20. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. ' 88. Jahrgang.
8,sch«<nungSwkIse: Smal wöchentlich, «nzeigenprets : Im Obcramts- Latw für dte einspaltige BorgiSzeile 10 Psg., außerhalb derselben I2Psg.. Aeüamen 2L Pfg. Schluß für Jnseratannahme lO Uhr vormillags. Telefon S.
Samstag, den 25. Januar 1913.
AezugLvrerS: In der Ctodt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich. Post- bezuflHpreis für den Orts- und Nnchdarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 4L Pfg.
Amtliche Bekayntmachungen.
K. evang. Bezirksschulamt Nagold.
An die Ortsschulräte des Bezirks.
Nach Mitteilung des Ev. Oberschulrats sind für 1913 4 Kurse zur Ausbildung von ländlichen Handarbeitslehrerinnen in Stuttgart in Aussicht genommen. Die beiden ersten beginnen am 14. April und endigen am 30. Mai, die beiden andern am 2. Juni, bezw. 19. Juli. Für die beiden ersten Kurse liegen schon so viele Meldungen vor, daß nur noch etwa 45 Teilnehmerinnen darin Platz finden können. Anmeldungen von Teilnehmerinnen sind bis spätestens 1v. Febr. vorzulegen.
Die Meldung mutz enthalten:
1. Namen und Vornamen der Teilnehmerin.
2. Angabe über den Personenstand (verh., led., Wroe.).
9. Den Geburtstag.
4. Die Zusage der Gemeinde, datz sie bereit ist, 40 oll und die Reisekosten der Teilnehmerin für den Kurs aufzuwenden.
5. Eine Auskunft eines der beiden Vorsitzenden des Ortsschulrats darüber, datz seines Wissens die Angemeldete gesund, leistungsfähig und willens ist, den Kurs mitzumachen.
Nagold. 22. Jan. 1913.
Schott.
lizeidirektor und der Militärkommandant von Konstantinopel wurden durch andere Persönlichkeiten ersetzt. Nach dem Terdjumai Hakikat hatte der Kommandant von Adrianopel Schukri Pascha an das gestürzte Kabinett ein Telegramm gerichtet, worin er ankündigte, er habe erfahren, daß Adrianopel den Verbündeten überlassen werden solle. Daraufhin habe er beschlossen, die Bevölkerung zu entfernen und die Kanonen gegen die Stadt zurich- t en, um diese gänzlich zu zerstören, die Einschließung zu durchbrechen und sich nach Konstantinopel durchzuschlagen. Der Ministerrat besprach eben dieses Telegramm, als der Regierungswechsel eintrat. — Das Echo aus London, wo die Friedenskonferenz und die Botschaftervereinigung tagen, ist begreiflicherweise kein freudiges. Die „Times" schreiben: Der plötzliche Sturz der türkischen Regierung durch das Komitee für Einheit und Fortschritt wird in ganz Europa beklagt werden. Er hat die Friedensaussichten verdunkelt, die gerade jetzt so günstig waren. Wieder einmal hat eine Intrige für den Augenblick Erfolg gehabt. — Der Londoner Sonderberichterstatter des Pariser „Matin" meldet, der Sturz des Kabinetts Kiamil habe bei den Vertretern der Balkanverbündeten teils Befriedigung, teils Beunruhigung hervorgerufen. Die Bulgaren haben erklärt: „Jetzt haben wir eine klare Lage vor uns. Anstatt -noch Finger die Winkelzüge in London zu ertragen, werden wir uns bei Adrianopel und Tscha- taldscha Wiedersehen. Anstatt uns Adrianopel von den Großmächten abtreten zu lassen, werden wir es mit den Waffen in der Hand nehmen, das ist besser für uns. Wir werden die Tschataldschalinie durchbrechen und in Konstantinopel einziehen und wehe dann der ganzen jungtürkischen Bande, die jetzt am Ruder ist. Sobald wir die unzweideutig verneinende Antwort der Türken in den Händen haben, werden wir den Waffenstillstand kündigen. Aehnlich äußerten sich die Montenegriner. Die Serben erklärten: „Das ist eine böse Nachricht. Wir werden offenbar den Krieg von neuem haben. Wir hätten gern die neuen Opfer an Menschenleben erspart, aber die Türkei wird jetzt den Frieden noch teurer bezahlen müssen."
