Die Aufständischen.
Ter Newyork Herald meldet aus Chihuahua: Wenn gleich es zu keinem offenen Bruch zwischen General Villa und General Carranza gekommen ist, so kann doch nach Nachrichten aus bester Quelle er- llärt werden, daß General Carranza befangen gehalten wird. General Villa traf vor ferner Abreise nach Juarez die Anordnung, daß Carranza unter Line» Umständen die Stadt verlassen dürfe.
Die Deutschen in Mexiko, ff Mexiko, 37. April. Die deutsche Kolonie befindet sich wohl und ist infolge der getroffenen Sicherheitsmaßnahmen guten Muts.
Die Abreise der Amerikaner aus Mexiko.
Washington, 27. April. Nach einer Konferenz mit dem Präsidenten Wilson kündigte Staatssekretär Bryan an, daß die Verhandlungen abgeschlossen worden seien, um allen Amerikanern zu gestatten, Mexiko zu verlassen. 700 Amerikaner mit Frauen und Kindern, die noch in der Stadt Mexiko weilten, haben darauf mit ihren Vorbereitungen zur Abreise begonnen.
Von Nah und Fern.
* Eine neue Fliegerhöchstleistung. Auf dem Flugfelds von Etampes bei Paris stellte der Flieger Poulet eine Welthöchstleistung auf, indem er mit einem Zweidecker eine Strecke von 936 Kilometern in 6 Stunden 29 Minuten znrücklegte.
* Explosion auf einem Dampfer. Auf dem russischen Dampfer „Kvmeter", der nach Rouen bestimmt war, ereignete sich 20 Meilen südwestlich von Algier eine schwere Explosion. Ein Teil der Besatzung wurde gerettet. 15 Mann werden vermißt.
* Rngetreuer Gemeindevorsteher. Ter Gemeindevorsteher Rother ans Drewitz bei Teltow, der nach Unterschlagung von über 20 000 Mark seit Wochen flüchtig war, hat sich der Staatsanwaltschaft in Potsdam gestellt.
* Familiendrama. Ter seit einigen Tagen von Liner Frau getrennt lebende Fabrikarbeiter Schn eher M Hamburg durchschnitt seinen drei Kindern die Kehle und erhängte sich darauf. Tie Tat wurde entdeckt, als die Frau sich nach dem Befinden der Kinder erkundigen wollte.
Gerichtssaal.
Der Tübinger Mädchenmord vor deu Geschworenen« N
Tübingen, 27. April.
Bor dem Tübinger Schwurgericht wurde heute die Verhandlung gegen den 27 Jahre alten von Unterjesingen gebürtigen Hausknecht Karl Maier eröffnet. Maier war augeklagt wegen Sittlichkeitsverbrechens, Verbrechens der versuchten Notzucht und Mords. Er hatte bekanntlich am 11. Januar im Heizraum des' Hauses Uhlandstraße 2 in Tübingen die lljäheiae Irma Des-
v. Kap ff, Vertreter der Anklage ist Staatsanwalt Böltz, Rechtsbeistand des Angeklagten R.--A- List- Reutlingen. Geladen sind 22 Zeugen und als Sachverständiger der Tübinger Psychiater Prof. I)r. Gaupp und Oberamtsarzt Or. Stoll. Auf Antrag des Staatsanwalts wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Ter Tatbestand ist folgender: Am 11. Januar, einem Sonntag, wurde die 11jährige Irma Tesscnier von ihren in nächster Nähe der „Chronik" wohnenden und der Familie eines der Besitzer der „Chronik", Albert Weil, befreun-
Und plötzlich fragte er sich: ja, was findet sie denn gerade an dir? Bei ihrer Position könnte sie doch ganz andere Ansprüche machen! — Aber sie liebte ihn eben, das war es, was sie zu ihm zog ; wie er sie, so liebte sie ihn, — so hatten sie sich gefunden.
Gestern noch ein armer Bankbeamter, der von der Hand in den Mund lebt und nun der Bräutigam einer Millionärin — wahrhaftig, so ein Ereignis konnte einem schon die Ruhe rauben.
Endlich, gegen Morgen erst, fand er ein wenig Schlaf.
Und am nächsten Tage lief er umher, wie einer, dem die Welt gehört. Für jeden hatte er ein Lächeln, für jeden ein heiteres Wort. Spielend und singend tat er alles. Sang und klang doch auch in ihm alles! Frühling, jubelnder Frühling mitten im kalten Winter!
Wieder nahm er einen Strauß der herrlichsten Rosen, die er bekam und brachte sie ihr mit.
