nannten Gesetzes erlassenen Verordnungen verlieren ihre Gültigkeit. Hierzu beantragt die Volkspartei: Die landesgesetzlichen Vorschriften über den Orden der Gesellschaft Jesu bleiben unberührt. Müller-Meiningen (F. V.): Das Zentrum mag einmal klar aussprechen, ob es der Auffassung ist, das; die landesgesetzlichen Bestimmungen von der Aufhebung des Jesuitengesetzes unberührt bleiben. Wenn das Zentrum das erklärt, sind wir bereit, den Antrag zurückzu- zichen. Graf Westarp (Kons.): Wir stimmen dem fortschrittlichen Antrag nicht zu, weil er etwas Selbstverständliches enthält. Schulz-Bromberg (Reichspt.): Der Antrag würde Unsicherheit schaffen und deshalb lehnen wir ihn ab. Gröber (Ztr.): Ich mutz mich gegen den Antrag aussprechen. Entweder enthält er etwas Richtiges, dann ist er selbstverständlich, oder er enthält etwas Unrichtiges, dann lehnen wir ihn ohne weiteres ab. Iunck (Natl.): Der Antrag mag nicht notwendig sein, wir stimmen ihm aber zu. (Heiterkeit.) Müller-Meiningen (F. V.): Wir würden den Antrag gern zurückziehen, tun dies aber nicht, weil sich das Zentrum um eine klare Erklärung herumdrückt. — Der 8 2 wird angenommen und der Antrag der Volkspartei gegen die Stimmen dieser Partei und der Nationalliberalen abgelehnt. 8 Jnkrafttretung des Gesetzes, wird ohne Debatte angenommen, ebenso das Gesetz im ganzen. Auf Antrag des Abg. Spahn (Ztr.): wird sofort die dritte Lesung vorgenommen. Sie passiert ohne Debatte. In der Gesamtabstimmung wird die Vorlage mit den Stimmen des Zentrums, der Sozialdemo, traten, der Polen, der Elsässer, Dänen und der Fortschrittler v. Payer, Braband und Kerschenstein er angenommen. Wiederholter Beifall im Zentrum: Zischen bei den Nationalliberalen, Freisinnigen und der Rechten. — Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr: Namentliche Abstimmung über die Ostmarkenzulage, Fortsetzung der Etatsberatung. Schlutz nach 5 Uhr.
Was im Blick auf die Parteiverhältnisse des Reichstages im voraus sicher stand, ist nun gestern eingetroffen: Wieder einmal ist der Antrag des Zentrums auf Aufhebung des Jesuitengesetzes angenommen worden. Die Nächstliegende Frage ist jetzt: Was nun? Der Antrag geht mit seinem Abstimmungsergebnis an den Bundesrat, da Reichsgesetze zu ihrem Zustandekommen der Uebereinstimmung von Mehrheitsbeschlüssen im Reichstag und Bundesrat bedürfen. Dort im Bundesrat wird die Zustimmung zur Aufhebung des Gesetzes zweifellos verweigert, der Reichstagsbeschlutz also nicht Gesetz werden. Das drängt zu der Annahme, datz das Zentrum als Gegenleistung entsprechend seiner im Reichstag anlätzlich der Beratung des Enteignungsgesetzes, in der Budgetkommission, beim Justizetat kürzlich eingenommenen Haltung seine Mitztrauens- und Rachepolitik weiter treiben wird und, wiederum im Bunde mit der Sozialdemo, kratie, die neuangekündigte Heeresvorlage zu Fall bringen wird, was unweigerlich zur Auflösung des Reichstags führen würde. Dabei hat das Zentrum nichts zu verlieren, darum kann es diesen Streich auch ruhig wagen.
Stadt» Bezirk und Nachbarschaft
Calw, 20. Februar 19l3.
Schon wieder ein Zeppelin! Spät kam er, doch er kam! Schon seit einigen Tagen nämlich sprach man davon, datz das Militärluftschiff aus Baden-Oos uns wieder besuchen werde und dieses Mal sogar einen Calwer Herrn mit sich in den Lüsten habe. Heute nun, bei strahlendem Sonnenschein, surrten und brummten kurz vor 10 Uhr die Propeller die grotzen und kleinen Leute aus den Werkstätten, den Fabriken, den Bureaus und Schulen ans Fenster und auf die Straßen: In strahlende, schimmernde Lichtflut gebadet, glitt der silberne Vogel über die Stadt. Ach, wer da mitreisen könnte in den sonnigen Morgen hinein! Das Schiff kam aus dem Süden und flog gen Norden, umflog Bad
Liebenzell zweimal und verschwand dann über der Oberlengenhardter Gegend. Fein heraus sind die Liebenzeller. Denen hat es zu aller Freude hin noch zu einem luftigen Gruß gereicht. Beim Liebenzeller Stadtschultheitzenamt ist eine Karte abgegeben worden, auf der zu lesen war: „Besten Erutz vom Ersatz Z. 1 aus 1000 Meter Höhe." Die Luftpost trug zwei Unterschriften. Die eine davon war zu entziffern und lautet: Jakobi, Oberleutnant.
