^S255.
Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw.
87. Jahrgang.
Erscheinungsweise: 6inal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im Oderamts- bezirk Calw für die einspaltige Vorgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12Psg., Reklamen 25 Pfg. Schluß für Inserarannahme 10 Uhr vormiriogs, Telefon 9.
Mittwoch, den 30. Oktober 1912.
Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post- bezugspreis für den OrtS- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Lik. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Vfg.. in Bayern und Reich 42 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung.
Die Herbstkontrollversammlungen im Jahre 1912 finden im Kontrollbezirk Calw wie folgt statt:
1. Kontrollplatz Neubulach am 5. November, 9 Uhr 15 Vormittags auf dem Lindenplatz beim Lamm für die Gemeinden:
Neubulach, Teinach, Emberg, Holzbronn, Altbulach, Liebelsberg, Oberhaugstett.
2. Kontrollplatz Neuweiler am 5. November 2 Uhr Nachmittags beim Rathaus für die Gemeinden: Agenbach, Aichhalden, Bergorte, Breitenberg, Hornberg, Martinsmoos, Neuweiler, Oberkoll- wangen, Zwerenberg, Schmieh.
3. Kontrollplatz Eechingen am 8. November, 2 Uhr Nachmittags bei der Kirche für die Gemeinden: Althengstett, Dachtel, Deckenpfronn, Eechingen, Ostelsheim, Simmozheim.
4. Kontrollplatz Liebenzell am 9. November, 8,15 Uhr Vormittags in der Turnhalle für die Gemeinden:
Dennjächt, Ernstmühl, Liebenzell, Möttlingen, Monakam, Unterhaugstett, Unterreichenbach.
6. Kontrollplatz Calw am 9. November 1 Uhr Nachmittags in der Turnhalle für die Gemeinde Calw.
6. Kontrollplatz Calw am 9. November 3 Uhr Altburg, Ottenbronn, Neuhengstett, Oberrei- Nachmittags in der Turnhalle für die Gemeinden:
Alzenberg, Stammheim, Hirsau, Würzbach, Oberkollbach.
7. Kontrollplatz Calw am 11. November 8 Uhr Vormittags in der Turnhalle für die Gemeinden :
chenbach, Röthenbach, Sommenhardt, Zavel- stein.
Zu den Kontrollversammlungen haben zu erscheinen:
1. Die Herren Offiziere, Sanitätsoffiziere, Veterinäroffiziere und oberen Militärbeamten der Reserve.
2. Sämtliche Reservisten (einschl. der zeitig feld- und garnisondienstunfähig und die als' zeitig
oder dauernd nur garnisonsdienstfähig Lezeich- neten Mannschaften).
3. Die als zeitig anerkannten Invaliden, Rentenempfänger und dauernd Halbinvaliden der Reserve.
4. Die zur Verfügung der Truppenteile und der Ersatzbehörden entlassenen Mannschaften.
5. Diejenigen Mannschaften, welche der Jahresklasse 1900 angehören und in der Zeit vom 1. April bis 30. September ins stehende Heer eingetreten sind und von der diesjährigen Früh- jahrslontrollversammlung befreit waren. Militärpässe nebst den darin befindlichen
Kriegsbeorderungen bezw. Patznotizen, sowie Führungszeugnisse sind mit zur Stelle zu bringen.
Stöcke, Schirme, Zigarren usw. sind vor Beginn der Kontrollversammlung abzulegen.
Orden und Ehrenzeichen sind anzulegen. Unentschuldigtes Fehlen, sowie verspätetes Erscheinen wird mit Arrest bestraft.
Befreiungsgesuche müssen spätestens 6 Tage vor der betreffenden Kontrollversammlung hier einge- hen, andernfalls dieselben leine Berücksichtigung mehr finden.
Anzug der Herren Offiziere, Sanitäts- und Veterinäroffiziere und oberen Militärbeamten der Reserve: Ueberrock oder Waffenrock mit Mütze. Calw, den 17. Oktober 1912.
Kgl. Vezirkskommando.
Vorstehendes ist in den Gemeinden durch die Ortsbehörden wiederholt auf ortsübliche Weise kostenlos bekannt zu geben.
Calw, den 18. Oktober 1912.
