hielt 6395 und Sickfeld (Soz. 2374 Stimmen. Aus un­gefähr 7 ländlichen Wahlbezirken steht das Resultat noch aus, das Gesamtergebnis kann aber dadurch nicht mehr beeinflußt werden.

Wien. 23. Dez. DasK. K. Tel.- u. Korr.-Bur." teilt mit: Immer wieder tauchen trotz wiederholter Dementis über die militärischen Maßnahmen Oesterreich-Ungarns Ge­rüchte auf, die mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmen u. maßlos übertriebene Zahlenangaben hin­sichtlich der angeblich einberufenen Mannschaften enthalten. Es wäre zu wünschen, daß die ausländische Presse in so ern­sten Zeiten nicht durch die Verbreitung unrichtiger Meldun­gen dieser Art Erregung in die Öffentlichkeit trägt.

London, 20. Dez. Eine offizielle Meldung des Reuterschen Bureaus besagt, die Botschafter haben an­empfohlen, daß Albanien autonom werden solle mit der Stipulation, daß Serbien einen Zugang zum Adria- Meer garantiert erhalte. Die sechs Regierungen haben diesen diplomatischen Vorschlag im Prinzip unterzeich­net. Die österreichisch-serbische Krisis hätte damit ihr Ende und die Lage darf umso eher günstig beurteilt werden, als der serbische Ministerpräsident Pasitsch dem österr.-ung. Gesandten in Belgrad einen Besuch abstat­tete und ihm das Bedauern seiner Regierung über die Mißgriffe einzelner Militärorgane dem Konsul Prohas­ka gegenüber aussprach.

Landwirtschaft und Märkte.

Die landwirtschaftliche Arbeitsvermittlung der städti­schen Arbeitsämter Württembergs. Zn der Zeit vom 1. Oktober 1911 bis 1912 stieg bei dem Arbeitsamt Stuttgart gegen dieselbe Zeit des Vorjahres die Zahl der Stellenan- gbeote von 1099 auf 1741, der Stellengesuche von 1149 auf 1872, der vermittelten Stellen von 838 auf 1313. Es ergibt sich so ein Mehr bei den Stellenangeboten von 642 58,4 Prozent, bei den Stellengesuchen von 723 , 62,9 Prozent

und bei der vermittelten Stellen von 475 56,6 Prozent. Bei den übrigen Arbeitsämtern des Landes stiegen die Stellenangebote von 3822 auf 4949, die Stellengesuche von 4625 auf 6172, die vermittelten Stellen von 2199 auf 2959. Die Steigerung beträgt sonach bei den Stellenangeboten 1127 33,4 Prozent und bei den vermittelten Stellen 760 34,5 Prozent. Insgesamt wurden von allen Arbeits­ämtern des Landes gebucht: 1. Oktober 1911/12 6690 Stel lcnangebote, 8044 (5774) Stellengesuche, 4272 (3037) ver­mittelte Stellen, sonach eine Steigerung von Stellenange­boten um 1769 35,9 Prozent, von Stellengesuchen um 2270 39,3 Prozent, von vermittelten Stellen um 1235 40,6 Prozent. Von den angemeldeten Stellen wurden be­setzt durch das Arbeitsamt Stuttgart 75,4 Prozent und von den übrigen Arbeitsämtern des Landes 59,7 Prozent.

Altensteig, 19. Dez. Der gestrige Viehmarkt wies keine große Zufuhr auf. Die Landwirte hielten mit dem Vieh wegen der in den benachbarten Orten ausgebrochenen Maul­und Klauenseuche und den vorgesehenen Maßregeln zurück. Es wurden zWefiihrt: 60 Paar Ochsen und Stiere, 33 Stück Jung- oder Schmalvieh, 52 Stück Läuferschweine und 94 stück Milchschweine. Es galten Ochsen und Stiere 7181360 Mark pro Paar, Kühe 210551 Stück, Jung- oder Schmal­vieh 175531 Mark pro Stück, Läuferschweine 64130 Mark pro Paar, Milchschweine 3252 Mark pro Paar. Da der Viehmarkt schwach befahren und besucht war, so litt auch der Geschäftsverkehr.

