(ntl.), Locher (Z.) Schlichte (Z.), Stroh (KB.), Stiefel (Bk), Staudenmeyer (V.), Roth-Stuttgart (V.) und Kurz (S.)
Der zum Präsidenten gewählte konservative Abgeordnete Heinrich v. Kraut steht im öS. Lebensjahre. Er ist von Beruf Rechtsanwalt. Bereits in den 80er und dann Mitte der 00er Jahre war er Mitglied des Stuttgarter Vürgerausschusses, davon von 1889—l 900 dessen Obmann. Seit 1900 ist er Landtagsabgeordneter. Er vertrat zunächst den Bezirk Calw und wurde dann 1906, wie jetzt wieder 1912 als Proporzabgeordneter im nörd- lchen Landeswahlkreis gewählt. Seit 1906 war er 2. Vizepräsident des Hauses.
Stadt» Bezirk und Nachbarschaft
Calw, 13. Aanuar 1913.
Roch em Chrischtag. Die unter dieser Spitzmarke in Nr. 1 ds. Blattes erschienenen Herzensergüsse vom „Schwobakarle" haben die Schilderung nachstehenden Gegenstückes einer aufmerksamen Leserin unserer Zeitung veranlaßt:
Liaber Schwobakarle!
Reacht hoscht, des Chrischtkendle, des der liab Gott für ons Mensche en d'Welt gschickt hott, des ischt en dem Kruscht ond Schtaad, den ma oms rom hängt, schiar nemme rauszfenda, ond s'Hcrz bluetet oim, wenn mr haiert, daß net amol d'Kenderle meh au's glauba derlei, weil d Eltern gar so gscheit send ond au nex meh glaubet. — Aber Schwobakarle, s'geit no Ausnahme — hair me a' — i will der verzähla, wia i mei Chrischtkendle gfeiret hau, do muescht sage: s'geit doch no Mensch«, mit dene d Engele ein Hemmel gern senget: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden!" I be bloß a arme Wittsrau, mer hoißt ine d'Schuelmoischtere, weil i em Schuelhaus obedrenn 2 Stüble hau, aber mei Mann war bloß a Schreiber ond ischt jong von mer weggstorbe. Kender hent mer nia ghet, Geld au kois, no ben i halt uf da Verdenscht ausgange, wos was z'schaffe gea hott ond der liab Gott Hot me net verlasse. Viel Han e net, aber doch so viel, daß e am Chrischttag Ebber au ebbes Guets do ka. An Elegaheit fehlts et, wenn mer no will, ond wenn mer d Auge ufmacht. Ilntedrin bei mir wohnt a verhutzelts, kromms Male, der Michele, 79 Johr isch er alt, ond isch doch koi „Michel" wora. Verleicht daß er so hoißt, weil er so kloi ond oscheibar ischt, oder daß en sei Mueter so grueje Hot, ond daß mer deswege no so riefe soll. Den hol i mer äll Johr zom Heilig-Obed rauf ond e Nochbersmädle, des net reacht schwätze kä ond net guet haiert ond des von de Leit arg romgstoße ond ausglacht wurd. Dia zwoi send mei Büblikom en meire Schtaadsschtube onder ineim — schiar hätt e gsait — Chrischtbom. I will aber net liage, s'send bloß 12 Liachtle uf e paar Tannezweigle uf ere große Borzlaplatt gwea. Dia hent se aber so hell en de Auge vo meine zwoi Chrischttagsgäst gspiaglet, daß a elektrisch azondener Chrischtbom net schener strahle kä. An meim alta Schiedmaierische Dafelklimperkaschta hent mer no „Stille Nacht, heilige Nacht" gsonge. Schiar hätt i wieder gloga ond hätt gsait, „s'wär schö gwea", noi, des deant mer net behaupte, der Michele Hot no so Schrat naus do, ond sMadele Hot ällbott en Ton zhoch gsonge ond ischt mit em letschte Ton älleweil noochghompelt, ond mei Stemm isch au schau schätterig, weil i au koi heurigs Häsle meh ben. Mer send aber älle feierlich gstemmt gwea, ond onser Herrgott wurds scho verschtande Han, wias gmoint war. D' Gschenk send kloin ausgfalle, aber i Han schau s'ganz Johr über ane- bruetet, was em Modele ond em Michele fehle däht, ond schau seit Oschtere Han e ällbott ebbes en a Käßle dau, des i mei Freudekäßle hoiß, ond no Hots mittlerweil zu eme wollene Wammes für de Michele ond zu e Paar warme Calwerschueh für sMadele glangt. Der Michele Hot no a Buddele Wein kriagt, den i selber gschenkt kriagt Han, aber weil i a „Demperenzlere" ben, derf e en net trenka. En der Küche hent se no Kaffee kriagt, ond en dicke Kueche, en Tee hätt der Michel net tronka, des sei so a neimodisch Gsief, hott er gsait. Wia er mit seim Wei d'Stege na isch, hott er vor sich hin- gsait: „Aber heut koin Tropfe, koin Tropfe mai, erscht
