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rannenblatt.
Nr. 88
Ausgabe i« Altensteig-Stadt.
Freitag, de« 17. April.
I
Amtsblatt für Pfalzgrasemveiler.
1914.
Die Zusammenkunft in Abbazia.
In den Tagen, als bei Kirkilisse das Schicksal der europäischen Türkei entschieden wurde, machte der österreichische Minister des Auswärtigen seinem Kollegen von der römischen Konsulta, dem Marquis di San Giuliano, in Pisa seine Aufwartung. Damals lag die Entwicklung des Balkankrieges noch vollständig im Dunkeln, die Minister konnten also nur im allgemeinen sich über die Richtlinien der Politik ihrer Regierungen aussprechen und haben wohl schwerlich geahnt, welche Veränderungen auf der Karte des südwestlichen Europas sich vollziehen würden, welche Schwierigkeiten die europäische Diplomatie zu überwinden haben werde infolge des Zusammenbruchs der osmanischcn Herrschaft in Europa, der an diesem Tag besiegelt wurde. — Nun weilt Marquis di -San Giuliano auf österreichischem Boden, um dem Kollegen den längst fälligen Gegenbesuch abzustatten. Tie Verzögerung wurde einmal herbeigeführt durch die Balkanwirren und die langwierigen diplomatischen Verhandlungen, die sie im Gefolge gehabt Haben, dann aber auch durch die vorübergehende Verstimmung zwischen Oesterreich und Italien, die das rigorose und politisch wenig geschickte Vorgehen des Triester Statthalters, des Prinzen Hohenlohe, gegen die dortigen italienischen Kommunalbeamten hervorgerufen hat. Diese kleinen Verärgerungen sind auf beiden Seiten vergessen worden, Italien hat, allen irrendistischeu Bestrebungen zum Trotz, in allen Phasen der Balkanpolitik treu zu Oesterreich gehalten, hat mit der Monarchie verständnisvoll zusammcn- gearbeitet, insonderheit in der albanischen Frage. Oesterreich aber hat Italien in der Frage der ägäischen Inseln niemals allein gelassen und wird auch künftig die italienische Politik in der Aegäis unterstützen.
Tie Jnselfrage hängt ja mit der albanischen aufs innigste zusammen, insofern als die Mächte hier ein Mittel haben, Griechenland zur Anerkennung der albanischen Ansprüche aus Nordepirus zu bewegen und jede mittelbare Unterstützung der aufständischen Epiroten von Athen aus zu verhindern. Es erübrigt sich, auf die Bedeutung eines innerlich und äußerlich gefestigten albanischen Staates für Oesterreich und Italien hinzuweisen. Ist der Mbret gezwungen, den Epiroten weitgehende Zugeständnisse zu machen, so ist damit die erste Bresche gelegt in die Macht des jungen Fürstentums und Gefahr vorhanden, daß fremde Einflüsse an der Adria zur Geltung kommen, was für beide Mächte geradezu verhängnisvoll wäre. Nicht nur für Oesterreich und Italien, sondern für den Dreibund als solchen ist es von weit- tragender Bedeutung, daß die Adria einzig und allein seiner Machtsphäre Vorbehalten bleibt. Das Gleichgewicht im Mittelmeer würde sich ohnehin zu Gunsten des Dreiverbands verschieben, wenn Griechenland, wofür viele Anzeichen vorliegen, schließlich dem Liebeswerben Frankreichs und Englands erliegt und mit vollen Segeln in den Kurs der Triple-Entente abschwenkt.
Ueber die Besprechungen der Minister in Abbazia ist natürlich nichts Authentische bisher bekannt geworden. Wie es heißt, will Gras Berchtold den ungarischen Delegationen, die noch im April zusammentreten werden, Bericht über die Ergebnisse der Unterredung erstatten. Man darf aber jetzt schon annehmen, daß die Minister über die Stellungnahme zu dem epirotischen Aufstand, der übrigens, dank dem energischen Vorgehen der albanischen Gendarmerie, keine weiteren Fortschritte zu machen scheint, und im weiteren über die Adriafrage überhaupt einig sind. Das bedeutet eine sehr erfreuliche innere Stärkung des Dreibunds, die den französischen Politikern offenbar auf die Nerven gefallen ist. Wenigstens betreibt man in Paris mit allem Nachdruck den engeren Zusammenschluß der Ententemächte und hat zu diesem Behufe sogar das Märchen aus uralten Zeiten von einem Mittelmeerabkommen der Treibnndmächte wieder aufgetischt. Es dürfte den Drahtziehern an der Seine aber nicht gelungen sein, dadurch Rußland oder England bange zi> machen und die bestehende Entente der beiden Mächte zu einem Bündnis zu verdichten. Das berühmte Mittelmeerabkommcn ist durch eine offiziöse Erklärung des Berliner Lokal-Anzeigers als Legende erklärt worden, abgesehen davon hat aber England wenig Neigung, mit Rußland ein engeres Bündnis einzugehen, weil man sich an der Themse wohl bewußt ist, wie weit die Richtlinien englischer und russischer Politik gerade in Orientfragen auseinanderlaufen. Immerhin gibt es
in England Kreise, die mit dem Gedanken eines Bündnisses mit Rußland vielleicht für spätere Zeit, wenn eine Verständigung über die Dardanellenfrage zwischen den beiden Mächten nicht mehr ganz außerhalb des Bereichs des Möglichen liegt, liebäugeln und gerade deshalb ist es zu begrüßen, wenn die Zusammenkunft von Abbazia, die die Pariser Presse so aufgeregt kommentiert hat, den Erfolg einer Festigung des Dreibunds hat und die beiden Mächte des Dreibunds, die bisher verhältnismäßig kühl einander gegenüberstanden, näher zusammenführt.
