43. Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw. 88. Jahrgang.

AriHeinungSweise: Smal wöchentlich, knzeigenprei«: Im OberamtS- Calw für die einspaltige BorgiSzeile 10 Psg., außerhalb desselben lLPsg., »-.'»Aarnen LS Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.

Freitag, den 21. Februar 1913.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post- bezugSpreiS für den OrtS- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Psg

Amtliche Bekanntmachungen.

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pro 1913.

1. Das heurige Musterungsgeschäft wird im Oberamts­bezirk Calw in folgender Weise oorgenommen: «

Donnerstag, den 6. März, vorm. 10 Uhr, Musterung in Neuweiler.

Hierbei haben zu erscheinen die Pflichtigen von Agen- bach, Aichhalden, Altbulach, Bergorte, Breitenberg, Emberg, Hornberg, Liebelsberg, Martinsmoos, Neubulach, Neu­weiler, Oberhaugstett, Oberkollwangen, Schmieh, Würzbach, Zwerenberg, und zwar:

vorm. 9)4 Uhr: die Jahresklasse von 1891, vorm. 10 Uhr: die Jahresklasse von 1892, vorm. 10 Uhr: die Jahresklasse von 1893.

Freitag, den 7. März, vorm. 9)4 Uhr,

Musterung in Gechingen.

Hierbei haben zu erscheinen die Pflichtigen von Alt- hengstett, Dachtel, Deckenpfronn, Gechingen, Holzbronn, Ostelsheim, Stammheim, und zwar

vorm. 9 Uhr: die Jahresklasse von 1891, vorm. 9^ Uhr: die Jahresklasse von 1892, vorm. 10 Uhr: die Jahresklasse von 1893.

Samstag, den 8. März, vorm. 8)4 Uhr,

Musterung in Liebenzell.

Hierbei haben zu erscheinen die Pflichtigen von Denn­jächt, Ernstmühl, Hirsau, Liebenzell, Monakam, Möttlingen, Neuhengstett, Oberkollbach, Oberreichenbach, Ottenbronn, Simmozheim, Unterhaugstett, Unterreichenbach, und zwar vorm. 8 Uhr: die Jahresklasse von 1891, vorm. 8)4 Uhr: die Jahresklasse von 1892, vorm. 9)4 Uhr: die Jahresklasse von 1893.

Montag, den 10. März, vorm. 8 Uhr,

Musterung in Calw.

Hierbei haben zu erscheinen die Pflichtigen von Altburg, Alzenberg, Calw, Rötenbach, Sommenhardt, Teinach, Zavel- stein, und zwar

vorm. 7)4 Uhr: die Jahresklasse von 1891, vorm. 8)4 Uhr: die Jahresklasse von 1892, vorm. 9 Uhr: die Jahresklasse von 1893.

Bemerkt wird, datz die Pflichtigen nicht gemeindeweise, sondern getrennt nach Jahrgängen (der älteste, 1891 und früher, zuerst) bei der Musterung erscheinen müssen, was auch bei der Vorladung zu beachten ist; es haben daher die

Herren Ortsvorsteher über die ganze Dauer der Musterung

anwesend zu sein.

2. Die Losung findet für sämtliche Militärpflichtige des Bezirks statt am

Dienstag, den 11. März, vorm. 8 Uhr, in Calw

mit den Pflichtigen der diesjährigen Altersklasse. Das Er­scheinen bei der Losziehung ist freigestcllt, und es wird für die Abwesenden durch ein Mitglied der verstärkten Ersatz­kommission das Los gezogen.

Nachher findet die Verhandlung über die Reklamations­gesuche statt.

3. Bei der Musterung haben die Militärpflichtigen des Jahrgangs 1893, sowie diejenigen der Jahrgänge 1892, 1891 und früherer Jahrgänge, über deren Militärpflicht noch nicht endgültig entschieden worden ist, zu erscheinen, sofern nicht einzelne auf Ersuchen von der Gestellung ausdrücklich durch das Oberamt entbunden sind.

Die Pflichtigen früherer Jahrgänge haben ihre Losungs­scheine zuverlässig mitzubringen, ebenso die Schulamtskandi­daten ihre Prüfungszeugnisse. Diejenigen, welche nicht mehr im Besitz ihres Losungsscheines sein sollten, haben sich vor der Musterung beim Oberamt ein Duplikat gegen Bezahlung von 50 Pfg. ausstellen zu lassen.

