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Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
88. Jahrgang.
YrrschelnungSiveise: Vmal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im OberamlS- FiLtsr Talw für die einspaltige Borgiszetle 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg., ^eLLamrn 35 Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.
Donnerstag, den 6. Februar 1913.
Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. I.2S vierteljährlich, Post. Bezugspreis für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg SO Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung,
Am 13. Februar 1913. vormittags 9 Uhr. findet im Dienstgebäude des Bezirkskommandos Calw die ärztliche Untersuchung derjenigen Volksschullehrer und Kandidaten des Volksschulamts, welche sich im militärpflichtigen Alter befinden und am 1. April 1913 zur Ableistung ihrer einjährigen Dienstzeit eintreten wollen, statt.
Noch nicht militärpflichtige, taugliche Volksschullehrer dürfen sich zum Diensteintritt freiwillig bereit erklären.
Der Ausstellung eines Meldescheins bedarf es in diesem Falle nicht.
Ein Recht auf die Wahl des Truppenteils haben die einzustellenden Lehrer usw. nicht, doch wird etwaigen Wün- icken möglichst Rechnung getragen werden.
Die schriftlichen Gesuche um Untersuchung und Einstellung sind bis spätestens 8. Februar 1913 an das Bezirkskommando einzureichen. Dieselben haben zu enthalten: sämtliche Vornamen — Rufname unterstrichen —, Geburtsdatum und Ort, Familiennamen und Vornamen der Eltern, ob solche leben oder nicht, Gewerbe oder Stand des Vaters und Wohnsitz der Eltern; Religion. Ferner ist das Prüfungszeugnis und eventuell der Losungsschein beizufügen.
Calw, den 8. Januar 1913.
Königliches Bezirkskommando.
Beginn neuer Unterrichtskurse an der K. Fachschule für Feinmechanik, Uhrmacherei und Elektromechanik in Schwenningen a.N.
An der unter Aufsicht der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel stehenden staatlichen Fachschule für Feinmechanik usw. in Schwenningen beginnen am 3. Mai d. I. wieder neue Unterrichtskurse.
Der Zweck der Fachschule ist, durch praktischen und theoretischen Unterricht in den verschiedenen Zweigen der Feinmechanik einschl. Uhrmacherei und Elektromechanik für diese Gebiete ebensowohl tüchtige Gehilfen und Werkführer, als selbständige Gewerbetreibende heranzubilden.
Der Unterricht an der Fachschule umfaßt 3 ordentliche Jahreskurse für angehende Fein- und Elektromechaniker sowie Groß- und Taschenuhrmacher, welche mit einer Schlußprüfung (Gesellenprüfung) endigen. Daneben besteht ein einjähriger höherer Fortbildungskurs mit anschließender Meisterprüfung insbesondere für
solche Gehilfen der Fein- und Elektromechanik sowie Uhrmacherei, welche sich in besonders gründlicher und umfassender Weise für die spätere selbständige Betreibung ihres Gewerbes oder für die Versehung von Werkführerstellen in der Großindustrie vorbereiten wollen.
Anmeldungen sind zu richten an den Vorstand der K. Fachschule für Feinmechanik usw. in Schwenningen, von welchem auch Schulprogramme und Auskünfte erhalten werden können.
Calw, den 3. Februar 1913.
K. Oberamt.
Binder.
Parlamentarisches.
Aus dem Reichstag.
Berlin, 6. Febr. Die zweite Beratung des Etats des Reichsamts des Innern wird beim Titel „Reichsversicherungsamt" fortgesetzt. Becker (Ztr.) fordert in einer Resolution seiner Partei, daß alle gewerblichen Berufskrankheiten unter die Unfallversicherung gestellt werden. Herck (Natl.): Viele Unfallverhütungsvorschriften im landwirtschaftlichen Betrieb hindern mehr den Betrieb, als daß sie ocr Unfallverhütung nützlich sind. Taubadel (Soz.): Hoffentlich gehen dem Reichstag bald die Unterlagen zu, um die Herabsetzung der. Altersgrenz.' vor. 70 aus 85 Jahre zu bewirten. Koßmann (Ztr.): Die Unzufriedenheit der Versicherten richtet sich weniger gegen die soziale Versicherung, als vielmehr gegen die Art ihrer Handhabung. — Das Kapitel wurde zusammen mit der Resolution über Einbeziehung der gewerblichen Berufskrankheiten in die Unfallversicherung angenommen. Beim Kapitel „Aufsichtsamt der Privatversicherung" verlangen der sozialdemokratische und der Zentrumsredner entschiedenes Verbot der Abonnentenversicherung, während der Nationalliberale Junck sich freundlicher zu der Abonnentenversicherung gestellt. Schluß der Sitzung 7 Uhr. Fortsetzung Donnerstag 1 Uhr.
