Ausland.
Tie Epidemien in den französischen Garnisonen.
* Paris, 19. Febr. Die „France Militär«" meldet, das Kriegsministerium habe im Hinblick aus die in verschiedenen Garnisonen herrschenden Epidemien beschlossen, die Einberufung der Reservisten jener Truppenkörper, die von Krankheiten heimgesucht sind, bis zum Sommer zu verschieben.
Prinz Wied in Paris.
P Paris, 19. Febr. Der Prinz zu Wied stattete heute nachmittag dem österreichisch-ungarischen Botschafter, sowie dem russischen ulrd dem englischen Botschafter Besuche ab und gab bei dem italienischen Geschäftsträger, sowie bei den übrigen Botschaftern seine Karte ab. Auch den Präsidenten des Senats und der Kammer stattete der Prinz Besuche ab. Später erschien er bei dem deutschen Botschafter zum Tee.
Russische Flotten-iVorlage.
js Petersburg, 19. Febr. Die Regierung wird sich nicht mit der Heeresvermehrung an der West- grenz-e begnüjgen. In den nächsten Tagen wird in der Duma eine neue große Flotten-Vorlage eingebracht werden.
Von Nah und Fern.
Schisssuntergang. Der Passagier-Dampfer „Wueen City", der von Pittsburg nach New-OrleanA mit Karnevalbesuchern unterwegs war, ist in der Nähe von Louisville gesunken. Unter den Frauen entstand eine furchtbare Panik. Die Passagiere, 100 an der Zahl, konnten trotz des starken Eisganges sämtlich gerettet werden.
Ein Stadion in Düsseldorf. Die Stadtverordnetenversammlung von Düsseldorf beschloß, die Errichtung eines Stadions am Rhein. Dieses soll als erstes in Deutschland mit-ged eckten Hallen ausgestattet werden. Es ftnd Plätze für alle Sportarten zur Ausübung, u. a. auch ein Schwimmbad, vorgesehen. Die Ausführung geschieht gemeinschaftlich mit den Sportverbünden Westdeutschlands, deren Verwaltung von Dortmund nach Düsseldorf verlegt wird. Die Stadt ^stellt das Gelände zur Verfügung und übernimmt auch eine finanzielle Garantie.
Vermischtes.
Z Tie Briefmarken Mbaniens. Noch ehe der neue Fürst von Albanien seinen Einzug in sein neues Reich gehalten, erscheinen die neuen Briefmarken Albaniens- Sie hatten ja bereits ihre Vorläufer: schon im vergangenen Jahre wurden eine Reihe türkischer Wertzeichen herausgegeben, die als Ueberdruck den albanischen Doppeladler zeigten: und ihnen folgten rohe Etiketten — kaum Marken zu nennen —, die in Handpressen gedruckt waren und in die man mit Hilfe von Schreibmaschinen die Wertbezeichnung ^eingesetzt hatte. Aber das waren Provisorien: die jetzt erschienene Serie wird wohl auf einige Zeit den > ständigen Markenschutz Albaniens bilden. Die Wertzeichen zeigen das Bildnis des Nationalhelden Skan derbeg, der im 15. Jahrhundert die
Tr kam unverzüglich. In der Tür traf er mit Margot zusammen.
„Fräulein Margot, Sie?" —
„Nein, ich nicht, Herr Doktor! Ilse ist die Kranke." — „Ach, Gott sei Dank, nur Fräulein Ilse! Ich dachte schon, Sie wären es!" —
Ilse hatte das im Zimmer gehört und mußte unwillkürlich über die ungewollte Komik der Rede lachen.
„Na, Sie lachen ja noch, da ists svohl nicht so schlimm," meinte der Arzt.
„Bleichsucht! Viel Bewegung. Jetzt ist so schöne Eisbahn auf dem Stadtgraben. Warum waren Sie in den Feiertagen nicht dort?" —
„Ilse wollte nicht mit und allein macht's keinen Spaß", sagte Margot.
„Jetzt wird aber gewollt, sonst werde ich böse!" — „Das können Sie ja gar nicht, Herr Doktor!" —
„O doch l Ich werde selbst inspizieren kommen!" — Doktor Simon hatte dabei den Nebenzweck, Margot öfter sehen und sprechen zu können. Das merkte Ilse wohl, und so zwang sie sich, dem Arzte zu gehorchen. Einmal sah sie ja Gaston doch wieder. Das Städtchen war so klein, und ganz einsperren konnte sie sich doch nicht.