Kgl. Oberamt:
Amtmann Rippmann.
A.-V.
K. Oberamt Calw.
Ausbruch der Maul und Klauenseuche.
Die Maul- und Klauenseuche ist ausgebrochen im
Gehöfte des Johann Georg Stepper in Oberhaugstett.
Auf Grund des Viehfeuchengesetzes und der 182 —192 der Min.-Verfügung hiezu vom 11. Juli 1912 (R.-Bl. S. 317 ff.) ergehen folgende Anordnungen:
Sperrbezirk: Die Gehöfte des Johann Georg
Stepper und des Jmanuel Holzäpfel in Oberhaugstett.
8. Beobachtungsgebiet: Der übrige Teil der Gemeinde Oberhaugstett und die Gemeinde Neubulach.
L. In den Umkreis von 15 Kilometer um den Seuchenort werden einbezogen die übrigen Gemeinden des Oberamtsbezirks Calw mit Ausnahme von Dennjächt, Monakam und Unterreichenbach, u. folgende Gemeinden der Nachbaroberämter :
1. Zm Oberamt Herrenberg: Affstätt, Kuppingen, Oberjesingen, Oberjettingen und Unterjettingen mit Sindlingen;
2. im Oberamt Nagold: Nagold, Altensteig Stadt, Altensteig Dorf, Beihingen, Berneck, Ebershardt, Eb- hausen und Wolthausen, Esslingen, Egernhausen, Emmingen, Ettmannsweiler, Fünfbronn, Garrweiler, Eau- genwald, Eültlingen, Mindersbach, Oberschwandorf, Pfrondorf, Rohrdorf, Rotfelden, Schönbronn, Simmersfeld, Spielberg, Sulz, von Ueberberg: Heselbronn und Zumweiler, Unterschwandorf, Walddorf, Warth, Wenden und Wildberg;
3. im Oberamt Neuenbürg: Veinberg, Jgelsloch mit Unterkollbach, Maisenbach mit Zainen, Oberlengenhardt, Unterlengenhardt.
1. Besondere Mahregeln für den Sperrbezirk.
1. Zn dem verseuchten Gehöft ist über die Ställe oder sonstigen Standorte, wo Klauenvieh steht, die Sperre verhängt, die abgesperrten Tiere dürfen nur mit oberamtlicher Erlaubnis aus dem Stall (Standort) entfernt werden. Weitere Vorschriften sind erlassen über die Verwendung der Pferde außerhalb des Gehöfts, die Verwahrung des Geflügels, die Fernhaltung fremden Klauenviehs von dem Gehöft, das Weggeben von Milch, die Abfuhr von Dünger und Jauche, die Ausfuhr von Futter, Streu und Wolle, das jedesmalige Herausbringen von Fahrzeugen und Gerätschaften, namentlich Milchtransportgefäßen, die Entfernung von Kadavern u. a. Der Besitzer, sein Vertreter, die mit der Beaufsichtigung, Wart und Pflege der Tiere betrauten Personen und Tierärzte müssen sich beim Verlusten eines gesperrten Stalles reinigen und desinfizieren. Anderen Personen ist das Betreten der gesperrten Ställe verboten. Zur Wartung des Klauenviehs in dem Gehöft dürfen Personen nicht verwendet werden, die mit fremdem Klauenvieh in Berührung kommen.
2. Sämtliches Klauenvieh (Rindvieh, Schafe, Ziegen, Schweine) nicht verseuchter Gehöfte unterliegt der Absonderung im Stalle und darf nur mit oberamtlicher Erlaubnis zur sofortigen Schlachtung entfernt werden.
3. Sämtliche Hunde sind festzulegen.
kichtenstein.
71) Romantische Sage von Wilhelm Hauff.
Vergebens strebte der Jüngling, diese trüben Gedanken, welche der Widerspruch der Pracht seiner Umgebungen mit dem Unglück des Herzogs in ihm erweckt hatte, zu unterdrücken. Vergebens rief er das Bild jenes holden Wesens herauf, das er jetzt bald auf ewig sein nennen durfte, vergebens malte er sich sein häusliches Glück an ihrer Seite mit den lockendsten, reizendsten Farben aus, — jene trüben Bilder kehrten immer wieder. Sei es, daß jener Mann durch die Erhabenheit, die er im Unglück gezeigt hatte, einen so großen Raum in der Brust des Jünglings gewonnen hatte, sei es, daß ihn die Natur in einzelnen Augenblicken mit einem unwillkürlichen Gefühl der Ahnung begabte, er blieb sinnend und ernst, und es war ihm, als sei der Herzog nichts weniger als glücklich, als müsse er ihn vor irgend einem drohenden Unglück warnen.
