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kieöslttlon ».Ver­lag in Wtenrteig.

Unabhängige Tageszeitung für die Oberamtsbezirke Nagold, Zreudenstadt und Lalw.

Telegramm Utlr.» Tannenblatt.

Rk. 61

Ausgabe ia Altensteig-Stadt. ^ SaMStüg, dbN 14. MökZ. Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.

1914.

Sonntags-Gedanken.

Glück und Unglück.

So viel darüber auch schon geschrieben worden ist...: Die Philosophie über Glück und Unglück wird drum doch nicht aus der Welt schwinden. Weniger vielleicht deshalb, weil sie nun einmal da sind, als vielmehr darum, weil die Wenigsten sich zu einer klaren Anschauung über diese beiden Erscheinungen im menschlichen Leben durchgearbeitet haben. Eigent­lich wird man zu einer allgemeinen und end- giltigen Entscheidung darüber. ,was Glück und was Unglück sei, niemals gelangen.' es sei denn, daß die Charaktere der Menschen sich vollkommen gleich wür­den. Und ob dann das Leben noch lebens- und be­gehrenswert avär-e, muß mindestens füglich bezwei­felt werden. Tenn gerade der Wecktzel scheint das­jenige zu sein, das in das Menschenherz die ewige Sehnsucht nach dem Leben pflanzt. Das Meichför- mige würde die Freude am Leben töten. Von diesem Standpunkt aus muh man schließlich auch Glück und Unglück betrachten, gleichviel, welche besonderen Be­griffe der Eine oder der Andere darüber hat. Wo Je­mand sein Glück sucht, ist schließlich ... unter norma­len Umständen... nicht so sehr von Belang, als der Umstand, daß Jemand sich völlig klar darüber wird, was nun just für ihn Glück oder Unglück bedeutet. Nicht Wenige haben von den Begriffen nur ein ver­schwommenes Bild vor sich, eine unbestimmte Sehn­sucht. Aber ein scharf umrrssenes Bild davon, demi sie festen Schrittes und offenen Auges nachgehen könnten, um es zu erwerben, haben sie nicht., Das si-'nu diejenigen, von denen man mit Eckstein sagen kann: Sie Alle Hat es belogen, Sie aUe hat es betrogen, Das sonnige Märchen vom Glück!" Ihnen ist das Glück ein Märchen, ein Unerfüllbares, unbestimmtes Etwas gewesen, und eine solche Anschauung ist stets die Anschauung der Betrogenen. Anders aber Jene, die sich klar bewußt sind über die ganze Frage, für sie ist es kein Märchen, kein Phantasiegebildj son­dern lebendige Wirklichkeit. Sie wissen, daß man das Glück nur zu ergreifen braucht. Auch Goethe^ der Meister der Lebenskunstz hat es gezeigt und ge­sagt, daß das Glück immer da sei_

Die beiden Kaiser.

Aus Berlin wird uns geschrieben:

Tie freundschaftlichen persönlichen Beziehungen zwischen den Hohenzollern und dem russischen Herr­scherhause der Romanows datieren bekanntlich seit dem Anfänge des vorigen Jahrhunderts-; sie ver­stärkten sich, als Kaiser Nikolaus von Rußland (1825 bis 1855) die Prinzessin Charlotte von Preußen, eine Schwester des nachmaligen ersten Hohenzollernkai- sers, heiratete. Der alte Kaiser und.sein Neffe Zar Alexander (18551881) waren dann die vornehm­sten Träger dieser Freundschaft, die unter dem dritten Alexander (1881 bis 1894) zeitweise sank, aber un­ter seinem Sohn und Nachfolger Nikolaus wieder einen sehr herzlichen Charakter angenommen hat. In den sehr häufigen Zusammenkünften des Deut­schen Kaisers und des russischen Zaren, zum letzten Male aus Anlaß der Vermählung der Prinzessin Viktoria Luise mit dem heutigen Herzog Ernst August von -Braunschweig in Berlin im vorigen Jahre, ist diese persönliche Intimität immer wieder hervor- *mhen und sie ist zweifellos von erheblicher Bedeu­te. für die Erhaltung des Friedens gewesen.

