ken in der nächsten Sitzung eine Landkarte vorzulegen, die die vorgeschlagene Grenzlinie zeigen solle. Reschid Pascha erklärte dann, er würde weitere Instruktionen aus Konstantinopel erhalten. — Die Sitzung wurde im allgemeinen dadurch gekennzeichnet, daß die Sprache der ottomanischen Delegierten viel versöhnlicher war. In den Kreisen der Balkanvertreter gab man der Zufriedenheit über das Ergebnis der gestrigen Sitzung
^ Sprechsaal.
(Für Einsendungen unter dieser Rubrik übernimmt die Redaktion nur die pretzgesetzliche Verantwortung.) Aerzteboykott in Stammheim.
Wir werden um Aufnahme nachstehender Ausführungen ersucht:
Ganz ungünstig sind wir hier gestellt mit den Aerz- ten. Denn unser Ort steht unter dem Boykott derselben. Wurde da letzthin der Arzt telephonisch zu einer kranken Frau gerufen. Als Antwort kam zurück: Wir gehen nicht nach Stammheim, außer wenn ein Attest des dortigen Schultheitzenamts beigelegt ist. Wie man hört, sei, wie die Aerzte sagen, diese Maßregel dadurch nötig geworden, daß in einigen Fällen andere Aerzte, ja sogar „Kurpfuscher" zu Rate gezogen worden sind. Diese Fälle sind im Orte gut bekannt. Allein wer will es einem Patienten verübeln, wenn er bei einem andern Arzt Hilfe sucht, wenn dem seitherigen es nicht gelingt, Hilfe zu bringen. Es ist Tatsache, daß der Kranke in einem Fall durch den Kurpfuscher geheilt worden ist. Sonderbar ist bei der Sache nur das, daß die Aerzte einen Heilkundigen empfehlen. Wenn die Herren Aerzte eben nicht mehr Hieherkommen, so bleibt uns hier nichts anderes übrig, auch fernerhin uns von Kurpfuschern behandeln zu lassen oder am Ende auch ohne vorher bei einem Arzt Hilfe gesucht zu haben, zu sterben. Die Sterblichkeit ist gottlob gegen früher bis jetzt noch nicht größer geworden.
Die Hagia Sophia in Konstantinopel.
Bon Sven Hedin.
(Schluß.)
Im nächsten Augenblick wird er tot Uber seinem Kelche zusammenbrechen, denn entrinnen ist unmöglich, rings starren steinerne Wände. Doch in diesem Augenblick öffnet sich plötzlich vor ihm die graue Steinmauer, der Bischof tritt hindurch, und schon ist die Pforte wieder verschwunden. Starr vor Staunen prallen die Türken zurück, dann aber geht es mit Spießen und Beilen auf die Mauer los. Aber sie gibt nicht nach, und die Steine spotten ihrer vergeblichen Anstrengung. Voll ratlosen Staunens ziehen sich die Soldaten zurück.
Unten im Schiff der Kirche haben Plünderung und Lärm ihren Höhepunkt erreicht, da trägt ein schnaubendes Streitroß einen Reiter ans Hauptportal. Mohammedanische Heerführer und Paschas begleiten ihn. Der Eroberer selbst, Mohammed U., der Sultan der Türken, naht. Er ist jung und stolz und von unbeugsamem Willen, aber auch ernsten Sinnes. Zu Fuß schreitet er über die Marmorplatten, die vor tausend Jahren der Fuß des christlichen Kaisers Justinian berührte. Das erste, was er sieht, ist ein Janitschar, der mutwillig mit dem Beil den Marmorboden zerhackt. Mohammed tritt an ihn heran und fragt: „Warum?" — „Um des Glaubens willen!" ist die Antwort. Da schlägt der Sultan mit seinem Säbel den Soldaten nieder. „Ihr Hunde! Habt ihr nicht genug an der Beute? Die Gebäude dieser Stadt sind mein!" Den Erschlagenen mit dem Fuße beiseite stoßend, geht er hinauf auf die christliche Kanzel und übergibt mit tönender Stimme die Kirche der Heiligen Weisheit dem Islam als Eigentum.
