18. Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw. 88. Jahrgang.

«ülchktnungswrisk! Smal wSchcntltch. Anzeigenpreis: Im vberamts- Srzirr Lalw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg-, KeAamen 2S Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon g.

Donnerstag, den 23. Januar 1913

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.2S vierteljährlich, Post- bezugspretS für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg,

Amtliche Bekanntmachungen.

K. Oberamt Calw.

Bekanntmachung, betr. die Wanderarbeitsstätte in Calw.

Die in den letzten Monaten ersammelten freiwilli­gen Beiträge zu den Kosten der hiesigen Wanderarbeits­stätte haben die Summe von 1272.93 -1t, darunter aus der

Stadt Calw

441,20 -1t,

aus

Altbulach

40.40

Bergorte

51,28

Dachtel

46- .,

Eechingen

64,90

Hirsau

113,50

Liebenzell

72,-

Oberhaugstett

50,

Sommenhardt

46-

Unterreichenbach

52,- .,

ergeben, wofür ich im Namen des Bezirksrats allen denen, welche zur Förderung des so segensreichen Unter­nehmens der Wandarbeitsstätte beigetragen haben, bestens danke.

Den 21. Januar 1913.

Neg.-Nat Binder.

Bekanntmachung.

Die Ortsbehörden für die Arbeiterverficherung, wel­che mit der Einsendung der Verzeichnisse der im Jahre 1912 ausgestellten Quittungskar­ten für Selb st Versicherung und deren Fortsetzung (Formulare 8), Abteilung II, noch im Rückstand sind, werden beauftragt, dieselben u n - verzü glich beurkundet hierher vorzulegen.

Calw, den 22. Januar 1913.

Versicherungsamt:

Amtmann Ri pp mann.

Parlamentarisches.

Berlin, 22. Jan.

Aus dem Reichstag.

Die zweite Beratung des Etats des Reichsamts des Innern wird fortgesetzt. 53 Resolutionen lie­gen vor, von denen die meisten, die von den bürger­lichen Parteien stammen, angenommen werden. Bei der Abstimmung über die Resolution der Polen

auf Förderung von Versuchen mit künstlichem Regen bleibt die Abstimmung zweifelhaft. Es mutz Ham­melsprung stattfinden. Dafür stimmen 171, und da­gegen 153 Abgeordnete. Die Resolution ist somit angenommen. In der weiteren Abstimmung wird die Resolution auf Verbot der Raturverschandelung durch Plakate und Bretterreklame angenommen. Angenommen wird ferner eine Resolution auf Her- anziehng der Fabrikbetriebe zu den Kosten der Lehr­lingsausbildung, ferner Resolutionen, betreffend die bessere Wahrung der Forderungen des Handwerks in der Konkursordnung, betreffend Beaufsichtigung der Syndikate und Kartelle, betreffend das Verbot der Wanderlager, betreffend das Verbot des versteck­ten Warenhandels, betreffend die Verschärfung des Gesetzes über die Abzahlungsgeschäfte, sowie betref­fend die Einschränkung der Eefängnisarbeit und die Fernhaltung ausländischer Hausierer. Sodann wird die Resolution der Konservativen, betreffend das Verbot des Streikpostenstehens, in namentlicher Ab­stimmung mit 282 gegen 52 Stimmen abgelehnt. Sodann wird die Beratung über den Etat, und zwar beim TitelBeitrag für die Zentralstelle für Volks­wohlfahrt" fortgesetzt. Schulz (Soz.s: Die Unter­stützung der Zentralstelle als Vorkämpferin der bür­gerlichen Parteien gegen die Sozialdemokratie leh­nen wir ab. Prinz zu Schönaich-Caro- lath (natl): Die Nachäfferei des Soldatentums verurteilen auch wir. Wir wollen, datz die glorreichen Traditionen aus der Geschichte unseres Volkes der Jugend erhalten bleiben. Unterstaatssekr. Rich­ter: Die Zentralstelle für Volkswohlfahrt ist eine Privatanstalt, an deren Leitung Mitglieder aller bürgerlichen Parteien beteiligt sind. Wir haben keinen Anlatz, dieser Organisation unsere Unter­stützung zu entziehen. David (Soz.): Die Mittel der Jugendpflege fliesten zum grohen Teil aus der Reichs- und Staatskasse. Private geben nur verein­zelt einige Kröten dazu her. Die Sozialdemokratie dagegen bringt den Bedarf für ihre Institutionen groschenweise selber zusammen. Der Arbeiter hat ein Anrecht darauf, seine Kinder in seinem Sinne er­ziehen zu lassen. Nach weiterer Debatte wird der Titel bewilligt. Es folgt der TitelBelastung des Reiches aus den auf Grund der Reichsversicherungs­ordnung zu gewährenden Leistungen". Hierzu be­antragt die Budgetkommission eine Resolution, neue