Zu leugnen ist nicht, daß am russischen Hofe nicht selten sich starke friedensseindliche ^Einflüsse'geltend machen, die also im direkten Gegensatz zu der Idee des Zaren von den internationalen Schiedsgerichten stehen. Diese Kreise haben dem Kaiser Nikolaus den Krieg mit Japan, der so unglücklich verlief, als einen Militärischen Spaziergang dargestellt, sie tragen auch die Verantwortung für den Balkanbrieg, der ohnedem niemals stattgefunden hätte. Sie haben auch die fran­zösischen Wünsche wegen 'her jetzt so viel erörterten Verstärkung der russischen Truppen an der deutschen Ostgrenze empfohlen, die übrigens im wesentlichen

bereits vollzogen war, als sich der Zar 1913 in Berlin befand. Eine "Täuschung der deutschen Reichs­regierung hat in dieser Beziehung, nicht stattgesunden, die Reichsregierung und unsere militärischen leiten­den Kreise wissen genau, wie es an der Grenze steht.

Nun scheint man aber den Zaren in Petersburg an einer Stelle beeinflußt zu haben, die nicht seine persönlichen Beziehungen zu unserem Kaiser berüh­ren wird, aber doch schwierigere Verhandlungen zwi­schen den beiderseitigen Regierungen schaffen kann. Das sind die handelspolitischen Beziehungen beider Länder, und die damit im Zusammenhang stehende Frage der Behandlung russischer Landarbeiter in Deutschland. Es sind dreißig Jahre her, daß Bismarck sagte:Wir läüfen niemandem nach!" Dem folgte da­mals die Sperre für die 'Beleihung der russischen Papiere bei der Reichsbank. Zehn Jahre später hat­ten wir einen zeitweisen Zollkrieg mit Rußland. Seit­dem ist die russische Industrie ganz erstaunlich er­starkt, und von ihrem einflußreichen Zentralsitz Mos­kau verlangt sie energisch Erschwerung der deutschen Einfuhr.

Der Zar scheint für diese Forderungen gewon­nen zu sein, indem man ihm nicht zutreffende Mit­teilungen über die Verhältnisse der in der deutschen Landwirtschaft zeitweise tätigen russischen Arbeiter machte. Dem freundlichen Sinn des Kaisers Niko­laus erscheinen solche Wünsche für seine Unterta­nen berechtigt, die sich aber doch nicht immer durch die Tatsachen rechtfertigen lassen. Vor allem vergißt man in Rußland den gewaltigen pekuniären Vorteil, den bei uns die über die Grenze kommenden Leute haben, und den sie, falls sie zu Hause blieben, nicht erlangen würden. Diese Angelegenheit, wie ^ie Mos­kauer Zollforderungen lassen möglicherweise Schwie­rigkeiten erwarten. Es wäre gut, wenn die Freund­schaft der beiden Kaiser auch hier vermittelnd ein- greifen könnte, denn die uns wenig geneigten Mos­kauer Kreise werden nicht eben eifrig für den wirt­schaftlichen Frieden arbeiten.

Rundschau.

Tie O rtststankenkassenwahlen.

Nach einer Zusammenstellung des Landesäusschusses für soziale Wahlen sielen in Württemberg bei 33 Ortskrankenkassenwahlen auf die Listen der christlich- uationalen Arbeiter, Angestellten und Dienstboten 48 793 Stimmen und auf die Listen der sozialdemo­kratischen Gewerkschaften 64 296 Stimmen. Zu be­rücksichtigen ist aper, daß in 9 Oberamtsbezirken des Landes, in denen die sozialistische Arbeiterbewegung gar nicht oder so schwach vertreten ist, daß sie nichts unternehmen könnte, die Wahhvorschläge der christ­lich-nationalen Richtung glatt und ohne Wahl durch­gingen. Wäre in diesen Bezirken gewählt worden, dann hätte die christliche Richtung 20000 Stimmen aufgebracht. Diese Ergebnisse beweisen, daß die Zahl der nichtsozialdemokratischen Krankenkassenwähler mindestens ebenso stark vertreten ist, wie jene der sozialtistischen Richtung.

Tie Reise des Prinzen Heinrich nach Südamerika

wird, auch vom Ausland, mit Interesse verfolgt, und ihr zum Teil politische Bedeutung beigelegt. Ties natürlich mit Unrecht. Die Reise des Prinzen erklärt sich einfach aus dem Umstande, daß unsere Beziehungen zu Südamerika und insbesondere zu Argentinien von Jahr zu Jahr herzlicher geworden sind. Es sei daran erinnert, daß zahlreiche deutsche Offiziere in Argentinien und zahlreiche argentinische Offiziere in Deutschland tätig sind, daß im vergange­nen Jahre Argentinien seine glanzvolle Sonderge- sandtschaft nach Deutschland entsandte und daß schließlich die argentinische Presse vorab das weit­verbreitetste Blatt Südamerikas, diePrensa" ein viel lebhafteres und freundlicheres Interesse für Deutschland zeigt als früher. So bringt also der Besuch des Prinzen Heinrich die Herzlichkeit der bei­derseitigen Beziehungen zum Ausdruck.

