Ein Brief an den deutschen Kaiser. In St. Georgen, er- zählt das „St. Gatter Tagblatt", wohnt eine einfache, brave Familie, die sich durch ihrer Hände Arbeit ehrlich durchbringt. Bei Kriegsausbruch mußte der Vater dieser Familie nach Deutschland in den Kneg ziehen. Nun sind es bald zwei Jahre, daß die acht Kinder den Vater nicht mehr gesehen haben. Die älteste Tochter, die an einer zehrenden Krankheit darniederltegt, hat nur noch einen Wunsch: sie möchte den Vater noch einmal! sehen, bevor sie in den Himmel gehen darf. Da ist ihr nachts im Traume der Gedanke gekommen, den sie am folgenden Tage ausgeführt hat. Sie schreibt dem deutschen Kaiser einen Brief» er solle doch den Vater aus Urlaub in die Schweiz gehen lassen, damit die Kinder und vor allem sie, die schwerkranke Tochter, ihn nochmals sehen können. Der Brief erreichte den Kaiser im Großen Hauptquartier und von dort aus ging ein Befehl des Höchstkommandierenden der deutschen Armee an irgend einen entlegenen Punkt der Front, wo der schweizerisch-deutsche Krieger stand. Und der Befehl brachte diesem — einen Urlaub von drei Wochen.
Das Kennzeichen des Kdmgs. Ein preußischer Offizier aus der Umgebung König Friedrich Wilhelms IV. erzählt in seinen Lebenserinnerungen eine drollige Geschichte, die sich auf die nächtlichen Spaziergänge bezieht, die der König im Sommer in Sanssouci zu unternehmen pflegte. Als er unmittelbar vor Mitternacht heimkehrte, rief ihn die Schildwache an: „Halt — wer da!" — „Der König!" war die Antwort. „Dos glob ich nich!" war die Antwort des Wachtpostens, eines ober- schlesischen Grenadiers des Ersten Garderegiments, der als sogenannter „Wasserpole" der deutschen Sp äche nicht ganz mächtig war. „Nun denn," so meinte der König, „komme Er doch an die Laterne, so wird Er mich erkennen!" Mit gefälltem Bajonett kam der Grenadier an dir Laterne, überzeugte sich, daß der Angcrusene in der Tat der König sei und sagte, das Gewehr präsentierend, zu ihm: „Können pafferen!" — .Woran hast du mich denn erkannt, mein Sohn," fragte der König, worauf der Grenadier mit lauter Stimme erwiderte: „An Ihre dicke Kupp!" Der König mußte laut lachen und reichte dem Biedern zwei Talerstückc, die sein Bildnis trugen, mit den Worten: „Hier, mein Sohn, schenke ich dir zwei Dlckköppe!"
Budapest, 12. Mai. Die Untersuchung in der Cinkotaer Mordafsäre hat ergeben, daß Beta K ß 74 Frauenspersonen Ehe- versprcchungcn machte.
Ersatzmittel und Surrogate.
Die Knappheit mancher Lebensmittel Hat zu mannigfachen Versuchen geführt, das Fehlende durch gleichwertige aber ähnliche Stoffe zu ersetzen. Diese Stoffe kann man nach ihrem tatsächlichen Wert einteilen in Ersatzmittel, die dem zu Ersetzenden ganz «oder annähernd gleichwertig sind, und in Surrogate, die Mir den Schein des Ersatzes vortrügen und auf Täu- WuNgi lhinauslaufen; sie haben nur den Zweck geschäftlichen Gewinnes. Prof. Dr. Neumann-Bonn schreibt Uber einige dieser künstlichen Mittel, die auch in Süddeutschland sch in angeboten wurden, im „Berl. Tagbl." folgendes:
Im Laufe des letzten Jahres habe ich eingehend« Versuche mit Strahmehlbroten ausgeführt. Das iStrohmehlbrot enthält 15 bis 20 Prozent Strohmehl. Es ist vor allem sehr naß — es wurde eine Feuchtigkeit von 49,7 und 44,3 Prozent ermittelt —, ferner schmeckt es sauer und beim Genüsse macht sich ein recht unangenehmer bitterer Geschmack bemerkbar. Und ebenso ungünstig erweist sich seine Ausnützung im Körper. Schon die enormen Kotmengen — bei 500 Gramm Strohbrot und 180 Gramm Zuspeise nicht weniger als 524 Gramm Kot, während das gleiche Verhältnis von Weizenbrot und Zuspeise nur 152 Gramm Kot ergibt — lassen es als Unzweckmäßig erscheinen, da der tote Ballast, der im Darme herumgeschleppt wird, dem Körper eine Menge Wasser unnötig entzieht. Zu dem geringeren Nährwerte gesellt sich noch die Tatsache, daß sein Genuß Beschwerden Hervorrust, die sich in Darmreizungen äu- Mrn, die einer Darmentzündung (Colitis) ähnlich sehen Und Schmerzen auslösen.