Und als sie ihm, strahlend wie ein junger Sommermorgen, lächelnd entgegentrat, schloß er sie fest in seine Arme und drückte sie mit solcher Leidenschaft an sich, daß sie leicht aufschrie.
„O Marianka, Marianka, ich bete dich ja an!" Und er erstickte ihre Worte mit heißen, wilden Küssen, bis sie sich gewaltsam seinen Armen entzog.
Glückselig, stolz, triumphierend, wie ein Eroberer stand er vor ihr und streckte von neuem seine Hände nach ihr aus.
„Nein, jetzt ist's genug, nun sind wir vernünftig," erklärte sie heiter aber bestimmt, indem sie das Spitzenarrangement wieder in die richtige Faltenlage brachte, denn seine ungestüme Wildheit hatte auf nichts Rücksicht genommen.
„Und wieder so schöne Rosen. Du bist ein Verschwender, won ober!" rief sie dann.
Er aber erwiderte voller Begeisterung: „Ach, wäre ich nich, so reich wie du, ich hätte dich mit den herrlichsten Brillanten geschmückt, die ich in Berlin aufgetrieben hätte, so aber komme ich als armer Schlucker und habe nichts als Schulden."
«Oh, wieviel?" kragte sie schnell.
deten Angehörigen zu der Weil'schen Familie gesandt, um deren Kinder zu einer Schlittenpartie einzuladen. Bon diesem, zwischen 1 und 2 Uhr mittags unternommenen kurzen Gang ist die Kleine, ein hübsches, gut entwickeltes und zutunliches Mädchen, nicht mehr in die elterliche Wohnung zurückgekehrt; alle Nachforschungen nach ihrem Verblech waren vergeblich. Nachts, etwa 12 Uhr, erschien dann plötzlich Miaier an der Haustüre des im ersten Stock des Hauses Uhlandstraße 2 wohnenden Chjvonikbesitzers Weil und erzählte jammernd, er sei, als er, eben nach Hause kommend, in den Heizkessel Kohlen uachsüllen wollte, im Keller auf eine Leiche gestoßen. Miaier wurde sofort zur Polizei geschickt und machte dort dieselben Angaben. Ter Verdacht lenkte sich sofort auf Maier selbst und schon am folgenden Tage legte er ein Geständnis ab. Er habe die Irma Tessauer in den Kohlenkeller genommen, sich an ihr vergangen und das Mädchen dann erwürgt. Er wollte die Leiche später in den Flutkanal werfen. Ten Nachmittag verbrachte er bei seiner Braut in Kirchentellinsfurt und kehrte gegen 11 Uhr nach Tübingen zurück. Später suchte Maier seine früheren Aussagen abzuschwächen und behauptete, im Dämmerzustand gehandelt zu haben. In der heutigen Verhandlung erklärte er, er habe das Mädchen nicht getötet, sondern nur gewürgt, bis es ohnmächtig wurde. Als er nach wenigen Minuten an den Tatort zurückkehrte, war das Kind tot. Ans den Vorhalt des Vorsitzendn, daß diese Angabe in direktem Widerspruch stehe mit seinem ersten Geständnis und seinen früheren Aussagen, gab der Angeklagte an, diese Aussage habe er nur gemacht, weil man sie ihm so in den Münd gelegt habe. Nach Beendigung der Vernehmung des Angeklagten tritt eine Mittagspause (2—3 Uhr) ein, worauf die Vernehmung der 22 Zeugen beginnt.
)effemliHer Eprecysaai.
(Eingesandt.)
Zur Krankenhattsban-Frage.
Die Erwiderung des Sprechsaalartikel im letzten Sonntagsblatt wirft dem, gegen das untere Krankenhausplatzprojekt geschriebenen Artikel, Einseitigkeit vor, „während er selbst an Einseitigkeit mit Oberflächlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt" und macht keine Widerlegung Punkt für Punkt, weil eben in betr. Artikel Tatsachen angeführt sind, welche nicht widerlegt werden können. Auf die weitere Ausführung, es sei falsch, daß das Weihergelände mit Bauverbot belegt werden könne, sei hiermit als Tatsache festgestellt, daß nachdem in der Sitzung beider Kollegien Bedenken und die Vorschriften des Medizinalkollegiums wegen Belästigung des Krankenhauses etwaiger in dieses Gelände kommender Anlagen bekannt gegeben wurden aus der Mitte des Kollegiums gesagt worden sei, man könne dieses Gelände auch mit Bauverbot belegen, daß dadurch dortige Grundstücke höhere Bewertung und eine Zukunst erhalten sollen wird kein Mathematiker beweisen können.
