Wegen der Zurückstellungsgejuche (Reklamationsgesuche) Militärpflichtiger in Berücksichtigung bürgerlicher Verhält­nisse wird auf die Bestimmungen der §8 32 und 33 der Deut­schen Wehrordnung (Reg.-Bl. von 1901 Nr. 23) und wegen derjenigen der Reservisten, Landwehrmänner und Ersatz- reservistrn auf § 118 Ziff. 3 bis 6, 8 120 Ziff. 5, §8 122 und 123 der Deutschen Wehrordnung hingewiesen.

Diese Zurückstellungsgesuche, wozu beim Oberamt For­mulare zu haben sind, sollten mindestens eine Woche vor dem Musterungsterinin, also längstens bis 1. März, beim Ober­amt einkommen, damit dieselben geprüft und erforderlichen­falls ergänzt werden können. Zurückstellungsgesuche, die erst nach der Musterung angebracht werden, könnten keine Be­rücksichtigung mehr finden.

Da früher Reklamationsgesuche vielfach verspätet ein­gekommen sind, so hat die K. Oberersatzkommission die be­stimmte Erwartung ausgesprochen, daß dieselben künftig rechtzeitig eingereicht werden, also schon vor der Musterung, nicht erst vor der Aushebung oder nach dieser.

Die Ortsbehörden werden beauftragt, die Beteiligten in angemessener Weise darauf aufmerksam zu machen und für rechtzeitige Vorlage derartiger Gesuche Sorge zu tragen.

Calw, den 21. Februar 1913.

Der Zivil-Vorsitzende der Ersatzkommission:

Reg.-Rat Binder.

K. Oberamt Calw.

Erlag an die Ortsbehörden,

betr. die Feier des Eeburtsfestes Seiner Majestät des

Königs.

Allerhöchster Anordnung gemäß soll am Dienstag, den 2.',. d. M., die Feier des Eeburtsfestes Seiner Majestät des Königs in der herkömmlichen Weise begangen werden und insbesondere der übliche Kirchgang, ganz wie bei der An­wesenheit Seiner Majestät des Königs in Stuttgart, statt­finden.

Den 21. Februar 1913.

Regierungsrat Binder.

Stadt» Bezirk und Nachbarschaft

Calw, 21. Februar 1913.

Vom Rathaus.

Oeffentliche Sitzung der bürgerlichen Kollegien unter dem Vorsitz von Stadtschultheiß Conz am Don­nerstag, von nachmittags 4 Uhr ab. Anwesend sind 11 Gemeinderäte und 13 Bürgerausschußmitglieder. Die Sitzung begann mit Bekanntgabe einiger Einläufe : Die Spöhrersche Höhere Handelsschule lädt die Kollegien zu ihrem Königsbankett auf 24. Februar ein. Ferner war eingegangen ein Erlaß des Kath. Oberfchulrats bezgl. der Fortführung einer weiblichen Fortbildungs­schule 1913 in Calw als Sonntagsschule und ein Erlaß der K. Kreisregierung, die nichts dagegen einzuwenden hat, wenn die Ausführung einer Eeneralkanalisation in Calw noch auf etwa 3 Jahre zurückgestellt wird. Der Erlaß erwartet aber, daß bis dahin die Pläne oorbe- bereitet sind. Einen umfangreichen Gegenstand der Tagesordnung bildeten Schulangelegenheiten, wobei die Ständigmachung von Lehrkräften und die Neuregelung von Taggeldern behandelt wurde. Die Einführung von Abteilungsunterricht an den Volks­schulen genehmigten die Kollegien im Sinne der An­träge der beiden Ortsschulräte. Der Vorsitzende über­reicht unter entsprechenden Worten dem Bürgeraus- schußmitglied Flaschnermeister Essig das neu ausgeführte Feuerwehrdienstehrenzeichen. Bei dieser Gelegenheit macht E.R. Staudenmeyer darauf aufmerksam, daß der Verwaltungsrat der Feuerwehr daraufgekom­men ist, daß Kommandant Dreitz gleicherweise auf eine 25jährige Dienstzeit zurückblickt) sich bis jetzt aber nicht gemeldet hat. Herr Dreiß wird sich nunmehr dekorieren lasten müssen. Einer von der Straßen- bauverwaltung angeregten Ablösung der städtischen Straßenunterhaltungslast an der Staatsstraße nach Kentheim soll nicht Folge gegeben werden. Folgen Wahlen. In den evgl. Ortsschulrat wurden auf 3 Jahre wieder-, bezw. neugewählt: Carl Costen- bader, Carl Zahn, Präz. Baeuchle, Eust. Wagner, Frau Miller-Bühner) in den kath. Ortsschulrat: Spinn­meister Zapp und Förster Rüdinger; in den Eewerbe- s ch u l r a t: als Vorsitzender Carl Zahn, als stellvertr. Vorsitzender Präz. Baeuchle, Heinrich Essig, Ludwig Eisenmann, Hch. Perrot. Zum Schluß wurde dem Stadtvorstand die Ermächtigung zur Ausarbeitung von Bauvorschriften und Feststellung eines Bebauungs­plans für das Gelände beim Weidensteigle erteilt. Sitzungsschluß )48 Uhr.