Viereinhalb Jahrhundert sind es jetzt her, daß auf der Domkuppel der Hagia Sophia das Kreuz durch einen mächtigen Halbmond ersetzt wurde, und allabendlich tönt noch immer von der Plattform der Minaretts, deren die Türken vier an die Kirche angebaut haben, die Stimme des Eebetrufers. Er trägt einen weißen Turban und einen lang herabwallenden Mantel. Nach allen vier Himmelsrichtungen läßt er seine wohllautende Stimme über Stambul ertönen; sie klingt von silberklaren, langgezogenen A-Lauten und vollen Ls und weckt das Echo nahe und fern. „Gott ist groß", lauten seine Worte. „Außer Gott ist kein Gott und Mohammed ist sein Prophet! Komme zum Heile! Kommt zur Erlösung! Gott ist groß. Außer Gott ist kein Gott!"
Nun versinkt die Sonne unter dem Horizont. Da ertönt ein Kanonenschuß. Denn es ist Fastenmonat, während dessen die Mohammedaner tagsüber weder ^ssen noch trinken noch rauchen dürfen. So befiehlt der Prophet im Koran, ihrer heiligen Schrift. Jenes Zeichen verkündet für heute das Ende der Fasten, und wenn sich die Rechtgläubigen gelabt haben an dampfenden Fleischknödeln u. Reispuddings, an Obst, Mokka, und Wasserpfeife, dann lenken sie ihre Schritte zur alten Kirche der Heiligen Weisheit, wie sie noch immer heißt. Um die Minaretts herum leuchten Tausende von Lampen, und zwischen den Türmen schreiben flackernde Lichter heilige Namen auf das Dunkel der Nacht. Im Innern der Moschee aber hängen an fünfzig Meter langen Ketten Kronleuchter mit unzähligen Oellampen, und auf straffgespannten Seilen sitzen Lichter so dicht wie die Kugeln des Rosenkranzes. Ein Lichtmeer überflutet den Boden der Moschee. Mächtige grüne
Schilde an den Säulen tragen in goldener Schrift die Namen Allahs, Mohammeds und der Heiligen; die Schriftzeichen allein sind jedes neun Meter hoch.
Der Fußboden ist mit Strohmatten bedeckt; wer eintritt, muß die Schuhe ausziehen und Gesicht, Hände und Arme waschen. Weiße und grüne Turbane und rote Feze mit schwarzen Troddeln mischen sich durcheinander. Alle Andächtigen wenden das Gesicht nach Mekka hin. Auf einmal heben sich die Hände bis zur Höhe des Gesichts, die Handflächen nach vorn gekehrt, und halten die Daumen an die Ohrläppchen. Dann beugen sie den Oberkörper vornüber und stemmen die Hände gegen die Knie. Zuletzt fallen sie auf die Knie und berühren den Fußboden mit der Stirn. „Das Gebet ist der Schlüssel zum Paradiese", sagt der Koran, und jeder Teil des Gebetes erfordert eine bestimmte Körperstellung.
Auf einer Kanzel steht ein Priester. Seine klare, singende Stimme unterbricht die feierliche Stille. Das letzte Wort verklingt auf seinen Lippen, aber es hallt noch lange in der dämmerigen Wölbung der Kuppel nach und flattert wie ein unruhiger Geist zwischen den Statuen der Cherubim.
Den Türken aber ist nicht mehr geheuer in diesem ihrem Heiligtum. Die Stunde der Abrechnung wird auch für die Eroberer der Hagia Sophia einmal kommen, und immer mehr Bewohner Stambuls geben ihre Grabstellen draußen auf den Friedhöfen vor der Stadtmauer auf und überführen ihre Toten nach Skutari, um sie im Schatten asiatischer Zypressen ruhen zu lassen. Und die Griechen glauben noch immer, daß an dem Tage, wo die Hagia Sophia wieder in die Hände der Christen zurückkehrt, die Mauer droben auf der Galerie sich öffnet und der Bischof mit dem Kelche in der Hand wieder hervortritt. Ruhig und würdevoll steigt er die Treppe herunter, durchschreitet die Kirche, tritt an den Hauptaltar und liest seine Messe weiter, genau von der Stelle an, wo ihn vor vierhundertfünfzig Jahren die Türken unterbrochen haben.
Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei
Gottesdienste.
Sonntag nach Neujahr, 5. Januar. Vom Turm: 417. Predigtlied: 20. 9'/- Uhr: Vormitt.-Predigt, Stadtpfarrer Schmid. 1 Uhr: Christenlehre mit den T ö chtern.
