Bürgschaft für die zweiten Hypotheken der kleinen Woh­nungsbauten übernehme. Graf Posadowsky hofft, dag, falls Preußen das Wohnungsgesetz nicht so ausgestaltet, dag es zum Schutze der Bevölkerung dient, ein Reichswohnungs­gesetz kommt. Weiterberatung Freitag 1 Uhr. Schlug -L7 Uhr.

Stadt» Bezirk und Nachbarschaft

Calw, 7. Februar 1913. Vom Rathaus.

Unter Anwesenheit von 12 Eemeinderäten fand gestern unter dem Vorsitz von Stadtschultheiß Conz Gemeinderats­sitzung von nachmittags 5, Uhr ab statt. Zur Erledigung kam als erster Gegenstand ein Rechtsstreit, der durch die Weigerung einer Partei entstanden war, die Kosten für Anbringung einer bestimmten Strecke Dachrinne am gemein­schaftlichen Hause mit zu bezahlen. Der Streit wurde gütlich beigelegt. Der Vorsitzende trug darauf einige weitere Ent­scheidungen über Feuerwehrpflicht von Beamten vor. Darnach hat das Finanzministerium entschieden, dag der Oberamtsgeometer, als Amtsvorstand, von der Feuerwehr­pflicht ausgenommen ist. Gegen die der Stadt angesetzte Sportel von 10 will der Gemeinderat vorstellig werden. Gleichfalls als unabkömmlich für den Feuerwehrdienst wird bezeichnet der Oberamtssekretär; als abkömmlich dagegen die Oberamtsassistenten. Bei einem Eisenbahnpraktikanten 1. Klasse wird auf die Beiziehung zur Feuerwehr verzichtet.

Das Konzessionsgesuch des Reinhard Glück, zur­zeit in Schramberg am Gasthof zur Nutz, auf die Pfausche Weinwirtschaft, befürwortet der Gemeinderat, bzw. bejaht er die Bedürfnisfrage: er weist aber auf die Höhe- und Lüf- tungsoerhältnisse der Lokale hin. - Vom Oberamt genehmigt ist das Konzessionsgesuch der Witwe Dierlamm auf die Dier- lammsche Wirtschaft. Farrenhalter Kusterer hat vertrags­mäßig einen Farren mit Zulassungsschein 1. Klasse zu halten. Gegenwärtig hat er zwei Farren je 2. Klasse stehen. Es ist aber Aussicht vorhanden, datz der eine davon in die erste Klassehineinwächst". Die durch Einführung von elektrischen Bügeleisen erforderlichen Unterzähler werden gegen 10 Prozent Verzinsung (monatlich 20 Pfg.) auch ab­gegeben zur Unterzählung von elektrischem Lichtoerbrauch, z. B. für gesonderte Kontrolle des Lichtverbrauchs vermiete­ter einzelner Zimmer. Bügeleisen sind nach wie vor frei.

Die Feuerversicherung für das Mobiliar der Turn­halle ist abgelaufen und wird auf der alten Grundlage wie­der erneuert. Der Schluß der Sitzung bilden Zettel, Rech­nungen usw.

GDas Alte stürzt, es ändert sich die Zeit . . Vor­bei ist die Flößerei auf der Nagold! Eine Jahrhunderte alte Einrichtung, ein billiges und volkstümliches Verkehrs­mittel hat sein Ende gefunden. Mit dem 1. Februar ist die Flöherei auf der Nagold einschließlich des Zinsbaches auf­gehoben. Schon seit vielen Jahren bereitete sich das Ende der Flößerei vor. Die Wasserwerksbesitzer erhoben immer lauter und energischer die Forderung, der Flößerei müsse ein Ende gemacht werden, um den mannigfachen Schädigungen der Werke vorzubeugen. Es darf zugegeben werden, daß dir Fabriken viele Störungen durch die Flößerei zu leiden hat­ten, namentlich wenn der Wasserstand der Nagold ohnehin nieder war und das Floß noch die vorhandene Wassermenge mitnahm. Die Regierung ging mit dem Gedanken an die vollständige Aufhebung der Flößerei nur langsam vor, hatte sie doch auch auf den Berufsstand der handwerksmäßigen Flößer und auf die Verhältnisse des Holzhandels Rücksicht zu nehmen. Nachdem nun aber überall bessere Waldwege geschaffen und die Abfuhr des Holzes auf die Eisenbahn leichter möglich war, nachdem auch die Flößerei von selbst in ihrer Bedeutung zurückgegangen und die alten Flößer ausgestorben waren, konnte die Regierung dem Verlangen

die schöne, gütige Signorina im Morgengrauen mit der Eisenbahn gen Rom gefahren war, um die Eltern des sterbenden Signor zu holen.

