ss Döffingen, OA. Böblingen, o. Juni. (Er­drückt/) Der 21 Jahre alte Gottlob Mundle von hier war am Bahnbau zwischen Magstadt und Maichingen beschäftigt. Bei einem Erdrutsch wurde er so unglücklich zwischen die Erbmassen und einen Rollwagen geklemmt, daß er außer mehreren Rip­penbrüchen schwere innere Verletzungen erlitt, die seine sofortige Verbringung in das Böblinger Ho­spital notwendig machten, wo er einer sofortigen Operation unterzogen wurde. Die Verletzungen wa­ren so schwerer Natur, daß Mundle durch den Tod von seinen Leiden erlöst wurde.

I Balingen, 5. Juni. (Submissionsblüte.) In Pfeffingen gab es eine Submissionsblüte, wie sie wohl noch nicht zu sehen war. Letzte Woche kam ein Herr von Tailfingen dorthin und vergab die Maurerarbeiten für das wieder zu erstellende Wirt­schaftsgebäude zum Rößle einem Konsortium von Gipsern und Maurern, die folgende Offerte ein­gereicht hatten:2 Prozent billiger als jeder an­dere." Nnn weiß man nicht, wen man mehr tadeln soll: Leute, die solche Offerten eingeben, den Ver­geber, der ein solches Offert nicht in den Pa­pierkorb wirft, oder den Berater des Bauherrn^ der die Sache gemacht oder mitgemacht hat.

ck Cannstatt, 5. Juni. (Z ep p elin b e s u chj.) Das ' heute früh 6.05 Uhr mit 13 Fahrgästen un­ter der Führung von Dr. Eckener in Baden-Oos zu einer Fahrt nach Stuttgart aufgestiegene Zep- pelinluftschisfSachsen" kam bereits um einhalb 8 Uhr in außerordentlich raschem Fluge über dem Schwarzwald auf dem Cannstatter Wasen an, wo alsbald Passagierwechsel vorgenoiknuen und we­gen der unsicheren Wetterlage sofort die Rückfahrt angetreten wurde.

! s Ellwangen, 5. Juni. «,Tödlicher Unfall. Um chie Ständer der elektrischen Leitung 'in der Schloßvorstadt in Ellwangen anznstreichen, wurde der elektrische Strom für diese Gegend ausgeschal­tet. Gestern abend gegen 7 Uhr hatte ein ca. 22 Jahre alter Arbeiter aus Neckc^ems die Aufgabe, an dem Ringständer auf'dem Hause des Werkmei­sters Thalheimer an dem Schönen Graben die Leit­ung nach der Schloßvorstadt wieder einzuschallen. Angeseilt nahm er diese Arbeit vor, geriet ins Gleiten und wollte sich an den Drähten der Ne­benleitung halten. Diese enthielten Strom. Der Mann stürzte wenige Meter ab und war tot. Der Verunglückte heißt Wörz und stammt aus Honeck bei Ludwigsburg,

ss Gmiurd, 5. Juni. (Im Zeichen des Verkehrs:) Die nunmehr erfolgte Eröffirung der Kraftwagen- Verbindung Gmünd-Rechberg-Donzdorf-Süßen ist von den beteiligten Gemeinden mit großer Freude ausgenommen worden. Diese neue Linie ist nicht nur in volkswirtschaftlicher Hinsicht von Bedeutung für die dadurch dem Verkehr jetzt erst richtig er­schlossenen Orte, sondern auch landschaftlich, da säe durch eine der schönsten Gegenden unseres Landes führt. Von Gmünd aus erreicht das Auto den großen Bezirksort Waldstetten, führt dann auf die Straßdorfer Höhe und erklimmt von dort aus die Hochebene von Rechberg, vor^ wo es, am Stuifen vorbei, über Wißgoldingen und Winzingen ins Lau­tertal hinabsteigt, um nach Donzdorf und Süßen zu gelangen. Sowohl südlich wie nördlich vom Rechberg bieten sich wundervolle Ausblicke arrs die reizvolle nähere Umgebung wie in die weiten Fernen des Schwabenlandes und jeder Naturfreund ist entzückt über die jetzt durch die neue Kraft­wagenverbindung mühelos gebotenen Genüsse. Auch bietet diese Linie Gelegenheit, von einem belie­bigen Punkt aus Wanderungen in das Albgebiet zu

Von unserem Kaiser.

Fortsetzung.

Der kranke Vater.