Die erste Frau im evangelischen Ortsschulrat. Es kann als ein Ereignis innerhalb des Eemeindelebens ange­sprochen werden, das; zum ersten Male eine Frau in den evangelischen Ortsschulrat der Stadt einzieht. Bei der gestri­gen Neuwahl dieses Kollegiums, die gestern in gemeinschaft­licher Sitzung der bürgerlichen Kollegien vorgenommen wurde, regte Eemeinderat Staudenmeyer unter Hinweis aus die mannigfachen Aufgaben, die gerade aus dem Gebiete der Schulverwaltung der Frau zu lösen offenstehen, an, in den Ortsschulrat auch ein weibliches Mitglied zu wählen. Sein Vorschlag fand bei einem Teil der Wählenden Anklang und so vereinigte Frau Miller-Bühner die entsprechende Anzahl Stimmen auf sich, die ihr zu einem Sitz im evange­lischen Ortsschulrat verhalfen. Diese Wahl darf im Inter­

esse der Frauenwelt selbst sowohl, als auch in dem der Schule aufrichtig begrüßt werden. Es steht zu hoffen, daß die Mit­arbeit einer Frau an dieser Stelle die Männer immer mehr von der Notwendigkeit der Heranziehung der Frau zur Lö­sung bestimmter Gemeindeaufgaben überzeugt. Der in den Ortsschulrat berufenen Dame wünschen wir, daß sie ihr Amt stets mit Freuden ausüben kann und daß ihre Mitarbeit zum Wähle von Schule und Kindern ausschlage.

DasZavelsteiner Brücklein" über den Rötelbach. In Nr. 38 des Calwer Tagblatts ist Uber einen vor­behältlichen Beschluß der beteiligten Gemeinden berich­tet, nach dem der an der Straße nach Zavelstein über den Rötelbach führende Steg durch eine Naturbrücke er­setzt werden soll. Die Stellung der Stadtgemeinde Calw zu dieser Angelegenheit wurde in der gestrigen Kol­legialsitzung festgelegt. Der Vorsitzende teilte mit, daß jene Versammlung zunächst mit dem Gedanken um­ging, mit einer Zementröhrendohle zu überbrücken. Ein diesbezgl. Kostenvorauschlag lautete auf 900 -<k. Dem Eintreten des Stadtschultheißen Conz und namentlich des G.R. und Verwaltungsaktuars S t a u d e n m e y e r ist es nun zu verdanken, daß die Versammlung von diesem Gedanken abkam und dann schließlich bestimmte, eine Brücke aus rotem Sandstein zu bauen. Vornehm­lich aus landschaftlichen Rücksichten. Der Voranschlag für eine solche Brücke wird auf 1500 .st angegeben. Von den Gemeinden, die an dem Brückenbau sich be­teiligen, d. h. an der Aufbringung der Kosten, erklärten sich zu einem Beitrag von 100 °kk Zavelstein bereit, Speßhardt gibt 150 -4k, Einberg und Rötenbach je 75 -4k. Das wären 400 -4k. Auf 500 -4k rechnet man von der Amtskörperschaft. Der Rest von 600 -4k verteilt sich auf Calw und Sommenhardt. Diese Beiträge mit Aus­nahme derjenigen der beiden letztgenannten Gemeinden, verstehen sich nur mit der Bedingung, daß eine Unter­haltungspflicht der neuen Brücke später nicht mehr be­steht. In diese Unterhaltungspflicht hätten sich darum Calw und Sommenhardt zu teilen, je hälftig. Der Beschluß der Kollegien geht schließlich dahin, daß vorbehältlich der Vorlegung von Plänen und Kosten­voranschlägen, die Stadtgemeinde Calw auf der Grund­lage 400 : 200 -4k mit Sommenhardt den restlichen Teil der Baukosten zu übernehmen gewillt ist. Beim Be­zirksrat soll auf Anregung von E.R. H. Wagner und Unterstützung von V.A.M. Autenrieth, E.R. Staudenmeyer und dem Vorsitzenden der Antrag gestellt werden, daß die Brücke für den Auto­mobilverkehr gesperrt wird. Die spätere Unterhaltungs­pflicht mit Sommenhardt, je hälftig, anerkennt das Kol­legium. Mit der Verbesserung des Rötelbach-Ueber- gangs an der Zavelsteinerftraße vollzieht sich die Rege­lung einer Frage, die schon unter Stadtschultheiß Haff- ner auf Lösung drängte, immer aber wieder unerledigt bleiben mußte. Den betreffenden Stellen, die die Sache nunmehr einem glücklichen Ziel zuzuführen bestrebt sind, gebührt der Dank aller.