Stuttgart 21. Dez. Schlachtviehmarkt. Zugetrie- ben Großvieh 122, Kälber 302, Schweine 540 Stück. Ochsen 1. Qualität 98 bis 102 Mark, Bullen 1. Qual. 89 bis 91 Mark, Stiere 1. Qualität 98 bis 101 Mark, Jungrinder 2. Qualität 95 bis 97 Mark, Jungrinder

Mark, Kälber 2. Qual. 105 bis 109 Mark. Schweine 1. Qual. 86 bis 87 Mark, Schweine 2. Qual. 85 bis 86 Mark, Schweine 3. Qualität 80 bis 83 Mark. Verlauf des Marktes: mäßig belebt.

Vermischtes.

Grubenunglück auf ZecheGras Achenbach".

Noch bluten die schrecklichen Wunden,

Geschlagen imLothringer Schacht";

Wir haben es alle empfunden,

Wie grausig der Tod dort gelacht.

Wieder gar schreckliche Kunde Durcheilet wie Feuer das Land,

Schlägt tückisch Wunde auf Wunde Durch schlagende Wetter und Brand.

Der Knappen sind fünfzig erschlagen,

Welch traurige Weihnacht fürwahr!

Not, Elend und Jammern und Klagen,

Stumm liegen sie dort, auf der Bahr',

Doch stillet die Tränen, Ihr Lieben,

Seid stark, und ertragt Euer Leid,

Die Ihr allein nun geblieben;

Wir geben Euch tröstend Geleit.

Ihr Freunde im trauernden Kreise,

Ihr Retter in schrecklicher Not,

Still sendet nach alt-treuer Weise Ein letztesGlück au f!" in den Tod!

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Vuchdruckerei.

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Eßlingen, 23. Dez. Einem Bericht des Beobachters ist zu entnehmen, daß auf der hiesigen Stationskasse bei der Fahrkartenstelle eine unvermutete Kassenrevision vorge- nommen werden sollte. Der betreffende Schalterbeamte, ein 24jähriaer Praktikant, kam aber nicht zum Dienst und ent­floh. Als seine Kasse aufgebrochen war, wurde ein Ab­mangel an Geld und Fahrkarten festgestellt, der vorläufig das erste Tausend beträchtlich übersteigt.

Giengen, a. Br. 23. Dez. Die Bauerseheleute Eber­hard in Bissingen 0 . L. haben einen Sohn als Muske­tier in Ulm. In Niederstotzingen, von wo er den Weg nach Hause zu Fuß zurücklegen wollte, versäumte er das Aussteigen, sprang aus dem Zug, wurde überfah­ren und war sofort tot.

Niederstetten, Oberamt Eerabronn, 23. Dezember. Den Ortssinn der Pferde beweist ein Vorkommnis, das sich vor einigen Tagen in unserer Gegend zutrug. An einem stürmischen Abend gegen 9 Uhr machte es sich in der Wirt­schaft eines 10 Kilometer entfernten Ortes ein Pferdetreiber bequem, während er 9 zum Schlachten bestimmte Pferde in Sturm und Wetter stehen ließ. Sei es, daß die Pferde sich losrissen oder von einem Tierfreund losgekoppelt wurden, sie gewannen die Freiheit und suchten das Weite. Spät nachts konnten 4 Pferde in Hollenbach aufgefunden werden, während von den andern fünf Pferden jede Spur fehlte. Am anderen Morgen stellte es sich heraus, daß die von verschiedenen Orten stammenden Pferde bis nach Blaufelden gelaufen waren, wo sie vor der gleichen Wirt­schaft Halt gemacht hatten, in der sie in der vorhergehen­den Nacht eingestellt waren.

Aus Wett und Zeit.

München, 23. Dez. Prinzregent Ludwig hat an den Staatsminister Frhr. v. Hertling ein Schreiben gerich­tet, in dem er für die ihm während der Zeit der Prü­fung von Kaiser, Bundesfürsten, Parlament und Volk bewiesene Anteilnahme und Treue dankt und sich über die Frage, ob er künftig stattPrinzregent" den Königs­titel führen will, ausspricht. Er bezeichnet als seinen bestimmten Wunsch, daß zur Zeit von irgend welchen Maßnahmen zur Beendigung der Regentschaft abgesehen werden soll.

München, 23. Dez. Die Bergarbeiterbewegung an der Saar scheint sich auch auf die dem Saarrevier be­nachbarten Bergbaubezirke in der bayrischen Pfalz aus­zudehnen.