Sämtliche Gestellungspflichtigen werden hiermit auf­gefordert, zur Vermeidung der gesetzlichen Strafen, Zwangs­mittel und Rechtsnachteile an den vorgenannten Tagen in den Musterungsstationen (Musterungslokal je im Rathaus) rechtzeitig sich eiuzufinden, auch wenn sie keine spezielle Vor­ladung erhalten haben sollten. Unpünktliches Erscheinen kann den Verlust der Vorteile der Losung, böswilliges oder wiederholtes Nichterscheinen die sofortige Einstellung zum Truppenteil zur Folge haben. Unterlassene Anmeldung zur Stammrolle entbindet nicht von der Gestellungspflicht.

1. Die Ortsvorsteher haben sämtliche Pflichtige, über deren Militärverhältnis die Stammrolle noch keine Ent­scheidung enthalten, insoweit zur Musterung vorzuladen, als sie in der Gemeinde zurzeit ihren Aufenthalt haben. Die Abwesenden sind im Bezirke des Aufenthalts­ortes gestellungspflichtig. Bei denjenigen, welche sich vor der Musterung zu Hause einfinden, um an derselben teilzu­nehmen, haben sich die Ortsvorsteher zu vergewissern, ob nicht eine Scheinverziehung vorliegt, d. h. ob die Pflichtigen nach der Musterung nicht wieder dahin zurückzukehren beab­sichtigen, wo sie vorher waren. Solche dürfen nicht zur Musterung vorgeladen werden, sondern sind in den Bezirk

ihres Aufenthaltsortes zu verweisen. Im Anstandsfalle ist beim Oberamt Bescheid einzuholen.

Formulare zu Vorladungen sind den Ortsvorstehern zu­gegangen. Die Eröffnungsurkunden sind dem Oberamt spätestens bis 1. März d. I. vorzulegen.

5. Die Gemeindebehörden können von der Gestellung nicht entbinden. Wer durch Krankheit verhindert ist, zu er­scheinen, hat ein ärztliches Zeugnis einzureichen, welches von der Gemeindebehörde beglaubigt sein mutz, wenn der be­treffende Arzt nicht amtlich angestellt ist.

Gemütskranke, Blödsinnige, Krüppel usw. dürfen auf Grund eines derartigen Zeugnisses von der Gestellung durch das Oebramt befreit werden.

6. Die Militärpflichtigen haben mit reingewaschenem Körper und reiner Wäsche zu erscheinen. Diejenigen, welche an Schwerhörigkeit zu leiden behaupten, haben das Innere des Ohres gründlich zu reinigen, um eine Untersuchung zu ermöglichen; auch haben sie, wenn möglich, amtlich beglau­bigte Zeugnisse ihrer Lehrer, Geistlichen usw. beizubringe», desgleichen solche, welche stottern oder schwachsinnig oder stumm oder taub sind. Wer an Epilepsie zu leiden behaup­tet, hat auf eigene Kosten drei glaubhafte Zeugen zu stellen oder ein Zeugnis eines beamteten Arztes beizubringen.

7. Die Ortsvorsteher haben sich mit den Stammrollen von 1911, 1912 und 1913 zu der bezeichneten Zeit im Muste­rungslokal zur Musterung einzufinden, bei der Losung da­gegen nicht. Die Stammrollen werden bei der Musterung ergänzt; die Losnummern find aus Grund der Losungsscheine, wenn diese vom Oberamt den Ortsoorstehern behufs A»s- solge an die Pflichtigen zugesandt werden, einzutragen.

Die Ortsvorsteher find dafür verantwortlich, datz die Pflichtigen bei der Musterung vollzählig und rechtzeitig sich einfinden. Denselben ist zu bedeuten, datz alles Lärmen und jede Störung der Verhandlung streng bestraft werden wird. Auch haben die Ortsvorsteher darauf zu sehen, datz die Militärpflichtigen sich in den Ortschaften ruhig und an­ständig ausführen, und es ist gegen jedenUnfng nachdrück- lichst einzuschreiten.

8. An- und Abmeldungen von Pflichtigen sind alsbald dem Oberamt anzuzeigen, bei Anmeldungen unter Anschlutz der Losungsscheine.

Calw, den 21. Februar 1913.

Der Zivil-Vorsitzende der Ersatzkommission:

Reg.-Rat Binder.

Brigitta.

Erzählung von Adalbert Stifter.

Wirklich erblickte ich, da ich auf die eigentümliche Anlage hinüberschaute, die hölzernen Hütten, von denen er gesprochen hatte, und sah an verschiedenen Stellen des Haiderückens schwachen Rauch aufgehen, der die kunstlosen Herde anzeigen mochte, aus denen die Leute ihr Mittagessen kochten.

