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1877 .

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Ausgabe in Altensteig-Stadt.

Montag, den 10. Februar.

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Amtsblatt

für Pfalzgrafenweiler.

1913.

Um Adnanopsl.

In den Hügeln um Adrianvpel spricht die eherne Stimme der Geschütze; in diesem Augen­blick gewinnen die Ausführungen eines Sachver­ständigen, der die Belagerungsmethode der Bulga­ren und die Verteidigungsweise der Türken in Adrianopel während der früheren Kämpfe als Augenzeuge beobachten konnte, ein besonders ak­tuelles Interesse. Dcknn diese Methoden eines Festungskrieges, so führt Nennet Burlleigh im Daily Telegraph aus, weichen in vielem auffallend von den Regeln der Kriegslehrbücher ab. Erprobte europäische Ingenieure haben im Dienste der Tür­kei jahrelang daran gearbeitet, die Befestigungs­werke Adrianopels zu verbessern; auf allen um­liegenden Hügeln wurden große moderne Befestig­ungen aufgesührt, und die alte Festung wurde zu einem modernen Waffenplatz ersten Ranges um­gewandelt. Man muß in den letzten Kämpfen! diese Befestigungen beobachtet haben, um ihre Stärke und Widerstandsfähigkeit zu ermessen.

Adrianopel ist für den Feind durch seine Stellung und seine Befestigungen ein stärkerer Gegner als Metz oder Straßburg. Die Bulgaren setzten dagegen am Anfang nur gegen 200 Ge­schütze ein und eine Truppenmachr, die der der Garnison nur wenig überlegen war. Aber trotz­dem ist es ihnen gelungen, durch zähe Wachsam­keit und ein rücksichtsloses, aber bald zu einem eigenartigen, überlegten System organisierten Draufgängertum, die äußeren Positionen der Tür­ken eine nach der anderenaufzurollen". Die Verbündeten, die den Krieg sozusagen vor ihrer Haustür führen, haben von Anfang an nach dem militärischen Grundsatz gehandelt, daß alles darauf ankommt, den Feind zu vernichten, mit welchen Opfern das auch verknüpft sein möge. Und das spiegelt sich auch in der Eigenart ihrer Belager­ungsmethode wieder. Die Belagerungstruppen hiel­ten keine bestimmte Linie, errichteten keine bestimm­ten Werke und Verschanzungeu, die sie unter allen Umständen halten wollen. Ich habe während mei­ner Tage vor Adrianopel annähernd Zweidrittel aller ihrer Belagerungsstellungen besichtigt. Sie liegen fast alle in Deckung hinter einem Hügel oder einer Geländeerhebung und bestehen aus läng­lichen Erdbauten, die nicht ganz 200 Meter lang sind, bei einer Breite von vielleicht 45 Meter. Die aufgeworfenen Wälle erreichen vielleicht 1,80 Meter. Jedes dieser Lager verfügt zu seiner Ver­teidigung über eine Anzahl Feldgeschütze und Ma­schinengewehre. Die Belagerungsgeschütze dagegen find gewöhnlich in Forts von diesen Lagern ein­gegraben; die dahinter liegenden Werke gewähren jeweils einer oder zwei Brigaden Infanterie be­queme Unterkunft. Durch ihre Anlagen sind diese Lager so unangreifbar wie Felsen an einer Küste. Dagegen beobachteten dtze Türken, daß ihr Vordrin­gen auf keine künstlichen Hindernisse stieß, wenn sie sich beim Ausfall in.die Geländestrecken zwischen diesen Lagern einschoben. Denn die Verbündeten haben ihre Reserve und übrigen verwendbaren Truppen weiter hinten stationiert, gewöhnlich in Erdhütten oder Zelten. Dagegen sind die Feld­geschütze und die Maschinengewehre so aufgestellt, daß sie bei dem geringsten Alarmzeichen den Feind unter Feuer nehmen können. Die Front der Ver­bündeten wird Tag und Nacht durch Patrouillen und kleine Jnsanterieposten geschützt, die, in den Boden eingegraben, eine ununterbrochene Beobacht­ung des Gegners aufrecht erhalten.