Zur Teutsch-Ostafrikanischen Ausstellung,

zu der auch der Kronprinz in der Kolonie erwartet wird, soll der neue Dampfer ,,Kigoma" die zur Er­öffnung der Mittellandbahn geladenen deutschen Gäste nach Daressalam bringen und dort im Hafen für die Dauer von 14 Tagen als Wohnschisf liegen bleiben, um dann unmittelbar die Heimreise nach Deutschland anzutreten. In der -Zwischenzeit werden die Besucher zur Erleichterung der Unterbringung in einzelne Gruppen geteilt, die verschiedene Teile Deutsch-Ostafrikas besichtigen. Aus Anlaß der Aus­stellung un<d feierlichen Eröffnung der Tanganjita- bahn werden übrigens auch die Gouverneure der be­nachbarten Kolonien nach Daressalam eingeladen werden. In Deutsch-Ostafrika gibt man sich der Hoff­nung hin, daß der Kronprinzenbesuch Veranlassung bieten werde, in den deutsch-ostasrikänischen Häsen eine so stolze Vertretung der deutschen Kriegsflotte auftreten zu lassen, wie sie jüngst an der afrikani­schen Westküste auf der Reise nach Südamerika er­schienen waren.

Gegen -en amerikanischen Tabaktrust.

In der Bremer Börse fand eine große, von vielen Tausenden besuchte Massenversammlung statt, die sich zu einer Kundgebung gegen den amerikanischen Täbaktrust gestaltete.

Als Redner traten u. a. auf: Generalsekretär des Verbandes zur Abwehr des Tabaktrustes Lißke-Dres- den, der Syndikus des' Deutschen Tabakvereins Schloßmacher-Frankfurt a. M., der Sekretär des Ver­bandes Deutscher Zigarrenladeninhaber Hesselbarth- Hamburg und als Vertreter der bremischen Tabakin­teressenten Hormann-Bremen, welche sich sämtlich scharf gegen den Trust aussprachen. Die Versamm­lung nahm darauf einstimmig nachfolgende Ent­schließung an:

Tie am 2. März in der Bremer Börse tagende Versammlung erkennt in dem Vordringen des bri­tisch-amerikanischen Tabaktrustes eine schwere Gefahr für die deutsche Volkswirtschaft und Bremens Tabak­handel und Tabakgewerbe im besonderen. Die Ver­sammlung spricht daher den Bestrebungen des Ver­bandes zur Abwehr des Tabaktrustes ihre volle Zu­stimmung aus und hegt die zuversichtliche Erwartung, daß die Konsumenten aus allen Bevölkerungskreisen Bremens die bedrohte trustfreie deutsche Tabakindu­strie in ihrem schweren Kampfe tatkräftig unter­stützen werden."

Deutscher Kolonialtabak.

Die ersten Versuche mit dem Anbau von Tabak in unseren Schutzgebieten waren nicht gerade ermuti­gend ausgefallen, so daß die Kultur in Deutschostaf- rikä und in der deutschen Südsee heute gänzlich aufgegeben ist. Seit einigen Jahren ist sie aber mit dem besten Erfolg in Kamerun wieder ausgenommen worden, angesport durch die von Herrn E. A. Olde- meyer gestifteten Preise.

Im Jahre 1910 hat diese Kolonie 2700 Kg. Ta­bak im Werte von 4150 Mark, 1911 bereits das Doppelte im Werte von annähernd 25 000 Marks ausgeführt, und im Jahre 1912 ist erneut eine Ver­doppelung des Exports eingetreten. So hat auch in Holländisch-Sumatra die Entwicklung klein angefan­gen, und aus den 50 Ballen im Werte von 7000 Mk. im Jahre 1864 sind bis 1912 über eine viertel Million Ballen im Werte von weit über 100 Mill.s Mark geworden.

Vor einigen Tagen sind in Bremen wiederum/ 860 Pack Tabak zu je Itzs Zentner, aus Kameruw zur Versteigerung gelangt. Bei dieser Tabakverstei­gerung am 24. Januar waren außer zahlreichen deut­schen Tabakinteressenten zum erstenmal zwölf hol- länsdische erschienen, ein Beweis, daß die Beherrscher der Märkte von Amsterdam und Rotterdam auf die junge Kameruner Tabalerzeugung, die vor allem her­vorragende Deckblätter liefert, aufmerksam gewor­den sind. Wie bekannt wird, ist eine neue Tabak­sendung unterwegs, die noch in diesem Monat in Bremen eintrefsen wird.