Schon senkte sich der Abend auf Santa Lucias dunkle Myrtenhaine, als Beatrice den wohlbekannten Weg emporfuhr, welcher in das kleine Vanditendorf an des Tibers wildschäumenden Quellen führte. Ihr war so wehmutsvoll zu Mute, als sie die kleinen, arm­seligen Hüttchen unter dem Schatten der Bäume her­vorleuchten sah. Höher, steiler wand sich der Weg zwi­schen der Apenninen wildzackigen Bergen empor, und dort, dort war das verwitterte Muttergottesbild, hier die Bank, auf der sie oft mit Adrian gesessen.

Sie lohnte den Kutscher ab und liest ihn in dem nahen Städtchen auf sie warten. Sie muhte allein sein; langsam lieh sie sich aus die niedrige, morsche Bank gleiten und traumverloren schaute sie auf das einsame Erab ihres unvergeßlichen Lehrers, dem sie alles verdankte, was sie im Leben erreicht, Glanz, Reich­tum, Ruhm und Ehr.

Auch das Glück?"

Sie stützte das Haupt in die Hand, während ihr Blick sinnend hinabglitt über das im Purpurglanz der untergehenden Sonne herrlich vor ihr ausgebreitete Römerland, welches sie mit seinem lockenden Schimmer hinausgezogen aus der bergumfriedeten Einsamkeit ihres stillen Heimatsdorfes.

Jetzt war das, was sie so oft an dieser Stelle mit glühenden Wanc-"n geträumt, zur Wirklichkeit gewor-

der Handwerkskammern nicht mehr entgegentreten, und so wurde die Aufhebung der Flößerei für das Jahr ISIS in Aussicht genommen. Die Verhältnisse in der Flößerei wur­den immer ungünstiger und das Flößen hörte somit von selbst auf. Deshalb wurde schon in diesem Jahr der Flößerei ihr schon lange vorgesehenes Ende amtlich geschaffen, und die Langholzflößerei auf der Nagold gehört nun der Vergangen­heit an. Wenn auch die Flößerei den Bedürfnissen der Was­serwerke mit Recht hat weichen müssen, so wird man aber doch die Poesie des Flößens ungern vermissen. Die Flößerei ist ein Stück der Schwarzwälder Erwerbsquellen gewesen, sie übte einst großen Einfluß auf Sitten und Gebräuche und gehörte zu den am gernsten gesehenen Erscheinungen auf dem Fluß. Welche Freude bereitete das Floß der Jugend! Wie tummelten sich die Knaben auf den langen Stören und den Bretterhaufen! Wie schön war die lustige Fahrt auf dem Floß und wie behende sprangen die Knaben an geeigneten Stellen auf das Floß hinauf und wieder herunter, ja ein kaltes Bad wurde nicht gefürchtet, sondern gab Anlaß zu ausgelassenster Freude. Am schönsten war die Fahrt durch das Floßloch, wenn das Wasser über das Holz ging und alle aus dem Floß befindlichen Personen durchweichte. Je schlim­mer, desto besser! Aber nicht bloß die Jungen freuten sich über dem Floß, auch die Alten hatten an ihm Wohlgefallen, und besonders an den kräftigen Gestalten der Flößer!Jok- kele, sperr!" erscholl's oft aus vielen Kehlen, und wieder andere riefen:'s zeit Ailaboga!" Jedermann, und wenn er's noch so eilig hatte, sah wenigstens eine Zeitlang dem Floß zu und war begierig, wie das Floß den Weg durch das Floßloch finde und an den Biegungen der Nagold glück­lich vorbeikomme. Und wenn auch täglich mehrere Flöße die Nagold herabkamen, immer sah man dasselbe Interesse und dasselbe Schauspiel. Die Zahl der Flöße nahm immer mehr ab, in früheren Jahren waren es oft 100 Flöße und noch mehr, die jährlich die Nagold herabkamen, später nur noch 1020, und im letzten Jahr kam kein einziger Floß mehr auf die Bildfläche. So ist nun auch diese Flußpoesie, dieses neckisch freundliche Verhältnis von Flößern und Zuschauern, dieses belebende Flußverkehrsmittel und dieses interessante Schauspiel verschwunden und dem Fortschritt des modernen Verkehrs und der Ausdehnung der Industrie zum Opfer ge­fallen. Nimmer hört man den Ruf:Jockele, sperr!" Aber bleiben wird das Bild:Er kann essen wie ein Flözer."