Berechnungen über die Belastung des Reiches und der Versicherten aus der Hinterbliebenenversiche­rung anstellen zu lassen. Sollte sich ergeben, datz höhere Renten gewährt werden können, so soll dem Reichstag schleunigst eine bezügliche Vorlage gemacht werden. Molkenbuhr (Soz.): Die Vorwürfe, die man seinerzeit bei Beratung der Reichsversiche­rungsordnung den Sozialdemokraten gemacht hat, werden durch die jetzt vorliegenden Berechnungen widerlegt. Datz eine Erhöhung der Hinterbliebenen­rente dringend notwendig ist, kann man ohne wei­teres zugeben. Ministerialdirektor Kaspar: Die Berechnungen Molkenbuhrs treffen nicht zu. Die Witwenrenten sind im letzten Jahr von 92 im ersten auf 1800 Mark im letzten Vierteljahr gestiegen. Hierzu kommt noch, datz der Anspruch auf Rente noch im Zeitraum von 2 Jahren nachträglich geltend ge­macht werden kann. Im vorigen Jahr sind außer­dem angemeldet worden 4000 Witwenrenten und 14 000 Waisenrenten. Nach weiterer Debatte wird der Titel bewilligt und die Kommissions-Resolution angenommen. Weiterberatung morgen nachmit­tag 1 Uhr. Der Präsident stellt eine Abendsitzung für morgen in Aussicht. Schluß 6.45 Uhr.

Aus dem Landtag.

Stuttgart, 21. Jan. Zweite Kammer. Heute brachte die Generaldebatte über den Etat zunächst einige Erklärungen des Kriegsministers v. Marchthaler über den Wunsch des Abgeordneten v. Kiene, bei An­käufen für das Heer die landwirtschaftlichen kleinen Betriebe und die Produzenten zu berücksichtigen, sowie bei den Truppen Stellennachweise für landwirtschaft­liche Arbeiter einzurichten. Sodann stand der Minister dem Abgeordneten Liesching (Volksp.) Rede, der den Extraernteurlaub in Erinnerung gebracht hatte, und schließlich dem Abgeordneten Keil (Soz.)« wegen der Frage der militärischen Wirtschaftsverbote, die im In­teresse der Disziplin nicht entbehrt werden könne. Dar­auf gab der neue Kultusminister v. Habermaas die mit Spannung erwartete Auskunft über den Stand der Ausscheidungsfrage (finanzielle Trennung von Staat und Kirche). Die Vorarbeiten gestatteten, an­fangs 1912 mit der Ausarbeitung der verlangten Denk­schrift zu beginnen, die bis zum Laufe dieses Jahres fertiggestellt sein soll. Dann kommt der Entwurf an das Finanzministerium. Der Minister drückte die Hoff­nung aus, daß die Arbeiten noch im Laufe dieser Etats­periode vollendet werden. Gegen die llebernahme der Volksschullasten auf den Staat brachte der Minister

Die Schule -es Lebens.

36) Roman von Herbert v. Osten.

Mit gellendem Kriegsgeschrei warfen sie sich den Deutschen entgegen, aber keiner der Ueberfallenen dachte an Flucht. Mit donnerndem Hurra stürmten sie auf Mataafas zweitausend Krieger ein eine Handvoll gegen ein Heer, aber jeder einzelne ein Held.

Wohl fiel der Anführer der todesmutigen, klei­nen Schar, schon nach wenigen Minuten von einer feindlichen Kugel durch den Kopf geschossen, blut­überströmt zu Boden, aber nicht minder tapfer trat Leutnant Sprengler für den Toten ein.