am Feiertag!" — Siehscht Schwobakarle. der Michele Hot sich ganz anderschter em Zaum, als dia, von dene Du verzählt hoscht. dia wo s'Chrischtkendle en de Wirtschafte ond bei de Verlosunge feieret, vom Michele kä a mancher Mä lerne! Jetzt sag selber. Schwobakarle, Han i net en schöne Chrischttag gheet? s'geit gwiß au no meener sottige. Aber z'viel net, des glaub i au. Verleicht macht mirs Ebber 's nächst Johr'nooch, dees däht mi bombamäßig freue.
D' S ch u l m e i st e r e.
8c1>. Mutmaßliches Wetter. Für Dienstag und Mittwoch steht vorwiegend trockenes Frostwetter, aber auch vereinzelt Schneewetter bevor.
Bitte der hungernden Vögel.
Oberamtsdiener Fischer ersucht uns um Aufnahme folgender Verse:
Längst sind verblüht des Gartens letzte Rosen,
Und von den Bäumen fiel das letzte Laub,
Und wild die rauhen Winterstürme tosen:
Des Sommers Pracht, sie ward des Frostes Raub.
In dichten Flocken fällt der Schnee hernieder,
Deckt Baum und Strauch. O, lindert unsre Not! Gebt uns nur das, was fällt vom Tische nieder,
Und sei es auch das kleinste Krümchen Brot!
Ein bischen Wasser sei auch nicht vergessen!
Der Hunger und der Durst, sie tun gar weh!
Ihr Menschen, die ihr täglich habt zu essen,
Ihr wißt nicht, wie sichs lebt in Eis und Schnee!
Auch werden dankbar wir uns stets erweisen,
Für das, was ihr uns tut zur Winterzeit Und sind wir Amseln, Stare, Finken, Meisen Zu jeder Hilf im Garten gern bereit!
Bor der Berufswahl. Die Handwerkskammer Reutlingen hat dieser Tage an die Volksschulen sowie an die höheren Lehranstalten ihres Bezirks die neue Auflage ihres „Ratgebers zur Berufswahl" zum Zweck der Verteilung an die zur Schulentlassung kommenden Knaben versandt. Das Büchlein ist wiederum neu durchgesehen und auf den neuesten Stand ergänzt worden und dürfte in dieser Form manchem Vater oder Vormund nützliche Winke für die Berufswahl der ins Leben tretenden Knaben geben.
(?) Altburg, 12. Jan. Besitzwechsel. Allem Anschein nach hält die rege Bautätigkeit auch dieses Jahr an. Ulrich Rentschler verkaufte sein Wohnhaus mit Zubehör an Fabrikarbeiter I. Weiß, der es an Zimmermann Fr. Kugele weiter verkaufte. Rentschler baut neu an der Straße nach Würzbach. — Das Wirtschaftsanwesen mit Bäckerei des Georg Lörcher ging durch Kauf um den Preis von 131)00 Mark an dessen Schwiegersohn, den Bäckermstr. Georg Adam Rentschler über. Letzterer verkaufte hieraus seine Bäckerei im Hinterdorf an Johannes Roller, Bäcker, Sohn des hiesigen Bürgermeisters I. Roller, um den Preis von 10 800 Mark. — Weiter kaufte Sonnenwirt Kober hier von Ulrich Lörcher ein Stück Wiese, um einen größeren Saalbau zu erstellen. Ein weiterer Saalbau ist noch zu erwarten, ein Einfamilienhaus angefangen. — Das mit Recht so bekämpfte Neujahrsschietzen hat auch hier ein Opfer gefordert. Einem hiesigen 21jöhrigen Fabrikarbeiter wurde hiebei die linke Hand zerschmettert, zwei Finger sollen ganz verloren sein. — In Weltenschwann kam der Landwirt Nonnemann beim Futterschneiden mit dem linken Arm den Kammrädern zu nahe. Diese ergriffen zuerst die Hand und rissen dann am ganzen Unterarm Fleisch und Haut weg, so daß die Knochen bloß waren. Wie man hört, soll der Bedauernswerte um den Gebrauch des verletzten Glieds kommen. — Beide Verletzte befinden sich im Ealwer Krankenhaus.