Hätte sie gewußt, daß Gaston die bewußte Schachtel gleich zurückgeschickt hatte, trotzdem Martha Wegner dabei bemerkte, Ilse — es war aber Margot für ein Geschäft gewesen —, hätte sie gestickt, und daß er sich gleichzeitig' jede weitere Annäherung verbeten hatte, sie hätte sich nicht
vor dem Moment des Zusammentreffens gefürchtet.--
Rings um das kleine Städtchen, das ehemals die Residenz der fürstlichen Witwen gewesen, zog sich noch Wall und Graben. Der Wall war zur Promenade nun umgewandelt, der breite Stadtgraben aber diente im Sommer dem Ruder-, im Winter dem Eissport.
Es war ein buntes, lebendiges Bild, das sich dem Beschauer bot. Die Bäume auf der Promenade waren vom Rauhreif versilbert. Weißer Schnee lag auf dem Dach des Kaffeehäuschens. Die Militärmusik, die fast täalich einige Stunden Lier wielte, stand aus, einer
Unabhängigkeit Albaniens proklamierteunöersö reich dem Ansturm der Türken trotzte.
ß Aerztliches Handwerkszeug in China. Einem Buche des Dr. Vortisch von Vloten Mer „Chinesische Patienten und ihre Aerzte" entnehmen wir nachstehende interessante Angaben. Zunächst dient eine große Anzahl teils uralter gedruckter, teils geschriebener und von Geschlecht auf Geschlecht vererbter Bücher dazu, die ärztlichen Grundkenntnisse zu erlernen. Für Chirurgen ist ferner eine hölzerne Gliederpuppe zum Studium sehr wichtig. An ihr wird die sogenannte Aku-Punktur, das Nadelstechen erlernt. Diese Punktur dien! zum Erkennen des Wohnsitzes einer Krankheit, dann auch zur Heilung. Sie soll vom Kaiser Huangf-Ti zirka 2700 v. Ehr. (!) erfunden sein. An der Puppe befinden sich 367 Zeichen über den ganzen Leib. Jedem Zeichen entspricht ein inneres.Organ. Die Puppe selbst ist manchmal mit Nadeln versehen. Ter Arzt sticht nun entsprechend dem auf der Puppe angegebenen Orte dem Patienten eine kalte oder rotglühende Nadel ins Fleisch. In barbarischer Unkenntnis sticht man oft Nadeln in Ohren, Augen und Eingeweide. Diese Nadeln sind ähnlich unseren Nähnadeln, nur länger und gröber, manche bis zu zwei Fuß lang. Neun Arten werden unterschieden: Pfeil-, speer- und schwertförmige,
stumpfe, spitze, haardünne, runde, lange und große. Manchmal bleibt die Nadel tagelang im Körper, oft bricht sie ab. Da der chinesische Arzt sie nicht herausziehen kann, kommen die Leidenden zum Missionsarzt, falls einer in der Nähe ist. Die Wirkungen dieser Nadelstecherei und die Erfolge kann man sich ja leicht vorstellen, da das aseptische Verfahren in China wohl kaum hierbei angewandt wird. Diese Aku-Punktur verpflanzte sich von China nach Japan; übrigens im 17. Jahrhundert über Holland vorübergehend auch nach Europa. — An weiterem chirurgischen Handwerkszeug trifft man auch etliche spitze Messer, um Abszesse, Brüche und Geschwülste zu heilen, sind eine Zange, um Zähne zu ziehen. Man kann sich somit denken, aus welcher Höhe die zahnärztliche Behandlung steht und wie die kranken Zähne behandelt werden. Auf ein Pflastermesser stößt man noch, um Salben zu streichen, auch noch auf einige spitze Haken, Klammern und Spritzen. Jedermann wird sich demnach vorstellen können, wie es um die ärztliche Kunst überhaupt in ihren Grundzügen bei -den Chinesen bestellt ist.
Sprachecke des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins.
Knabe und Vogel.
(Eine Fabel von der deutschen Sprache.)
