Vermischtes.
Z Eine Französin über unsere Soldaten. Wir erhalten folgenden, aus Rozoy bei Reims datierten Feldpostbrief eines Mainzers: „Aus verschiedenen an uns gelangten deutschen Zeitungen haben wir ersehen, daß gewisse Auslandszeitungen versuchen, unseren Truppen im Feindesland Grausamkeiten oder Gewalttätgkeiten zu unterschieben. Gegenüber diesen Tartarennachrichten wird folgende Begebenheit, für deren Wahrheit Oberleutnant Pillekat, Leutnant Toran und Unteroffizier der Reserve Eismayer der Etappen-Kraftwagen- kolonne 15 sich verbürgen, nicht ohne Interesse für die Oeffentlichkeit sein. In Signy l'Abbaye, einem Dorfe nördlich von Rethel, nahe der belgisch-französischen Grenze, gingen wir zum Essen während der Rast der Kolonne in ein Haus. Darin erfuhren wir, daß alle Einwohner des Dorfes, an der Spitze der Bürgermeister, beim Herannahen der Deutschen geflüchtet waren. Nur die alte Mutter der Besitzerin des Hauses, indem wir uns befanden, war zurückgeblieben. Auf unsere erstaunte Frage, ob sie denn als einzige keine Furcht empfunden habe, gab die Alte die schlichte Antwort: „Die deutschen Soldaten haben im Kriege 1870'71 sich gegen mich als junge Frau derart anständig benommen, daß ich jetzt als alte Frau absolut keine Angst habe. Vielleicht kann ich jetzt einen Sohn eines damals bei uns wohnenden deutschen Soldaten treffen, die ich in sehr angenehmer Erinnerung habe." — Eine weitere Bemerkung von deutscher Seite erübrigt sich wohl. Außerdem hörte ich schon viefach von französischen Einwohnern, sie seien froh, daß die deutschen Soldaten da seien, die sich viel anständiger benähmen als die Franzosen."
Der offene Weg.
Das starke, tapfre deutsche Heer Erzwang den Weg zum Strande Und lacht hinüber über's Meer Zum nahen Britenlande.
Das hört mit großem Kummer Den Hakl der deutschen Brummer.
Doch macht es ihm auch Zorn und Pein,
Mag England auch dawider schrein
Das ganze Deutschland betet.
Zu dir heb' ich die Hände,
Daß deine Hand uns wende Das große Herzeleid!
Zu dir heb' ich die Hände,
Daß deine Hand uns sende Den Trost der Ewigkeit!
Zu dir heb' ich die Hände,
Daß deine Hand uns spende Den Sieg zur rechten Zeit!
K. F. Knodt.
Das Glöcklein des Glücks.
Roman von Ludwig Roh mann.
Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
Wannoff fragte, wie es Prochnow gehe.
„Aeh," machte der, „es lohnt nicht mehr, davon zu sprechen. Ich Hab den großen Strich unter meine Lebensrechnung gemacht und bin fertig. — Ich Hab immer flott gelebt und bin all mein Lebtag in der Sonne gegangen; nun Hab' ich auch vom Schatten mein Teil abbekommen. Aber daß du mir nun zum Schluß noch oie Freude machst —! Mensch, es ist ein Stück vom alten Sonnenglanz an dir! Was haben wir doch für Stunden miteinander verbracht, wir zwei — he? Hier herum in der Nachbarschaft, und in Berlin — ach, in Berlin —!"
„I du mein — das ist längst auch für mich vorbei. Berlin ist all nur noch 'n geographischer Begriff für mich —" sagte Wannoff trübe.
„Ja, du — abjchließsn müssen wir alle einmal. Vor acht Wochen Hab ich zum letztenmal bei Hiller gespeist. Wundervoll, sag ich dir. Und jetzt ist auch das vorbei. Rest!"
Er unterbrach sich, machte Anstrengungen, sich aufzurichten, und sank doch gleich wieder kraftlos in die Kiffen zurück. Wannoff war mit einer hilfsbereiten Gebärde aufgesprungen, aber Prochnow wehrte matt ab.
„Laß nur — es geht ja doch nicht. Uebrigens mußt du nicht denken, daß mir katzenjämmerlich zu Sinn ist! Ich Hab in meinem ganzen Leben nichts bereut, und ich will auf meine letzten Tage nicht noch damit anfangen. Da ist nun aber meine Marta, siehst du! Die macht mir wirklich Sorge. Ich kenn' mich da nicht aus. — Was die für Körbe ausgeteilt hat — du weißt es ja. Und dabei ist sie älter geworden, reifer und schöner; ist reich, wie die andern Besitzerstöchter in Werder zusammen, und bleibt nun doch ganz allein auf der Welt, wenn ich nicht mehr da bin."
Und kraus die Stirne falten —
Der Weg zum Meer soll unser sein,
Wir wollen ihn behalten!