Brambauer (Kreis Dortmund), 21. Dez. Heute nach­mittag wurden 31 von den 52 Opfern der Katastrophe aus der Zeche Minister Achenbach zur ewigen Ruhe bestattet. Zahlreiche Häuser trugen auf Halbmast gezogene Flaggen oder schwarze Fahnen. Die beiden Schächte der Grube hat­ten gleichfalls Trauerflaggen gehißt. Unter Glockenge­läute setzte sich nach 2 Uhr von der Zeche aus der großartige Leichenzug in Bewegung. Vereine aller Art aus den um­liegenden Ortschaften, die Vertreter der Zeche, Mitglieder des Oberbergamts, der Gemeinden usw. befanden sich in dem Zug. Ungefähr 150 Fahnen Flaggen und Standarten wur­den in dem Zug getragen. Nachdem die Särge in das Massengrab gesenkt waren, hielten Geistliche beider Kon­fessionen, Vertreter des Bischofs von Paderborn und des Generalsuperindenten Traueransprachen. Gegen 4 Uhr war die eindrucksvolle Feier beendet.

Stolp, 23. Dez. Bei der heutigen Reichstagsersatz­wahl im Wahlkreise Stolp-Lauenburg wurden für den konservativen Kandidaten v. Böhm bisher 14 978 Stim­men abgegeben. Schwuchow (Fortschr. Volksparteij er-

Feuilleton.

Heilige Nacht.

Still wandert die Nacht in das Neckartal hinab aus dem Dorf auf den Höhen. Die Sternlicht­lein funkeln. Am Dorfgrenzmal, da bleibt sie gedankenvoll stehen.

Heimwandernde kommen vorbei an ihr, viel Redende, andre, die schweigen.

Da kommen gar Zwei, die reden von mir, beladen mit tannenen Zweigen."

Für sich sprichts die Nacht und hüllet noch mehr sich in ihren blauschwarzen Schleier.

Die Beiden, die wandern rüstig daher:

Zwei Menschen, einander sich teuer.

Ein Baum wäre schöner", spricht er zu ihr,

wie würden die Kinder frohlocken".

Sie meint:Die Zweige ersetzen ihn mir. Komm, Lieber, schon läuten die Glocken.

Eiliger streben die Beide voran.

Ein Klingen zieht über die Felder.

Hanne hör, Hannchen", spricht leise der Mann, Fast ist es, als sängen die Wälder so wundersam nach jedem Elockenton:

Ja, Weihnacht ist heute, ja heute.

Der Kirche Fenster, die leuchten gar schon. . .

Du, Hanne!"-Die schaut in die Weite.

Ihr ist so eigen ums Herz und Gemüt, als wandre ein Drittes mit ihnen und spräche zu ihr: so sing mir ein Lied; erkennst Du mich nicht an den Mienen?

Ich bin die Weihnacht, die heilige Nacht voll Freude für Palast und Hütte, die wundersam voll festlicher Pracht und heiliger irdischer Sitte.

Als sie dann erreichen ihr kleines Haus voll Armut, voll Sorgen und Mühen, suchen sie alle die Gaben heraus, die den Kindern sollen erblühen.

Sie schmücken den Tisch mit drei Lichterlein, ringsum dann die Gaben mit Zweigen:

Drei Kinderherzen sich jubelnd freuen, und nur die Eltern noch schweigen.

Doch schweigen vor Glück sie in dieser Stund'

und können die Tränen nicht wehren,

als dann sie, aus ihrer Kinderlein Mund,

ein herrliches Weihnachtslied hören.

Erst hallt es leise im heimlichen Raum,

dann lauter nach kindlichem Können

hinaus in die Christnacht:O Tanneubaum . . ." >

und die Lichter, die dreie, die brennen.

Da draußen aber am Fensterkreuz lehnt die Weihnacht, die heilige, traute,

und jeden Klang, der hinaus zu ihr tönt, verstärkt sie auf himmlischer Laute:

Und ihr Tönen hallet durch Christenland: dahin wie ein göttlich Verkünden:

Die Menschen sollen durch Enadenhand ein friedenreich Weihnachtsglück finden.

Gerhard Büttner.

Wetterwarts Weihnacht.