Auf ihn richtete sich jetzt vorzüglich das wü­tende Feuer der Gegner, ein Schutz durchbohrte ihm die rechte Schulter, er aber achtete es nicht. Den Degen in der Linken führend, stürmte er vorwärts, mitten hinein in die dichten Reihen der Samoaner.

Mir nach, Hurra, geschlagen dürfen wir nicht werden, was würde Deutschland dazu sagen!" rief er, und blitzend sauste die scharfe Klinge nach rechts utzo nach links, stürmend brach er sich Bahn durch die Mauer der Feinde.

Da traf ihn ein Schutz mitten hinein ins jugend­mutige Herz, dumpf röchelnd sank er nieder auf das Blütenmeer des Waldbodens, ein stiller Mann, und

die anderen Offiziere, einer nach dem anderen, fielen. Führerlos blieben die Mannschaften zurück, doch auch jetzt dachten sie nicht an Ergebung.

Den Hirschfänger aufgepflanzt, dicht aneinander gedrängt, setzten sie den ungleichen Kampf fort. Schritt für Ähritt sich den Weg erkämpfend über Leichen und Verwundete, schlugen sie sich durch bis zum Signalmast der Fattorei, der ihnen als Weg­weiser diente in dieser heitzen Stunde.

Und dann rückte im Sturmschritt unter des. Kapitän-Leutnants Führung der Ersatz heran, aber ehe die Hilfe kam, war schon viel deutsches Blut ver­gossen, blutrot gefärbt die weitzen Mangoblüten im Tal von Veilele und seine Felsen hallten wider von dem Schmerzenswimmern der Verwundeten, die von den grausamen Feinden verstümmelt wurden, ehe die Krankenträger zu ihnen gelangen konnten.

Einen Schrei der Entrüstung erweckte die Nach­richt von den hinterlistig niedergemetzelten Brüdern auf allen deutschen Kriegsschiffen. Alles, was ein Gewehr oder nur ein scharf geschliffenes Messer hatte an Bord desAdler" und desEber", das stürmte herbei an den Strand, ein Totenmal zu halten für die gemordeten Kameraden.

Wieder wurden Schützenlinien formiert und un­ter dem Donner von desEber" großen Geschützen rückten die Rächer vor gegen die Dörfer Latonga und Fangali, und nicht eher gingen sie auf ihre Schiffe zurück, als bis eine lohende Feuersäule flam­

mend gen Himmel stieg, zu Asche verbrannt war jedes Haus, jede Hütte des hinterlistigen Mataafa.

Am nächsten Tage wurden die Gefallenen zur ewigen Ruhe bestattet. Die französischen Missionare segneten die Särge ein, und die barmherzigen Schwe­stern der Kolonie schmückten sie mit Blumen und Girlanden. Unter feierlicher Begleitung der Schiffs­mannschaften und der in Apia ansässigen Deutschen, unter dem dumpfen Knattern der Ehrensalven, senkte man sie hinab in des fremden Landes stille Erde.

9. Kapitel.

In Eolonnas stille Räume war mit Beatrices Erscheinen lautes, bewegtes Leben eingezogen. Da Toska Adrian nicht liebte, hielt sich Beatrice nicht mehr für gebunden, das ihrer leidenschaftlichen Seele unter tausend Qualen abgerungene Gelöbnis der Entsagung zu halten.

Im Gegenteil, mit allen Kräften suchte sie, den Jugendfreund aus seiner Lethargie aufzurütteln, ihn in ihren lebensvollen Kreis zu ziehen. Sie wollte ihn sich selbst und der Kunst wiedergeben. Sie Hatzte Toska, seitdem diese in ihrer kühlen, herben Weise erklärt, sie wolle ihrem Glück keinen Augenblick im Wege stehen, sobald Adrian in die Scheidung willige, würde sie mit Freuden Beatrice den Platz an seiner Seite räumen.

Mit erstickender Wut satten diese Worte der Sängerin Herz erfüllt. So gering achtete Toska die Liebe des Mannes, de, der Stern ihres ganzen Le-