beide Arme vollständig fehlen (nicht einmal Stumpen sind vorhanden : ferner hat es nur einen einzigen Fuß: der andere ist nur ein Stümpchen, an idessen Ende sich zwei nach vorne schauende Zehen befinden. Das Kind befindet, sich ganz wohl und nimmt auch Nahrung zu sich. Ob es lauge am Leben erhalten bleibt, dürste zweifelhaft sein.
jf Stuttgart, 23. Okt. (Beisetzung.) Die Beisetzung des beim Absturz des Marineluftschifss verunglückten Ingenieurs Schüle vom Luftschiffbau Zeppelin fand heute nachmittag unter großer Teilnahme auf dem Pragfriedhof statt. In dem Leichenzug befanden sich Abordnungen des Luftschiffbaus und der 2. Abteilung des Artillerieregiments Nr. 13, bei -der der Verstorbene diente. Den Sarg bedeckten Kränze vom Königspaar, vom Staatssekretär des Marineamts von Tirpitz, vom Grafen Zeppelin. Stadtpfarrer Gerok schilderte den im Dienst fürs Vaterland Gestorbenen als Vorbild tüchtigen Strebens. Der erst 26jährige habe sich das volle Vertrauen des Grafen Zeppelin erworben. Nach der Rede des Geistlichen wurden Kränze niedergelegt von Graf Zeppelin jun., vom Ingenieur von Soden namens des Luftschiffbaus Zeppelin, der Beamten und der Arbeiterschaft, des Motorenbaus Friedrichshafen, im Auftrag von Ingenieur Maybach und namens der Vorgesetzten unchKame- raden der 2. Abteilung des Art.-Rsg. Nr. 13. Ein Doppelguartett eröffnete und schloß die ernste Feier mit einem Lied.
ff Heilbronn, 23. Okt. . (Ein ungetreues Paar.) Die Strafkammer hat heute wegen Unterschlagung den 36 Jahre alten Buchhalter Wilhelnr, Strahle von der Sterbekasse Heilbronn zu 3 Jahren und 15 Tagen Gefängnis, sowie dreijährigem Ehrverlust verurteilt. Wegen Hehlerei wurde die 21 Jahre alte Buchhalterin bei dieser Kasse, Elisabeth Kreh zu 1 Monat Gefängnis verurteilt.
ff Heilbronn, 23. Okt. (Zur Notlage des W ei n g ä r tn e r st a n d e s.) Bei einer am Sonntag, den 19. Oktober in Heilbronn statstgjehabten Zusammenkunft von ca. 60 Ortsborstehern der Weinbautreibenden Gemeinden des Neckar- und Remstales zur Besprechung der Notlage des Weingärt- nerstandes kam man nach eingehender Aussprache Hu folgendem Beschluß: „Es soll Sonntag, den 2. November ds. Js. in Bietigheim eine öffentliche Versammlung ftattfinden. Das Endergebnis der Versammlung soll eine Eingabe an die K. Staatsregierung und die Landstände sein. Die Hingabe soll durch eine Abordnung den zuständigen Stellen überreicht werden, um auch persönlich nochmals auf die große Notlage des Weingärtner- stnndes hinzuweisen."
st Neckarsulm, 23. Okt. (Bestätigung. Die Kreisregierung hat die Wahl des Oberamtssekretärs Häußler zum Stadtschultheißen von Neckarsulm bestätigt. Die Amtseinsetzung wird gleichzeitig mit der Eröffnung des neuen Krankenhauses am 5. November erfolgen.
ö Ravensburg, 23. Okt. (Im goldenen Kranz.: Der pensionierte Oberlehrer Sattler und seine Ehefrau haben gestern in aller Stille ihr goldenes Ehejubiläum gefeiert.
ff Buchau, 23. Okt. (Das Opfer.) Zu der Bluttat am Dienstag ist noch, mitzuteilen, daß
ihr unglückliches Opfer, Handelsmann Anger, mittags einhalb 12 Uhr nach qualvollem Leiden im Bezirkskrankenhaus in Riedlingen verschieden ist. Er hinterläßt eine Witwe mit 5 Kindern. Der Täter hat sich selbst gerichtet.
Allerlei.
In Hochmössingen OA. Oberndorf ist der 68jährige Landwirt Ottmar Frei vom Scheunenboden abgestürzt und hat sich so schwere Verletzungen zugezogen, daß er ihnen 2 Stunden später erlag.