Gesangsgottesdienst in der evangelischen Kirche. Da die Zeit der Einführung des neuen Gesangbuchs allmählich näherrückt (sie ist für Mitte Mai geplant), so wird am kom­menden Sonntag, 23. Februar, in der Stadtkirche abends 3 Uhr unter Mitwirkung des Kirchengesangvereins und eines Mädchenchors ein Gesangsgottesdienst zur Einführung in die Lieder und Weisen des neuen Gesangbuchs stattfinden. Es ist damit der Gemeinde Gelegenheit geboten, einige neue oder abgeänderte Lieder und Melodien kennen zu lernen und gleich mitzusingen.

scb. Mutmaßliches Wetter. Für Samstag und Sonntag ist zunächst noch vorwiegend trockenes Wetter, dann aber zunehmende Bewölkung und mildere Tem­peratur zu erwarten.

(!) Bad Liebenzell, 18. Febr. Vom Rathaus. Oeffentliche Sitzung des Eemeinderats und Bürgeraus- schustes unter dem Vorsitz von Stadtschultheiß Mäulen am Donnerstag, 13. Febr., nachm, von 4 Uhr ab. An­wesend sind vom Gemeinderat 9, vom Bürgerausschuß gleichfalls 9 Mitglieder. Die von der Stadt- und Armenpflege ausgeliehenen Darlehen Erundstocks- gelder sollen gekündigt, und soweit nicht erforder­lich, an die Oberamtssparkasse Calw cediert werden. Die Luise Hildenbrand Witwe erhält die Erlaubnis zum Anschluß eines von ihr zu erstellenden Block­hauses an die städt. Wasserleitung unter den üblichen Bedingungen. Die Geburtstagsfeier des Königs soll in der bisher üblichen Weise erfolgen, das Festessen findet im Easthof zum Hirsch statt. Zur Verbeste­rung der Schömbergerstraße sollen von dem Schotter­werk Jspringen 4 Eisenbahnwagen Kalksteinschotter ge­liefert werden. Außerdem soll zur Ausbesserung der sog. alten Lindenallee in den Kuranlagen versuchsweise 1 Waggon gröbster Porphyrgrus von Dossenheim a. d. Bergstraße bestellt werden. Der von dem Stadtvor­stand betriebene Ankauf von zus. 76 Ar Acker und Wiese im Zwerneck von Friedrich Lörcher, Bäcker hier, um 20 Pfg. pro qm wird nach längerer Debatte, an welcher sich die Eemeinderäte Deker und Emendörfer, vom Bürgerausschuß die Mitglieder Mohl und - s e r beteiligen, vom Gemeinderat mit 5 gegen 4 Stim­men genehmigt. Die erkauften Grundstücke, welche sich an den neuen Bebauungsplan anschließen, grenzen an die Burganlagen, wodurch die Gemeinde daselbst nun­mehr ein zusammenhängendes Areal von 2 ba besitzt,

außerdem hat die Gemeinde durch den Kauf einen eige­nen Zugangsweg zum Zwerneck-Wald. Der von dem Kurausschuß aufgestellte Voranschlag der Kur- und Badeverwaltung für 1913 wird genehmigt. Nach ihm wurden eingestellt: für die Kurmusik 5380 Mark, Beitrag für den Schwärzwald- und Verschöne­rungsverein 450 -4k, für Subvention eines Kurtheaters 520 -4k, für Veranstaltungen 2500 -4k, Fond zu einem Musikpavillon 3. Rate 250 -4k, für Reklame 2100 -4k usw. Hierauf Eröffnungen, Dekreturen und eine Schätzung. Vom Gemeinderat allein wird das Gesuch des Josef Sommer, z. Zt. Pächters desKaiserhofs" in Pforz­heim um Erteilung der persönlichen Wirtschaftskon­zession für das Hotelrestaurant zumKurpark" hier ver­lesen und das Bedürfnis hiefür in geheimer Abstim­mung mit 3 gegen 2 Stimmen verneint, 1 Mitglied hat einen weißen Zettel abgegeben. Schluß der Sitzung 9)4 Uhr.