Wie sich der Bund für Heimatschutz zum Umbau der Nagold-Brücke in Hirsau stellt. Der Vertrauensmann des Bundes schrieb in den „Mitteilungen" schon 1910 (Novemberheft): Es mutz auch an dieser Stelle durchaus anerkannt werden, datz es so nicht bleiben kann, wie es jetzt ist. Der Verkehr über die Brücke ist kein ganz unbedeutender: die Brücke vermittelt den Verkehr nicht nur unter den Talorten, sondern auch den zwischen Stuttgart und Wildbad,' ferner die Abfuhr des Langholzes aus den grotzen Wäldern bei Hirsau. Und seit sich zu dem Fahrrad auch das Automobil gesellt hat, ist unbestreitbar, datz die Brücke den Verkehr nicht mehr bewältigen kann) es kommen zwei erschwerende Momente zusammen: die erhebliche Steigung von der Anfahrt bis zum Brückenscheitel, und die scharfe Biegung der Stratze bei der Einmündung der Brücke. Schon mancher Unfall ist dort passiert, und schon mancher Notschrei nach Verbesserung der Brücke ist durch das Nagoldtal gegangen. Zum Glück hat aber jeder derartige Notschrei auch darin sein Echo gefunden, datz sich die Freunde des jetzigen Landschaftsbildes gegen eine Ubereilige Aen- derung des Zustandes gewehrt haben. Käme ein Umbau der Brücke — in irgend welcher Form — zur Verwirklichung, so würde nach drei Richtungen hin sich eine Aenderung ergeben: die steil ansteigende Brückenbahn würde erheblich verflacht, das Verhältnis der Oeff- nungsbogen zur Cteinmasse würde ein weniger günstiges, endlich mützte die Oelmühle unbedingt fallen, ein- schlietzlich einer Allee schöner, in Verlängerung der Brücke gegen das Kloster zu stehender Linden. Diese! Aenderungen lassen sich sämtlich bei einem Umbau nicht vermeiden, und sie kämen tatsächlich der völligen Zerstörung des Bildes gleich. Wäre der Umbau beschlossene Sache, so mützte der Heimatschutz, der kein Interesse mehr an diesem Flickwerk haben könnte, lieber etwas völlig Neues verlangen, vorausgesetzt natürlich, datz dieses Neue auch wirklich gut wäre. Auch die Angliederung eines Futzgängerstegs flußaufwärts an die Brücke wurde schon angeregt) allein einmal würde diese Lösung nicht völlig abhelfen, zum andern scheint es zum mindesten zweifelhaft, ob sich hier eine künstlerisch befriedigende Lösung überhaupt finden ließe. Demgegenüber stände als wohl einzig brauchbare Lösung der Bau einer zweiten neuen Brücke flußabwärts in mäßigem Abstand von der alten. Die Vorzüge springen unmittelbar in die Augen: das eigentliche Schaubild, wenn man so sagen darf, der Blick von Calw her bleibt völlig unversehrt) die Führung der neuen Brücke ist entsprechend dem jetzigen Lauf der Straßen eine durchaus sinngemäße und folgerichtige; zudem bekäme man ein völlig neues Bild von der neuen Brücke auf die alte, das manchen Reiz hätte. Damit wäre vollauf den sämtlichen Wünschen Genüge getan: der Erhaltung des Landschaftsbildes, wie den berechtigten Verkehrsinteressen. Dieses von allen Seiten befürwortete und wohlgemerkt nicht teurere Projekt als das des Umbaus, wird fast ausschließlich von Hirsau aus befehdet. Es mögen persönliche Interessen Hereinspielen, wie es bei einem so kleinen Ort nicht zu verwundern ist, die Hauptsache ist die: der Staat unterhält grundsätzlich keine alte Brücke neben einer neuen) es würde daher