Der eigentliche Kampf spielt sich nun fast re­gelmäßig in gleichen Formen ab. Von Zeit zu Zeit wird beschlossen, ein bestimmtes Fort zu neh­men oder zu zerstören. Das beginnt damit, daß die BelagerungsgesiMtze ihr Feuer auf dieses Ziel konzentrieren. Die Bulgaren verfügen über schwe­rere Belagerungsgeschütze, die sie mit der Zeit von den Besichtigungen am Schwarzen Meere herbei­geschafst hatten. Aber diese Geschütze sind keines­wegs neueren Modells, nur die Haubitzen können

als moderne Waffen angesprochen werden. Die Türken verfügen über eine schwere und überle­gene Artillerie, die in den Hauptwerken aufgestellt ist Sie antworten nun dem bulgarischen Feuer, aber es gelingt ihnen nicht, den zähen und uner­müdlichen Gegner abzuschütteln. Ich habe das dutzende Male immer in der gleichen Art beobach­tet. Dann verstärkt sich plötzlich das Feuer der Türken und richtet sich auf jene Geländestxeifen, zu denen inzwischen die Verbündeten vorgedrungen sind. Und jäh erscheinen zwischen den Hügeln der Forts gewaltige türkische Jnfanteriemassen, die stürmisch ins freie Gelände Vordringen und den Gegner zurückwerfen suchen. Diese Kämpfe spie­len sich oft auf einer Breite von 8 Kilometer ab. In dichten Linien gehen die Türken vor, aber die Bulgaren und Serben trotzen dem Angriff, und gewöhnlich endet der Kamps in einigen Stunden damit, daß die von drei Seiten von den Bela­gerern unter Feuer genommenen Türken zurück­fluten, von den Gegnern verfolgt. Dieses Nach­stößen der Belagerer vollzieht sich stets mit der größten Energie und endete bisher regelmäßig ent­weder mit der Eroberung des betreffenden Forts oder mit der Festsetzung in einer Stellung, 'die kaum 180 Meter vor dem Fort liegt."

Das spielt sich rings um Adrianopel aus al­len Seiten ab, Schritt um Schritt haben sich die Verbündeten herangearbeitet; im Süden des Arda- flusses sind die Bulgaren auf diese Weise bis zu dem Vorort Karagatsch vorgedrungen und beherr­schen jetzt die Eisenbahn und den Bahnhof. Wei­ter nach Süden, jenseits der Maritza, haben sich die Bulgaren auf Gewehrschlußweite von Adria­nopel eingenistet und nicht geruht, bis ihre lan­gen Lager auf der südöstlichen, nach Konstantinopel führenden Straße errichtet waren. Nennet Bur- leigh ist der Ueberzeugung, daß durch diese Art des Festungskrieges Adrianvpel ungefähr eine Woche nach Wiedereröffnung des Kampfes fallen wird. Der Sieg wird den Verbündeten noch schwere Opfer auferlegen, aber nach den bisherigen Ergebnissen der Kämpfe werden die Opfer der Türken vor­aussichtlich noch weitaus größer sein.

Berlin, 7. Februar.

Am heutigen Freitag wurde die Debatte bei Kapitel Förderung der Herstellung vonKleinw ohnun- gen für Arbeiter und Bea mte" fortgesetzt. Der Abg. Graf Westary (Cons.) führte aus soweit es sich um die Wohnungsaussicht und um Vorschriften über die Beschaffen­heit der Wohnungen handele, gehöre die Materie zur Ge­setzgebung der Einzelstaaien. Der Redner kritisierte dann eine Aeußerung des Staatssekretärs, die sich auf diesen Gegen­stand bezog. Dies veranlaßte den Staatssekretär zu einer ausführlichen Erwiderung. Bemerkenswert sind die Aus­führungen des Redners über Sozialpol itik und Sozial- demokratie. Er führte dazu aus: Die Sozialpolitik ist nicht eine Frage, die die Sozialdemokratie erfunden hat und von ihr gelöst werden soll oder muß, sondern ist der Kom­plex von Problemen, die herausgewachsen sind aus der ge­waltigen wirtschaftlichen Umgestaltung der Verhältnisse in unserem deutschen Vaterland. Die Lösung dieses Problems ist und bleibt die wichtigste Aufgabe unserer Zeit. Es ist eine sittliche Pflicht des Reiches und des Staates (Bravo im Zentrum und links.) Ohne Rücksicht, wie die Sozial­demokratie dazu steht, ist sie das wirksamste Mittel zur Be­seitigung der Schäden im wirtschaftlichen Leben. Wenn wir diesen Schäden unbefangen ins Gesicht sehen und sie besei­tigen, so entziehen wir der Sozialdemokratie den Grund ihrer Existenz. (Zuruf links: Abwarten! Abg. Schulz ruft: Daher die 110!) Hätten die bürgerlichen Parteien vor einem Jahre ihre Pflicht getan, dann würden die 110 nicht da sein. (Lebhaftes Bravo links.) Diese Ausführungen des Staatssekretärs lenkten die Redner vom Wohnungsgqsetz ab und führten eine Aussprache über Sozialdemokratie und Sozialpolitik herbei. Der Titel wurde alsdann bewilligt. Die Resolutionen der Budgetkommission und der wirtschaft­lichen Vereinigung wurden einstimmig angenommen. Sodann wurden die Einnahmen debattelos genehmigt. Damit ist die

zweite Lesung des Etats des Reichsamts des Innern erledigt. Die Petitionen zu diesem Etat werden entsprechend den Be­schlüssen der Kommission erledigt. Darauf vertagt sich das Haus.

