Landesnachrichten.

Wtenrteig, 7. Januar 1813. "

Viehversicherungsverein. Am 5. Januar hielt der hiesige Viefhversicherungsverein seine jährliche Hauptversammlung ab. Der Verein zahlt gegen­wärtig 75 Mitglieder mit einem Gesamtanschlag versicherter Tiere im Wert von 75 000 Mk. und hat im vergangenen Jahre in 14 Schadenfällen 1085 Mark entschädigt. Der seitherige Vorstand Herrn Tierarzt Bühler und Kassier Herrn L. Beck lehnten eine Wiederwahl entschieden ab, an deren Stelle wurde C. Silber als Vorstand und L- Beck jr. als Kassier und zu den seitherigen Ausschußmitglie­dern Schuhmacher Zoller sen. als Mitglied gewählt. Zum Zeichen des Dankes für treu geleistete Dienste von seiten des seitherigen Vorstands und Kassiert erhob sich die Versammlung von den Sitzen und wählte Herrn Tierarzt Bühler zum Ehrenvorstand. Eine Dividende konnte nicht ausbezahlt werden« der Kassenbestand mit 65,24 Mark wurde auf neue Rechnung übertragen.

* Die Maul- und Klauenseuchje ist erloschen in Martinsmoos OA. Calw. Der Bezirk Calw ist wieder seuchenfrei.

ep. Vom neuen Gesangbuch ist bekanntlich die mittlere (Schul-) Ausgabe erschienen. Die Ta­schenausgabe des neuen Gesangbuchs ist erst im Lause des Januar zu beziehen-.

// Nagold, 4. Jan. Dem hiesigen Amts- und Jntelligenzblatt, demGesellschafter", hat unsere harmloses Naturarkikelchen in Nr. 2 d. I. wohl wegen seiner schlichten Anspruchslosigkeit so sehr gefallen, daß es dasselbe einer Wiedergabe, we­nigstens der Hauptsache und dem Sinn nach, wür­digte. Dem freundlichen Zusender desselben und dem Verfasser der Fußnote ist indessen bei der kritisch-ironischen Beleuchtung der Zeilen doch der eingeschlichene, sinnentstellende Druckfehlerzu­nächst" stattzumeist" am Schluß der Betrachtung entgangen. Vielleicht hat der liebenswürdige Ar- tikelvermittler nun die Güte, auch diese Bepächtig- tigung an diefreundnachbarliche" Zeitung weiter­zugeben. (Im übrigen sind wir der Meinung, daß die Kriegsstimmung in der Welt auch ohne- solche kleinliche Streitigkeiten stark genug ist. Oder wirkt sie so ansteckend?) -

// Nagold, 5. Jan. Gestern abend versank melken sich im Gasthaus zurKöhlerei" hier 12 Unteroffiziere des beurlaubten Standes, um sich durch Major Blaich von Calw für ihre Funktio­nen und Aufgaben im Kriegsfälle unterrichten zu lassen.

st Calw, 6. Jan. Aus Herisau in der Schweiz kommt die Nachricht, daß dort ein 25 Jahre alter Calwer (ein Schriftsetzer) am heiligen Abend auf tragische Weise ums Leben gekommen ist. Dem jungen Mann blieb ein Stückchen Wurst im Halse! stecken, das nicht mehr rechtzeitig entfernt werden konnte, sodaß er elend ersticken mußte. Er hin- terliäßt hier Großmutter, Bruder und Schwester.

ss Neuenbürg, 4. Jan. Vor 3 Wochen biß, wie gemeldet, bei einem Wirtschaftsstreit in Engecks- brand der Steinhauer Schilling von Grunbach dem Metzger Duß von Engelsbrand ein Ohr weg. Der Bissen kam ihm aber teuer zu stehen, das Gericht verurteilte ihn zu 3 Wochen Gefängnis und 1200 Mk. Schadenersatz.

Buntes Feuilleton.

L . i r >> >1:- . K<-

Und gehr so slurnn an dir die Wett,

So stolz vorüber denke still:

.Ich bin ein Kelch, für Gott bestimm:,

Ter ihn alleine kosten will/ ' - ' Z

Fiesrich Hebbel.