Am 22. März 1887 wurde unter stürmischer Anteil­nahme des ganzen deutschen Volkes der 90. Geburtstag Kaiser Wilhelm 1. gefeiert. Schon bei dieser Gelegenheit wurde die starke Heiserkeit des deutschen Kronprinzen bemerkt, die trotz aller angewandten Mittel nicht weichen wollte. Mehrere Wochen später stellte Professor von Bergmann, der berühmte Berliner Chirurg, fest, daß die am Kehlkopf des kranken Herrn erkennbare Wucherung bösartiger Natur sei, daß aber durch eine rechtzeitige Operation volle Gesundung voraussichtlich erzielt werden könne. Das war eine furcht­bare Kunde, und es ist erklärlich, daß man ihr nicht Glauben schenken wollte. So wurde namentlich auf Betreiben der Kronprinzessin deren Landsmann, Dr. Morell Mackenzie, nach Berlin beordert, der bestritt, daß Kehlkopfkrebs vor­liege. Der deutsche Arzt blieb bei seiner Auffassung, gab aber zu, daß die Operation noch aufgeschoben werden könne, warnte aber dringend vor einem Zu-Spät! Diese Warnung ist dann leider nicht beherzigt worden.

Der deutsche Kronprinz reiste zum Regierungs-Jubiläum seiner königlichen Schwiegermutter Viktoria nach London; bei der Umfahrt der Königin begleitete er mit anderen Prinzen den Wagen der Herrscherin und erweckte durch seine impo­sante Erscheinung allgemeine Begeisterung. Niemand hatte eine Ahnung, welches tückische Leiden schon an diesem so

unternehmen. Das Auto fährt dreimal täglich in jeder Richtung.

ss Göppingen, 5. Juni. (Tödlicher Hitz- schlagä Ein älterer verwitweter Handwerker in Farndau wurde gestern bewußtlos ' auf der Straße ausgefunden. Man hielt ihn zunächst nur für betrunken, da der Mann dem Alkohol ergeben war; dann aber bemerkte man, daß er einen 'Hitzschlag erlitten hatte. Diesem äst er aus dem "Trans­port ins Krankenhaus erlegen.

ff Gaildorf, 5. Juni. Ein 7jähriges Mädchen ist gestern beim Baden im Kocher ertrunken.

1s Tettnang, 5. Juni. (Ein tödliches Spielt) Tie beiden Knaben der Taglöhnerseheleute Hinder­hofei in Liebenweiler spielten in Abwesenheit der Eltern mit einer Sense. Der ältere traf seinen jüngeren Bruder derart mit der Sense in die linke Wade, daß sie vollständig durchschnitten wurde. Das arme Kind starb an Verblutung.

ss Roßberg, OA. Waldseej. 5. Juni. (Auto- unfall.) Als ein von Ravensburg kommendes, mit 3 Personen und dem Chauffeur besetztes Auto den Bahnübergang hier auf der Straße nach Wur- zach passierte, ginA plötzlich die Schranke nieder. Während der Chauffeur und ein neben demselben sitzender Passagier unverletzt davonkamen, wurdck die hinten sitzende Frau des Chauffeurs Lerner von dem niedergehenden Schlagbaum auf den Kopf getroffen und erheblich verletzt, sodaß ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden mußte. Ein neben ihr sitzendes Ijähriges Kind blieb unver­letzt. An dem Auto wurde auch eine Scheibe zer­trümmert.

Der Wirbelsturm

der am Mittwoch abend das Gäu und das Neckar­tal heimfuchte, hat ungeheuren S cha d e n angerich­tet. Ein Besuch der betroffenen Gegend gibt einen Begriff davon, was die Bewohner derselben wäh­rend des Wirbelsturmes ausgestanden haben müs­sen und wie ungeheuer dis Wirkungen eines Wir­belsturmes sein können. Wenn man mit der Bahn nach Eutingen fährt und in die Nähe der Station Eutingen kommt beginnen die Spuren des Unwet­ters. Man sieht zunächst einzelne Bäume, dann an einer Straße eine ganze Reihe von Bäumen entwurzelt am Boden liegen. Auch die Trümmer eines Bahnwärterhäuschens stiegen im Feld. Auf der Station Eutingen erblickt man Telegraphenstan­gen und Signaleinrichtungen am Boden, das Dach des Gebäudes zum Teil abgedeckt. Im Bahnhofge- bäude haben sich hinten Glaser etabliert und sind eifrig an der Arbeit. Das Dach des Güterschup- ' Pens ist bös zugerichtet, insbesondere aber auch der Privatbesitz des Restaurateurs Weit, der auf der Anhöhe hinter dem Bahnhof liegt. Das Ge­bäude hat sehr gelitten. Das Dach, die Fenster/s die Läden rc. z. Teil zertrümmert und rings um das Haus die schönsten Bäume entwurzelt. Auch die Gebäude für die Bahnbediensteten würben be­schädigt, Auf dem Weg bei dem Leergleis liegen von den 4 vomSturm weggewehten großen Eisen­bahnwagen noch drei. Bis abends war einer der­selben auf die Achsen gebracht; alle sind bös 'zu- gcrichtet. Auf der Straße von der Station Eutin­gen nach Rohrdors liegen eine Masse Obstbäume entwurzelt am Boden; die schönsten hat der Sturm genommen und nur die jüngeren, biegsamen stehen lassen. Ueberall Baumleichen und Baumkrüppel I wohin man sieht. Auch das große eichene Feld­kreuz am Weg liegt mit den Nachbarbäumen zu­sammen übereinander am Boden. In Rohr- >