Berlin, 8. Februar.

Der Deutsche Reichstag beriet den I u st i z e t a t, nach­dem vor Eintritt in die Tagesordnung der Abg. Oertel (Bund der Landw.) mitgeteilt hatte, er habe dem Reichskanzler und dem Staatssekretär Delbrück nicht den Vorwurf der Feigheit machen wollen und beiden Herrn unter dem Ausdruck des Bedauerns wegen des Mißverständnisses entsprechende Er­klärungen gegeben. Abg. Cohn (Soz.) erörterte die Arbeits- willigenfrage und sprach- von Klassenjustiz gegenüber den organisierten Arbeitern. Abg. Beizer (Ztr.) fordecke eine Beschleunigung des Rechtsverfahrens, Maßnahmen gegen geisteskranke Verbrecher und Schutz der Jugend gegen die Schundliteratur und Auswüchse der Kinematographen und fragte, wie es mit dem Prozeß Eulenburg stände. Staats­sekretär des Reichsjustizamts Lisco erwiderte, Fürst Eulen­burg sei erst im Dezember wieder untersucht und für ver­handlungsunfähig erklärt worden. Der Staatssekretär wies die Vorwürfe des Abg. Cohn, es herrschte bei uns Klassen­justiz, zurück. Die Gebühren der Anwälte würden gegebenen Falles erhöht werden können. Ueber die Erhöhung der Zeugen- und Sachoerständigen-Gebühren, über Diäten an Schöffen und Geschworenen sowie über eine Verschärfung des Spionagegesetzes würden dem Hause in den nächsten Monaten Vorlagen zugehen. Abg. Schiffer (natl.) wies gleichfalls den Vorwurf der Klassenjustiz zurück, wünschte, daß das Reichsjustizamt die Frage des Streikpostenstehens prüfte und sprach sich für die Zulassung von Lehrern zum Schöffen- und Geschworenenamt aus. Abg. Holtschke (kons.) forderte die Prügelstrafe für Roheitsvergehen. Montag: Weiterberatung.

Rundschau.

Südösterreich ein deutsch-wirtschaftliches Zukuuftsgebiet.

Unter diesem Titel erschien vor kurzem eine neue Flug­schrift des deutsch-wirtschaftlichen SchutzvereinsSüd- mark" in Graz, in der die vorzügliche Eignung des österreichischen Südens für Besiedelung und wirtschaftliche Betätigung hervorgehoben und ziemlich eingehend geschildert wird. U. a. wird auch eine Reihe von reichsdeutschen Unter­nehmungen aufgeführt, die in dem erwähnten Gebiete bereits seit Jahren gewinnbringend arbeiten und auch im deutsch- nationalen Sinne sich bestens bemühen. Mehr denn je sollte den reichsdeutschen Kreisen die hohe Bedeutung des öster­reichischen Südens für unser Gesamtvolk vom nationalen wie auch von wirtschaftlichem Standpunkte aus klar werden, umsomehr als die weitere Zurückdränguug des österreichischen Deutschtums zweifellos die Zukunstsstellung des Deutschen Reiches schwer erschüttern würde. Die Schrift weist auf das allmähliche Wiedererstarken des Deutschtums in Süd­österreich unter Anführung der bezüglichen Volkszählungs­ergebnisse hin und führt auch aus, daß die errungenen Er­folge daselbst größtenteils der wirtschaftlichen Machtent­faltung des deutschen Volkes zu verdanken sind. Je stärker sich der deutsche Unternehmungsgeist in diesen Gebieten, die infolge der wirtschaftlichen Rückständigkeit der ineist slawischen Bewohner für deutschen Fleiß und Schaffenstrieb noch ein reiches und lohnendes Zukunftsgebiet darstellen, betätigt, umso größer und nachhaltiger werden die Fortschritte des Deutschtums sein. Wie in alten Zeiten sollte der deutsche Wandertrieb wieder mehr nach dem Osten und Süden streben und vor allem bis an die Gestade der Adria, bis Triest, das deutsche Sprach-'und Wirtschaftsgebiet aus­dehnen helfen. Eine kraftvolle Besiedelungsarbeit der Süd- mark sucht die vielen deutschen Sprachinseln und Minder­heiten in Unter st eiermark, Kärnten, Krain und im Küstenlande zu stärken und allmählich zu ver­binden, um so auch die auf Errichtung eines großillyrischen Reiches der Zukunft gerichteten südslawischen Bestrebungen zu vereiteln. Die Mitteilungen des Vereins für das Deutschtum im Ausland weisen darauf hin, daß die oben­genannte, vortrDliche Flugschrift vom 'Verein Südmark, Graz, Steiermark, Joanneumring 11, der auch nähere Aus­künfte gerne erteilt, unentgeltlich zu beziehen ist.