(!) Bad Liebenzell, 12. Jan. Beim letzten Männerabend machte uns Apotheker Mohl interessante Mitteilungen über die Verhältnisse unseres Städtchens vor 130 Jahren, auf Grund von Aufzeichnungen in alten Kirchenbüchern von den Jahren 1760—1785. Es waren dies die Jahre vor dem großen Brand, durch welchen das Rathaus und der größte Teil des oberen Städtchens in Asche gelegt wurde. In jener Zeit war Liebenzell noch Oberamtsstadt. Von 1763—1785 schwang ein Jakob Friedrich Kostenbader. Amtmann, Keller und geistlicher Verwalter, das Scepter über das Amt Liebenzell. Schon mit 21 Jahren kam er auf diesen wichtigen Posten. Es wird uns dies einigermaßen verständlich, wenn wir bedenken, daß in jener Zeit Herzog Karl, der schon mit 16
fahren für mündig erklärt wurde, auf dem »ürtt. Thron saß und unter ferner Regierung durch den Kirchenrat Wittleder, emes ehemaligen preußischen Unteroffiziers, ein schwunghafter Aemterhandel getrieben wurde. Zwischen dem genannten Oberamtmann und den übrigen maßgebenden Persönlichkeiten scheint ein gutes Verhältnis geherrscht zu haben, denn in Kirchenbüchern ist der.Amtmann öfters als Taufpate verzeichnet. Weniger befriedigt schien die übrige Bevölkerung von dem Herzog!. Beamten insbesondere von einem Stadt- und Amtsschreiber Euhorst gewesen zu sein. Den Beamten selbst ist es scheints nicht übel ergangen, denn auf dem Grabstein des genannten Oberamtmanns ist zu lesen, dag er nach 22jähriger vergnügter Ehe, 6 Wochen vor dem grogen Brande, gestorben sei. An der Spitze der Stadtverwaltung stand der Bürgermeister und Hirschwirt Emen- dorser An sonstigen Beamten sind zu erwähnen der Land- umgelder. der Haupt-Wasser- und Landzoller. Sodann befände" sich hier 2 Eisenfaktoren, die im Auftrag des Staates
jeiwr Zeit hatte Liebenzell 5 Schildwirt,chasten (Hirsch, Lamm, Kanne, Sonne, Ochsen.) Augerdem ist noch ein Schuhmacher und Gaffenwirt ange- fnhrt. Der Besuch des Bades war damals ein ganz geringer. Das untere Bad beherbergte in den Sommermonaten If.ur jO —12 Badegäste. Es war jene Zeit, in der Liebenzell förmlich in Vergenenheit geriet, nachdem es mehr als 100 wahren in hoher Blüte stand. Wie streng die Rechtspflege gehandhabt wurde, geht daraus hervor, daß im Juni, Juli und August des Jahres 1762 je eine Hinrichtung wegen Verbrechens der Unzucht stattfand. Es handelte sich um einen Mtzahrigen Bürger von Liebenzett, und einen 66jährigen Tag- lohner und seine Tochter aus Beinüerg. Im Jahre 1765 war eine Pockenepidemie hier. Im Jahr 1766 starben 20 Perionen an der Ruhr (Cholera). 1773 forderte der Typhus 13 Opfer und im Jahr 1781 starben 18 Personen an Pocken. Im Jahr 1778. reiste Herzog Karl nach Neuenbürg. Der herzolg. Förster Schöll von Langenbrand, der seinem Landesherrn bis hieher entgegenreitet, stirbt an einem Schlaganfall und wird hier beerdigt. In der Nacht vom 23. auf 21. Juni des Jahres 1785 bricht der furchtbare Brand aus, der durch den betrunkenen Schreiber Joh. Phil. Zeeb verursacht worden sein soll. Zeeb fand in den Flammen den Tod. Am 20. Januar 1786 wurden seine Gebeine unter den Trümmern gefunden und in einem Kistchen beerdigt. Am 21. November 1785 fand eine Landeskollekte für die Abgebrannten Liebenzells statt. Die Herzogin Franziska stiftete einen Teil ihrer Hochzeitsspende für die Abgebrannten. Zum ehrenden Andenken wurde ihr Bild auf dem hiesigen Rathaus aufbewahrt bis auf den heutigen Tag.
