ung damit, daß sich wach der Begründung der ersten Siedlungen noch zahlreiche neue Ansiedler in Kleinasien einfinden werden, so daß vermutlich die Zahl der zu erbauenden Häuser noch größer werden wird. Für jede Wohnung sollen nicht mehr als etwa 100 türkische Pfund, das sind 1844 Mark, verausgabt werden, und zwar einschließlich der Beschaffung der Ackergeräte. Die Gesamtausgabe für die projektierten 40000 Häuser wird demnach etwas über 73 Millionen Mark betragen. Jede Wohnung enthält zwei Zimmer und ein Stallgebäude; ihr Bau erfolgt in Stein, Ziegel oder Holz, je nach den örtlichen Verhältnissen. Der Ansiedler erhält als 'Ackergerät ü. a. einen Pflug neuesten Modells mit Zubehör und neben den Arbeitstieren auch die Aussaat für das erste Jahr.
Internationale Festsetzung der Tagiccheit.
Die in Paris tagende internationale Zeitkonferenz beschloß die Gründung einer internationalen Vereinigung, für die Einheitlichkeit der Zeit, die durch die Sendung funkentelegraphischer oder sonstiger Signale den Bedürfnissen der Schiffahrt, der Wetterkunde, der Erdbebenkunde, des Eisenbahn-, Post- und Telegraphenwesens sowie der öffentlichen Behörden Rechnung tragen soll. Zum Sitz der Vereinigung, die aus' 15 Delegierten der an der Konferenz teilnehmenden Staaten besteht, ist Paris ausersehen. Bei einem Festessen, das in der Pariser Sternwarte zu Ehren der auswärtigen Delegierten stattfand, hielt der Minister der öffentlichen Arbeiten Thierry eine Rede, in der er sagte: „Die flüchtige Stunde wird nunmehr von Paris festgesetzt werden. Wenn die zehnte Stunde auf dem Eiffelturm schlagen wird, dann werden es Ihnen die Herzschen Wellen verkünden. Die ganze Erde wird dann wissen, daß die Sonne am Himmel der „Jsle de France" bereits hochsteht, und wenn um Mitternacht die zwölf Glockenschläge 'ertönen, dann werden Sie an das glanzvolle mächtige Paris! denken, das zu leben beginnt, während" das Paris der Wissenschaft und der Arbeit sich zur Ruhe begibt. Zweimal täglich wird auch der deutsche Fun- kentelegraphen-Wosten von Norddeich mit Paris! seine Signale austauschen." Zum Schluß seiner Rede erklärte der Minister, daß Frankreich auf die ihm anvertraute Aufgabe stolz sei und daß er dieses Zusammenwirken der Staaten begrüße, das ein erfreuliches Zeichen für die Zukunft bilde.
Der Großgrundbesitz in England.
Der bmtische Schatzkanzler Lloyd George hat kürzlich in einer Rede zu Bedford einen energischen Feldzug gegen den Großgrundbesitz angekündigt. Die Zeit" sei, so sagje er, gekommen, gegen die große Macht der Grundherren vorzugehen. Unleidlich sei die Landarbeiterfrage geworden; der Großgrundbesitz stellte das mächtigste und zugleich unbeaufsichtigste Monopol Englands dar. Er mache das Land zur Wildnis und richte schlimmeren Schaden an, als irgend ein fremder Eindringling in England es je vermöge. Jedem Lande müsse dar- jan liegen, eine zahlreiche und kräftige Landbevölkerung zu Haben, aber wo der Großgrundbesitz herrsche, se ies unmöglich. Lloyd George sicherte in einer weiteren Rede zu, daß man das Landmonopol fest, gründlich und drastisch anfassen werde; jedes Kompromiß sei ausgeschlossen. Am allerwenigsten dürfe der Großgrundbesitz darauf rechnen, daß man ihn auskaufen werde, denn dazu würde man die Zeit von 500 Jahren brauchen. '
Landesnachrichken
Ultenrreig, 27 Oktober 1813.
* Freiwillige Feuerwehr. Gestern nachmittag; fand die Schlußübung verbunden mit der Bezirks- feuerlösch-Jnspektions-Probe durch Herrn Feuerlöschinspektor Oberamtsbaumeister Köbele statt, die aufs beste verlief. Auf dem Marktplatze wurden Schulübungen der einzelnen Geräte sowie anschließend ein Angriff auf das Schreiner Walz'sche Anwesen Dorgenommen. Nach den Uebungen versammelte sich die Mannschaft im Waldhorn, wo an zwei Mitglieder der Feuerwehr, nämlich Kaminseg,erweister Saalmül- ler und Daniel Lutz, Gerber, das Ehrenzeichen für :25jährige Dienstzeit übepajeben wurde.
