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279. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 87. Jahrgang.

Srlcheinnngswetse: Smal wSchentlich. Anzeigenpreis: Im ObcramtS- deztr! Lalw für die einspalrige Borgiszcile 10 Pfg., außerhalb desselben IL Psg., Reklamen LS Pfg. Schluß für Jnseralannahme 10 Uhr vormitlaxS. Telefon g.

Mittwoch, den 27. November 1912.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post- bezugSpreis für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

Amtliche Bekanntmachungen.

Die Wahlvorsteher für die Landtagswahl,

welche die Bescheinigung über den Empfang des Wahlaus- schreidens vom 19. d. M., der Wählerlisten, Wahlprotokolle, Gegenlisten und Wahlumschläge noch nicht vorgelegt haben, werden beauftragt, dieselben umgehend einzusenden; auch wollen diejenigen Wahlvorsteher, welche mit der Abgabe ihrer Aeuherung über die Vornahme der Stimmzählung bei der Verhältniswahl (Erlag des Oberamts vom 21. Nov. 1912, Calwer Tagblatt Nr. 276) im Rückstand sind, die ver­langte Aeuherung unverzüglich dem Oberamt gegenüber abgeben. Zugleich werden die Ortsoorsteher angewiesen, dafür besorgt zu sein, dah auch für die am 29. November d. Zs. stattfindende Wahl Absonderungsvorrichtungen in der vorgeschriebenen Weise getroffen und geeignete Personen zur Abgabe der Wahlkouverte aufgestcllt werden.

Lalw, 26. November 1912.

K. Oberamt:

Rcg.-Rat Binder.

K. Oberamt Calw.

Die K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel beabsichtigt, im kommenden Winter Kurse für In­stallateure zu veranstalten. Näheres im Eewerbe- blatt Nr. 47.

Das Gewerbeblatt kann u. a. bei den Schult- heißenämtern eingesehen werden, welche zu diesem Zwecke hiemit ersucht werden, den Gewerbetreiben­den auf Wunsch Einsicht in das ihnen mit dem Staatsanzeiger" zugehende Eewerbeblakt zu gewäh­ren.

Den 25. November 1912.

Regierungsrat Binder.

Der BalLanLrieg.

Die matzgebenden Zeitungen des In- und Aus­landes berichten übereinstimmend von einer Ent­spannung des Verhältnisses zwischen Rutzland und Oesterreich-Ungarn. Die Einberufung der österrei­chischen Reservisten geht zwar weiter aus Mörs und Görlitz liegen entsprechende Nachrichten vor sie wird aber in Bälde wieder rückgängig gemacht werden können. Auch der Fall des von den Serben festgehaltenen österr. Konsuls Prohaska scheint sei­ner Klärung entgegenzugehen. Prohaska hatte näm­lich bereits eine Zusammenkunft mit dem ihm ent­gegengesandten Konsul Edl, der die Ursachen für Prohaskas Festhaltung aufklären soll. Die heutig. Nachrichten über den Stand der Dinge auf dem Kriegsschauplatz bringen keinerlei nennenswerte Vorgänge; für uns Deutsche schmerzlich ist, datz Le­gationsrat Dr. Bumiller im Grand Hotel zu San Stefano trotz der Bemühungen zweier deutscher Aerzte gestern nacht an der Cholera gestorben ist. Zwei deutsche Berichterstatter, die ebenso wie der verstorbene Legationsrat Bumiller an Cholera er­krankt waren, befinden sich bereits auf dem Wege der Besserung. Die Griechen, die die Insel Chios im Aegäischen Meer besetzt haben, schildern die Be­sitzergreifung wie folgt:

Athen, 26. Nov. Vom Oberst Delagramatica ist folgende vom 25. d. Mts. datierte Depesche aus Chios eingolaufen: Die Insel ist seit gestern abend besetzt. Nachdem am selben Tage in Cortwari Truppen gelan­det waren, trat ich den Marsch zur Stadt an, die ich ohne Schwertstreich besetzte, da sich die türkische Garnison ebenso wie die übrigen türkischen Truppen, die vom Landungskorps gleich nach der Landung zerstreut wor­den waren, in die Berge zurückgezogen hatten. Die tür­kischen Truppen in Stärke von 1800 Mann wurden so­dann von den Griechen ins Innere der Insel zurückge­worfen. Sie verloren mehrere Tote und Verwundete, sowie 25 Gefangene. Durch eine Proklamation habe ich der Bevölkerung die Besitzergreifung der Insel im Na­men des Königs der Hellenen mitgeteilt. An der Er­oberung von Chios waren 2 Regimenter und 2 Bat­terien der griechischen Armee beteiligt.

