitta ist wirklich jenes reitende Weib gewesen, das mir die Pferde mitgegeben hatte. Sie erinnerte sich mit freundlichem Lächeln an unsere alte Bekanntschaft. Meine Wangen wurden rot, weil ich auf das Trinkgeld dachte. Es war niemand anderer zum Besuche da als der Major und ich. Er stellte mich als einen Reisebekannten vor, mit dem er einmal viel zusammen ge­wesen sei, und von dem er sich schmeichle, datz er nun von eineiig Bekannten in einen Freund Lberzugehen im Begriffe sei. ^ch erlebte die Freude und es war mir wirklich keine unbedeutende datz sie fast alle Dinge wußte, die sich auf mein früheres Zusammensein mit ihm bezogen, datz er ihr

in der Tafelgelderfrage erwartet, aber er blieb aus. Herr Erzberger, der den Zentumsstandpunkt in dieser an und für sich nebensächlichen Marinefrage in der Budgetkommis­sion und heute nochmals vor dem Plenum verteidigte, ließ keine Kampftöne vernehmen, wie auch seine sonstigen Aus­führungen ziemlich milde und friedliebend klangen. Im wesentlichen kritisierte der Redner die hohen Preise für die Kanonen und Panzerplatten und drohte, wenn die Preise nicht billiger werden würden, mit der Errichtung von Reichs- Panzerplatten- und Neichs-Kanonenfabriken. Seine Rede klang in die versöhnliche Versicherung aus, datz die Zen- trumspartci bei der Schaffung einer großen, achtunggebieten­den Flotte zum Schutz des Vaterlandes stets mitgewirkt habe und auch für die Zukunft fördernd Mitarbeiten werde. Mit dieser Rede waren die Brücken zwischen dem Staatssekretär und dem Zentrum wieder geschlagen und der Staats­sekretär Tirpitz bestätigte denn auch sofort Herrn Erz­berger gern, datz das Zentrum an der Ausgestaltung der Flotte stets mitgewirkt habe. Vorher hatte der Sozialdemo­krat Vogtherr ausführlich den sozialdemokratischen Standpunkt zum Marineetat begründet. Ihrer Tradition gemäß sind sie gegen ein großes Wettrüsten und entsprechend dem sozialdemokratischen Antrag in der Budgetkommission wird die Sozialdemokratie die fünf Millionen versagen, die für den Bau des SchiffesErsatz Hohenzollern" im Etat vorgesehen sind. Für die Nationallibcralen sprach der Vize­präsident des Hauses, Geheimrat Dr. Paasche, der mehr­fach den Gedanken unterstrich, datz Deutschland keine Erobe­rungspolitik treibe und auch nie daran gedacht habe, eine Angriffsflotte zu bauen. Der Volksparteiler Dr. Wiemer kam zu wiederholten Malen auf die Tafelgelderfrage zu sprechen und er meinte, es wäre bedauerlich gewesen, wenn der Staatssekretär seine damalige Rücktrittsdrohung wahr gemacht hätte, da man dann auf seinen ministeriellen Grab­stein hätte schreiben müssen: Er war 15 Jahre Staatssekretär und starb an ungenügenden Tafelgeldern. Dann sprach noch Schultz-Bromberg von der Reichspartei, Hoff und Struve, beide von der Volkspartei, und von der Wirtschaftlichen Ver­einigung Herzog, und der Staatssekretär v. Tirpitz gab allen Rednern gern eingehend Auskunft. Um die fünfte Nach­mittagsstunde vertagte sich das Haus, um an Montag in der Generaldebatte des Marineetats fortzufahren.

Stuttgart, 1. März. In der heutigen Sitzung des Fi­nanzausschusses der Württembcrgischen Zweiten Kammer wurde mit der Beratung des Kultusetats fortgefahren. Es wurde ein Antrag angcnomen, die Regierung zu ersuchen,

also viel von mir erzählt haben mutzte, datz er noch mit Vorliebe bei jenen Tagen verweile, und daß sie es der Mühe wert hielt, sich diese Sache zu merken.

Sic sagte, sie wolle mich nicht in ihrem Schlosse und in ihren Feldern herumführen, ich werde das gelegentlich sehen, wenn wir spazieren gehen, und wenn ich oft genug von llwar werde herübergekommen sein, wozu sie mich höf­lich einlade.

Dem Major machte sie einen Vorwurf, warum er denn so lange nicht herübergekommen sei. Er entschuldigte sich mit den vielen Geschäften und hauptsächlich damit, datz er ohne mich nicht herüberreiten wollte, und datz er doch vorher erst sehen wollte, wie sehr oder wie wenig ich zu seiner Freundin passe.

Wir gingen in einen großen Saal, in dem wir ein wenig ausruhten. Der Major zog eine Schreibtafel hervor und fragte sie um mehrere Dinge, die sie klar und einfach be­antwortete und von denen er sich manche aufzeichnete. Auch sie fragte dann um Verschiedenes, was sich auf manchen Nachbar, auf die Geschäfte des Augenblicks oder auf den künftigen Landtag bezog. Ich sah bei dieser Gelegenheit, mit welch tiefem Ernste sie die Dinge behandelten und welche Aufmerksamkeit der Major auf ihre Meinungen legte. Wo sie in etwas unsicher war, gestand sie ihre Unwissenheit und bat den Major um Berichtigung.