Eine deutsche Frau an die deutschen Frauen.

Es ist eine gewöhnliche Erscheinung)"däßH vielen Kindern in der Kinderstube sich eins der Buben oder Mädel besonders- hervortut mit aller­hand Großprahlerei und Gewaltmitteln. Es ist nicht immer der oder die Aeilteste. Feiner ver­anlagte, klügere und fleißigere Geschwister werden dadurch drangsaliert und oft unterdrückt, wenn sie sich nicht zu helfen wissen. Ich selbst war so ein Großmaul, aber einstmals eine derbe Maul­schelle meines Batchrs mitten in mein freches Spatz­gezeter hinein, brachte mich für alle Zeiten zur Besinnung. Es ist in der großen Botkskinderstube der Welt nicht anders. So ein Frechspatz aber in dieser großen Kinderstube istEngland", und die Geschichte dieser Weltkinderstube, in der es groß breit und fett geworden ist, hat gelehrt, daß seine Mittel nicht immer erlaubt waren aber es hats verstanden!

Wo aber bleibt die Maulschelle!!?

Wir Frauen aber sind d-e Nerven des großen,

ss Alpirsbach, 6. Jan. (Jagderlös.) Ern erkleckliches Sümmchen für den Gemeinde;äckel wer­fen die Jagden ab. Für die GeMeindejagd in Schenkenzell wurde durch den Vertreter des Fürsten zu Fürstenberg ein Angebot von 319 Mk. gemacht. Bisher wurden nur 121 Mark erlöst. Es herrscht eben Mangel an guten Waldjagden, und der Staat hat gewichtige Gründe, am Regiejagdsystem fest^ zuhalten, wenn gleich durch dessen Preisgabe ein tüchiger Batzen ^ zu verdienen wäre, freilich hin­wiederum auf Kosten des Ertrages der Gemeinde­jagden.

st Böchingen, OA. Oberndorf, 4. Jan. Bei der heutigen Schultheißenwahl wurde Verwaltungsprak­tikant Spitzer mit 111 Stimmen gewählt.

st Tübingen, 4. Jan. (Opfer der Neu­jahrsschießerei.) In der Klinik ist der junge Kirschbaum aus Degerschlacht, der von seinem Ka­meraden in der Neujahrsnacht in den Kopf ge­schossen worden ist, gestorben.

ss Balingen. 6. Jan. In Fromm ern ist in dem Hause des Bauern Koch Feuer ausgebrochen, vermutlich infolge von Selbstentzündung der Fut­tervorräte. Das Haus ist bis auf den Grund niedergebrannt.

st Stuttgart, 4. Jan. Die Landesversammlung der na tion allib oralen Part cki ist nunmehr auf 9. März endgültig festgesetzt worden.

st Stuttgart, 7. Jan. Feldprobst Prälat von Blum beging am Dreikönigstag' seinen 70. Ge­burtstag.

ss Stuttgart, 4. Jan. (Die Umlage des Gebäudebrandsch adens.) Im Hinblick auf den gegenwärtigen Stand der Brandversicherungs­hauptkasse und die durchschnittliche Höhe der in den letzten Jahren angefallenen Brandschäden hat das Ministerium des Innern die Umlage für das Kalenderjahr 1913 in der Weise bestimmt, daß bei den Gebäuden der dritten Klasse, welche die Regel und die Grundlage für die Berechnung des Beitrags in den höheren und niederen Klassen bildet der Beitrag . on Einhundert Mark Brandver­sicherungsanschlag 12 Pfg. zn betragen hat. Fer­ner wurde verfügt, daß je die Hälfte der Umlage auf 1. April und 1. August 1913 an die Brandver­sicherungshauptkasse einzuliefern ist.

st Stuttgart, 6. Jan. Der Verband für das Bild- und S t ein hau e r g ew e r bst in Württem­berg und Hohenzollern hielt gestern hier im Bür­germuseum seine 6. Generalversammlung ab.