Aus dem Landtag.
Stuttgart, 5. Febr. Der Finanzausschuß der Zweiten Kammer begann heute mit der Prüfung der Rechnungsergebnisse des Staatshaushalts von den Jahren 190!) und 1910. Der Abg. Keil referierte über das Finanzdepartement, Rembold (Z.) über Kapitel aus dem Departement des Innern (Gewerbe und Handel), v. G a n ß (Vp.) über Kapitel im Kultetat. Angeregt wurde der Antrag, ob nicht bei Titeln mit Eehalts- exigenzen die in derEtatsperiode in Aussicht zu nehmen
den Eehaltsvorrückungen schon bei Fixierung des Etatssatzes Berücksichtigung finden sollten, ferner daß den Behörden nahe gelegt werden möchte, daß jeweils nicht der Etatssatz, sondern das wirkliche Bedürfnis für die Verausgabung maßgebend sein solle.
Stadt, Bezirk »nd Nachbarschaft.
Calw, 6. Februar 1913.
Talwer in der Fremde. Es ist in Calw bei Gelegenheit schon da und dort davon gesprochen worden, daß ein Herr August Wagner sich als Organist und Klavierspieler draußen in der Fremde einen Ruf zu machen beginnt. Der jetzt um die 20 Jahre alte junge Mann ist der Sohn des früher hier ansässigen Buchhalters Wagner, der mit einer Schwester des Pflästerermeisters Weckerle hier verheiratet ist. Es ist nicht ohne Interesse, zu wissen, daß dieser Musikbegabte wo er bis jetzt in seiner Kunst sich zeigte, stets freundliche Aufnahme fand. So lieh er z. B. seine Mitwirkung einem Konzert des Vereins „Sängerbund" und „Alpen- rösli" in Basel-Liestal, wobei sich die Kritik nachher wie folgt hören ließ: „Sämtliche Klavierpartieen wurden von Herrn Aug. Wagner-Weckerle aus Basel besorgt. Herr Wagner ist Schüler des Basler Konservatoriums (Klavier und Orgel) und beabsichtigt, sich gänzlich der schönen Kunst zu widmen. An seinem hiesigen Auftreten zu ermessen, scheint derselbe die dazu nötige Qualifikation zu besitzen. Es wird uns freuen, dem liebenswürdigen jungen Mann auch späterhin im Konzertsaale begegnen zu dürfen." Wir wünschen dem strebsamen Jüngling, der zu den Schülern des bekannten Basler Münsterorganisten Hamm zählt, weitere gute Fortschritte und vor allem den Mut, seinen Flug und Schwung zur Kunst sich nicht von den die Künstlerlaufbahn umwuchernden Dornen zerstechen zu lasten.
Auszeichnung. Dem Küchenmeister Schlichter, einem gebürtigen Calwer, der in Berlin im Hotel „Kaiserhof" beschäftigt ist, ist vom Herzog zu Sachsen- AltenLurg die goldene Verdienstmedaille verliehen worden.
d- Schwäbische Gedenktage. Am 8. Februar 1677 wurde in Göppingen Johann Oechslin geboren. Er starb am 12. Oktober 1738 als Prälat von St. Georgen. — Am 9. Februar 1727 ist zu Markgröningen der Theologe und Mystiker Gottlob Christoph Paulus geboren. Er schrieb verschiedene physikalische Abhandlungen, u. a. den „Württembergischen Salon". Er starb im Mai 1790 in seiner Vaterstadt. — Am
Die Schule -es Lebens.
48) Roman von Herbert v. Osten.
Schweigend gehorchte der Mann, und Beatricc er- ' faßte stürmisch seine beiden Hände: „Sagen Sie mir, daß die Wunde nicht tödlich, daß er gesunden wird!" flehte sie, die Augen in Todesangst auf ihn gerichtet.