Auf einem Aste saß ein Vogel und sang. Da kam ein Knabe und suchte ihn zu fangen. Er lockte ihn mit Pfeifen und Schmeichelreden und hielt ihm ein Stück Zucker hin. „Komm zu mir", sprach er, „bei mir sollst du alle Tage ein lustiges Leben führen." „Lustig?" fragte der Vogel, „ich durchschaue deine List. Ich soll mich von dir fangen lassen, damit du dich über mich lustig machen kannst. Nein, mein Ast ist mir lieber als ein Käfig von lauter Gold. Nur die Freiheit ist meine Lust." „Uber", lockte der Knabe weitep, „welche traurige Freiheit in Wind, Regen und Schnee, wo du hungern und frieren mußt! Wie
armselig lebst ou, uno wie gut rannst ou es vei mir haben, wo du ein warmes Nest und reichliches Futter bekommst!" „Ich danke für deine Pflege", entgegnete der Vogssl, „in ihr verliere ich meine Federn, verlerne ich meinen Gesang und verkümmert meine Gestalt. Nur in der Freiheit gedeiht meine Schönheit." „Wie dumm du bist," 'fuhr ärgerlich der Knabe fort, „dort oben lauert die Wildkatze, und hier unten kommt der Fuchs. Willst du denn ewig in dieser Gefahr leben?" „Das verstehst du nicht, törichter Knabe, daß die Gefahr mein Leben ist. Durch sie wachsen meine Schwingen, übt sich meine Kraft und schärft sich mein Blick gegen alle meine Feinde." Sprach's und flog davon. — Ist nicht unsere Sprache dem Vogel gleich? Wenn sie ftch von fremden Völkern einfangen ließ, dann war sie verspottet, verunstaltet und ohnmächtig. In ihrer Schönheit, Freiheit und Kraft kann sie nur leben, wenn sie deutsch ist und deutsch bleibt. Tesch (Köln).
Literatur.
Prinz Karneval ist im Lande. Des Jahres kürzesten Monat durchtollt des hohen Herrn Narrenschar, und erlaubt ist was gefällt. Im deutschen Süden und am Rhein, wo das Blut schneller pulst als im Norden und im Osten, pflegt man von altersher den Gesellen in der Schellenkappe einen besonders freundlichen Empfang zu bereiten, so daß sie sich dort wohl auch wohler fühlen, als sonst in deutschen Gauen. Aus dem deutschen Süden stammen auch die beiden Faschingsnummern der Meggendorfer-Blätter (Nr. 1206 und 1207), die frisch und froh, aber immer in Grenzen der guten Sitten anmutig von den bunten Faschingssreüden plaudern. Wer die Nummern, die in allen Buchhandlungen, bei den Zeitungshändlern und auf den Bahnhöfen für je 30 Pfg. zu haben sind, ersteht, wird es sicher nicht bereuen.
Bei dieser Gelegenheit sei auch das Abonnement auf die Meggendorfer-Blätter, die beliebte, farbig illustrierte Zeitschrift für Humor und Kunst bestens empfohlen. Das Abonnement kostet ohne Porto und Bestellgeld Mk. 3.— im Quartal und kann bei der W. Rieker'schen Buchhandlung, Altensteig oder bei der Post, ev. auch direkt beim Verlag bestellt werden. Probenummern versendet die Verlagsbuchhandlung gerne kostenfrei.
Handel und Verkehr.
js StsitALrt, 19. Febr. (Schlachtviehmarkt.) ZugetrtedkU: 195 Großvieh, 652 Kälber, 867 Schweine.
Erlös aus '/z Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual, a) ausgemästete von 92 bis 96 Pfg., 2. Qual, b) fleischig, und ältere von — bis — Pfg., Bullen (Farren) 1. Qual, a) vollfleischige, von 83 bis 86 Pfg., 2. Qualität d) älter, und weniger fleischige von 80 bis 82 Pfg., Stiere und Jungrinder 1. Qual, s) ausgemästete von 96 bis 98 Mg., 2. Qualität b) fleischige von 92 bis 95 Pfg., 3. Qual, o) geringere von 87 bis 91 Pfg.; Kühe 1. Qual, a) jung« gemästete von — bis — Pfg., 2. Qualität si- älter« gemästete von -- bis — Pfg., 3. Qualität v) geringer: von — bis — Pfg., Kälber: 1. Qualität a) beste Saugkälber von 102 bis 106 Pfg., 2. Qualität b) gute Saugkälber von 96 bis 101 Pfg., 3. Qualität e) geringere Saugkälber von 87 bis 94 Pfg., Schweine 1. Qual, a) jung« fleischige von 64, bis 66 Pfg., 2. Qualität d) jüngere fett» von 62 bis 63 Pfg., 3. Qual, v) geringere von 52 bis 58 Pfg.
Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lauk.
Druck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerei, Altenstcig.
warmen Schicht von Stroh. Trotzdem gefror den Leuten oft der Hauch an den Blasinstrumenten. Fortsetzung folgt.
Ein Bild aus Glucks Orpheus.
(Aufführung in der Turnhalle in Nagold am 22. Febr. 1914 nachmittags 5 Uhr.)
Glucks Bild ist uns überliefert als das eines Opernkomponisten, der die Gewohnheiten seiner Vorgänger verlassen und griechische Schönheit und Einfachheit in die Musik eingeführt habe. Ein flüchtiger Blick auf die Kunstgeschichte belehrt uns freilich, daß der Oeffentlichkeit schon sehr vieles halbgute und zweifelhafte mit Berufung auf griechisches Vorbild angeboten worden ist; und wir wundern uns nicht, wenn zuletzt gerade die antikisierende Kunst in Verruf kam und schließlich der Künstler mehr galt, der sich auf eigene Füße stellte. Griechisches Vorbild an und für sich besagt eben weder im guten noch im üblen Sinne etwas; und schließlich hat immer der die Griechen mit gutem Erfolg nachgeahmt, der sich auch ohne sie schon zu helfen gewußt hätte. Nehmen wir gleich das bekannte Prinzip der Einfachheit, es ist so, wie Schopenhauer sagt: Nur der Starke vermag es zu handhaben. Der andere wird sich hüten, sich seiner zu bedienen, denn er wird damit sofort seine Ohnmacht verraten.
Gluck gehört nun unzweifelhaft zu den Künstlern der ersten Art. Wer nur einen Blick dafür besitzt, dem wird dies jede seiner Gebärden bezeugen. Ueberall in seinen Werken finden wir Gestalten mit der Farbe, Gesundheit und natürlichen Frische wirklicher Lebewesen, wir sie eben ein schöpferisches Vermögen hervorbringt. Am meisten fallen diese Vorzüge im zweiten Akt des Werkes in die Augen, den wir nun auf einen Augenblick betrachten wollen. Ueber
unterirdische Fetsen legt sich eine dichte Finsternis. Ein Aechzen und Winseln kündet dem Nahenden das Schicksal derer an, die hier wohnen. Hier sucht Orpheus einen Eingang, um die verstorbene Geliebte wieder zu holen. Die Töne seiner Harfe, sie zittern und frieren und drohen zu ersterben in der grausigen Oede. Was wird er hier aus- richten? Wird er die Furien bezwingen? Wird er nicht dem gräßlichen Höllenhund erliegen, der seine Ankunft mit schrecklichem Gebell vermeldet? Sie sind nicht so, die Furien, wie wir gewohnt sind, sie uns vorzustellen. Keine wütende Gebärde, kein Raubtierblick verrät sie. Aber wir lernen sie nur um das schlimmer kennen, was wir hier an ihnen vermissen. Mit einer gewissen Gelassenheit empfangen sie die Sterblichen, die ihnen das Schicksal zuführt. Sie walten der Grausamkeit als eines Amtes, das sie wie eine gleichbleibende Gewohnheit schon lange üben. Mit ihnen ringt Orpheus, ringt er lange, und sie bezwingt er. Sie, die aus keinem anderen Stoff bereitet scheinen als der Fühllosigkeit, erliegen der Kraft seines Liedes, lernen menschliches Mitleid fühlen und geben Orpheus den Weg zu de» Geliebten frei.
Es ist der Vorzug vieler alten Sagen, daß sie vielfacher symbolischer Deutung zugänglich sind. So können wir auch in das Gewand der Orpheussage eine Kunstanschauung hüllen, die neuerdings mehr und mehr Jünger gewinnt. Jeder große Künstler ist ein Orpheus, vom Geist beauftragt, und zu einem Publikum gesandt, das ihm etwa die Teilnahme jener unterirdischen Geister entHegenbringt, von denen wir eben redeten. Und jeder bezwingt sie am Ende doch. Wir erkennen, beide sind für einander bestimmt, berufen, gemeinsam das Werk des Geistes zu vollführen. Im Gefühl der Verpflichtung gegen diesen Geist haben wir auch die Aufführung von Glucks Oper unternommen. Möge unsere Stimme Gehör finden, wenn wir zu zahlreichem Besuche einladen. Karl Schmid.
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