st Heilbronn, 3. Jan. Der Ortsschulrat har die schrittweise Einführung des 8. Schul­jahres an sämtlichen Schulen Heilbronns be schlossen. Stuttgart ist in dieser Beziehung un­längst mit gutem Beispiel vorangegangen, indem es das 8. Schuljahr für die Mädchenmittelschule! eingeführt hat und das 8. Schuljahr an den Volksschulen einführen will. Bei den großen Ko­sten, welche die Einführung des neuen Schuljahres erfordert, wird die Einführung hier in Heilbronn Wohl noch' einige Jahre dauern, soll aber spä­testens im Jahre 1917 eingeführt sein.

ff Mergentheim, 3: Jan. In einer größeren Gemeinde des Bezirks starb letzte Woche eine fleißige, sparsame Frau, die durch Waschen bei den Bewohnern eine hübsche Einnahme in die Haushaltung brachte. Zum größten Erstaunen ent­deckten, Witz die Tauberzeitung berichtet, die Hinrer- bliebenen im Bette der Verstorbenen im Strohsack einen primitiven Geldbeutel, mit der Summe von 2300 Mk. in verschiedenen Münzsorten, vom Pfen­nig bis zum blinkenden Goldstück, über welche un­vermutete Erbschaft die Hinterbliebenen natürlich recht erbaut waren.

st Waiblingen, 3. Jan. (Ein netter Dienst­bote.' Seit einigen Tagen bemerkte ein hiesiger Metzgermeister, daß ihm Fleisch und dergl. ent wendet worden ist. Als Diebin wurde das seither als ehrlich geltende Dienstmädchen auf frischer Tat ertappt. In ihrer Kammer wurde, dem Rems'- talboten zufolge, eine schöne Auswahl in Schin­ken, Rauchfleisch, Wurstwaren, auch Flaschenwein, worunter Champagner, vorgefunden, das sie im Begriffe war, in ihre Heimat abzusenden. Be­vor dies geschehen tonnte, wurde sie vom Land­jäger verhaftet und an das K. Amtsgericht ab­geliefert.

* Gmünd, 3. Jan. (Blinder Lärm.) Zwischen Maitis und Wäschenbeuren, auf der bekannten neuen Eisenbahnlinie, sollte kürzlich ein Eisen­bahntransport gefährdet worden sein, wenigstens nach Angabe des betr. Streckenwärters. Er will am Vormittag des 26. Dez. einen 2 Zentner schwe­ren Stein von den Schienen gewälzt haben. Nach­dem der Beamte seinem Vorgesetzten in Wäschen­beuren Anzeige erstattet hatte, begaben sich diese an den angeblichen Tatort, etwa dreiviertel Stun­den später, konnten aber der Stein nicht mehr vor­finden. Auch ein Beamter von der Betriebsin- spettion Aalen und die Landjägermannschaft such­ten den Tatort ab, konnten aber weder Stein noch Spuren entdecken. Der Fall ist sehr zweifelhaft und es scheint, daß der Wärter sich wichtig machM wollte, um Lorbeeren zu ernten, was aber schlecht ausfallen kann.

ff Ulm, 3. Dez. Der Württ. Gläubiger- Schutzverband gibt seinen Jahresbericht heraus. Am deutlichsten sieht man die erfolgreiche Tätig­keit des Schutzverbandes daraus, daß er durch energisches Eingreifen ein Mehr von 135 000 Mk. bei den betreffenden Konkursverfahren herauswirt­schaftete, als von den Schuldnern angeboten war.

Katholische Arbeitervereine und christliche Gewerk­schaften.

st Stuttgart, 3. Jan. Zur Gewerkschaftsfrage teilt die Diözesanleitung des Verbandes der katho­lischen Arbeitervereine in der Diözese Rottenburg mit, daß sie in ihrer letzten Sitzung nach einge­hender Beratung einstimmig beschlossen habe, für Württemberg an der von dem verstorbenen Diö- zesanpräses Eckard mit begründeten und seither bei uns eingelebten, bewährten christlichen Gewerk­schaftsorganisation unbedingt festzuhalten. Den be­teiligten Kreisen wird in einigen Tagen eine ein­gehende Begründung dieses Beschlusses zugehen. --» »-

Deutsches Reich.

* Berlin, 3. Jan. Das heute morgen in Ber­lin verbreitete Gerücht, daß der greise Kaiser Franz Joseph im Sterben liege, ist falsch. Bon einer akuten Erkrankung des Kaisers ist nicht die Rede. Der Kaiser leidet vielmehr, wie in den letzten Jahren fast immer in den Wintermonaten, an einem leichten Katarrh, der ihn bei seinem hohen Alter zwingt, sich große Schonung aufzuerlegen.