Wir haben ihn mit deutschem Mut Und deutschem Blut erzwungen,
Nun ist er unser Freilandsgut,
Das wir gerecht errungen.
Was unsre deutschen Knaben Für uns erfochten haben,
Soll keiner Feinde Trutzverein Aus deutschen Armen mehr befrei'n Mit irdischen Gewalten —
Der Weg zum Meer soll unser sein,
Wir wollen ihn behalten!
Wir werden nicht, was Gott uns gab,
Mit Frevelmut mißbrauchen,
Wir wollen auf geschloss'nem Grab Die Friedenspfeife rauchen Und in der Völker Mitte Bewahren Recht und Sitte.
Doch wem das Große soll gedeih'n Der Menschheit Würde zu erneu'n,
Braucht Luft, um frei zu schalten —
Das grüne Meer muß unser sein,
Wir wollen es behalten!
Wir stehlen nicht, wie England tat,
Wir schwingen nicht die Knute,
Wir morden nicht die Kindersaat,
Wir lassen Raum dem Blute,
Und jedem Volk auf Erden Soll Recht und Freiheit werden!
Wo schwer bedrückte Seelen schrei'n,
Stellt sich der deutsche Helfer ein,
Als treuer Freund zu walten —
Drum muß das Weltmeer unser sein,
Wir wollen es behalten!
Ludwig Ganghofer, in der Münch. Augsb. Abendztg.
Wannoff rückte lebhaft näher heran.
„Ich Hab mich schon lange darüber gewundert. Hast du denn nicht einmal darüber gesprochen? Das wär' doch gerade jetzt natürlich —"
„Ich Hab. Erst heute mittag wieder. Aber es ist da etwas, wohinter ich nicht komme —"
„Was sagt sie denn nun?"
„Nichts. Oder doch so gut wie nichts. Ich soll mir keine Gedanken ihretwegen machen und was so 'ne Redensarten mehr sind. In ihren Augen aber liegt etwas — das sieht mich immer starr und schmerzhaft an, wenn ich allein bin. Du lieber Gott — wissen möchte man doch gern, was nun aus allem werden wird, was man nicht mitnehmen kann."
„Natürlich," gab Wannoff nachdenklich zu. Dann nahm er entschlossen einen Anlauf und schlug seinen biedersten Ton an. „Heikel ist die Sache ja allemal bei einem Mädchen, wie Marta es ist. Sieh mal, wir zwei alten Kerle machen einander doch keinen Wind vor — was?"
„Ich denke nicht," sadte Prochnow langsam, und ein Schatten der Verschlagenheit huschte über sein verzerrtes Gesicht.
„Richtig, alter Junge! Also laß uns einmal offen mit einander reden. Da ist mein Junge, der Ulrich. Es gab eine Zeit, wo wir so unsere Pläne hatten: Der Ulrich und die Marta, Dambitzen und Wonneberg — die sollten Zusammenkommen. Na, im Laufe der Zeit ist das nun ein bißchen abgeblaßt."
„Und Wonneberg ist nicht mehr Wonneberg," warf Prochnow vieldeutig ein.
„Ist richtig," gab Wannoff gelassen zu. „Die Wannoffs aber sind die Wannoffs von ehedem, und was nun der Ulrich ist — du das ist einer! Es steht fest, daß er eine glänzende Karriere machen wird; er ist eine Persönlichkeit geworden und ein Mann, um den sich die Weiber reißen werden — jetzt, jetzt, wo er seinen jungen Ruhm spazieren trägt. Aber siehst du, ist er erst wieder fort, und hängt er sich in Berlin an das Leben, dann spinnt er sich auch in weltstädtische Verhältnisse ein und wir hier oben haben ihn verloren. Und der Gedanke tut mir weh, weißt du. Da haben wir denn gedacht, meine liebe Frau und ich, es müßte doch besser werden, wenn er sich hier oben eine Frau suchte, wie er sie braucht. Aber nun frag ich dich: Wo ist ein Mädchen, was für einen Mann wie Ulrich wirklich in Frage kommen könnte, wenns deine Marta nicht ist? Und deine Marta wieder, die ist doch viel mehr Dame als Gutsfrau, die fühlt sich doch überall in der Welt wohler, als hier oben bei uns in Werder. Na, und da meine ich denn doch, wir hätten einigen Grund, unsre allen Pläne ins Werk zu setzen — diesmal aber nachdrücklich und ernsthaft.
„Alker Fuchs du," sagte er nun langsam. „Das wäre dann für dein Wonneberg und für deinen Ulrich zugleich die beste Hilfe, denn viel hast du für deine großen Pläne
Handel und Verkehr.
Herbstnachrichtea.
""(-) Heilbroim, 23. Okt. (Weinlese.) Die allgemeine Weinlese hat gestern früh begonnen. Das Gesamtquantüm wird aus 4000 Hektoliter geschätzt. Verkäufe zu bestimmten Preisen sind noch nicht abgeschlossen. Vorausbestellungen find schon viele «emaä>t.
