Gegründet

1877.

Fernsprecher Nr. 11.

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Nr. 49

Ausgabe in Altensteig-Stadt.

Freitag, den 28. Februar.

Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.

1913.

Nreta.

Die Welt geht unter!" rief entsetzensvoll bei der Kunde von der Eroberung Kretas durch die Türken der Papst Clemens 9., griff in die Luft und fiel rücklings zu Boden. Ein Herzschlag hatte den fein gebildeten Papst aus dem römischen Für stengeschlecht der Rospigliosi, den Beschützer der Dichter und Künstler jählings getötet; seine di­plomatischen Bemühungen, Spanien und Frankreich und das Königreich Neapel zur Unterstützung der hart bedrängten Venezianer auf Kreta zu bewegen, vermochten den Fall jenes letzten Bollwerkes der Christenheit im östlichen Mittelmeer an die Un gläubigen nicht zu verhindern anno 1669. Die Türken besetzten die Städte an der Küste, vor al lem die prachtvolle Bucht von Suda, das In­nere der Insel und das bis zur Höhe von 2498 Meter emporragende Jdb-Gebirge vermochten die Osmanen niemals ihrer Herrschaft zu unterwerfen. Schon zur Zeit Katharinas der Großen erhoben sich die Kreter als die ersten gegen das Türkenregi­ment, das die herrlichen Paläste der Venezianer mit ihren zierlichen Balkonen, luftigen Loggien und eleganten Säulenhallen zerstörte, die meilenlangen Wasserleitungen verfallen und die Brücken ein- stürzen ließ. Volle 200 Jahre lang währt der Freiheitskampf der Kreter. Die Insel wurde trotz glorreicher Siege ihrer Bewohner nicht hellenisches Eigentum, sondern fiel immer wieder an die Tür­kei zurück. Der Prinz Leopold von Sachsen-Koburg schlug den ihm angebotenen Thron Griechenlands gerade mit Rücksicht auf das Kretaproblem ab, wo die Türken dieBeruhigung der aufrührerischen Christen" aufs gründlichste ausübten. Heute noch besteht ein Fünftel der fruchtbaren Insel mit ihrem gesunden und miDen Klima aus Oedland.

In der Neuzeit wurde Candia (neugriechisch Kriti") WaUahrtsziel der Archäologen; der be­rühmte Altertumsforscher Angelo Mosfo hat durch seine Ausgrabungen der weitläufigen Ruinen von Knossos den Nachweis erbracht, daß die reiche Kultur der Länder am Mittelmeerbecken auf Kreta ein Zentrum besaß, welches auf achtzehn Jahr­tausende vor Christi Geburt zurückgeht.

Als Großbritannien im Jahr 1878 durch Be­setzung der Insel Cypern seine Interessen im öst­lichen Mittelmeer wahrgenommen, begünstigte es die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kreter. Der erste Schritt zur Autonomie geschah durch den Vertrag von Haleppa. Ende 1898 wurde die In­sel den Großmächten förmlich als Depot anvertraut, um eine vollständige Selbstverwaltung zu erhalten. Als einziges Zeichen der Oberhoheitsrechte der Pforte sollte die Türkenfahne am Eingang der Sudabucht aufgezogen werden. Dabei erhob die Türkei von allen aus ihrem Kreta kommendes Waren und Bodenfrüchten Zoll- und H« euabgaben! Die verfassungsmäßige Freiheit der ^nfel, die un­ter den vier Herren Rußland und Großbri^anren Frankreich und Italien; aber regiert wirddie^n,e von einer Kommission Kreter im Namen des Königs der Hellenen. Die Griechenflagge weht über allen öffentlichen Gebäuden, das Griecheüwappen >chmuckt alle öffentlichen Urkunden, das WortHellas die Briefmarken Die kretische Verfassung ifl das Ab- Ad der h-ll-nijch-n und di- k-Mch- M'kz w.rd von Griechenofsizreren befehligt. Das Recht wird im Namen des Basilius Georgros rn Athene ge­rochen und alle Beamten legen diesem souverän den Treueid ab; aber dem roten Lappen an der Sudabucht mußReverenz bewiesen" werden; die Abgeordneten Kretas dursten 14 iMhre lang nicht ins Parlament von Athen erntreten; 200000 christliche Kreter mußten ihre Hoffnungen zuruck- halten aus Rücksicht aus die zwanzigtausend mu- kammedanischen Kreter denen verfassungsgenmß volle Selbstverwaltung, Kultusfreiheit und weit­gehende Privilegien eingeräumt sind. Diesem Rattenkönig paradoxer Staatstheorien machte anno 1910 ein tapferer Mann den Garaus. Da es dem Königreich Griechenland wegen derRuhe Euro­pas" verboten war, sein Kreta zu nehmen, so zog ein einziger Kreter aus und eroberte nicht nur das

j griechische Königreich; sondern die He'rzen aller neun Millionen Hellenen auf dieser Erde: dieser Mann war der kretische Revolutionär Benizelos. Nach Ausbruck des Balkankrieges gestattete Benizelos als griechischer Ministerpräsident seineü Landsleuten den Eintritt ins Athener Parlament.