Rundschau.
Militär und Zivil in Frankreich.
Wie mehrere Blätter melden, kam es in Clermvut- en-Argonne bei Verdun am Sonntag abend infolge einer Einquartierung zu argen Auftritten. Ein Leutnant des 61. Artillerieregiments, der sich mit 40 Männ nach dem Lager von Chalons begab, wollte seine Leute in einer Scheuer des Landwirts Jakob unterbriugen. Dieser verweigerte den Soldaten den Eintritt mit der Begründung, daß bei ihm schon eine Anzahl Artilleristen mit Pferden einquartiert sei. Zwischen Jakob und dem Offizier entstand ein heftiger Streit und schließlich packten die Soldaten den Landwirt, prügelten ihn durch und warfen ihn aus seinem Hof. Jakob flüchtete sich, von dem Leutnant und seinen Leuten verfolgt, zu einein Jagdhüter und suchte bei ihm Schutz. Er wurde aber von neuem von den Soldaten ergriffen und in das Gemeindegefängnis gesperrt. Es gelang ihm aber, zu entkommen und sich zu dem 2. Bürgermeister zu flüchten. Als die Bevölkerung von dem Vorkommnis erfuhr, rottete sie sich zusammen und gab ihrer Entrüstung stürmischen Ausdruck. Ms das Generalratsmitglied des Bezirks, Dir. Clause, Und der 2. Bürgermeister, die Ordnung schaffen wollten, gerieten sie mit dem Leutnant, der sie „Prusfiens" schimpfte, in Streit. Ebenso wurde die Frau des Landwirts Jakob gröblich beschimpft. Die Lage wurde immer drohender/ als Gendarmerie eintraf und die Ruhe wieder herstellte. Me Militärbehörde ordnete eine Untersuchung an und stellte fest, daß der Offizier durchaus im Unrecht gewesen sei. Dieser wurde auch sofort mit strengem Arrest bestraft. Der Divisioüsgeneral und Gouverneur Won Verdun, General Coutenceau, begab sich in Begleitung seines Stabes nach Clermont-en-Argonne und sprach, daselbst vor der Bevölkerung sein tiefes Bedauern über den Vorfall aus.
Gegen das Dreijahrsgesetz.
Wie aus Carmau gemeldet wird, erörterte Jaurss in einer Wählerversammlung das Treijahrsgesetz Und sagte dabei: Wir Sozialisten besitzen für die Ausbildung der neuen, auf anderen Grundlagen beruhen- den Armee bereits die Mithilfe von Offizieren, die zu den intelligentesten, hingebungsvollsten und tüchtigsten der Armee gehören. Ich führte vor einigen Wochen auf einem von mehreren Hundert Offizieren besuchten Bankett den Vorsitz. Alle wollen mit uns das Volks Heer, das Milizheer, das republikanisch-französische Heer vorbereiten. Wir find zur Tat bereit. Es ist die höchste Zeit, wenn man die Nation und die französische Arbeit retten will.
Die dritte Friedenskonferenz.
Aus dem Haag wird gemeldet: Der Minister des Aeußern hat im Friedenspalast den geschäftsführenden Ausschuß der interparlamentarischen Union empfangen, dessen Vorsitzender, Lord Weardale, einen von dem Ausschuß ausgearbeitetcn Entwurf betr. die Zusammensetzung -des internationalen Ausschusses zur Vorbereitung der dritten Friedenskonferenz überreichte. Die interparlamentarische Union möchte, daß der Ständige Berwaltungsrat des internationalen Schiedsgerichts- Hofs, der aus den im Haag beglaubigten Gesandten besteht, die Mitglieder dieses Ausschusses wähle. Dier Minister erwiderte, die mit der russischen Regierung begonnenen Vorbesprechungen über die Einsetzung eines vvrberatenden Ausschusses seien noch nicht beendet, aber er hoffe, demnächst dem Ausschuß eine endgültige Antwort geben zu können, dem ec seinen Tjan? aussprach, daß er die Bemühungen der niederländischen Regierung durch interessante Anregungen gefördert habe.