Hirten. Einige Stangen, so mager, datz von ihnen als Schutzwerken gar keine Rede sein kann, bildeten eine Hütte, oder vielleicht gar nur ein Zeichen, welches in der Steppe leicht gesehen und gefunden werden kann. Unter diesen Stangen brannte oder glimmte vielmehr ein Feuer, das von den zähen Aesten oder den Wurzeln der Wachholder- oder Schlehen- und anderer Krüppel- sträucher unterhalten wurde. Hier bereiteten die Hirten, die um elf Uhr schon Mittag hielten, ihr Mahl. Braune Gestalten, deren Pelze auf der Erde umherlagen. standen in schmutzig-weißen Beinkleidern und Hemdärmeln um den Major herum und antworteten auf seine Fragen. Andere, da sie seine Ankunft auf der weithin gedehnten Fläche wahrgenommen hatten, jagten auf kleinen, unscheinbaren Rossen herbei, die weder Sattel noch Decke, und statt der Zügel und Halfter oft nur einen Strick hatten. Sie stiegen ah, hielten ihre Tiere an der Hand und umringten den Major, der ebenfalls abgestiegen war, und sein Pferd zu halten gab. Sie sprachen nicht bloß von ihrer Beschäftigung mit ihm, sondern auch von anderen Dingen, und er kannte sie fast alle mit Namen. Er war so leutselig mit ihnen, als wäre er einer aus ihrer Mitte, und dies, wie ich glaubte, erweckte eine Art Begeisterung unter den Menschen. Wie bei uns in den Bergen, so waren auch hier die Tiere den ganzen Sommer über im Freien. Es waren jene weißen, langgehörnten Rinder, welche in dem Lande Vorkommen und sich in den Kräutern der Steppe nähren, die eine Würze und einen Blu
mengeruch haben, die wir Alpenländler ihnen kaum zutrauen sollten. Bei diesen Tieren bleiben die Menschen, die ihnen zugegeben sind, ebenfalls im Freien pnd haben oft gar nichts über sich, als den Himmel und die Sterne der Haide, oft nur, wie wir eben gesehen hatten, einige Stangen, oder eine eingegrabene Hütte von Erde. Sie standen vor dem Major, dem Grundherrn, wie sie ihn hier hießen, und hörten seinen Anordnungen zu. Als er wieder aufstieg, hielt ihm einer, der blitzende Augen aus dem Schwarz seines Gesichtes und seiner Bräuen herauszeigte, das Pferd, während sich ein anderer mit langen Haaren und dichtem Schnurrbart bückte und ihm die Steigbügel hielt.
„Lebt wohl, Kinder," sagte er beim Fortreiten, „ich werde euch bald wieder besuchen, und wenn die Nachbarn herüberkommen, werden wir einen Nachmittag auf der Haide liegen und bei euch essen."
Er hatte diese Worte auf ungarisch gesagt, und sie mir auf meine Bitte verdeutscht.
Im Fortreiten sagte er zu mir: „Wenn es Euch ergötzt, diese Haidewirtschaft einmal im einzelnen genau anzuschauen und Ihr etwa einmal allein herauskommen wolltet, um mit diesen Leuten gleichsam zu leben, müßt Ihr auf die Hunde achten, die sie haben. Sie sind nicht immer so zahm und geduldig, wie Ihr sie heute gesehen habt, sondern sie würden Euch strenge mitfahren. Ihr müßt es mir vorher sagen, datz ich Euch hingeleite, oder wenn ick nichr kann, datz ich Euch einen bekannten;
die Unterhaltung der alten Brücke der Gemeinde Hirsau anheimfallen. Obwohl die Unterhaltungskosten keine sehr grotzen sein können, zumal die alte Brücke für den Fuhrwerksverkehr gesperrt würde, ist doch begreiflich — vom Standpunkt Hirsaus aus — wenn die mit Gütern nicht reichlich gesegnete Gemeinde sich zunächst ablehnend verhalten hat und nicht die Unterhaltungskosten auf sich nehmen wollte. Allein dieser äußerst geringe Betrag sollte kein Grund sein dürfen, unbarmherzig das schöne Alte totzuschlagen) gewiß wäre der Staat hier bereit, eine Ausnahme zu machen, oder der armen Gemeinde wenigstens einen Beitrag zu verwilligen; sollten alle Stränge brechen, so könnte vielleicht der Bund einmal wieder seine milde Hand auftun. So können wir nur wiederholt dem Wunsch Ausdruck geben, datz der vom Staat erkannte gesunde Gedanke des Baues einer zweiten Brücke sich durchsetzen möge in das Herz jedes Interessenten, bis hinaus zum letzten maßgebenden Hirsauer. Unseres Erachtens ist die hier aufgerollte Frage von nicht geringer Bedeutung für den Heimatschutz in Württemberg. Möge die Freude, datz man sich hier ohne Besinnen auf Seite des Staates schlagen kann, zum Jubel werden, wenn der Würfel endgültig so fällt, datz das alte schöne Bild uns erhalten bleibt!