Konstantinopel, 26. Nov. Die Kolonnen des öster­

reichischen Roten Kreuzes bekamen die Weisung, un­verzüglich heimzukehren.

Konstantinopel, 25. Nov. Die türkischen und bulgarischen Bevollmächtigten zu Friedensunter­handlungen hielten heute eine Konferenz ab. Mor­gen wird die letzte Konferenz stattfinden. In der gestrigen Sitzung erklärten die türkischen Bevoll­mächtigten, sie wollten nicht einmal von der Ueber- gabe Adrianopels sprechen hören. Man glaubt, datz die Verhandlungen abgebrochen und die Feindselig- keiten wieder ausgenommen werden. _

Parlamentarisches.

Berlin, 26. Nov. 1912.

Aus dem Reichstag.

Der Reichstag trat gestern, Dienstag wie­der zusammen, er war seit 22. Mai ver­tagt. Seine nächste Aufgabe, die bereits mor­gen gelöst werden soll, ist die Wahl eines Präsidenten. Sein früherer, Kämpf, war we­gen Anfechtung seiner Wahl im 1. Berliner Wahlkreis von seinem Mandat zurückgetreten, wurde inzwischen aber dort wiedergewählt. An Vorlagen findet der Reichstag den neuen Etat vor, ferner das aus der vorigen Tagung noch unerledigte Staatsan­gehörigkeitsgesetz, das Postscheckgesetz sowie die bedeu­tungsvolle Vorlage betr. das Reichs-Petroleum-Mo- nopol. Ferner liegt der Entwurf eines Gesetzes betr. vorübergehende Zollerleichterung bei der Fleischein­fuhr vor, an dessen erste Lesung sich umfangreiche Erörterungen über die Teuerung anschlietzen dürf­ten, wenn sie nicht etwa zuvor schon durch Interpel­lationen veranlaßt werden. Auch über die auswär­tige Politik sind voraussichtlich umfangreiche Etats­oder Jnterpellationsdebatten zu erwarten.

Am Bundesratstisch Kommissare. Vizepräsident Paasche eröffnet die Sitzung um 2,16 Uhr, indem er die Mitglieder des Hauses herzlich willkommen heitzt, und der Tätigkeit des Hauses Erfolg wünscht. Das Haus ehrt darauf das Andenken der inzwischen verstorbenen Abgeordneten in der üblichen Weise. Des weiteren gedenkt Vizepräsident Pansche des Ab­lebens des Präsidenten des preußischen Abgeordne­tenhauses, Frhr. von Erffa, des regierenden Bür­germeisters von Hamburg, Burchard, des Botschaf­ters Frhr. Marschall von Bieberstein, sowie des Er­bauers des Reichstagsgebäudes, Geh. Rat Wallot, deren Andenken gleichfalls durch Erheben von den Sitzen geehrt wird. Darauf gibt Vizepräsident Paa- sche bekannt, datz die Wahl des Präsidenten auf die morgige Tagesordnung gesetzt werden wird. Auf der Tagesordnung steht zunächst eine Petition auf reichsgesetzliche Regelung des Jrrenwesens. Nach kurzer Debatte wird die Petition als Material über­wiesen. Es folgt eine Petition, in der gefordert wird, datz die Regierung der gesetzlichen Regelung der Sonntag- und Nachtruhe im Binnenschiffahrts­gewerbe ihre Zustimmung versage. Der Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung wird angenommen. Eine Petition auf Aenderung der Zivilprozeßord­nung betr. Verschärfung der gesetzlichen Bestimmun­gen gegen den Schuldner beim Offenbarungseid und Erleichterung der Anwendung des Offenbarungs­eidverfahrens für den Gläubiger durch Erweiterung der Eidesformel wird der Regierung zur Kenntnis­nahme überwiesen. Nächste Sitzung Mittwoch 1 Uhr: Schluß Uhr. _

Stadt, Bezirk und Nachbarschaft.

Calw, 27. November 1912.

Der zweite Wahlgang.