„Ich hoffe es, wenn er sich ganz ruhig hält," gab der Wärter ausweichend zur Antwort, und Beatricc sprach leidenschaftlich weiter: „Lassen Sie ihn in das beste Zimme bringen, tun Sie alles, was in Ihren Kräften steht, um sein Leben zu erhalten. Sagen Sie dem Arzte, daß keine Kosten, daß nichts gespart wird, was zur Erleichterung dienen kann; Tausende will ich Ihnen geben, nur erhalten Sie mir sein Leben!" Dann fügte sie ruhiger hinzu: „Belehren Sie mich, was ich zu tun habe, ich will selbst die Nachtwache bei dem Kranken übernehmen."
Der Wärter gab ihr flüsternd die nötigen Instruktionen und begab sich, während Beatrice in Adrians Zimmer zurückkehrte, zu dem Vorsteher des Krankenhauses. um sich Verhaltungsmaßregeln für diesen seltenen Fall einzuholen.
„Lassen Sie das Mädchen gewähren," entschied dieser, „nur halten Sie sich im Nebenzimmer auf, daß nichts versäumt wird."
„Sie gebärdete sich ja wie eine Rasende," sagte der Portier draußen zu dem Krankenwärter. „Mir ist sie
beinahe zu Füßen gefallen, als ich sie zuerst nicht hineinlassen wollte, und dann hat sie mir ein Goldstück dafür gegeben, daß ich sic zum Vorsteher führte."
„Wer mag sie nur sein?" fragte der Wärter.
„Nun, natürlich H^ine Geliebte," gab der andere zur Antwort. „Sie gibt sich zwar für seine Schwester aus, aber so verzweifelt pflegen sich doch Schwestern im allgemeinen nicht an dem Krankenlager eines Bruders zg gebärden." Er lachte verschmitzt, und der Wärter fügte bedächtig hinzu:
„Uns kanns schließlich egal sein, ob Schwester oder Geliebte, wenn sie nur den Verwundeten ordentlich pflegt."
Und das tat Beatricc hingebungsvoll, aufopfernd. Sofort, nachdem sie durch die Zeitungen die Nachricht von Adrians Verwundung erhalten, hatte sie ihren Kontrakt gelöst und war nach W. geeilt. Ohne nur einen Augenblick an die Gefährdung ihres Rufes zu denken, wachte sie Tag und Nacht an Adrians Lager. Schluchzend lag sie stundenlang auf den Knien und flehte die wundertätige Gottesmutter von Santa Lucia an, sein Leben zu erhalten, wenigstens so lange, bis er die erste Aufführung seiner Oper gesehen.
Welche Qualen das leidenschaftliche Mädchen litt, wenn es mitanhören mußte, wie der Geliebte selbst in seinen Fieberphantasien nur immer an Toska dachte, vermag nichts zu beschreiben. Toskas Namen riefen seine fiebertrockenen Lippen mit so zärtlich süßem Klang, wie sie sie für den ihren nie gehabt, und Toska.!
derentwillen er die schönsten Jahre seiner Manneskrast vergeudet, derentwillen er zum Krüppel geschossen war, die haßte, verabscheute ihn, die dachte mit keinem Gedanken an den, der ihretwillen litt. Adrian ein Krüppel! Durfte sie ihm, dem Feurigen, Heißblütigen die Erhaltung eines Lebens wünschen, welches seinen Inhalt verloren? Denn siech, elend würde er immer bleiben, hatten die Aerzte gesagt: nie mehr sollte er die Kraft erhalten, den Bogen zu führen und den rauschenden Tasten die herrlichen Melodien zu entlocken. Und trotz alledem wünschte sie mit dem ganzen Egoismus der heiß begehrenden Liebe, daß er leben bleiben möge, leben für sie! Ihr war's ja doch Seligkeit, ihn zu pflegen, sie'wollte seine Weisen singen und alle Schätze der Welt in den Schoß schütten! Sie, die gefeierte Künstlerin, die unter Grafen- und Fürstenkronen wühlen konnte, sie wußte kein höheres Glück, wie das Weib des dem Grabe entgegensiechenden Kranken zu heißen. Und wirklich schien es, als wolle der Himmel ihre Gebete erhören.
Die Krafr des Fiebers brach sich, das Bewußtsein kehrte zurück, mit ihm aber auch die Verzweiflung, die Erkenntnis des für immer zerstörten Lebens.
Ruhe, tiefes Schweigen geboten die Aerzte als einziges Heilmittel, und dabei kannte seine leidenschaftliche Aufregung kein Maß und keine Grenzen. Stundenlang konnte er klagen, sich selbst und sie verwünschen, deren abweisende Kälte all sein Unglück verschuldet, und die nicht einmal eine einzige, flüchtige Minute an