In Schwenningen wurde während der Ausfahrt des Zuges 1438 aus der Station Marbach in der Richtung nach Donaueschingen ein 25 Jahre alter Italiener, der auf der Strecke Marbach- Grüningen arbeitete, nachts vom Zug überfahren und getötet.
In Vorbachzimmern ist der 7 6 Jahre alte Gutsbesitzer und Akziser Jakob Horn von einer Mauer geWrzt und blieb tot liegen, i Ein erst lljähriges Mädchen tn Ditzingen hat sich gestern abend erschossen.
Der in Untersuchungshaft genommene Händler Pfaus von Buchau, der den 45jährigen Karl Anger mach einem kurzen Wortwechsel erschossen hatte, hat sich im Gefängnis in Riedlingen erhängt.
Der am letzten Sonntag abend in die Murg geratene Schreiner Sieb aus Ottenau wurde nach langem Suchen wt aufgefunden. Der Leichnam wurde auf das Rathaus in Oberst rot gebracht. Der ebenfalls verunglückte Knabe konnte noch heil aufs Trockene gebracht werden.
Deutsches Reich.
Tie badischen Landtagswahlen.
* Karlsbuhe, 23. Okt. Von den noch zu besetzenden 20 Mandaten für die 2. Kammer befanden sich bisher in den Händen -der Nationalliberalen und Sozialdemokraten je 8, der Voltspartei 3 und der Bündler 1. In einzelnen Wahlkreisen haben die Linksparteien nur knappen Vorsprung, Trotzdem hoffen sie, in der Nachwahl die Rechte zu werfen. Im Falle, daß dies gelänge, bliebe die alte Mehrheit erhalten, wenn auch geschwächt.
L. M. Goldberger ch.
* Berlin, 22. Okt. Der Geh. Kommerzienrat Ludwig Max Goldberger ist heute nachm, im Alter von 65 Jahren gestorben. 1848 zu Tarnowitz geboren, war er Mitinhaber des Bankhauses I. G. Goldberger in Berlin bis zu dessen Uebergang in die Internationale Bank 1889 und deren Uebergang in die Berliner Handelsgesellschaft. Seine Wahrnehmungen aus einer längeren Studienreise in den Vereinigten Staaten von Amerika hat er in einem interessanten Buch über das dortige Wirtschaftsleben niedergelegj:, dessen Titel „Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten" zum geflügelten Wort wurde. Goldberger war Mitglied des von der Reichsregierung, eingesetzten wirtschaftlichen Ausschusses zur Vorbereitung und Begutachtung handelspolitischer Maßnahmen und Vors, der Ständigen Ausstellungskommission für die deutsche Industrie.
Ein schweres Automobil-Unglück.
* Frankenstein, (Pfalz), 23. Okt. In der Nähe des Frankensteiner Stich fuhr gestern das Mit vier Personen besetzte Automobil des Dr. Stein aus Kaiserslautern gegen einen Eckstein, wobei es sich überschlug. Regierungsrat Feiertag und Gymnasiallehrer Professor Seufert aus Kaiserslautern wurden sofort getötet, Bauamtmann Schmitt schwer verletzt; Dr. Stein erlitt einen Nervenchok.
Eine Reich stagsersatzwnhl.
ff Neumarkt, (Oberpfalz), 23. Okt. Bei der heutigen ReichstagKersatzwahl für den verstorbenen Reichstagsabgeordneten Kehl (Z.) im 3. Oberpfälzer Wahlkreis Nenmarkt erhielt Lederer (Z.) 11 649, Dollinger (Lib.) und Bauernbund 1000 und Trümmer (Soz.) 527 Stimmen. 66 Stimmen waren zersplittert. Zwei Ortschaften fehlen noch.
Ausland.