Misstonskonferenz. Auf die am Montag, 10. Febr., hier stattfindende Missionskonferenz (s. Anzeige) möch­ten wir auch hier aufmerksam machen. Gewiß werden viele gerne die Gelegenheit benützen, den erst vor kur­zem zum Vicedirektor der Basler Mission ernannten Inspektor Dipper persönlich kennen! zu lernen. (Einges.)

Unterrichtskurs der Unteroffiziere des Beurlaubten­standes. Wir werden gebeten, darauf hinzuweisen, daß am Samstag abend >47 Uhr wieder im Gasthaus zum Scharfen Eck ein Vortragsabend stattfindet. Mitbringen von Karten erwünscht.

8cb. Mutmaßliches Wetter. Für Samstag und Sonntag ist regnerisches und wenig kaltes Wetter zu er­warten.

Wildbad, 7. Febr. In Calmbach drangen vier 17 bis 18jährige Burschen in die Bahnhofwirtschaft, in die Bäckerei Friedrich Peter, ins RWe und in einen Laden ein und stahlen Würste, Zigarren, Schokolade usw. Sie wurden aber gesehen und erhielten einen Teil ihres Lohnes schon beim Heimkommen in Gestalt tüchtiger väterlicher Prügel.

Neuenbürg, 6 .Febr. Zu Ehren des nach Stuttgart ver­setzten Regierungsrats Hornung fand hier im Easthof zum Bären eine kleine Abschiedsfeier statt, zu der sich eine statt­liche Anzahl Einwohner von hier, Calmbach, Wildbad und Höfen eingefunden hatten. Zahlreiche Reden und Trink­sprüche wurden gehalten.

den. Mit Gold und Edelsteinen geschmückt, kehrte sie als reiche, gefeierte Künstlerin zurück in die heimischen Berge, aber das Glück hatte sie nicht gesunden, dort unten.

Das kleine Bauernmädchen mit den bloßen Füßen und dem groben Röckchen war viel, viel glücklicher ge­wesen, wie die heißumworbene Sängerin, die aller Herzen mit ihrer Stimme Zauberklang gewann. Da­mals hatte ihr Lied nur Adrian geklungen, wenn sie vor den Scheltworten des rohen Vaters hierher, in des Jugendfreundes Schutz geflüchtet, der sie so süß getröstet über ihre kleinen Leiden und ihr so zärtlich gesagt:

Weine nicht, meine Beatrice, ich werde in die Welt hinausziehen, und wenn ich ein großer, berühmter Künstler geworden, dann komme ich wieder und nehme dich mit in meinen glänzenden Palazzo!"

Ein bitteres Lächeln zuckte um des Mädchens Mund und mit trotziger Bewegung warf sie das Haupt zurück. Sie wollte nicht mehr an jene traumhaft schönen Stun­den denken, wo sie im Schatten der Magnolien und Platanen diese Zukunftsbilder ausgemalt, während droben im Felsenkloster der Karmeliter die frommen Mönche das Ave läuteten.

Adrian, Adrian, wie kannst du glauben, daß je aus Sünde Glück erblüht, und warum, o, warum muß­test du erst sterbend geläutert aus des Lebens harter Schule hervorgehen?" seufzte sie, während sie schnellen Schrittes auf das im Abendschatten friedlich schlum-

Württemberg.

Freudenstadt, 7. Febr. Mit 39 von 104 abgegebe­nen Stimmen ist zum Ortsvorstand der Murgtal-Ge­meinde Huzenbach der Bauer A. Frey von Huzenbach gewählt worden.

Alpirsbach, 6. Febr. Auf einem Grundstück in näch­ster nähe des Anwesens von Friedrich Schäfer. Mecha­nische Vau- und Möbelschreinerei, wurde ein großes Syenitlager aufgefunden. Auf Grund der geologischen Aufnahme dürfte es eine zusammenhängende, von Süd­west gegen Nordost durch den Sulzberg hindurch ziehende Masse bilden. Eine steinbruchmäßige Ausbeutung die­ses Gesteins ist in Aussicht genommen, um so mehr, als man hoffen kann, im Laufe der Ausbeutung auf wert­volle Hausteine zu stoßen.