Literatur.
Ehrentafel gefallener württembergischer Offiziere. Das Kriegstagbuch ans Schwaben (Verlag von Carl Grüninger in Stuttgart) hat begonnen, die Bilder gefallener Offiziere von Württembergischen Regimentern zu veröffentlichen. Um diese Ehrentafel nach Möglichkeit lückenlos zu gestalten, bittet die Redaktion in Stuttgart, Rotebühlstr. 77, die Angehörigen, ihr Bilder der im Felde gebliebenen oder an ihren Wunden Gestorbenen zu senden (unter Angabe von Name, Regiment und Gefechtsort). Heft 5 bringt 4 Offiziere. Das Titelbild „Eroberung einer französischen Fahne" stammt von einem Haug-Schüler: Heinrich Stierle. Andere Aufnahmen sind aus dem Schlachtfelde in Lothringen gemacht. Den einleitenden Aussatz „Heiliger Krieg oder nicht?" schrieb Professor Dr. Wurster in Tübingen. Der Preis jedes Heftes des dreimal monatlich erscheinenden Kriegstagbuchs, das durch die W. Rieker'sche Buchhandlung, Altensteig, zu beziehen ist, beträgt 25 Pfennig.
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Friedrich Schäfer, Orgelbaumeister und Alleininhaber der Firma C. L. Goll u. Sohn in Kirchheim u. Teck. — Jakob Wichler, Inhaber eines Partiewarengeschäfts Stuttgart, Haupt- stätterstraße 42.
Bersntmortücher Redakteur: Ludwig Laut.
Druck mrd Berlag der W. Rieker'schen BuLdruckerei, Altm^e g.
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ja doch nicht einzusetzen." Und als Wannoff nun mit einer
beleidigten Gebärde abzuwehren suchte, verzog er den Mund wirklich zu einem Lachen. „Nee, du, laß man. Nichts vormachen, das haben wir ausgemacht. Ist ja aber ganz gut so, wie du dir das ausgedacht hast, und ich bin zufrieden. Wie stehts denn aber mit deinem Ulrich? Große Sehnsucht hat er doch nicht, sonst wäre er doch längst einmal hergekommen?"
„Aber, Mensch — woher soll die Sehnsucht denn kommen? Er hat Malta doch seit Jahren nicht gesehen. Aber laß ihn nur erst einmal da sein. Ich wette, daß er gleich bei der ersten Begegnung Feuer fängt. Und Ulrich selbst kann sich sehen lassen, er ist vielleicht gerade das, was deine Marta sich erträumt. Elegant, vornehm, dabei kein Geck, sondern ein ganzer Monn. Da" — er griff in die Brusttasche und holte eine der Zeitschriften hervor, die Ulrichs Bild gebracht hatte: „Sieh ihn dir an — das ist er."
Prochnow nahm das Blatt in seine zitternden Hände und studierte das Bild mit Anstrengung. „Hm," brummte er, „wirklich. Wenn ich mir meine Marta daneben denke
— das könnt' ein Geschlecht werden, auf das wir alten Ahnherren stolz sein dürften." Er gab das Blatt langsam zurück. „Also abgemacht! Vor allem muß aber nun Ulrich sich schleunigst einmal hier sehen lassen."
„Wird er! Schon aus schuldiger Achtung und freundschaftlicher Teilnahme. Und spinnt sich dann nicht von selbst was an, so könntest du ja leicht nachhelfen. Ich denke mir, daß ein Wunsch von dir die Marta schon in die rechte Richtung drängen könnte. Und den Ulrich nehme ich auf mich —"
„Wir wollen sehen. Schick mir den Jungen nur erst her. Und schnell, denn Zeit habe ich nicht mehr zu verlieren. Ich bin auch nie dafür gewesen, wichtige Sachen auf die lange Bank zu schieben."
Als Wannoff eine halbe Stunde später von Marta Abschied nahm, hielt er ihre Hand fest.
„Also morgen, wenn's Ihnen recht ist, kommt Ulrich herüber. Darf ich ihm sagen, daß sie ihn gern erwarten?"
Ein feines Rot stieg in die blassen Wangen, das sich unter seinen zudringlichen Blicken schnell vertiefte; und für einen kurzen Augenblick blitzte es unter ihren langen Wimpern auf.
„Müssen Sie ihm das erst sagen, damit er kommt?"
Wannoff lachte dröhnend auf.
„Famos. Na ja, ich weiß schon. Also auf Wiedersehen
— auf Wiedersehen!"
Als Marta gegen Mitternacht die Pflege an die Schwester abgetreten hatte und in ihr Zimmer kam, zog sie das Blatt mit Ulrichs Bild aus der Tasche. Sie betrachtete es lange und reckte dann plötzlich die Arme weit aus. — —
„Komm," flüsterte sie in seligem Selbstvergessen, „komm!"
(Fortsetzung folgt.)