^ Unterreichenbach, 12. Jan. Im Oktober letzten Jahres wurde hier, wie s. Zt. mitgeteilt, ein aus über 80 Mitglieder bestehender Zwekgoerein des Schwarzwaldvereins ins Leben gerufen. Bei der am 0. Jan. d. I. stattgefundenen Ausschußsitzung wurde dem schon lange gehegten Wunsch, einen Rundgang um den Ort zu haben, dadurch Rechnung getragen, daß die noch nötigen Weganlagen in Bälde in Angriff genommen werden sollen. Zugleich soll auch die Wegmarkierung vom Monbachtal nach Unterreichenbach ausgeführt werden. Sodann wurde noch das Wanderprogramm für 1913 mit 3 Tages- und 10 Halbtagestouren festgelegt.
Pforzheim, 11. Jan. Spielplan des Viktoria-Theaters vom 12.—19. Januar. Sonntag 316 Uhr: Die goldene Nitterzeit, 7K. Uhr: Der liebe Augustin) Montag: Die keusche Susanne, Dienstag: 51. Abonnements- Vorstellung K 18: Die Fledermaus) Mittwoch: 52. Abonnementsvarstellung Ser. 6 17: Taifun) Donnerstag: Der liebe Augustin) Freitag: 53. Abonnementsoorstellung Serie L 18: Zum 1. Male: Der gutsitzende Frack) Samstag: Geschlossen) Sonntag 311- Uhr: So'n Windhund) 7^ Uhr: Zum 1. Male: Die Glocken von Cornville.
Württemberg.
Stuttgart» 11. Januar. Heute nachmittag halb 4 Uhr fand unter zahlreicher Beteiligung aus nah und fern, von Verwandten und Bekannten, besonders auch von Parteiangehörigen des Bundes der Landwirte und der Konservativen, das Leichenbegräbnis des Landtagsabgeordneten Friedrich Schrempf statt. Nach einem einleitenden Gesang hielt Stadtpfarrer Jehle in der Kapelle des Pragsriedhofes die Trauerrede. Aus dem engen Lehr- und Erziehungskreis, so führte er u. a. aus, wurde der Verstorbene herausgerufen auf den weiten Boden
tritt, auch dessen Freund sein muß, und ich bin in dieser traurigen Zeit ein wahrer, aufrichtiger Freund Ihres Mannes geworden."
In Toskas müdem Herzen hatte sich bei dem warmen Klange seiner Stimme zuerst eine schwache Hoffnung geregt, daß der Herr ihr in der Person des Ee- heimrates den ersehnten Retter sende und fragend hob sie den Blick zu seinem guten, faltenreichen Gesicht. Enttäuscht aber wandte sie sich ab, als er sich Adrians Freund nannte, von dem Freunde dieses Mannes konnte sie keine Hilfe erwarten und abweisend kühl klangen deshalb ihre Worte:
„Ich danke Ihnen für Ihre Teilnahme, Herr Ee- heimrat, aber es ist wirklich nur der Wunsch, meinem Manne nicht lästig zu fallen, der mich zu dieser Bitte veranlaßte. Ich weiß, er ist arm, und das Bewußtsein, ihm durch meine Krankheit Kosten zu machen, regt mich derartig auf, daß meine Genesung unmöglich wird."
Als aber der Eeheimrat auch wieder von den guten Eigenschaften und der zärtlichen Liebe ihres trefflichen Mannes zu sprechen begann, brach sie in heftiges Weinen aus.