Was das Blutbrat anbetrifft, so werden für keine Herstellung 20 Liter flüssiges Blut mit 10 Liter Wasser und 400 Gramm Kochsalz gemischt, und diese WWgkeit wird..mit 50 .Kilo, eines ans RvggenmeU
und zirka 15 Prozent Kartoffelstärkemehl bestehenden Gemenges unter Zuführung von Hefe und Sauerteig in einen Teig verwandelt. Das so gewonnene Bwt ist beim Zerschneiden zähe, lederartig, fade im Geschmack. Seine Verwertung im menschlichen Organismus ist sehr mittelmäßig. Dagegen entspricht das K-Br ot allen billigen Anforderungen.
Für die Natur butter werden den Hausfrauen Mittel empfohlen, die die Herstellung einer Streckbutter bezwecken. Man solle Pfund Butter mit 70 Gramm Mehl leicht flüssig gemacht verrühren, dreiachtel Liter Milch hinzutun und das ganze in erhitztem Zustande fortwährend rühren. Werden dann noch ein bis zwei Eigelb hinzugesetzt, dann ergibt sich ein butter- ähnlicher Creme. Diese „Streckbutter" kann nur im eigenen Haushalt hergestellt werden, zum Verkauf ist sie nicht zugelassen. Sie hat den großen Nachteil, daß sie einem raschen Verderben ausgesetzt ist. Ihr Fettgehalt ist äußerst gering. Dagegen sollte zum Zwecke der Fettstreckung alle Milch entrahmt werden. Die entrahmte Milch ist für dm Haushalt durchaus geeignet, und der gewonnene Rahm kommt in Gestalt von Butte« der Allgemeinheit zugute.
Man ersetzt Butter vielfach auch durch Hönig und Marmeladen. -Aber diese Vorräte fangen jetzt an, knapp zu werden. Man hat deshalb neuerdings iein „Kriegsmus" in den Handel gebracht, bei dem di« eingekochten Früchte durch rote Rüben, Mohrrüben, Wersten Rüben gestreckt werden. Dieses Mus bildet dl« niederste Stufe der Marmeladen. Diesen gestreckten Marmeladen gleichzustellen ist das Kunstgelee. Wl besteht aus Gelatine mit Fruchtextrcckt und einem Teil natürlicher Früchte. Sein Nährwert ist recht gering. Tann wurde noch ein „Ersatz" in den Handel gebracht/ bald aber als gemeingefährliches Surrogat erkannt uN0> von den Behörden unterdrückt. Dieser Aufstrich war aus Kartoffelbrei mit zermahlenen Heringen und Gewürzen hergestellt und sein Nährwert war bei hohem Preis ganz gering. Außerdem konnte dieses Gemisch sogar gesundheitsschädlich wirken. Denn Kartoffelbrei ist ein ausgezeichneter Nährboden für alle möglichen Mikroorganismen, und alle feuchten Sachen, die mit Kartoffelbrei hergestellt werden, gehen leicht in Zersetzung über. —^ Kunsthonig besteht aus Zuckersyrup, der unter Zusatz von Fruchtsäure gekocht, dann honigähnlich gefärbt und aromatisiert wird.
Das Surrogat für Schlagsahne besteht aus Zuk- ker, Wasser, Vanillin und Gelatine, sein Genuß ist also eine Selbsttäuschung. Aber zum Kaffee und Tee gehört als Zusatz der Zucker. Da Zucker ebenfalls knapp geworden, so hat man neuerdings das Süßstoffgesetz aügeändert, um dem Saccharin eine weitere Verbreitung zu verschaffen. Indessen Saccharin besitzt keinerlei Nährwert.
Vollständig auf der Seite der Surrogate steht, was neuerdings als Oel-Ersatz angeboten wird. Die Flüssigkeit enthält keinerlei ölige Bestandteile und besitzt deshalb auch keinen Nährwert. Auf ähnlicher Stufe stehen die sogenannten „Bi er-Ersätze", die aus Brausepulver mit einem Zusatz von etwas Zucker und braunem Farbstoff bestehen. Surrogat ist ferner, was unter dem Namen „Fleisch-Ersatz" verkauft wird — ein Gemisch von Zerralien, Hülsensrüchten und dergleichen, das keineswegs geeignet ist, das Fleisch zu ersetzen. So könnte man noch eine lange Reihe von Surrogaten aufzählen, mit dem „Kaviar" angefangen, der aus Heringsvoggen gemacht wird, bis zu den Eiersatzpulvern, die meistens aus Kartoffel- und MaM mehl mit einem Zusatz von Natron bestehen und ein Ei niemals zu ersetzen vermögen.
Das junge Laub als Kraftfutter.