Ein Dampfer gesunken.
ff Helsingsors, 23. Okt. Der finnische Dampfer „Vestkusten" geriet in der Nähe von Vasa auf Grund, wurde leck und sank mit der gesamten Besatzung von 20 Mann und etwa 25 Fahrgästen.
ff Hernösand, 23. Okt. Der Dampfer "„Karl von Linnee", Kapitän Söderström, der Svea-Ge- sellschast traf heute abend Mit dem einzigen Geretteten des Dampfers „Vestkusten", dem Viehhändler Henriksson aus Sundsväll, hier ein. Ueber das Unglück teilte Kapitän Söderström folgendes mit: Als die Dampfer „Karl von Linnee" und „Vestkusten" gestern aus Vasa ausliefen, gerieten sie in einen orkanartigen Sturm. Der Dampfer „Karl von Linnee" ging deslvegen vor Anker, während der Dampfer „Vestkusten" weiterfuhr. Als der Dampfer „Karl von Linnee" bei Tagesanbruch die Anker lichtete, bemerkte die Besatzung in den Vasaer Schären zwei Masten in: Wasser. > Kapitän Söderström ließ sofort stoppen und sandte ein Rettungsboot nach der Unglücksstätte. Man fand nur eine Person, den Viehhändler Henriksson, der in die Reelings geklettert war. Seit gestern abend um 6 Uhr hatte er sich dort festgehalten und wurde nun ganz erschöpft an Bord des Dampfers „Karl von Linnee" gebracht. Nach seinen Angaben, die er dem Kapitän Söderström machte, befanden sich an Bord des Dampfers „Vestkusten" 22 Mann Besatzung und 7 Fahrgäste.
Ein Millionenschwindler, ff Paris, 23. Okt. Nach einer Blättermeldung aus Lyon verschwand heute morgen der dortige Börsenmakler Givinon unter Zurücklassung von Passiven in Höhe von 3 Millionen Francs, denen nur 1 Million Aktiven gegenüberstehen.
Ein Grubenunglück in Amerika.
* Newyork, 23. Okt. In der Phelps Dodge- Kohlengrube in Dawson (Neu-Mexiko) sind 230 Mann durch schlagende Wetter verschüttet worden. Indessen wird in dem hiesigen Bureau der Gesellschaft erklärt, daß kein Schacht tiefer als 50 Fuß sei und auch alle modernen Einrichtungen vorhanden seien, so daß, falls die Gewalt der Explosion nicht tödlich gewirkt habe, die Rettung! sicher sei.
Lerekru cb t.
Bangt dir davor, derselbe Mann zu sein In Tat und Kraft, der du in Wünschen bist?
Shakespeare.
Dom Guten das Veste.
Erzählung von A. Hottner-Grefe. fFortsetzung.f fNachdruck verboten.)
Rasmer vesann sicy emen Augenvucr.
„Das brauchen Sie auch gar nicht zu tun, denn da weih ich vielleicht mehr als Sie," sagte er dann. „Ich weih, daß der Baron Felix schwer krank ist, und ich weih, daß man von Krakau aus alles aufbietet, um den Becher zu finden. Erschrecken Sie doch nicht so. Ich will ja keinen weiteren Gebrauch davon machen! Und von Ihrer jungen Herrin sollen Sie mir auch gar nichts erzählen. Mit der spreche ich selbst nachher. Ich hoffe wohl, daß sie mir Auskunft gibt. Meine einstige Vertrauensstellung bei der hiesigen Polizei gibt mir — da ich Vollmachten nahe beteiligter Personen vorweisen würde — auch jetzt noch ein Recht, Auskünfte über so zweifelhafte Tatsachen zu beoehren. Also: Wie kam Ihr Sohn in den Besitz jenes Bechers?"
„Wie sollen wir das wissen?" rief die Frau. „Er war doch nicht bei uns seit Jahren I"
„Sie wissen es aber genau, und die junge Baronin weih es auch und hat Ihrem Sohne ja alles verziehen. Uebrigens: Sie wollen nichts sagen? Auch gut! In zehn Minuten ist ein Polizeibeoollmächtigter hier und in einer halben Stunde ein zweiter bei der Baronin. Dem werden Sie die Antwort nicht veWeürers." - - - -
Er griff nach seinem Hute, aber da faßte eine bebende Hand nach seinem Rock.