* Konzert. Das gestrige Krüglsche Konzert lKoschatliederkonzert! im grünen Baum durste sich erfreulicherweise eines guten Besuchs erfreuen. Wer zu der Veranstaltung erschienen war, wurde durch die Fülle des Gebotenen für die kleine Mühe reichlich entschädigt. Prächtige Gesangs- und Jnstru- mentalvorträge meist heiteren Charakters Lösten reichen, gern gespendeten Beifall aus. Die Stimmen des preisgekrönten Ensembles harmonieren exakt. Der Vortrag war gefühlvoll und urwüchsig. Bei den Jnstrumentalvorträgen erregte die Fertigkeit und Präzision, die meisterhaft war, hohe Bewunderung. Das abwechslungsreiche Programm befriedigte allgemein in hohem Grade. Der Abend war so genußreich wie selten einer. Das Krüglsche Ensemble darf versichert sein, daß es sich ein dankbares Publikum geschaffen hat, das seinem baldigen Wiederauftritt Mrn entgegensieht.
* Ortsbibliothek. Die hiesige Schßilerbibliothek soll zu einer Ortslesebibliothek ausgebaut werden. Auch bisher schon wurde Ire von Erwachsenen sehr fleißig beniützt; so betrug; z. B. letzten Winter der Umsatz ca. 2000 Bände. Erfreulicherweise wächst die Freude am Lesen und jedermann nimmt an den langen Winterabenden gern ein Buch zur Hand. Dabei darf aber der Heranwachsenden Jugend nur das Beste geboten werden. Gute Bücher, die namentlich auch geeignet sind, die Schundliteratur (Jndianer-Nic'Cartergeschichten rc.) zu bekämpfen, gibt es nun Dank der Bemühungen der Vereinigungen für Schaffung guter Jugendliteratur sehr viele. Für die hiesige Bibliothek fehlen aber, obwohl die Stadt einen namhaften Beitrag bewilligt hat, immer noch Mittel, um sie mit geeigneten Büchern genügend auszustatten. Vielleicht finden sich in der hiesigen Bürgerschaft Gönner, die der Bibliothek gute Bücher (neue oder gebrauchte^ oder Geldbeiträge zuwenden. Solche könnten an das Ev. Volksschulrektorat oder an den Bibliothekar Herrn Küchele abgegeben werden.
st Württ. Städtetag. In einer nichtöffentlichen Sitzung, in der 16. Städte vertreten waren, beriet in Gmünd der württ. Städtetag über die Wertzuwachssteuer und nahm einen Bericht des Oberbürgermeisters Jäckle-Heidenheim entgegen. Es wurde beschlossen, auf die Beibehaltung und auf die Festlegung von Formen über Erhebung und Höhe der Steuer in Anlehnung an die Gemeindesteuergesetze hinzuarbeiten. Veranlagung und Erhebung soll Sache des Staates sein. Die Steuer soll grundsätzlich den Gemeinden verbleiben. Eine Satzung für den Städtetag kam nicht zu Stande. Be-
M Lerelrucdt. M
Merke auf den Sabatt Deines Herzens, daß Du ihn feierst! Und wenn sie dich halten wollen, mache Dich frei oder gehe zu Grunde!
Schleiermacher.
Dom Gute» das Beste.
Erzählung von A. Hottner-Grefe. sFortsetzung.s (Nachdruck verboten.j
„Hat denn Baron Herbert nicht wenigstens gleich nach dem Verbleib des Bechers gesucht?" fragte Rasmer in die Pause hinein.
Der alle Mann zuckte die Achseln.
„Ich glaub' nicht. Ich mein', er hat dem Becher am Ende selbst keine große Bedeutung beigelegt. Wir können es ja alle nicht begreifen, weshalb der Baron Felix so an diesem Gefäß hängt! Vor acht Tagen beiläufig ist er durch einen Zufall darauf gekommen, daß der Becher fehlt."
„Und seitdem ist der Baron ganz außer sich. Am Tage, nachdem ich den Gustav heimbrachte (er hat in Monte Carlo sein Letztes verspielt und war schon krank auf den Tod), am Tage danach hat unsere Gnädige den ersten Brief bekommen vom Baron Herbert mit der Bitte, um Himmels willen diesen Becher auszuforschen. Der Baron hat für bestimmt angenommen, daß der Becher hier in Wien verkauft worden ist. Unser Gustav hat nimmer sprechen können. Wie er hier angekommen ist da war er schon so elend, Herr Doktor, daß er kaum mehr uns, seine Ellern, erkannt hat. Und zwei Stunden später hat er «inen Blutsturz bekommen und ist im Fieber gelegen. Und immer hat er in Todesangst gebettelt, in seinen Phantasien, wir sollen, ihm verzeihen, was er getan hat.