Die Einfuhr des Kraftfutters, an die die deutschen Landwirte gewöhnt waren, ist jetzt unmöglich. Deshalb hak während des Winters das Vieh sehr viek gelitten. Die Mast war schwierig und der Milchertrag verringert. Jetzt wächst uns ein Kraftfutter zu, das sonst wenig beachtet wird, das junge Laub. Wie es wirkt, weiß man von den Ziegen. Diese geben mit Laubfutter viel bessere Milch als mit Gras. Man weiß es auch aus den Untersuchungen der Gelehrten, daß das Boumlaub sehr gehaltreich ist. Es schmeckt den Tieren auch gut, nicht nur den Ziegen; die Pferde raufen es, wenn sie es erlangen können. Junges Lindenlaub essen unsere Kinder als grünes Naschwerk. Bon den Tieren kann das Laub, nicht abgeweidet werden, ausgenommen das sehr niedrige. Und gerade dieses muß, wenn es in Pflanzungen und Schonungen wächst, vor ihnen geschützt werden. Aber dev Mensch kann das hängende Laub heruntersicheln. Er gewinnt dabei, wenn er die jungen grünen Triebe mit einigen Blättern abschlägt, von einem einzigen Baume ein« ganze Menge Nährstoffe, denn ein Baum ist eine dimensionale Wiese. Er breitet sich nicht nur in der Fläche auch wie gewöhnliche Wiesen, er liefert mehr grünes, als auf: der Fläche, die er deckt, wachsen könnte. Schaden hat dev Baum von der Ernte des ersten Laubes durchaus nicht, so wenig als die Hecke, die geschnitten wird, «oder der Spargel) der bis Ende Juni gestochen wird, oder der Wein- stock, dem man um diese Zeit grüne Triebe wegnimmt., Der Baum hat nämlich im Hiolz Nährstoffe aufgespeichert, hauptsächlich Stärke und diese wird für den ersten ^ Trieb nur zu einem geringen Teil verbraucht. ES bleibt noch reichlich Stärke für einen zweiten Trieb zurück, und > dieser zweite Trieb ersolgt unter Entwicklung der zurückgebliebenen Knospen, die für gewöhnlich nicht zur Entfaltung kommen würden. Der zweite Trick füllt dann im Sommer die Vorratskammer im Baume wieder auf. Möchten sich die Landwirte überall und nach äußerster Möglichkeit die Kraftfutterschätze der Bäum« zunutze machen, nicht nur als Grünfutter, sondern auch als Heu. ^
Man mutz deshalb, so schlägt der Kriegs ansschuß für! Konsumenteirinteressen (Berlin) in einem Aufsatz vor, die Laubfütterung nicht nur empfehlen, sondern organisieren.' Man muß behördlich aniordnen, daß jeder Besitzer eines Baumes, der Laubfutter trägt, seinen Baum zur geeigneten Zeit zu scheeren hat. Genau wie in manchen Gegenden ungeordnet ist, daß die Raupennester zu schneiden sind, die Mutlaustriebe und das Spargelkraut verbrannt werden müssen. Jeder Gemeindevorstand mußj daraus verpflichtet werden, daß Utz rechtzeitige Laubernts vorgenommen wird. Der Gemeindevorstand hat rechtzeitig zu ermitteln, ob die Arbeitskräfte dafür vorhanden sind. Fehlen sie, so liefert er sie aus dem Bestände dev Kriegsgefangenen. Diese Arbeitskräfte sind vom Besitzer des Laubes zu entlohnen und zu beaufsichtigen. Do die Laubernte im Süden und Westen Deutschlands beginnt und bis zum Eintritt im Niordosten etwa ein Monat vergeht, so kann ein Heer von Laubschnittern über Deutschland hrnwegziehen und kann bei seiner Tätigkeit grostü Hebung und Gewandtheit erlangen. Man kann immer dieselben Hilfskräfte für die Laubernte in ganz Deutsch- ! Land benutzen von der Maas bis an die Memel jober auch!
vkm der Oise bis an die Düna. Die Landes- und bckegs- ' Üblich« Verteuerung des heimischen KraftsnttSÄ muß s dadurch vermieden werben. '
! Die Wetterlage ist immer noch unbestanürg. Für - Sonntag und Montag ist deshalb mehrfach bewölk- j tes, jedoch nur zu geringen Niederschlägen geneigt^.
^ mäßig warmes bis kühles Wetter zu erwarten.
i FLr die SchMleikmg verantwortlich: Ludwig Laut.
Druck und Verlag der W. Rieker'icken ^ocki>r> -*er-i. Mt-nst.-»,-.
Nächste
Alteusteig-Ltadt.
BkiMrteiiibgibt
am Dienstag, den 16. Mat ds. 3s.
von A—K vormittags von 1^8—10. Uhr „ L—Z vormittags von 10—^1 Uhr
Den 13. Mai 1916.
Stadtschulth.-Amt.
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Paul Beck.