Ehre sei Gott in der Höhe! Erike und Sternenzelt loben seine Werke. Die Liebe, die den Menschen zum Menschen drängt und der große Zug des Schicksals, der sich im Leben des einzelnen offenbart, sind sein uner­gründliches Wunder. Ehre sei Jesus Christus! Ich danke dir, daß du uns armen Menschen das große Atemholen vergönnst, Weihnacht, Deingedenken. Er­fülle die Sehnsucht der Herzen. Gib, daß wir nicht weiterhin mehr wie die Wilden leben. Friede auf Erden! Friede! Friede! Die Völker bedürfen seiner wie des täglichen Brotes. Ein Verbrecher, der sie in den Krieg hetzt! An den Menschen ein Wohlgefallen! Ich grüße euch, ihr Pfadsucher der Vorzeit, deren Namen verklungen sind. Ihr Menschen der Gegenwart aber! Spinnt an dem lichten Faden der Verschollenen fort, entdeckt erfindet! Betrügt euch indessen nicht! Wohl lauscht ihr der Gehirnzelle ihr feinstes Leben ab, wohl zerlegt ihr fernste Sonnen in ihre Elemente, und seid Gefäße, die von Wißen überfließen. Wie steht es aber um Vermehrung des edleren Lebensgehaltes, um das innere, zartere Glück der Seelen? Fast wie Diogenes muß man es mit der Laterne suchen. Und was findet man? In Hütten und Palästen die große Lebensangst. In euren stolzen Städten stets noch mißhandelte, um ihre Jugend betrogene Kinder, verkaufte Mädchen und Frauen, die Feilheit der Seelen, den Sieg des Geldes,

der Gewalt und der Gewissenlosigkeit. Wider euch zeugt die Magd, die Erbarmen mit dem Wurm hat und ihr Neugeborenes erwürgt. Wider euch zeugen die Frauen, die mit faulenden Brüsten in den Spitälern siechen. Wider euch zeugen die Irrenhäuser und Gefängnisse, die ihr stets größer bauen müßt. Der Verbrecher klagt in seiner Zelle:Warum ist mir in der bösen Stunde kein Bruder genaht?" Der Wahnsinnige knirscht:Ein Weib, zwei blühende Kinder, ein Freund! Der Freund ruinierte mein Vermögen und verführte mein Weib!" Es schreit der Mensch wider den Menschen und die Krea­tur klagt zu Gott. Ich habe es starrenden Blutes gese­hen, wie das jammernde Zicklein von der Mutterbrust gerissen und lebendigen Leibes geschunden wurde, da­mit die Damen aus der Haut des gemarterten Tieres umso feinere Handschuhe trügen. Ich fragte damals bang:Gibt es einen Gott?" und lag in Zweifeln. Aus meinem Leben erst wieder habe ich die Kraft des Schicksalmächtigen erkannt. Hinab in die wehen Bilder aber gelüstet mich nicht mehr; stiege ich nieder, müßte ich herzensgewaltig in die Menschheit rufen:Etwas mehr Verständnis für das Bedürfen des Nächsten, für seinen Drang nach Sonne, für sein verschwiegenes Leid! Unter den Menschen mehr herzliches Gönnen! Selbst gegen die Tiere!" Das wäre eine lichtere Krone der Kultur, als wenn ihr euch den Nordpol und den Südpol zu Trophäen eures Geistes erobert. Heilig sei euch, was atmet und lebt! Eine andere Ehre gibt es nicht, für ein künftig Geschlecht. Im Namen des Weihnacht, die wie eine Ahnung des Künftigen die Menschheit mit Frieden be- glänzt, will ich an die ethische Entwicklung, an die Zu­kunft, an die Ehre unsres Geschlechts glauben!" Ich schaue, wie Moses vom Berg ins Gelobte Land, nein, aus der Tiefe strecke ich die Hände, aufwallenden Her­zens grüße ich die Nachfahren der menschlichen Völker, einen Zug blühender Gestalten. Auf ihren reinen Stirnen wohnt die menschliche Eottähnlichkeit. Sie sind zu schön, sie blicken so frei! Ihre Schönheit, ihre Frei­heit ist die Güte!" (AusDer Wetterwart" von I. C. Heer; Verlag I. G. Cottas Nachf.).