Erscheinungsfest, 6. Januar. Vom Turm: 110. Predigtlied : 224, Eine pcrde rc. Kirchenchor: Lobt den Herrn, ihr Heiden alle 9^2 Uhr: Vorm-Predigt, Dekan Ro o s. 5 Uhr: Missionsstunde im Vereinshaüs, Stadtpfarrer Schmid. Das Opfer ist für die Basler Mission in Kamerun und Nord-Togo bestimmt.
Donnerstag, 9. Januar. 8 Uhr abends : Bibelstunde im Vereinshaus, Stadtpfarrer Schmid.
Amtliche und Privalanzeigen.
Calw.
Wegbau-Äkkorö.
Am Dienstag, den 7. ds. Mts., vorm. >l Uhr, wird auf dem Rathaus hier die Herstellung eines Holzabfuhrwegs im Stadtwald Altweg und Hardtberg im Akkord vergeben. Unbekannte Bewerber haben Fähigkeitszeugnisse neueren Datums vorzulegen.
Weitere Auskunft erteilt Forstwart Wintterle.
Gemeinderat.
BeMMmekti» Uw.
Zur Veredlung von Obstbaumen besorgt der Verein auch Heuer wieder seinen Mitgliedern gratis Edelreiser nach dem aufgestellten Normalsortiment. Jedes Mitglied kann bis zu 50 Stück in verschiedenen Sorten bestellen, weitere werden zum Selbstkostenpreis berechnet.
Für den Frühjahrssatz besorgt der Verein wie seither Obftbäume in Hochstämmen, Halbhochstämmen, sowie Zwergbäume in ausgesuchten In. Qualitäten nach dem Normalsortiment.
Bestellungen für Edelreiser wollen spätestens bis 20. Januar, für Bäume bis 20. Februar beim Vorstand, Franz Schoenlen ^gemacht werden. Später einlaufende Bestellungen könnten nicht mehr berücksichtigt werden.
Trauerkarten unS -Briefe
liefert rasch und billig die Druckerei ds. Blattes.
Calw, 2. Januar 1913.
Danksagung.
Für die vielen, wohltuenden Beweise herzlicher Teilnahme, welche wir bei dem Hinscheiden unsres lieben Kindes
Hermann
erfahren dursten, sagen wir innigen Dank
Eduard Pfrommer und Frau.
Calw.
Der
GrabemussW
von der Stuttgarterstraße, Weidensteige, Stammheimersteige, Altbur- ger- und Hirsauerstraße wird am Dienstag, den 7. Januar 1913, vormittags 11'/- Uhr, auf der Stadtpflege im öffentlichen Ausstretch verkauft, wozu Liebhaber eingeladen werden.
Den 2. Januar 1913.
Stadtpstege: Dreher.
Auf der Markung Althengstett findet ein
Maulwurf-
iängrr
lohnende Beschäftigung. Offerten mit Angabe des Fangpreises pro Stück sind einzureichen beim
Schultheitzeuamt Althengstett.
1 guterhaltene metall.
Waschmaschine
und einen größeren Posten gesägtes
Brennholz
hat zu verkaufen. Wer, sagt die Geschäftsstelle ds. Bl.
Unterreichenbach. Auf Ostern suchen wir
für Kontor, Expedition und Bügelabteilung.
Levtr. DllWsMschlUlstM.
Geschw. Speidel.
Bad Teinach, 2. Januar 1913.
Trauer-Anzeige.
Verwandten, Freunden und Bekannten die traurige Nachricht, daß mein lieber Mann
Jakob SlaLch
am Neujahrstag abend im Alter von 52 Jahren infolge eines erlittenen Unfalls unerwartet schnell im Krankenhaus in Calw verschieden ist.
Um stille Teilnahme bittet
die trauernde Witwe:
Marie Match.
Beerdigung findet in Bad Teinach am Samstag nachmittag 3 Uhr statt.
L a l w.
Danksagung.
Für die vielen Beweise aufrichtiger Teilnahme an dem Hinscheiden unserer lieben Schwester, Tante und Großtante
IM»» Wilhelm«! WWer
bitten wir auf diesem Wege unfern herzlichsten Dank entgegennehmen zu wollen.
Namens der trauernden Hinterbliebenen
die Schwester:
Frau Getzonomierat tzorlacher.