Auch die Wähler unseres Bezirks müssen am Frei­tag zum zweiten Wahlgang antreten. Die endgiltige Entscheidung fällt an diesem Tage. Welcher von den Bewerbern am Freitag die meisten Stimmen erhält, gilt als gewählt und wird Vertreter des Oberamts Calw in Stuttgart. In unserem Bezirk stehen sich in

diesem zweiten Wahlgang nicht mehr, wie am 16. No­vember, drei Kandidaten gegenüber, sondern nur noch zwei: der volksparteiliche Kandidat und seitherige Landtagsabgeordnete Staudenmeyer und der von der konservativen Partei und dem Bund der Landwirte aufgestellte Eutspächter Fahrion. Die sozialdemo­kratische Partei hat für den zweiten Wahlgang, wie auch für andere Oberämter (vgl. Montagausg. d. Cal­wer Tagbl.), so auch für den Bezirk Calw die Einstel­lung des Wahlkampfes verkündigt. Jeder Wahlbe­rechtigte wähle und zeige damit, datz er sich der Bedeu­tung seines Rechts der Stimmabgabe bewußt ist!

Besitzwechsel. Postsekretär Kauffmami hier ver­kaufte sein Haus in der Uhlandstratze an Frau Bau­rat Bretschneider um 16.000 Mark.

Mutmaßliches Wetter. Aus dem Ozean ist ein neuer Luftwirbel aufgetaucht. Unter seinem Einfluß ist für Donnerstag und Freitag naßkaltes und auch zu Schneefällen geneigtes Wetter zu er­warten.

Böblingen, 25. Nov. Heute nachmittag war der 23jährige Telegraphenarbeiter Gust. Hirner auf einer Telegraphenstange beim Bahnhof mit den Drähten beschäftigt. Die Stange scheint morsch ge­wesen zu sein und fiel samt Hirner, der sie im Arme hielt, um; er wurde dabei so schwer verletzt, daß er auf dem Wege zum Bezirkskrankenhaus starb. Die Brandfälle in Stadt und Bezirk mehren sich in er­schreckender Weise. Vergangene Nacht wurden wir wieder durch Feuer geweckt. In der mit Futtervor­räten dichtgefüllten Scheuer des Karl Nill zum Schützen in der Steinstratze war auf bis jetzt unaufge­klärte Weise ein Brand ausgebrochen, der sich in kur­zer Zeit über die ganze Scheuer verbreitete, so datz sie bis auf wenige Mauern abbrannte. Nur mit Not konnte das Vieh gerettet werden.

Pforzheim, 26. Nov. Bei einem wegen Hehlerei verhafteten hiesigen Althändler fand man 110 Pfund Silber, das ihm von Dieben zugetragen worden war, fein säuberlich im Keller unter den Pflastersteinen ver­graben (wie im 30jährigen Krieg). Vor kurzem erst wurden bei dem Biedermann ebenfalls 54 Pfund ge­stohlenes Silber vergraben gesunden.

Württemberg.

Der württember gische Militäretat

für 1913.

Am 1. Oktober 1913 wird ein 3. Bataillon beim 9. Infanterieregiment Nr. 127 mit dem spä- tern Standort Wiblingen bei Ulm aufgestellt, so datz nur noch das 10. Regiment zwei Bataillone um­faßt; ferner eine Eisenbahnkompagnie und sechs wei­tere Maschinengewehrkompagnien, und zwar je eine bei dem 4. Infanterieregiment 122, dem 6. Nr. 124, dem 7. Nr. 125, dem 8. Nr. 126, dem 9. Nr. 127 und dem 10. Nr. 180. Etatsverstärkungen werden ein- treten beim Grenadier-RegimentKönig Karl" und dem 10. Jnf.-Regt. Nr. 180 in Tübingen, wie bei dem 1. Feldart.-Regt. Nr. 13, sowie bei den würt- tembergischen Detachements der Verkehrstruppen Kraftfahrbataillon und Eisenbahnbetriebs-Abtei­lung. Somit wird das württembergische Heer ver­stärkt um 50 Offiziere, zwei Sanitätsoffiziere, einen Zahlmeister, 158 Unteroffiziere, 963 Gemeine und 177 Dienstpferde. Zudem werden vier neue Veam- tenstellen errichtet. Durch die Heeresverstärkung wer­den auch Neubauten bedingt, namentlich für die Ma­schinengewehrkompagnien, den Scheinwerferzug und Kavallerieregimenter. Für die Etatserhöhung bei dem Grenadierregiment König Karl in Ulm wird ein besonderes Kompagniegebäude errichtet. Da das bisherige Dienstgebäude des Kriegsministeriums, das ein hohes Alter erreicht und seit den Tagen der Her­zöge eine lange Reihe von Kriegsministern gesehen hat, durch Verkauf in andern Besitz übergegangen ist, wird an seiner Stelle in der Olgastr. ein neuer Bau erstellt. Das vom Hauptartilleriedepot Ludwigsburg ressortierende Nebenartilleriedepot Ulm wird in ein selbständiges Artilleriedepot umgewandelt und in