Berlin, 24. Jan. Der unerwartete Umschwung in Konstantinopel hat auf die Berliner Börse außerordentlich ungünstig eingewirkt. Die Börsenkreise sucksten die während der letzten Tage in der Hoffnung auf einen baldigen Friedensschluß eingegangenen Engagements um jeden Preis zu lösen. So trat auf den führenden Marktgebieten ein empfindlicher Kurssturz ein, der auf dem Montanmarkt beinahe als panikartig zu bezeichnen war.
Parlamentarisches.
Aus dem Reichstag.
Berlin, 23./24. Jan. Die zweite Beratung des Etats des Reichsamts des Innern wird beim Titel „Unterstützung der Familien der zu Friedensübungen einberusenen Mannschaften" fortgesetzt. Die Sozialdemokraten beantragen in einer Resolution eine allgemeine Erhöhung der Unterstützungssätze. Erzberger (Ztr.) stimmt mit seinen Freunden der Erhöhung zu, nicht aber in der Form, wie sie die Sozialdemokratie will, daß die Höhe des Taglohnes zur Grundlage der Entschädigung genommen wird. Koch (Volksp.) ist dafür, daß der wirklich entgangene Verdienst der Familie ersetzt wird, und Behrens (Wirtsch. Vgg.) stellt sich auf den sozialdemokratischen Standpunkt der Zugrundelegung des ortsüblichen Tagelohnes in Entschädigungsfällen. Schulenburg (Natl.) tritt gleichfalls für die Resolution ein, die schließlich einstimmig angenommen wird, zusammen mit der Genehmigung des Titels. Beim Titel „Förderung des Absatzes landwirtschaftlicher Erzeugnisse usw." bittet der Abg. Hoesch (Kons.) um die Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde. Abg. Wallenborn (Ztr.) wünscht die Unterstützung der pomologischen Vereine. Staatssekretär Delbrück: Wir sind gerne bereit, allen Institutionen, die sich mit der Hebung der Landwirtschaft befassen, zu fördern. Abg. Behrens (Wirtsch. Vgg.): Auch der Gemüsebau muß gefördert werden. Den kleinen Winzern muß besonders geholfen werden. Staatssekretär Delbrück: Mit den großen Mitteln des Reiches können wir auf dem Gebiete des Obst- und Gemüsebaues, der Viehzucht usw. nicht eingreifen. Von den Bundesstaaten und den landwirtschaftlichen Organisationen wird schon zur Genüge getan. Auch hinsichtlich der Erforschung des Erregers der Maul- und Klauenseuche haben wir schon alles mögliche getan. Abg. Böhn (Kons.): Auch wir schließen uns der Bitte um Erhöhung der Beihilfen für Tierzuchtkunde an.
Revolution in Konstantinopel.
Der Erlaß des Sultans, durch den der frühere Kriegsminister und Generalissimus Mahmud Schef- ket zum Grotzwesir ernannt und mit der Neubildung des Kabinetts beauftragt wird, wurde abends Zs/Ö Uhr im Beisein einer dichten Menschenmenge auf der Terrasse vor der Pforte verlesen. Mahmud Schefket hielt hierauf von der Freitreppe des Pfortepalastes herab eine Ansprache an die Menge, worin er sagte, er wisse, daß er die Gewalt unter schwierigen Umständen übernehme. Er werde sich bemühen, das Vaterland zu retten. Die Rede wurde mit stürmischem Beifall ausgenommen, worauf sich die Menge langsam zerstreute. Die Zeitungen „Jkdam" und „Jeni Gazeta" sind verboten worden. Der Po-
Die Schule des Lebens.
38) , Roman von Herbert v. Osten.
Leise klagend schlugen die Wellen an den schlanken Bug der deutschen Korvette.
Sanft und süß tönte das Flöten des Paamao, der Südsee-Drossel, aus dem Schatten der mächtigen Wibamo-BLume hervor, zu deren Füßen, tief im dunklen Laub versteckt, die schneeige Sternblume und die duftige Mangoblüte dem kommenden Morgen entgegenglühten.
Dann und wann streifte eine Möwe, die weißen Schwingen tief auf die glitzernde Flut geneigt, in schnellem Fluge beutesuchend nach den schimmernden Riffen. Bang und unheilschwer, wie warnend vor dem hereinbrechenden Berhängnis, schallte ihr gellender Ruf durch die Stille.