kraftvollen Körper nagte. Von London ging die kronprinz- liche Familie nach Schottland, von da nach Toblach in Südtirol. Und dies ist, was Mackenzie nie zu verzeihen ist, daß sein Patient, obwohl die Reise durch Deutschland ging, seinen greisen Vater nicht sehen durfte und auch keinen deutschen Arzt. Immer wiegte sich der britische Arzt in dem Glauben, Luftveränderung werde das Uebel beseitigen.

Von Toblach begab sich der Kronprinz für kurze Zeit nach Venedig und von da nach San Remo, wo bekanntlich von dem vor kurzem verstorbenen Professor Bramann der Luftröhrenschnitt vorgenommen werden mußte, als sich bei dem Kranken hochgradige Atemnot einstellte. Darnach trat eine augenblickliche und auch später noch anhaltende Er­leichterung ein, aber das von Professor von Bergmann für eine Heilung befürchteteZu-Spät" war da, das Geschick des armen Herrn mußte seinen Verlauf nehmen.

Der Erlaß vom 17. November 1887.

Die schwere Erkrankung des Kronprinzen war dem alten Herrn umso näher gegangen, als in den letzten Jahren der Tod eine ganze Reihe von ihm lieben Personen dahingerafft hatte. Besonders nahe ging dem Kaiser das jähe Hin­scheiden des jüngsten Sohnes feiner einzigen Tochter, der Großherzogin von Baden. Seine Körperkräfte litten unter dieser geistigen Depression, und mehrfach passierte es ihm, daß er über der Arbeit einschlief.

Der Reichskanzler Fürst Bismarck beging am 23. Sep­tember 1887 sein silbernes Jubiläum als preußischer Mi­nisterpräsident. Prinz Wilhelm überbrachte ihm bei dieser Gelegenheit seine herzlichsten Glückwünsche. Inzwischen lau-