' Aus dem Grünbuch Italiens über die Tripolis- Expedition geht deutlich hervor, daß bei der bos­nischen Krisis um die Jahreswende 190809 so­wohl Oesterreich-Ungarn als auch das Deutsche Reich, sich damit einverstanden erklärt haben, die Kreta­frage in einem Griechenland günstigen Sinne gelöst zu sehen.

Am 15. Februar 1913 hat um die Mittags­stunde der Kapitän des englischen Kriegsschiffes Aarmouth" endgültig die türkische Flagge an der Sudabucht herabholen lassen und dem deutschen Konsul G. Krüger in Cauea übermittelt; dieser kann nun das rote Tuch mit dem silbernen Halbmond als Muster ohne Wert nach Konstantinopel schicken.

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Rundschau.

Heeres- und Deckungsvorlage.

Der Umfang der Heeresvorlage steht fest, und ihre Ausarbeitung im einzelnen ist so gut wie! vollendet; über die Steuern aber, durch die die Kosten gedeckt werden sollen, herrscht noch Unklar­heit und auch eine Entschließung ist an den zu­nächst maßgebenden Instanzen noch nicht erfolgt. Vermutlich hängt die Reife des Schatzsekretärs Kühn an die süddeutschen Höfe mit Besprechun­gen über diese Steuervorlage und wohl speziell über die Art der vorzuschlagenden Besitzsteuer zu­sammen. Die Heeresvorlage und die dazu ge­hörige Steuervorlage sollen gleichzeitig dem Reichs­tage vorgelegt werden; ob sie auch zu gleicher Zeit zusammen werden erledigt werden, ist zwei­felhaft.

Die Jesuiten vor den Toren?

Hiezu schreibt die Evang. Preßkorrespondenz: Der Antrag des Zentrums auf Wiederzulassung der Jesuiten hat, wie bei der gegenwärtigen Zusam­menstellung der Parteien nicht anders zu erwarten war, eine Mehrheit im Reichstag gefunden. Eine .Mehrheit freilich, darüber kann keinen Augen­blick ein Zweifel sein die dem wirklichen Mehr­heitswillen des deutschen Volkes in keiner Weise entspricht. Bis tief in die Kreise der sozialdemo­kratischen Wählerschaft hinein, deren Abgeordnete einer vorgefaßten Theorie zuliebe dem Zentäums- antrag zum Sieg verholfen haben, besteht keiner­lei Neigung, dem Jesuitenorden und den hinter ihm waltenden röm. Herrschaftsplänen in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen.

Nun ist es am Bundesrat, sein entscheidendes Wort zu sprechen. Hoffentlich tut er es schnell. Er wird dabei sicherlich in Betracht ziehen, daß die Mehrheit, die diesmal den Zentrumsantrag an­nahm, die Minderheit des vorigen Reichstags war. Auch darin und das ist die erfreuliche Seite dieser Abstimmung hat sich ja die Lage der Jesuitenfreunde verschlechtert, daß eine kaum noch nennenswerte Zahl bürgerlicher Abgeordneter außerhalb der Jesuitenparteien für den Zentrums- antrag eingetreten ist. Auf jeden Fall: Die po­litische Tragweite des Beschlusses liegt auf der Hand. Wo evangelische Deutsche iu diesen ernsten Tagen ihre Stimme erheben, da werden sie ge­gen diesen Reichstagsbeschluß Protest erheben; sie werden keinen Zweifel lassen, daß die deutsche Nation den Ernst der Lage begriffen hat und nichts von den Jesuiten und ihren Künsten wissen will.

Deutsches Telefunkenwesen.