Als wir uns ausgeruht hatten und der Major die Schreibtafel einsteckte, standen wir auf, um in den Besitzun­gen einen Spaziergang zu machen. Hier redete man häufig von den Veränderungen, die erst jüngst in ihrem Hause ent­

bci der Frage des Neubaues einer Landes-Hebammen-Schule die Verlegung derselben nach Tübingen unter Angliederung an die Universitäts-Frauenklinik in Erwägung zu ziehen. Ein Antrag der Volkspartei, die Beiträge an Studierende der Tierheilkunde an autzerwürttembergischen Hochschulen zu streichen, wurde abgelehnt.

Stadt» Bezirk und Nachbarschaft.

Calw, 3. März 1913.

Die Aufführung des Lieds von der Glocke in der Ver­tonung Rombergs durch den Kirchengesangverein soll morgen abend 8 Uhr im Badischen Hof vor sich gehen. Raummangel verbietet uns in letzter Stunde, einen das Werk eingehend würdigenden Vorbericht zu schreiben, so datz uns nur übrig bleiben kann, die Einwohnerschaft von Stadt und Land, so­weit sie Mitglied und Nichtmitglied des Vereins ist, nach­drücklich zum Besuch dieser Veranstaltung aufzufordern. Das Werk wird in ganz einfacher Aufmachung dargeboten wer­den; sämtliche solistische Kräfte sind einheimische Dilettanten und das Orchester vertritt ein Flügel. Alle, die Mitwirken und sich der Sache zuliebe dem Verein zur Verfügung stellten, werden ihren schönsten Lohn in einer zahlreichen Beteiligung am Konzert, dem sogenannten Freikonzert des Vereins, er­blicken. Es wäre zu wünschen, datz pünktliches Eintreffen der Besucher einen zeitigen Beginn des Konzerts ermöglicht.

Eine Rechtfertigung. Vor einigen Wochen ist die Nach­richt durch die Presse gegangen, datz ein früherer Oberamts- Laumeister wegen Eidesverletzung in Untersuchungshaft ge­nommen worden sei. Hierauf ist nun mitzuteilen, datz laut Beschluß der Strafkammer des K. Landgerichts Tübingen vom 21. Februar die Untersuchung die völlige Schuldlosigkeit des betreffenden Angeschuldigten ergeben hat.

b- Für Handwerker. Angehörige von Handwerk und Gewerbe wollen wir nochmals besonders darauf aufmerksam machen, datz nach dem Gesetz vom 3<^Mai 1908 vom 1. Ok­tober 1913 an nur noch solche Personen zur Meisterprüfung zugelassen werden können, welche die Gesellenprüfung ab­gelegt und bestanden haben. Nach dem 1. Oktober 1913 gibt es keine Ausnahmen mehr; wer nicht den Nachweis bringen kann, datz er die Gesellenprüfung bestanden hat, kann zur Meisterprüfung nicht zugelassen werden. Wer aber die Meisterprüfung nicht gemacht hat, erhält von diesem Termin an auch nicht das Recht, Lehrlinge halten und anleiten zu dürfen. Es ist daher allen den Handwerkern, die keine Ge­sellenprüfung gemacht haben, dringend zu empfehlen, vor dem 1. Oktober d. I. die Meisterprüfung zu machen. Es

standen waren. Wenn sie hierbei auf Dinge seines Hauses kam, war es mir, als läge eine Art Zärtlichkeit darinnen, wie sie sich um dieselben bekümmerte. Sie zeigte ihm den neuen hölzernen Säulengang am Gartenschlosse des Hauses und fragte, ob sie Reben hinanziehen solle; an seinen Hof­fenstern, meinte sie, ließe sich auch so ein Ding anbringen, wo es sich in der Spätherbstsonne recht angenehm sitze. Sie führte uns in den Park, der vor zehn Jahren ein wüster Eichenwald gewesen war; jetzt gingen Wege durch, flössen cingehegte Quellen und wandelten Rehe. Sie hatte durch unsägliche Ausdauer um den ungeheuren Umfang desselben eine hohe Mauer gegen die Wölfe aussühren lasten. Das Geld hierzu zog sie langsam aus ihrem Viehstande und aus den Maisfeldern, deren Pflege sie sehr emporgebracht hatte. Als die Einhegung fertig war, ging man in einem ge­schlossenen Wagen Schritt für Schritt durch jede Stelle des Parkes, um zu sehen, ob man nicht etwa einen Wolf zu künftiger Brut mit eingemauert habe. Aber es war keiner zugegen. Dann erst wurden Rehe in die Einhegung gesetzt und für anderes Vorkehrungen gemacht. Die Rehe, schien es, wußten das alles und dankten ihr dafür; denn, wie wir manches bei unserem Gange sahen, war es nicht scheu und blickte mit dunkeln, glänzenden Augen gegen uns herüber. Brigitta führte ihre Gäste und Freunde recht gern durch den Park, weil sie ihn liebte. Wir kamen oben auch zur Anlage der Fasanen. Wie wir so durch die Wege gingen und weiße Wolken durch die Eichenwipfel hereinschauten, gewann ich Gelegenheit, Brigitta zu betrachten. Ihre Augen, schien es mir, waren noch schwärzer und glänzender als die