. Althengstett, 20. Febr. Wie schade, daß infolge Raummangels viele Leute dem gestrigen Gemeindeabend nicht anwohnen konnten. Aus allen Kreisen der Gemeinde wurde zusammengeholfen, um den Abend schön zu gestalten. Herr Oberlehrer Reiff hielt einen lehrreichen, von patrio­tischem Geist beseelten Vortrag und versetzte in packenden Worten die Anwesenden (zirka 150 an der Zahl) eine Stunde lang in die Zeit der Erhebung Preußens im Jahr 1813. Eine Anzahl hiesiger Jungfrauen übte schon seit Wochen für den Abend. Hebung macht den Meister. Be­rufsschauspielerinnen könnten ihre Sache kaum Lester machen als diese Jungfrauen, die bei den AufführungenMädchen in der Fremde" undD'Bettfläsch" zu begeistertem Beifall Hinristen. Die Pausen wurden ausgefüllt durch Eesangsvor- träge des Liederkranzes, Klavier- und Violin-Vorträge, De­klamationen, Solo-Gesänge und gemeinschaftliche Gesänge. Für diesen Winter war dies der letzte Eemeindeabend. Wir freuen uns schon wieder auf die Eemeindeabendc im nächsten Winter.

_e- Deckenpfronn, 20. Febr. Heute wurde unter sehr zahlreicher Leichenbegleitung der Veteran Schlosser Wacker zu Grabe getragen. Neben dem hiesigen Militärverein, wel­cher die üblichen Salven abgab und einen Kranz niederlegen ließ, beteiligten sich noch die Nachbarvereine Oberjesingen, Dachtel und Eiiltlingen mit ihren Fahnen. Wacker hat den Feldzug 1870 und dabei die Schlachten von Wörth, Sedan, Champigny mitgemacht) er kehrte als Unteroffizier der Ar­tillerie in die Heimat zurück. W. war ein unternehmender Mann, er gründete im Jahre 1894 die erste Prioatmolkerei. In den letzten Jahren genoß er, nachdem seine früher so gute Gesundheit erheblich nachgelassen, die übliche Veteranen­unterstützung aus der Reichshauptkaste.

X Unterhaugstett. 20. Febr. Heute früh gegen 2410 Uhr vernahm man hier aus der Ferne ein tiefes Brummen. Gleich hieß es:Das ist der Zeppelin!" Und richtig, kurz vor 10 Uhr tauchte im Süden das Luftschiff auf, hellstrahlend im Sonnenglanz. Maje­stätisch kam es näher, und während es über Liebenzell eine prächtige Kreisfahrt ausführte, hatte man auch hier genügend Gelegenheit, das großartige Kunstwerk zu bewundern. Die glänzenden Gondeln und die sur­renden Propeller waren deutlich sichtbar. Das Luft­schiff mag in ca. 300400 Meter Höhe geschwebt haben. Es entfernte sich in der Richtung gegen Schömberg Wildbad und mit freudigem Dank für das herrliche Schauspiel nahm man von ihm Abschied und wünschte ein glückliches Wiedersehen.

Zavelstein, 20. Febr. Das in Baden-Baden statio­nierte neue Militärluftschiff kam heute vormittag 10 Uhr über den Schwarzwald geflogen, schwenkte im Na­goldtal und zog über Teinach und Zavelstein wieder dem Rheintal zu. Der große Zeppelinkreuzer war der erste seiner Art, der unmittelbar über uns wegzog. Er wurde mit großer Freude begrüßt.

Weilderstadt» 20. Febr. Das 11jährige Mädchen, welches gestern mittag bei einem Leichenbegängnis auf dem Gottesacker durch Umfallen eines Grabsteins am Kopf schwer verletzt wurde, ist gestern abend 9 Uhr gestorben. Tin Sohn aus gleicher Familie stürzte vor kurzem durch ein Glasdach, wodurch er sich schwere Verletzungen zuzog. Selten kommt ein Unglück allein.

Pforzheim, 21. Febr. Gestern wurde hier ein Eas- geldeinnehmer wegen Unterschlagung von 8000 -4k ver­haftet. Er hatte das Geld in einer hohlen Vorhang­stange seiner Wohnng versteckt und behauptet, es sei ihm aus der Wohnung gestohlen worden.

Württemberg.

Böblingen, 20. Febr. Wegen Milchfälschung wurden die Dätzinger Bäuerinnen Mathilde Heinkele und Kath. Flach zu Geldstrafen von 25 und 50 °4k, die 1909 wegen desselben Vergehens mit 20 -4k vorbestrafte Witwe Pau­line Heinkele zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt. Ueber- dies wurde die Veröffentlichung des Urteils auf Kosten der Verurteilten angeordnet. Die lleberführung der Verurteilten erfolgte durch die Stuttgater Lebensmittel­polizei, die erst drei Jahre zuvor in derselben Sache in Dätzingen tätig gewesen war. Vom Vertreter der An­klage war gegen alle Angeklagten Gefängnisstrafen be­antragt, da bei Geldstrafen das Milchpantschen nicht nachlasten wolle.

Heilbronn, 21. Febr. Dieser Tage saß ein junges Ehe­paar aus Bückingen und ein verheirateter Mann aus Weins-