Die von erfahrenem Techniker gemachten Kostenberechnungen werden kurzerhand über den Haufen geworfen und über Bausch und Bogen andere ausgestellt. Meine Herren, wenn Sie über solche großartigen technischen Kenntnisse verfügen, so prüfen Sie doch genau das obere billigere Projekt und wachen bei der Bauausführung darüber, daß keine Ueberschreitungen gemacht werden, der Stadt wäre damit unendlich viel gedient.
Ohne dem gestrigen, auch nicht unsympatischen Vorschlag Abtrag tun zu wollen, könnte das obere Projekt auch gegen den Zumweiler Weg vorgerückt werden, wodurch gar keine Zufahrtsstraße nörig wäre.
Hiemit zum Schluß, Erwiderung erfolgt von dieser Teste keine mehr.
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JA
-W,M
W WN
Vermischtes.
Hat Psgouv die Natur übertroffen? Diese Frage wirft Tr. Th. Zell im neuesten Heft des Kosmos-Handweisers auf. Dabei kommt er auf das Sparsamkeitsgesetz zu sprechen, nach dem kein Geschöpf mehr Gaben erhält, als zu seinem Kampfe ums Dasein erforderlich ist. Bon diesem Standpunkte aus ist die Folgerung: selbst der beste Vogel kann nicht mit nach oben gekehrtem Bauche fliegen, folglich konnte die Natur diese Leistung nicht vollbringen — einfach lächerlich. Diese Tatsache beweist vielmehr nur, daß sie der Vogel zum Kampfe ums Dasein nicht nötig hatte. Brauchte er diese Gabe, so hätte er sie sofort erhalten. Auch der Einwand, daß die Flügel des Vogels hierzu nicht geeignet sind, ist in keiner Weise stichhaltig. Tann wären sie eben anders gebaut worden. Es ist ein Glück, daß wir noch andere Flieger als die Vögel haben, nämlich Fledermäuse und Insekten. Unter den Fledermäusen sind einzelne, z. B. der Wendsegler, so gewandte Flieger, daß selbst Raubvögel Mühe haben, sie zu fangen. Es wäre nicht undenkbar, daß einige bauchaufwärts fliegen könnten, doch habe ich darüber nichts ermitteln können. Tie Insekten aber zeigen uns Leistungen, die einfach ins Reich der Wunder gehören. Ter komplizierte Bau des Vogels, namentlich seiner Flügel, ist, wie die Insekten beweisen, in keiner Weise notwendig. Auch ohne solche Hilfsmittel fliegen Libellen, Bremsen usw. mit außerordentlicher Geschwindigkeit. Und hat ein Insekt es notwendig, bauchaufwärts zu fliegen, so ist es dieser Aufgabe auch gewachsen. Beispielsweise tut es jede Stubenfliege, die sich an die Decke setzen will. Es ist mir unerklärlich, wie man eine solche alltäglich zu machende Beobachtung übersehen konnte. Jede Fliege beweist uns also, daß es ein Irrtum ist, zu behaupten, Psgoud habe die Natur übertroffen.
Jetzt bekam er einen purpurroten Kopf.
„Nun also, wieviel sind es?" rief sie lustig.
Seine Verlegenheit stieg. Er bedauerte seine schnellen Worte. „Lassen wir das lieber," bat er.
„Nein, nein, ich will es wissen!"
„Aber ich bitte dich, weshalb denn?"
„Weil ich will, Schatz! Ich muß immer klar sehen!"
Kleinlaut sagte er: „Nun, es mögen so zirka dreitausend Mark sein!"
Da ging sie wortlos an den kleinen Schrank, nahm drei braune Scheine und drückte sie ihm in die Hand.
Er war dermaßen überrascht, daß er nicht gleich Worte fand. Endlich nahm er das ganze für einen Scherz und rief lachend: „Ja, was fällt dir denn ein?"
„Du wirst mir doch die Freude machen, nicht wahr? Ich kann es leicht entbehren, und dir ist damit geholfen!"
„Aber ich werde doch kein Geld von dir annehmen, was denkst du denn von mir, Marianka?" — Er war wieder glutrot geworden.
„Ich denke, daß du mich liebst und jetzt nicht mehr davon sprichst!"
„Aber das ist j« einfach unmöglich!"
„Wieso unmöglich? Wenn du mein Mann wirst, gehört dir doch all mein Geld," antwortete sie.
„Noch aber bin ich doch nicht dein Mann."
„Aber du wirst es doch werden!"
Da umfaßte und küßte er sie und bat: „Ich liebe dich über alles, Marianka; aber das Geld kann ich nicht von dir annehmen."