st Stuttgart, 6. Jan. Gestern nachmittag wur­den die sterblichen Ueberreste von Professor Dr. Euting unter zahlreicher Beteiligung von Ver­wandten und Freunden in das Krematorium des Pragfriedhofs übergeführt. An der Bahre zeichnete der amtierende Geistliche ein kurzes Lebensbild des Entschlafenen. Kränze wurden niedergelegt im Na­men des württ. Schwarzwaldvereins und des Han- delsgeographischen Vereins.

st Stuttgart, 6. Jan. Im Vorort Degerloch brach heute nacht im Gasthaus zumLöwen",. Tübingerstraße 19, ein gefährlicher Brand aus, der anscheinend im Tantzsaal seinen Ausgang genom­men hatte. Der Saal und der Dachstock fielen dem Feuer zum Opfer. Die Feuerwehr hatte bis in die Morgenstunden hinein zu tun, den Brand zu lokalisieren und die gefährdeten Nachbargebäude zu retten.

feinen und fleißigen Mädchens, genanntDeutsch­

lands der Schwester des mächtigen Bruders Eng­land". Dieses Mädchen aber gerät auf Abwege und der freche LausbubBritannicus" högt sich. Was sind das für Abwege", fragt Ihr? Schaut Euch um in den großen Städten, Liefest Zen­tralen des Lebens, wo es braust und schäumt. Dort treibt die JungfrauDeutschland" ihr Al­lotria! Sie weiß nicht hin mit ihrem Ueberscbuß an Kraft und Stärke; sie vertut ihn. Und wie in den großen Städten, so geschiecht's in den kleineren und kleinen, so stmet's übers Land in die Dörfer Seht Euch die dichtgefüllten Spalten der Vergnüg- ungsänzeigen aller Zeitungen an und überdenkt die Millionen, die dort in diesenEtablissements" vergeudet und verschwendet werden. Ich bin keine Predigerin zu ernster Moral. Friedrich der Große hat gesagt:Wir haben unsere Beschäftigungen in zwei Klassen geteilt, in die nützlichen und die angenehmen, zu den letzteren gehören die Ver­gnügungen, von denen wir nur einen vernünf­tigen Gebrauch machen sollten, indem wir sie dazu benutzten, dem Geiste Erholung zu schaffen und das mürrische Wesen des allzu strengen Ernstes zu mildern."

, Was würden des großen Königs große Augen uns sagen, wenn er das heutige nächtliche Ber­lin sähe!

Goethe hat" gesagt:Tages Arbeit, abends Gäste, saure Wochen, frohe Feste!"

Er war ja auch kein Kostverächter, aber von dem, was die meisten Theater, die Varietees, Ca- barets und wie die tausenden von Brutstätten und zweifelhafter Genüsse alle heißen, heute lie­

st Ludwigsblrrg, 4. Jan. (Der tote Ulan.) Der bei Hofen tot aus dem Neckar gezogene 20. Ulan Josef Krafft von Binsdorff OA. Sulz ist zur Sektion hierher gebracht worden. Die Unter; uch- ung durch den Militärarzt ergab, daß ihm die Särädeldecke eingeschlagen war. Die näheren Um­stände sind aber immer noch unbekannt. Irgend ein Grund zum Selbstmord lag für Krasft, der- gern Soldat war, nicht vor. Immerhin neigen die Aerzte der Annahme zu, daß kein -Verbrechest vor­liege, und daß die Schädelve'rletzung auch beim Ausstößen aus einen Stein entstanden sein könnet Nach ihrer Ansicht ist Krafft lebend ins Wasser gestürzt.

st Brackenheim, 4. Jan. (Opfer der Kältet) In den kalten Nächten vor Weihnachten nächtigte der aus dem Nachbarort Frauenzimmern gebürtige Knecht Setter, da er ohne Arbeit war, in einem leer stehenden Schafstall. Dabei erfroren ihm Hände und Füße so, daß er ins hiesige Krankeinhaus eingeliefert werden -mußte, wo er nun verstorben ist.