Stuttgart, 6. Febr. Als heute früh der 6.20 Uhr hier fällige, von Eßlingen kommende Lokalzug 1334 in den Hauptbahnhof einfahren wollte, entgleiste bei der ersten Einfahrtsweiche kurz vor der Ueberführung Schil- lerbrllcke die erste der beiden Maschinen. Die Maschine, mit NamenRom", ist in einen Weichengestängekanal eingebrochen und neigt erheblich nach links, die Räder haben sich in den Boden, eingegraben. Die zweite Ma­schineFlorenz" ist gleichfalls entgleist. Personen wur­den nicht verletzt, doch, erlitt der. gerade in den Früh­stunden besonders starke Vorortverkehr erhebliche Ver­spätungen. Der Grund der Entgleisung konnte bis jetzt noch nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Es hat sich ergeben, daß die Weichen richtig gestellt und richtig blockiert waren. Man nimmt daher an, daß an der Maschine, oder, was noch wahrscheinlicher ist, an der Weiche eine schadhafte Stelle sich befand. Ein Ver­schulden der beteiligten Beamten konnte bis jetzt nicht festgestellt werden. An der Unfallstelle wird eifrig daran gearbeitet, die Maschinen zu heben und das Gleis wieder frei zu machen. Man hofft, bis etwa um 12 Uhr die Strecke frei zu haben. Der Materialschaden dürfte nicht groß sein.

Stuttgart, 6. Febr. In der gestrigen Versammlung der Vosch'schen Arbeiter erstattete der Geschäftsführer der Gewerkschaft, Hosenthien, Bericht über die Verhand­lungen mit den Vertretern der Firma. Den hierbei festgesetzten grundsätzlichen Punkten hat die Arbeiter­schaft gestern abend zugestimmt: damit ist die Sperre aufgehoben. Nach der Wahl eines Arbeiterausschusses werden noch Verhandlungen wegen des Abschlusses wei­terer Vereinbarungen mit dem Deutschen Metallarbei­ter-Verband geführt.

Niivtingen, 7. Febr. Seit letzten Dienstag wird ein 19jähriges Mädchen Namerch Waldner vermißt. Nach einem Auftritt im elterlichen Hause, dessen Ursache eine von den Eltern nicht geduldete Liebschaft war, hat sie das Haus nicht mehr betreten. Da die Tasche des Mädchens am Neckarwehr gefunden wurde, befürchtet man, daß sie sich ein Leid angetan hat.

Trosstngen, 7. Febr. Hier verbrannte sich gestern früh in der Küche die 32jährige Elasermeistersfrau Agathe Strohm am ganzen Körper derart, daß sie kurze Zeit darauf starb..

Aus Wett und Zeit.

Von der Iller, 8 . Febr. Im Hausener Wald fand der bayerische Landtagsabgeordnete Lang bei einem Spazier­gang, von seinem Hunde aufmerksam gemacht, eine im Gesicht schrecklich verstümmelte Leiche. Auch Brust und Hals weisen Schuß- und Stichwunden auf. Die Taschen waren ihres In­halts beraubt. Es liegt Raubmord vor, der Tote wurde nicht erkannt. Die Memminger Behörden sind benachrichtigt.

mernde Dorf zueilte. Neugierig umringten die halb­nackten, kleinen Mädchen und Burschen die vornehme Signorina. Aus allen Fenstern streckten sich erstaunte Köpfe heraus und von allen Seiten drängten sich bald sämtliche Einwohner von Santn Lucia zusammen.

Beatrice erkannte alle die Frauen und Mädchen, mit denen sie als Kind auf den harten Bänken der Klosterschule gesessen, jede einzige hätte ste mit Namen nennen können.

Freundlich nickte sie den verlegen ihr Gegenüber­stehenden zu und sagte:Ihr kennt mich wohl nicht mehr? Ich bin Veatrice Escamillo. Lebt mein Vater und der alte Cola Colonna noch?"

Veatrice ist die vornehme Sängerin, Beatrice Escamillo?" klang es ungläubig und erstaunt zuerst, dann jubelnd und beglückt von aller Munde; man haschte nach ihren Händen und nach ihren Kleidern, man lachte und jauchzte.

Unsere Beatrice ist zurückgekommen!" rief ein altes, verwittertes Mütterchen, und humpelte mühsam auf ihren Krücken herbei. Sie hatte das kleine, rot­lockige Mädel mit der glockenhellen Stimme stets gern gemocht, und:Ich habe es ja immer gesagt, daß sie einmal eine große Signora werden würde," stammelte sie, und wischte sich die tränenden Augen, mit dem schmutzigen Schürzenzipfel ab.

(Fortsetzung folgt.)