„So liebst du mich nicht!"
Von neuem zog er sie wie in wildem Taumel an sich und küßte sie wieder und wieder.
Da griff sie nach den Scheinen, schob sie in seine Tasche und erklärte kurz und bestimmt: „So, und nun kein Wort mehr darüber, sonst werde ich noch ernstlich böse!"
Ganz ratlos war er. Das Geld brannte ihm in deu Fingern, und beleidigen wollte er sie doch auch nicht. Deshalb bat er noch einmal: «Laß es doch sein, Marianka! Es ist mir wirklich peinlich!"
u Es ist ganz richtig, wie der Artikelschreiber im öffentlichen Sprechsaal Aus den Tannen No. 96 sagt, die bürgerlichen Kollegien haben die Entscheidung über die Platzfrage des neu zu erstellenden Krankenhauses getroffen. Es dürste denselben aber auch zu aller Ehre gereichen, wenn diese Entscheidung nach besagter reiflicher Ueberlegung dieser so wichtigen Frage unantastbar bleiben würde, d. h. ich wäre auch der Ansichr, es sollte etwas mehr nach der Stadt und etwas höher gelegen sein. Technische Schwierigkeiten dürsten dieser Frage nicht im Wege stehen, aber eine noch sommerlichere Lage wäre eine dauernde Wohltat für die Kranken. Sehr kühn erscheint es aber von dem Artiketschreiber, wenn er anderen vorwirst etwas versäumt zu haben, wo er selbst nicht in der Lage war, zu tun oder auch nur anzuregen. Er ist somit sozusagen auch mit der Katz den Baum hinaus gestiegen. Zu seinem Vorschlag das Krankenhaus in der Nähe des Herrn Stadtvorstand Welker zu erstellen, möchte nur kurz bemerken, daß derselbe sich in einer diese Angelegenheit behandelnde Gemeinderats-Sitzung folgendes erklärte: Er wünsche unter keinen Umständen, daß das Krankenhaus in seine Nähe käme, wenn aber es doch so weit kommen sollte, verkaufe er sein Grundstück eher an einen Juden oder Zigeuner.
Voraussichtliches Wetter
am Mittwoch, den 29. April: Heiter, trocken, ziemlich warm, nachmittags mäßig kühl.
Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lau!.
Druck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerei, Altenstris.
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Lächelnd schüttelte sie den Kops. „Was sind die de«t» jen Männer doch für sonderbare Käuze! Z» ein paar ionaten gehört dir alles, und du willst nicht nehme» diese Lappalie? Weshalb denn nicht? Bezahlt werde» muffen die Schulden ja doch, also ob jetzt oder später? Nun nimm und behalt' und verlier' kein Wort mehr darüber." Und wieder schob sie ihm die Papiere m die Tasche.
Was blieb ihm übrig? Er mußte sie nennen.
Schließlich tröstete er sich damit: Sie hat ja auch eigentlich recht. Io einigen Woche» bdl ich ja doch ihr Mann, also da macht es ja wirklich nicht viel aus. Also versuchte er sich über das peinliche hinwegzureden.
„Dann wollen wir uns wenigstens gleich öffentlich verloben," bat er nun.
Doch auch jetzt sagte sie wieder: „Nein. — Es geht noch nicht, Schatz. Unter meinen Landsleuten hier ist ein alter Fürst, der mich mit eifersüchtigen Augen verfolgt. Er darf nicht ahnen, daß wir uns lieben. Sonst käme es zu einer Katastrophe. Du kennst ihn nicht. Er kann rasend werden. — Also verschweigen wir lieber alles und genießen wir unser Glück im stillen. — Zum Frühjahr gehen wir an die Riviera, und dort lassen wir uns trauen. Nun, bist du damit nicht auch einverstanden?"
Gewiß war er es. Er war ja mit allem einverstanden, was sie haben wollte, und wieder umfaßte und küßte er sie lange und innig.
Plötzlich, so ganz nebenher, sagte sie: „Heute früh war ein Graf Kriwolawoff bei mir. Er ist der Pächter eines meiner Güter und wollte mir den fälligen Zins mit einem Wechsel bezahlen. Er sagte, er habe in euNrm Vankhause sein Vermögen deponiert. Könntest du dich wohl unter der Hand erkundigen, ob das wahr ist? Du weißt, mit den Russen muh man vorsichtig sein."
„Aber gewiß kann ich das! Schon Morgen gebe ich dir Nachricht."
Zum Dank küßte sie ihn zärtlich, so daß er wieder wie berauscht fortlief.
Fortsetzung folgt.
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