dvrs selber ist der Schaden nicht groß, aber die Einwohner jammern über ihre hart mitgenomme­nen Gemeinde- u. Privatwaldungen. Der Weg führt weiter dem Ort Mühlen a. N. zu, wo man die Wälder von Rohrdorf quert. Ein Rohrdorfer, der gerade vom Wald kommt, warnt, den Fußweg durch den Wald zu gehen; man könne nicht durchkom­men. Doch bekommt man gerade auf diesem al­lerdings sehr mühsamen Fußweg, ein richtiges Bild von den Verwüstungen in den Wäldern. Man glaubte zunächst die Rohrdorfer hätten übertrieben, als sie berichteten, der Schaden im Wald sei so groß, es sei ein Drittel bis zur Hälfte vernichtet. Man sieht zahlreiche prächtige Tannen liegen, schließlich große Lichtungen, wo alles übereinander- liegt: die Tannen z. Teil entwurzelt, zersplittert oder abgeknickt. Man überwindet einige solche Stel­len, aber es geht endlich nicht mehr, denn der Wald ist auf einmal wie hingemäht und ein weiterpassie­ren aus dem Fußweg nach Mühlen ausgeschlossen. Man muß am Waldesrand, der ganz mit hinge­worfenen Tannen umsäumt ist, weiter. Ein Blick über das Neckartal zeigt einem eine noch größere Verwüstung. Es ist der anderseit. Gemeindewald von Mühlen, der zum größten Teil vernichtet ist. Eine große Platte von 12 Kilom. Länge einfach hinge­mäht. Es war lauter prächtiger Hochwald, der da am Boden liegt. Die Tannen sind meist wie Zünd­hölzer abgebrochen und die Baumstümpfe ragen in die Lust. Ein seltsames trauriges Bild! Ter Wir­belwind zog von dem gegenüber auf der Höhe liegenden Dorf Ahldorf und Nordstetten über das im Neckartal liegende Mühlen hinweg dem Bahnhof Eutingen zu. Mühlen ist arg. zugerichtet; es sieht trostlos aus- Es blieb hier kein Haus ver­schont. Man sieht zwei Häuser und Schuppen ganz am Boden liegen, einige haben oen Dachstöck ganz oder teilweise verloren, andere wurden ihres Da­ches ganz oder teilweise beraubt und bei den üb­rigen sind die Dächer durchlöchert. Auch Wände wurden herausgerissen und sonst viele Beschädig­ungen verursacht. Der Schornstein der Fabrik stürzte aus die Wiese. Die Gärtnerei im Ort wurde übel zngerichtet. Fast im ganzen Ort lief man ans Ziegeln oder passierte aufgeschichtete Zie­gelhaufen und überall war man an der Arbeit, .das Dach auszubessern, die Fenster und Läden wie­der herzurichten w. Man muH. sich wundern, daß Menschen so wenig Schaden genommen haben. Nur eine Person, ein Mädchen, hat ernstlichen Scha­den genommen. Es 'wurde von einem zusammen­stürzenden Eisständer getroffen und war gestern abend no ch bewußtlos. Der Zustrom von Fremden ist nach Mühlen groß. Ueberall tauchen auch Pho­tographen aus, die das traurige Bild der Zer­störung auf ihre Platten bringen. Die Ziegelbei- fnhr hat begonnen. Feuerwehren der Umgebung sah man die Zufahrtsstraßen nach Mühlen von Bäumen sreimachen. In Mühlen und seinen Wäl­dern ist der Schaden ungeheuer groß. Die im all­gemeinen wenig bemittelten Einwohner wurden um­somehr betroffen, als bekanntlich die Häuserver- fichernngen sich nicht auf solche Beschädigungen aus­dehnen. Staatshilfe wird auch hier einsetzen müs­sen. r

Wie in Mühlen a. N. so soll es auch in Bal­digen etwa aussehen, auch Göttelsingen wurde arg mitgenommen: in Bonndorf, Eutingen-Ort ist der Schaden dagegen geringer.

Mil dem Sturm war auch ein H a che l w e t t e r verbunden, das Schloßen von ungeheurer Größe brachte und in Horb und der Umgebung in Gär­ten und Feldern Schaden anrichtete.

teten die Berichte über den Zustand seines kranken Vaters immer trüber, und es mußte, da an eine Heimkehr des Kronprinzen für jetzt nicht zu denken war, auch an eine plötzliche Behinderung des greisen Kaisers in der Erledigung der Regierungsgeschäfte gedacht werden. Weil Kaiser Wilhelm 1. selbst die Sachlage klar erkannte, Unterzeichnete ex am 17. November einen Erlaß, durch welchen für alle Fälle dem Prinzen Wilhelm die Vertretung des Herrschers in allen Regierungsangelegenheiten übertragen wurde. Dieser Erlaß wurde damals nicht bekannt gegeben. Die im Umlauf befindlich gewesenen Gerüchte, der Kronprinz sollte wegen seines Leidens bei der Thronfolge übergangen werden, stellten eine müßige Rederei dar. Eine solche Möglichkeit war nach der Verfassung gänzlich ausgeschlossen, sie ist auch nie erwogen worden. Riesengroß ward die Teilnahme der Bevölkerung, Tausende zogen Tag für Tag zum Palais des Kaisers, der mit seinen ältesten Urenkeln häufig am Fenster stand, und brachten ihm begeisterte Ovationen.

Am 6. Februar 1888 sprach Bismarck im Reichstag vor der Annahme der Wehrvorlage das zündende Wort: Wir Deutschen fürchten Gott und sonst nichts in der Welt!" Prinz Wilhelm hatte der Reichstagssitzung beigewohnt und überbrachte seinem Großvater die Mitteilung; es war die letzte Freudenkunde, die der alte Herr erhielt. Am 2. März reiste der Prinz zu seinem Vater nach San Remo: die traurigen Nachrichten, die er heimbrachte, lähmten auch die letzte Kraft des alten Herrn. In der neunten Morgenstunde des 9. März 1888 entschlief er sanft. Sein Enkel stand tränenden Auges am Fußende des Totenlagers.

Fortsetzung folgt.

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