Zu einer Weltorganisation der telegraphischen Nachrichtenübermittlung hat sich in jüngster Zeit neben den 35051 Kilometer Kabellänge, die von der deutschen Industrie hergestellt sind und von deutschen Gesellschaften betrieben werden, die Ent- wicklung der radioaktiven Telegraphie gesellt. Die

I Telefunkengesellschaft in Berlin hat nach den Mit­teilungen des Vereins für das Deutschtum im Ausland während der letzten Monate in Verbind­ung mit der Deutschen Betriebsgesellschaft für drahtlose Telegraphie eine Reihe neuer Stationen eingerichtet für Dampfer der Hamburg-Amerika- Linie, des Norddeutschen Lloyd, der Hamburg-Süd­amerikanischen Dampfergesellschaft und für die Deutsche OsthAfrika-Linie. Seit dem 1. Okt. 1912 sind Stationen in Betrieb gesetzt in Breslau, Lai­bach, Madrid, Cadiz, Ambon (Niederländisch-In­dien), Rivera (Urugay), Nea Genea und Kerageo (Griechenland), Mykali, Jnfante Isabel und Estra- madura in Spanien. Kriegsschiffstationen sind in jüngster Zeit geliefert für die dänische, griechische, österreichische und russische Marine. Die Betriebs- geselischast zählt ein Beamtenpersonal von 264 Köpfen, unter denen 214 Telegraphisten und An­wärter, 18 Monteure und technische Hilfsarbeiter, 4 Lehrer, 4 Inspektoren und 1 Ingenieur sind. Seit Beginn dieses Jahres ist in Bremerhaven für die Gesellschaft eine eigene Telegraphistenschule einge­richtet, die von 87 Schülern besucht wird. Jnstal- lationsingenieure und Techniker der Gesellschaft sind außer in Europa in Asien, Afrika, Amerikas Australien, NeuUSeeland und der Südsee tätig. Die Reichweiten für den Schiffsverkehr betragen bei den Schiffen: Kaiser Wilhelm der Große 5250 Kilo­meter, Berlin 5800 Kilometer, Moltke 4600 Kilo­meter, Washington 4250 Kilometer, Prinz Eitel Friedrrck 3500 Kilometer. Ein großer Teil der Erd­oberfläche wird hiernach von den deutschen Ein­richtungen bereits umspannt. Ihre weitere Aus­dehnung und Vervollkommnung ist bei dem unaus­gesetzten Fortschritt der deutschen Elektrotechnik außer Zweifel. Jedenfalls werden diese Fortschritte der Verbesserung des Verkehrs zwischen dem Mutter­land und dem deutschen Handel in aller Welt außerordentlich nutzbar sein.

Deutscher Reichstag.

(Sitzung vom 27. Februar)

Präsident Dr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 1.20 Uhr. Die zweite Beratung des Etats der Verwaltung der Reichseisenbahnen wird fortgesetzt. Bei der Debatte bezeichnte Abg. Schwabach (natl.) eine Reform der Fahr­kartensteuer als dringend notwendig. Auch die Tarifeinheit im Güterverkehr sei eine dringende Notwendigkeit. Minister v. Breitenbach erwiderte u. a.: Wir haben für den Per­sonen- wie auch für den Güterverkehr dieselbe Tarifgemein­schaft. Das Haus vertagte die Weiterberatung des Etats auf Freitag 1 Uhr.

Landesnachrichten.

Nltenrteig, 28. Februar IMS.

* Ter Frühling hält nun nach und nach fernen Einzug. Die Staren haben sich schon einige Zeit bei uns eingefunden und von verschiedenen Or­ten wird jetzt die Ankunft des Storches gej- meldet. Da wir nun auch in den Monat März eintreten, so können wir annehmen, daß wir den Winter, der ja ein recht milder war, so ziemlich Überstunden haben und dem Frühling bald entgegen­setzen. Neue Hoffnung erfüllt insbesondere die Kranken, deren es in gegenwärtiger Zeit sehr viele gibt. Möge ihnen der junge Frühling neue Kraft und Gesundheit bringen.

st Wom Oberversicherungsamt. Bei der in den letzten Tagen vorgenommenen Wahl der Beisitzer und Stellvertreter der Beschlußkammern des K. Württ. Oberversicherungsamt sind gewählt wor­den: 1. auf Seite der Arbeitgeber als Beisitzer: Gminder, Emil, Fabrikant in Reutlingen/ Wieland, Max in Ulm, als Stellvertreter: Farny, Hugo, Oekonomierat in Dürren, Scherfs, Baurat in Cann- tatt, Bader, Adolf, Kommerzienrat in Stuttgart, Koch, Hermann, Bauwerkmeister in Heilbronn, Walk- 'er, Oskar, Fabrikant in Ludwigsburg, Schäfser, Eugen, Forstmeister in Stuttgart. 2. Auf Seite der Versicherten, als Beisitzer: Dürr, Johann, Buch-