st Oppenweiler, OA. Backnang, 6. Jan. (Wahl.) Der Kampf um die hiesige Ortsvorsteherstelle ist nunmehr entschieden. Steueraktuar Gläß aus Lud­wigsburg ging mit 46 Stimmen als Sieger hervor. Bei der ersten Wahl war Schlipf mit einer Stimme Mehrheit gewählt worden. In entgegenkommen­den Versprechungen bezüglich der Verwaltungsak- tuarsgeschäfte hatte aber die höhere Instanz eine unzulässige Wahlbeeinflussung erblickt.

ff Mm, 6. Jan. In Bolkertshaufen wurde vor einigen Tagen der Altfischmeister Leo Wieset auf seiner Wiese erfroren aufgefunden. Der originelle Mann hatte seit 30 Jahren in seinem Fischweiher eine Barbe gehegt, die der Krieger­verein zu.seinem Todestag als Festschmaus erhal­ten sollte. Und so geschah's. Der Fisch war 75 Zentimeter lang gewachsen und hatte ein Gewicht von acht Pfund erreicht.

ff Friedrichshasen, 4. Jan. Im letzten Jahre sind von Basel bis München 296 Saccharin­schmuggler gefangen genommen worden, die zu­sammen über 10000 Kilo Süßstoff über die Grenze zu schaffen suchten.

Tagung der württ. Handlungsgehilfe«.

ff Ludwigsburg. 5. Jan. Im Fesstsaal des Bahnhotels wurde heute vormittag der 13. württ. Handlungsgehilfentag abgehalten. Gauvorsteher Behringer-Stuttgart referierte über die Berufsaus­bildung des Kaufmanns, Lehrlingswesen und Han­delshochschulen. lieber die wirtschaftliche Lage der Handlungsgehilfen in Württem­berg sprach W. Grimme-Zufsenhausen.

Zum Schluß der Tagung wurden die drei ge­druckt vorgelegten Resolutionen einstimmig an­genommen, die sich auf die Zahl der Le h r li n g e, die Schaffung einer württ. Handelshochschule, Sonntagsarbeit und Ko nkustrenzklausel bezogen.

-. »-

Deutsches Reich.

Der neue Staatssekretär.

st Berlin, 5. Jan. Wie verlautet, ist der Bot­schafter in Mom, v. Jagow, zum Staatssekre>- tär des Auswärtigen in Aussicht genommen.

ben, hätte er sich wohl schaudernd abgewandt. Auch Bismarck war kein Duckmäuser, aber würde er nicht heute sagen:Deutschland, wo treibst du hin?" Ja, hätten wir deine starke Hand, du Großer, die uns vom Abgrund risse! Luther aber hat gesagt: Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt' uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen!"

So laßt uns, Ihr deutschen Frauen, den Teu­feln dieser Welt begegnen mit vereinten Kräften! Laßt uns wach sein, Ihr Wackeren, Treuen an Herd und Waschtrog, Ihr Sorgenden, Strebenden in klei­nen, engen Verhältnissen, Ihr Wohlhabenden, sorg­los dem neuen Tag Entgegenschlummernden, Ihr vor allem, Ihr Reichen und Reichste« in seidenen Gewändern, in Schmuck und Geschmeide,- die Ihr Hunderte für Eure Hüte und Tausende für Eure Kleider zahlt! Tut Eure Augen auf und seht was nottut. Uns tut not ein opferwilliges Geben, um das Rüstzeug zu schaffen. Jede tue an ihrem Teile, gebe mit ernstem Wollen und offenem Auge der Gefahr, die dem Vaterlande und damit dem eigenen Haus und Herde droht, zu begegnen. Und diese Gefahr ist heute vorhanden, die Gefahr des Geschlagenwerdens. Unsere Nachbarn jenseits des Rheins haben nicht geschlafen in diesen 40 Jah­ren. Wir haben schon lange nicht mehr die unbe­strittene, zahlenmäßige Ueberlegenheit über die fran- sische Armee, vielmehr stehen wir in organisato­rischer Beziehung wie auch in zahlenmäßiger, bei den Hauptwaffen hinter Frankreich- zurück. Da sitzt das Gespenst! Die Gefahr des Geschlagenwerdens, wenn Frankreich, der Hilfe Rußlands sicher, seine Nachegedanken zur Reife hat. Und darauf lauert