Dem alten Herrn war es nicht möglich, sie zu beruhigen, sie beharrte schluchzend auf ihrem Wunsche, in ein Krankenhaus gebracht zu werden, sie könne nicht länger Almosen von ihrem Manne annehmen, er solle Erbarmen mit ihr haben, sie würde wahnsinnig, wenn sie dieses Leben noch länger ertragen müsse. Äll das rang sich tränenerstickt, in einzelnen, kurz abgebrochenen Sätzen von ihren Lippen und der Arzt griff endlich besorgt nach ihrem Puls.
Wahrhaftig, er ging wieder im Fieber und dabei leuchteten ihre Augen in so irrer Glut, daß Berg erschrocken die Hand an ihre Stirn legte. „Mein Gott, wenn sich der Verstand der Unglücklichen umnachtete," dachte er, denn die Art und Weise, von ihrem Manne zu sprechen, erschien ihm gar zu befremdlich, und dabei durfte er auch nicht eine Minute länger bleiben, da er zu einer wichtigen Konferenz in seiner Klinik erwartet wurde.
Das einzige, was er in diesem Augenblicke für sie zu tun vermochte, war, ihr die Erfüllung ihres Wunsches zu versprechen und einen beruhigenden Trank zu verordnen. Er befahl noch dem Mädchen, die gnädige Frau keinesfalls allein zu lassen und trug ihr auf, Adrian zu bitten, den Abend bei ihm zuzubringen.
Unruhig, von tausend quälenden Ahnungen gepeinigt, betrat Colonna das Studierzimmer seines Gönners.
Dieser reichte ihm ernst die Hand und sagte, nachdem er Platz genommen und einige gleichgültige Worte gewechselt:
„Verzeihen Sie, wenn ich mit meinen Fragen vielleicht taktlos und indiskret erscheine, aber als Arzt muß ich die Verhältnisse klar durchschauen, und deshalb bitte ich Sie, mir aufrichtig zu sagen, wie steht es mit Ihrer Frau Gemahlin? Sie verlangte heute in der dringendsten, heftigsten Weise, aus ihrem Hause gebracht zu werden, und sei es in das Spital."
„Da ich nun aber annehmen muß, daß Sie sich aus Liebe geheiratet und ich mich auch selbst überzeugt
habe, wie zärtlich und rüchfichtsvoll Sie die Kranke stets behandeln, kann ich mir ihr seltsames Benehmen heute nachmittag, ihre leidenschaftliche Aufregung nicht anders erklären, als daß sich eine Gemütskrankheit bei ihr vorbereitet. Antworten Sie mir offen, weicht sie Ihnen nicht seit einiger Zeit in einer an Abscheu grenzenden Weise aus? Mir ist es in der letzten Woche mehrere Male befremdend aufgefallen, wie sie vor der leisesten Berührung Ihrer Hand so ängstlich zurückschreckt, als fürchte sie, mißhandelt zu werden."
„Der Himmel ist mein Zeuge, daß ich das nie getan." brauste Adrian auf. „daß ich sie nur zu sehr liebe."
„Ich weiß, ich weiß," beruhigte Berg den Erregten, und gerade, weil ich davon überzeugt bin, daß Sie Ihrer Frau keine Veranlassung zu diesem sonderbaren Wesen geben, kam ich auf den traurigen Gedanken, daß die Unglückliche an Wahnvorstellungen leidet. Neuheit sich doch eine beginnende Geistesstörung meist in dem plötzlichen Widerwillen gegen die nächsten Angehörigen und deshalb wollte ich Ihnen den Vorschlag machen einen Nervenarzt zu Rate zu ziehen."
Adrians schwarze Wimpern senkten sich schwer über seine brennenden Augen und eine heiße Röte stieg langsam in seine dunkle Stirn. „Nein, Herr Geheimrat, sagte er bestimmt. „Ich vertraue Ihnen vollständig, und in eine Nervenheilanstalt will ich sie nicht schicken, denn ich liebe sie zu sehr, um mich von ihr trennen zu können. Mit der Zeit, denke ich. werden sich die Folgen dieser unseligen Krankheit schon von selbst heben."
(Fortsetzung folgt.)