„So überaus ernst, junger Herr?" fragte eine heisere Stimme hinter ihm und weckte ihn aus seinen Gedanken. „Ich dächte doch, Georg von Sturmfeder hätte alle Ursache, heiter und guter Dinge zu sein!"
Der junge Mann wandte sich verwundert um und schaute herab — auf den Kanzler Ambrosius Volland. War ihm dieser Mann schon gestern durch
seine widrige Freundlichkeit, durch sein katerhaftes, schleichendes Wesen unangenehm ausgefallen, so war dies heute noch mehr der Fall, da der Kanzler durch überladenen Putz seine Mißgestalt noch mehr herausgehoben hatte. Sein dunkelgelbes, verwittertes Antlitz mit dem ewigen, stehenden Lächeln, die grünen Aeuglein unter den langen, grauen Wimpern, die roten entzündeten Ränder der Augenlider, der dünne Katzenbart stachen grell ab gegen ein rotes Barett von Samt und gegen einen Mantel von hellgelber Seide, der über den Höcker des kleinen Mannes hinabfloß. Unter diesem trug er einen grasgrünen Anzug, rosenrot ausgeschlitzt, und rosenrote Kniebänder mit ungeheuren Maschen. Sein Kops stak in den Schultern, und das rote Barett stieß hinten sogleich auf den Höcker aus. Der Scharfrichter von Stuttgart pflegte daher zu sagen, unter allen Menschen, die er kenne, sei niemand schwerer zu köpfen, als der Kanzler Ambrosius Volland.
Dieser Mann war es, der an Georg von Sturmfeder mit süßem Lücheln hinaufsah und, da ihn dieser noch immer anstarrte, zu sprechen fortfuhr: „Ihr kennet mich vielleicht nicht, wertgeschätzter junger Freund, ich bin aber Ambrosius Volland, Sr. Durchlaucht Kanzler. Ich komme, um Euch einen guten Morgen zu wünschen."
„Ich danke Euch, Herr Kanzler. Viele Ehre für mich, wenn Ihr Euch deswegen her bemühtet."
„Ehre, wem Ehre gebühret! Ihr seid der
Ausbund und die Krone unserer jungen Ritterschaft! Ja, wer meinen Herrn so treu beigestanden ist in aller Not und Fährlichkeit, der hat Anspruch auf meinem innigsten Dank und meine absonderliche Verehrung."
„Ihr hättet das wohlfeiler haben können, wenn Ihr mitgezogen währet nach Mömpelgard," erwiderte Georg, den die Lobsprüche dieses Mannes beleidigten. „Treue muß man nie loben, eher Untreue schelten."
Einen Augenblick blitzte ein Strahl des Zornes aus den grünen Augen des Kanzlers, aber er faßte sich schnell wieder zur alten Freundlichkeit. „Jawohl, das mein' ich auch. Was mich betrifft, so lag ich am Zipperlein hart darnieder und konnte also nicht wohl nach Mömpelgard reisen. Werde aber jetzt mit meinem kleinen Licht, das mir der Himmel verliehen, dem Herrn desto tätlicher zur Hand gehen!'
Er hielt einen Augenblick inne und schien Antwort zu erwarten. Aber der Jüngling schwieg und maß ihn nur hin und wieder mit einem Blick, den er nicht recht ertragen konnte. „Nun, Euch wird die Freude erst recht angehen. Der Herzog hält erstaunlich viel auf Euch! Natürlich, Ihr verdient es auch im höchsten Grad, und der Herzog hat seinen Liebling gut gewählt. Wollet doch erlauben, daß Ambrosius Volland Euch auch eine kleine Erkenntlichkeit zeige. Seid ihr Freund von schönen Waffen? Kommet in meine Behausung auf dem Markt, wählet Euch aus meiner Armatur, was