Mehr war mcyr zum Herausvnngen aus ihm. Und so im höchsten Fieber ist er hinübergegangen. Wie er schon tot war, hat meine Frau zufällig die Scheine gefunden, aber jetzt war's zu spät. Alles war zu spät: Seine Neue und unser Einsehen — alles, alles!"
Rasmer hatte sich erhoben. Jetzt legte er dem alten Manne freundlich die Hand auf den Arm.
„Und vielleicht ist's doch noch nicht'zu spät," sagte er fast herzlich. — „Ich kann Ihnen jetzt nicht alles sagen, was ich weiß oder auch nur ahne. Und Sie werden mir schwerlich mehr Auskunft geben wollen über Ihre junge Herrin und deren kranken Gatten, den Baron von Laßwitz. Aber wo er in Krakau wohnt und wo die junge Frau in Wien wohnt, das können Sie mir schon noch sagen."
Der alte Mann schüttelte errergisch den Kopf.
„Kein Wort sag' ich," entgegnete er fest. „Ich hab's ihr versprochen. Das, was Sie jetzt von mir gehört haben, das geht eigentlich nur uns beide an, die Mutter und mich, denn unser Gustl ist tot und ihn kann nftmand mehr zur Rechenschaft ziehen. Was es mit dem Unglücksbecher eigentlich für eine Bewandtnis hat, dad kann ich nicht einmal ahnen. Ich weiß auch nicht« von den beiden Brüdern von Lahwitz. Ich Hab' sie wenig gekannt und nun seit mehr als zehn Jahren nicht mekr gesehen. Wenn unsere Gnädige Ihnen was erzählen k^rnn und will, so ist das ihre Sache. Die Adresse nenne ich nicht, das können Sie von mir nicht verlangen. Ich weiß schon, daß es Ihnen leicht sein wird, den Wohnort zu erfahren. Aber ich will damit nichts zu tun haben. Und jetzt bitte ich Sie noch einmal, Herr Doktor: Ersparen Sie uns und ihm — meinem Gustl — eine Schand' —"
Doktor Rasmer stand noch eine ganze Weile vor der Leiche und sah in diese verfallenen und doch noch hübschen, angenehmen Züge. Die beiden alten Leute hatten ihre rauhen Arbeitshände auf die weißen, sehr schön gepflegten Finger ihres Sohnes gelegt, als wollten sie damit andeuten, daß, trotz allem Leid, das er ihnen angetan, er doch zu ihnen gehöre, jetzt vielleicht mehr, als in den letzten
raren wurde auch ore Krage, ov oem ^eemann»- erholungsheinr und einem Handwerkererholnna,s- heim Beiträge geleistet werden sollen. Auch darüber wurde keine einheitliche Entscheidung getroffen.
* Simmersfeld, 27. Okt. Gestern nachmittag; 2 Uhr fand hier unter starker Beteiligung von hier und Umgebung das Bezirks-Gustav-Adolf-Fest statt. Das Fest nahm e inen erhebenden Verlauf. Ms Redner sprachen Pfarrer Schmidt, Pfarrer Merz (früher in Brasilien) u. Pfarrer Erhardt aus'Wart.
js Oberndorf, 25. Okt. (Städtisches.) Die hiesige Stadtschultheißenstelle wird in den nächsten Tagen zur Bewerbung, ausgeschrieben. Als Gehalt wurde heute von den bürgerl. Kollegien der Betrag von 4600 Mark steigend in zweijährigen Abständen um je 200 Mark bis zu 5600 Mark bestimmt. Sämtliche Gebühren fallen in die Stadtkasse. Die Stadt stellt außerdem dem neuen Stadtschultheißen einen Gehilfen, für den 1200 Mk. ausgeworfen worden sind.