„Wie unheimlich die sengende Schwüle heute ist," sagte Achim, „ich fürchte, ein Wetter zieht herauf. — Der wachhabende Offizier sah nachdenklich zum Himmel empor, der sich langsam mit grauen Dunstschleiern umwölkte.
„Auch ich ahne nichts Gutes," entgegnete ei- ernst. „Sehen Sie, wie rapide das Barometer sinkt und wie finster am Rande des Horizontes sich die Wetterwo. u auftürmen."
Schweigen'- hauten die beiden Männer in die Ferne. Da pl- wie der Blitz aus heiteren
Hohen, brauste es hohl auf aus dem Wasser.
^n heftigen, kurzen Stößen begann der Sturm
die schlummernden Wellen aus ihrer trägen Ruhe aufzupeitschen.
Durch die Oeffnungen der Korallenriffe wehten weiße, schaumige Flocken, die bleichen Todesvögel flogen in die unruhig wogende Bai und jäh rief das Kommando des Kapitäns: „Alle Mann an Bord", die Mannschaft der verschiedenen Schiffe an die Arbeit. Schnell wie der Wind flogen die Matrosen an der schwanken Leiter der Takelage empor.
„Hißt die Anker!" dröhnte das Kommando und rasselnd hoben sich die schweren Ketten. Jeder einzelne setzte seine ganze Kraft ein, denn es war, als ob alle ahnten, daß es heute einen Kampf auf Leben und Tod galt. Jedenfalls wußten sie, daß das Gewinnen der offenen See Rettung bedeutete.
Der Schweiß perlte von der Stirne der gegen den Sturm Ankämpfenden, die Hände zitterten, sie aber achteten es nicht, unermüdlich rangen sie weiter, und dennoch umsonst! Noch ehe sich die Schiffe der todbringenden Umarmung der Korallen entwunden, brach es schon herein, das tobende Wetter.
Wieder sausten die Anker schwer herab und mit aller Dampfeskraft versuchte die tapfere Mannschaft gegen Wind und Wogen anzukämpfen, um die Anker zu entlasten.
Wild brauste das Meer, wie in seinen Grundtiefen aufgewühlt von dem heulenden Sturm, der die schäumenden Wasser so laut gegen die zackigen Felsenriffe peitschte, daß sie das Echo weckten in den Bergen.
Urplötzlich war die Nacht hereingebrochen. Pfeilschnell jagten die weißen Sturmeswolken über den
Himmel, Mond und Sterne verhüllend vor dem aufblickenden Menschenauge.
Höher und höher stieg die See. Häusergrotz türmten sich die Wogen, die Schiffe mit Riesenarmen emporhebend, um sie gleich darauf wieder mit wuchtiger Gewalt in den gähnenden, düsteren, wirbelnden Schlund hinabzuschleudern.
Wie zum Himmel flehend erhobeneArme reckten sekundenlang aus dem tosenden Gischt sich bald das Heck, bald der Bug eines Schiffes fast senkrecht in die Höhe, um im nächsten Augenblick wieder unter dem brausenden Wasser zu verschwinden.
Dumpfklirrend barsten die Schrauben des „Eber"; und mit furchtbarer Macht ritzen die Wellen die schweren Ankerketten der Schiffe aus dem festen Grund,- machtlos, ein Spielball der entfesselten Elemente, schwankten die stolzen Meeresbeherrscher auf schäumender Flut hin und her; denn schlimmer noch wie draußen auf der offenen See rasten hier in der eingeengten, kleinen Bucht die aufgeregten Wasser.
Schon dämmerte im Osten der fahle Schein des erwachenden Morgens, da übertönte ein markerschütterndes Getöse minutenlang selbst das Toben des Sturmes und das Rollen der gegen die Schiffe anbrandenden Wellen. Es war der Todesstoß, der den mutigen „Eber" zu Fall brachte.
Von der Strömung war er gegen „Nipsik" und „Olga" geschleudert, und dann trieb er wehrlos gegen die Felsenarme der Korallen, und über sein Deck hinweg rollten die ungeheuren Sturzwellen schäumend dahin.
(Fortsetzung folgt.)