Als wir in den Park einritten, umsprungen von den großen und kleinen Doggen, läutete in dem Herrenhause eben die Glocke, die uns und die anderen Leute zum Mahle rief.

Ich fragte an dem Abende dieses Tages meinen Reisefreund nicht um sein Ziel, wie ich mir tags vorher beim Schlafengehen so fest vorgenommen hatte.

Der Nachmittag verging wie gewöhnlich, zu Hause, nur datz der Major gegen fünf Uhr auf dem gebahnten Wege mit der Pappelallee, auf dem ich in der Nacht gekommen war, ich weiß nicht wohin fuhr, während ich die Bücher musterte, die er mir in immer größerer An­zahl aus seinem Bücherzimmer auf meine Stube brin­gen ließ.

Des folgenden Tages hatte der Major viel zu schreiben, und ich brachte schier den ganzen Tag damit zu. seine Pferde, die er zu Hause hatte, zu besehen, und

mit seinen Leuten Bekanntschaft zu machen.

An dem Tage, der nachher folgte, war ich mit ihm in der Schäferei, die zwei Stunden Reitens entfernt ist, und in welcher wir den ganzen Tag zubrachten. Er hatte einige Leute dort, die bedeutende Bildung ver­raten und mit ihm in das Wesen der Sache, die sie lieben, einzugehen scheinen. Hier sah ich auch, datz alle Zweige seiner Tätigkeit ihre eigene Eeldverwaltung haben, indem er den Schäfereien eine Summe vor­streckte, die aus einem anderen Bereiche genommen war. Die Sache wurde sehr genau und richtig in die Papiere ausgenommen und verbrieft. Die Anlagen sind sehr weitschichtig und die Zuchten nach ihrem Bedürfnis geordnet.

Ein anderesmal sah ich die Gestüte, und wir waren auf der Weide, auf welcher seine Füllen und die jünge­ren Pferde gewöhnlichen Schlages unter Hirten stehen, wie anderswo die Rinder.

Auf diese Weise lernte ich nach und nach den ganzen Kreis seiner Tätigkeit kennen, welcher wahrhaftig nicht geringfügig war. Ich wunderte mich, datz er diesen Sachen eine solche Aufmerksamkeit und Umsicht zu­wendete, da ich ihn doch früher mehr als träumend und in Wissenschaften herumdichtend und forschend ge­kannt habe.

Ich glaube," sagte er einmal,datz man es so mit dem Boden eines Landes beginnen müsse. Unsere Ver­fassung, unsere Geschichte ist sehr alt, aber noch vieles ist zu tun; wir sind in ihr, gleichsam wie eine Blume, in einem Gedenkbuche aufgehoben worden. Dieses weite j

Land ist ein größeres Kleinod, als man denken mag, aber es mutz noch immer mehr gefaßt werden. Die ganze Welt kommt in ein Ringen, sich nutzbar zu machen, und wir müssen mit. Welcher Blüte und Schön­heit ist vorerst noch der Körper dieses Landes fähig, und beide müssen hervorgezogen werden. Ihr müßt es ja gesehen haben, da Ihr zu mir kamt. Diese Haiden sind der feinste schwarze Ackergrund, in diesen Anhöhen voll glitzernden Gesteins bis zu jenen blauen Bergen hin, die Ihr im Norden seht, schläft der feurige Flutz des Weines und dämmert von Erde umflort der Elanzblick des Metalles. Zwei sehr edle Ströme durchziehen unser Land, über ihnen ist, sozusagen, die Luft noch tot und harrt, datz unzählige Wimpel in ihr flattern. Vielerlei Volk ist in unserm Lande, manches ist ein Kind, dem man vormachen mutz, was es beginnen soll. Seit ich in der Mitte meiner Leute lebe, über die ich eigentlich mehr Recht habe, als Ihr Euch denket, seit ich mit ihnen in ihrer Kleidung gehe, ihre Sitten teile, und mir ihre Achtung erworben habe, ist es mir eigentlich, als hätte ich dieses und jenes Glück errungen, das ich sonst immer in der einen oder der andern Entfernung gesucht habe."

Ich fragte den Mann nun gar nicht mehr um sein Ziel, dessen er in seinem Briefe an mich erwähnt hatte.

Vorzugsweise waren es die Eetreidearten, denen er seine Aufmerksamkeit zugewendet hatte. Und sie stan­den auch in einer Fülle und Schönheit, datz ich schon neugierig war, wenn sich diese Aehren der Reife zu­wenden und wenn wir sie heimführen würden.

(Fortsetzung folgt.)