st Stuttgart, 25. Okt. (Wahl.) Die letzte der noch ausstehenden Landtagsersatzwahlen ist heute in Stuttgart-Amt vorgMommen worden. Sie ergab den Sieg des sozialdemokratischen Kandidaten Redakteur Pflüger in Stuttgart. Von den 12 458 Wahlberechtigten haben 9844, also 79 Prozent gegen 76,2 Prozent im Jahre 1912 und 74,5 Prozent im Jahre 1906 abgestimmt. Redakteur Pflüger erhielt 5646, sein nationalliberaler Gegenkandidat, Stadtpfarrer Lamparter, 4162 Stimmen. Ungiftig waren 24, zersplittert 12 Stimmen. Gegenüber den früheren Wahlen ergabt sich, zum Teil.dank der stärkeren Wahlbeteiligung) eine starke Zunahme der Stimmen des bürgerlichen Kandidaten, der die Unterstützung der Volkspartei und der Konservativen, sowie des Bundes der Landwirte gefunden hatte. Die sozialdemokratischen/ Stimmen haben gegenüber der letzten Wahl um mehr als 1000 abgenommen. Damals hatte der frühere Abgeordnete Hildenbrand 6715, der Kandidat der Nationalliberalen 2450, die kons. Partei 169 Stimmen erhalten. Im Jahre 1906 betrugen die Ziffern: Soz. 5212, Natl. 2196, BolWipartei 736 und Kons. 121. Die Stärke der Fraktionen in der Zweiten Kammer ist nunmehr endgiltig folgende: Zentrum 25, Bund und Konservative 20, somit die Rechte zusammen 45. Volkspartei 19, Soz. 17, Nationalliberale 11, demnach die Linke zusammen 47. (
st Bönnigheim, OA. Besigheim, 25. Okt. (Todesfall.) Im 81. Lebensjahr ist Frau Lina Amann geb. Dittmar hier verschieden. Ihr Gatte A. Amann hat im Jahre 1854 zusammen mit I. Böhringer unter bescheidenen Verhältnissen die (heutige Seidenzwirnerei und Färberei von Amann und .Söhne begonnen und zu einem der bedeutendsten und leistungsfähigsten Betriebe dieser Art im ganzen Deutschen Reiche gebracht. StistungM mannigfachster Art seitens Per Familien Amann und Böhringer dürfen sich die Stadtgemeinde, die Kirche und insbesondere die Arbeiterschaft erfreuen und in einem treuen dankbaren Andenken haben die Entschlafenen sich selbst das schönste und bleibendste Denkmal gesetzt.
st Heilbronn, 25. Okt. Vor dem Schwurgericht wurde die Verhandlung gegen den Gerbereiarbeiter Friedrich Winter von Backnang wegen Brand- Mstung fortgesetzt. Der ärztliche Sachverständige
Jahren seines Lebens, wo er ihnen immer fremder geworden war.
„Also," sagte Rasmer endlich, „ich will nicht in Sie dringen, und ich ehre Ihre Treue an Ihre alte Herrschaft. Die Adresse werde ich mir verschaffen. Der jungen Baronin droht nach meinem Dafürhalten überhaupt keine Gefahr; auch ihre Aussage dürfte nur eine Stufe weiter sein zum Ergründen der Wahrheit. Sie sollen mir bloß eines ver- kvrechen: daß Sie heute den ganzen Taa daheim bleiben und
nicht oersuchen. Ihre Herrin von meinem Besuche früher in Kenntnis zu setzen, als ich hinkomme."
Gottfried Mallinger nickte.
„Ja. Das kann ich versprechen. Ich könnte ohnehin nicht mit der Gnädigen rede». Die ist nicht daheim."
„Nicht daheim?" fragte Rasmer erstaunt.
„Nein. Es ist mir selbst unverständlich. Sie ist doch gewiß auch sehr begierig gewesen, zu erfahren, ob ich den Becher bekomme. Und heute, wie ich hinkomme, ist sie fort und hat nur angegeben, daß sie in sechs Stunden wiederkommt. Ich begreife das gar nicht. Und mit der alten Gnädigen kann man ja gar nicht reden."
„Warum?" unterbrach ihn Rasmer.
Aber Gottfried Mallinger fand, daß er schon zu viel gesprochen habe. Sckweigend führte er seinen unerbetenen Gast aus dem Zimmer und durch den Garten bis zum Tore. Die alte Frau hatte nur stumm genickt zum Abschied. Dann war sie wieder am Bette ihres Sohnes niedergesunken, und als Doktor Rasmer schon halb im Flur stand, hörte er noch, wie sie vor sich hinsagte:
„Nein, Gustl! Mein lieber Gustl! Nein — nichts hast du dafür können! Gar nichts! Die anderen — die haben dich halt verleitet! Gelt! Bist ja mein Bub —"
„Mutterliebe!" dachte Rasmer fast erschüttert. Zum Abschied reichte er dem alten Manne die Hand.
„Verlassen Sie sich nur auf mich!" sagte er warm. „Hoffentlich bringen wir allein Licht in dieses Dunkel und alles bleibt unter uns."
Die Finger des Greises zitterten in Doktor Ernst Rasmers Hand.