b. Schwäbische Gedenktage. Am 17. Februar 1723 ist der große Mathematiker und Astronom Tobias Mayer, Professor an der Universität in Güttingen, zu Marbach geboren: er starb im Jahre 1762 am 20. Februar. Er ist durch seine Mondtafeln berühmt geworden. — Am 18. Februar 1646 nahm Oberst Widerhold durch einen Ueberfall die Stadt Sulz ein und kehrte mit reicher Beute in seine Bergveste zurück. — Am 20. Februar 1525 brach Herzog Ulrich vom Hohentwiel zur Eroberung seines Landes auf, ein Versuch, der bekanntlich fehlschlug. — Am 21. Februar 1633 richtete der kaiserliche Oberst Goß mit 4000 Reitern ein solches Blutbad in Mülheim (O.-A. Tutlingen) an, datz ein Blutstrom bis in die Donau hinabflotz und das Wasser rot färbte. 300 schwedische Leichen wurden beini unteren Schloßgarten begraben. — Am 25. Februar 1755 wurde in Kirchheim u. T. der nachmalige Professor der Botanik und Eartendirektor Johann Simon Kerner geboren. Er hat eine Reihe vorzüglicher Werke über Pflanzen hinterlassen und starb am 13. Juni 1830. — Am 26. Februar 1538 starb zu Pforzheim die morganatische Gemahlin des Markgrafen Ernst von Baden, Ursula Freiin von Rosenfeld (O.-A. Sulz), die die Stammutter des Hauses Baden geworden ist. — Am 27. Februar 1819 wurde in Talheim (O.-A. Tuttlingen) als Sohn eines Bauern geboren Max Schneckenburger, Kaufmann in Burgdorf bei Bern, der Dichter der „Wacht am Rhein". Er starb im Jahre 1849. — Am 28. Februar 1812 ist in Nordstetten (O.-A. Horb) der Dichter und Schriftsteller Berthold Auerbach (Baruch Auerbach), der Verfasser der bekannten Schwarzwälder Dorfgeschichten, geboren.
scd. Mutmaßliches Wetter. Auch für Freitag und Samstag ist nur zeitweilig bewölktes, im übrigen trockenes Wetter bei etwas nachlassender Kälte zu erwarten.
t. Breitenberg, 20. Febr. Gestern nachmittag zwischen 5 u. 6 Uhr brach infolge Unvorsichtigkeit beim Aufwärmen des eingefrorenen Leitungswassers im Hause des Taglöhners Matthäus Kraus Feuer aus. Das Gebäude brannte ab, trotz des tatkräftigen Eingreifens der Feuerwehr von hier. Das Haus war versichert, das Mobiliar dagegen nicht. Doch kamen wenigstens Menschen und Vieh nicht zu Schaden.
Weilderstadt, 20. Febr. Als der Musketier Siegle vom Infanterieregiment Nr. 121, der in seinem zweiten Dienstjahr nach 4wöchigem Krankenlager gestorben ist, beerdigt wurde, ereignete sich ein llngliicksfall. Der Grabstein fiel um und begrub ein lljähriges Mädchen des Wagners Lutz unter sich. Es wurde so schwer ver-
Hirten milgebe, der Euch führe, und den die Hunde lieben."
Ich hatte in der Tat, da wir bei dem Hirtenfeuer waren, die ungemein grotzen, schlanken, zottigen Hunde bewundert, derlei ich aus meiner ganzen Wanderung nicht angetroffen habe,und die so sittsam neben und unter uns am Feuer herumsatzen, als verstünden sie etwas von der Verhandlun und nähmen daran teil.
Wir wendeten uns, da wir fortritten, dem Schlosse wieder zu, da bereits die Zeit zum Mittagessen heranrückte. Als wir, so wie gestern, an der Nähe der Strecke vorllberkamen, auf der die Leute arbeiteten, um den Sumpf zu trocknen und die Grundriße einer Stratze zu ziehen, sagte er, indem er auf ein Weizenfeld zeigte, an dem wir ziemlich nahe vorbeiritten, und auf welchem die Frucht außerordentlich schön stand: „Diese guten Schollen, wenn sie ihre Schuldigkeit tun, müssen uns das Geld herbeischaffen, datz wir auch an anderen Stellen etwas verrichten können. Die Leute arbeiten da drüben in der Oede das ganze Jahr. Sie haben ihren Taglohn und kochen gleich neben ihren Geschäften im Freien. Zum Schlafen gehen sie in jene hölzernen Hütten, die Ihr seht. Im Winter, wenn sich Eis bildet, gehen wir den tieferen Stellen zu, denen wir jetzt wegen zu großer Weiche des Bodens nicht ankönnen, und füllen Gerölls der Haide und Steine, die wir von den Weinpflanzungen nehmen, hinein."
(Fortsetzuüg folgt.)