„Bleiben Sie da — Herr — Herr-Doktor," sagte Gottfried Mallinger; er hatte einen Blick auf Rasmers Visitenkarte geworfen, welche der Gerichtsrat auf den Tisch gelegt hatte. „Ich — ich will schon sagen, was ich weiß. Immer noch besser, als die öffentliche Schand'. Also — der Gustl — je, unser Gustl — der war ja immer sehr talentiert und hat auch allerlei gelernt. Ein paar Klassen Gymnasium und Sprachen und so. Aber es hat ihn nichts lang gefreut. Und da hat er denn die Stelle angenommen beim Baron Felix als Sekretär. Ja — und — und," der alte Mann rang nach Atem. Aber jetzt fiel die Frau ein:
„Und da ist's eben dann gegangen, wie halt so was geht! Die feinen Herren, die spielen nur mit so einem einfachen Menschen und verleiten ihn zu allerhand dummen Sachen. Und gar da drinnen in Polen. Da ist ein wüstes Leben I Da lernt einer das Spielen und das Trinken, und das Geldhinauswerfen noch viel bester als hier bei uns in Wien. Glauben Sie es doch, Herr Doktor — unser Gustl, der war brav! Aber die schlechten Menschen, oie haben ihn verführt!"
„Das will ich gern glauben," sagte Rasmer freundlich. »Mein Himmel, wenn einer jung ist und lebensfrisch und Unmer lo im fremden Land, da straucheln die Tüchtigsten!"
Die alte Frau sah ihn mit einem sonderbar zweifelndem Blicke an. Ob er es auch ehrlich meinte? Aber seine Augen schauten ihr so frei entgegen, und die milden Worts taten ihrem todwunden Herzen wohl. Ein Zug von Zutrauen trat in ihr Gesicht. Sie wollte weiterreden, aber ihr Mann hob die magere, verarbeitete Hand.
„Nein," sagte er hart. — „Ein Tüchtiger war er nicht, unser Gustl. Da gibt's leider nichts zu reden, Mutter, wir haben ihn wohl verzogen und verhätschelt, weil er unser Einziger war. Und das war unsere Schuld. Die rächt sich setzt und hat sich schon genug gerächt in diesem letzten Jahre, wo wir so nach und nach unsere ganzen kleinen Ersparnisse für seine Schulden hingegeben haben. Bor einem halben Jahre hat er plötzlich feinen Posten
venayen uno war ern paar Lage tn Wien. Wir haben aber nichts davon gewußt. Zu uns ist er damals gar nicht herausgekommen. Von Wien ist er dann mit einem neuen Herrn nach dem Süden gereist: zu jener Zeit hat er hier im Dorotheum die Sachen versetzt. Auch den Becher." —
„Hat alles dem Baron Felix von Laßwitz gehört?"
Der alte Mann nickte nur. " Wie er so dasaß in dem Hellen Mittagssonnenschein, derjedeFalte, jedenSchmerzens- zug in dem ehrlichen Gesicht so erbarmungslos wiedergab, bot er ein Bild tiefen menschlichen Jammers. Was seine knappen Worte bloß andeuteten, nicht aussprachen, davon redete dieses leiddurchfurchte Gesicht, über welches nun schwere Tränen rannen. Die Frau saß neben ihm und hielt ihn bei der Hand und streichelte die welken Finger mit einer Zärtlichkeit, welche man ihr kaum zugetraut hätte. Und so, Hand in Hand mit der Gefährtin seines langen und gewiß mühevollen Lebensweges, sprach Gottfried Mallinger weiter.
„Ja, ja — da läßt sich nichts leugnen! Genommen hat er die Sachen. Auch noch anderes — Schmuckstücke und — und Geld." Der Alte flüsterte jetzt nur, als fürchte er sich vor seiner eigenen Stimme, und die Frau legte den Kopf an seine Schulter, als wolle sie niemanden mehr in die Augen schauen — „ja. er hat's genommen. Wir wissen es nicht von ihm selbst, denn wir haben ihn ja da vor einem halben Jahre nicht gesehen. Aber erst lange nach seinem Fortgang kam der Bruder vom Baron Felix darauf. Baron Herbert war gleich davon überzeugt, daß nur unser Gustav die Sachen genommen hat. Aber unsere junge Baronin, die hat ihren Herrn Schwager in ihren Briefen so lange gebeten, bis er alle weiteren Schritte aufgegeben hat. Mein Himmel — wir können ja der Herrschaft gar nicht genug danken! Freilich — Vierzig Jahre Hab' ich gedient beim verstorbenen Oberst! Vierzig Jahre! Und wie dann das Unglück über die Familie gekommen ist, das schreckliche Unglück, da bin ich auch treu zu ihnen gestanden. Aber sie haben's heim- gezahltl Und wie!"
Fortsetzung folg:.