England und die Entente.
Die Times veröffentlichen eine Zuschrift des Professors Lavisfe, des Direktors der Ecole normale superi- eure in Paris über die Aufgaben der Entente. Lavisfe klagt darin über die Unklarheit der öffentlichen Meinung in England. Dias Blatt führt dazu in einem Leitartikel aus: Wir sind gegen diese beunruhigenden Symtome nicht blind und vertrauen trotzdem darauf, daß die Demokratie des britischen Reiches in einem gerechten Streit so mannhaft und hartnäckig kämpfen würde als, ihre Vorfahren, aber die Gerechtigkeit und die Notwendigkeit des Konfliktes muß ihr absolut klar sein. Sie wird keinen Präventivkrieg/ keinen Angriffskrieg MMioniexen. Sie" haßt keine Nation, „sie will keinechNation Unrecht tun, sie will den Frieden.' Nur der positive Beweis, daß andere Unrecht getan haben, wird siecheränlassen, das Schwert zu ziehen. . Es.ist ebenso notwendig, unseren '-Demokratien über' See diesen. Beweis zu führen und dies würde schwieriger fein. Das britische Reich kann überhaupt nur handeln, wenn es als Einheit handelt Und kann cs nur bei der individuellen Zustimmung aller zerstreuten Teile tun. Nur eine Politik, die sehr einfach, klar und aufrichtig ist, kann die Einheit des Willens aller schaffen. Bis das britische Reich wirklich eine organische Einheit geworden ist, muß unsere Diplomatie sich notwendig langsamer bewegen als diejenige in einfacheren und kompakteren Staaten. Die Demokratien des britischen Reiches unterstützen die Dripleentente herzlich, weil sie eine solche Politik verkörpert. Sie verstehen, daß die Entente für die Notwendigkeit - des Friedens angenommen wurde und bereits für den Frieden gewirkt hat. Wer um ihren Einfluß auf ihr Verständnis und ihre Herzen sestzuhalten, muß die Entente den Prinzipien treu bleiben, auf denen sie gegründet war. Unter dieser Bedingung hält das Reich ihr Treue und wird sie mit vereinter Kraft aufrechterhalten.
Folgen der Eröffnung des Panamakanals.
Professor Richard Strong von der medizinischen Fakultät der Harvarduniversität sieht voraus, daß mit der Eröffnüng des Panamakanals die füdamerikanifche Ostküste das gelbe Fieber nach Indien senden und dafür die o st asiatische Cholera eintauschen werde. Indessen glaubt Professor Strong, daß bei dem heutigen hohen Stand der Wissenschaften weniger Verluste an Menschenleben, als pekuniäre Verluste durch die Unterbrechung des Handels die Folge davon fein werden.
Landesnachrichten.
Mlenrteig, 17. April 1814.
* Aus Amerika wird uns von einem gebürtigen Altensteiger berichtet, der im Staate Michigan lebt und kürzlich seinen 86. Geburtstag gefeiert Hai. Es ist Joh. Martin Roh, hier noch bekannt unter dem Namen »Langebäckehans- märte". Zu seinem 86. Geburtstag hatte Roh auf den 15. März verschiedene dort lebende Landsleute und sonstige Freunde in sein Haus zu einer gemütlichen Geburtstagsfeier eingeladen, bei der besonders auch der alten Heimat gedacht, schwäb. Volkslieder gesungen und alte Erinnerungen aufgefrischt wurden. Roh ist trotz seinen 86 Jahren noch recht gesund und munter und wir benützen gerne diesen Anlaß ihm durch unsere Zeitung Grüße aus der alten Heimat zu entbieten.
js Körperschaftsforstdirektion. Das Ministerium des Innern hat als stimmberechtigte Mitglieder der K. Körper- schaftsforstdireltion die Stadtschultheißen Harkranft in Freudenstadt und Klotzbücher in Mergentheim, sowie als Stellvertreter die Stadtschultheißen Hörmann in Sindelfingen und Doll in Biberach auf die Dauer von 6 Jahren ernannt.
* Untertalheim, 16. April. (Drei goldene Hoch- zeiten.) Am 20. April können die Eheleute Josef Zimmermann und Eleonore geb. Luz hier die goldene Hochzeit feiern. — Am 16. Mai und 6 Juli können zwei weitere hiesige Ehepaare, nämlich Josef Klink und dessen Ehefrau Josefa geb. Kläger und Konstantin Steimle und dessen Gattin Walpurga geb. Müller das gleiche Ehejubiläum feiern.
js Tübingen, 16. April. (Früher Tod.) Gestern nachmittag wurde unter großer Beteiligung mit den üblichen akademischen Ehren der cand. chem. Paul Wurster, der einzige Sohn des Universitätsprofessors Dr. v. Wurster, beerdigt. Den vielversprechenden jungen Mann hatte eine Gehirnhautentzündung innerhalb weniger Tage hinweggerafft.