* Berlin, 3. Jan. Der Kaiser stattete heute : früh dem Reichskanzler sofort nach dessen s Rückkehr aus Stuttgart einen Besuch ab, der über ' eine Stunde währte. Man bringt den Betuch in Verbindung mit der Besetzung des Postens des Staatssekretärs des Auswärtigen, die noch immer nicht ganz festzustehen scheint.

st Berlin, 3. Jan. Die Norddeutsche Altgel­meine Zeitung teilt mit, daß der Minister der öffentlichen Arbeiten in einem Erlaß dar­auf hinweist, daß bei Verdingungen bestimmte Ur­sprungsordres und Bezugsquellen im allgemeinen nicht vorgeschrieben werden dürfen. Dadurch soll im Interesse der Verwaltung, sowie der Handel- und Gewerbetreibenden ein möglichst großer Kreis von Teilnehmern an den Submissionen geschaffen werden. Der Erlaß regelt noch mehrfache an­derweitige Erleichterungen der Submissionen.

st Königsberg i. Pr., 3. Jan. Die Grund- kreditba^lk in Königsberg ist durch die Ver­untreuungen eines fast 15 Jahre bei ihr tätig gewesenen Kassierers und Prokuristen um ungefähr 60 000 Mark g es chäd ig t worden. Der Kassierer hat Wertpapiere bei hiesigen Banken verpfändet und mit dem Erlös Börsenspekulationen getrieben. Die Bank hat den Lombard sofort zurückgezogen, sodaß dem Kundenkreis der Bank durch diesen Bertrauensbruch des Angestellten Verluste nich: er­wachsen.

Die Bergarbeiterbtzwegrmg im Saargebjet.

st Saarbrücken, 3. Jan. In Geislautern und Obervölklingen fanden heute Bergarbeiterversamm- lungen statt, in denen mehrere christliche Gewerk­schaftsführer sprachen. Es wurde einstimmig be­schlossen, wegen der Vorgänge auf der Grube Vel­sen bezüglich der Sicherheitsmänner in den Streik zu treten. Die Bewegung geht allem Anschein nach von den Bergleuten der Grube Velsen aus, welche die Bergleute der benachbarten Gruben für eine Solidaritätserklärung zu gewinnen suchen. Es kommen sämtliche Gruben der Berginspektionen 2 und 12 in Betracht.

st Saarbrücken, 3. Jan. Heute nachmittag sind aus der Grube Belsen von 417 Mann 108 angtz- fahren. Aus der Fetttohlengrube der Bergwerk­inspektion Luisental ist heute bei der Mittagsschicht nur der kleinere Teil der Belegschaft angefahren. Zwei Sicherheitsmänner dieser Grube hatten gestern die Kündigung zurückgezogen und für heute nach­mittag die Fahrtschicht angemeldet. Hiermit hatte sich die Betriebsleitung einverstanden erklärt. Trotz­dem fuhren die beiden Sicherheitsmänner nicht an. Ein Grund hierfür wurde nicht angegeben. Forderungen sind nicht gestellt worden. Es herrscht vollkommene Ruhe.

Bank-Zusammenbruch in Bayern.

Das angesehene, seit 1870 bestehende Bank­haus Josef Gerhauser in Kaufbeustem ist zusammengebrochen. Der Inhaber ist geflohen. Der Verlust beziffert sich nach vorläufiger Schätz­ung auf mindestens 2 einhalb Millionen Mark. Viele Stiftungskapitalien sind gänzlich verloren. Auch Augsburger Großfirmen sind bis zu 60 000 Mark beteiligt. Ferner eine Reihe katholischer Ver­eine, darunter der Arbeiterverein mit 9000 Mark.

Arme Arbeiter, Dienstboten usw., die sei: Jah­ren ihre Ersparnisse bei Gerhauser hinterlegt ha­ben, verlieren Beträge von 1000 bis 3000 Mark. Die Landbevölkerung ist ebenfalls stark beteiligt. Die Folgen lassen sich heute noch nickt überblik- ten, 'm anche Existenz scheintvern'ichteDie Erbitterung und Erregung sind sehr groß. Das Mißtrauen gegen die übrigen Bankgeschäfte am Orte ist derart groß, daß fast sämtliche Einlagen zu­rückgezogen werden. Die Bankhäuser werden ge­radezu bestürmt.

Der Zusammenbruch dieses Bankhauses zieht weitere Kreise. In Augsburg fand man auf der Trevpe in seinem Holzschuppen den 57 Jahre alten verheirateten Frey, Mitinhaber der zweitgrößten Bantfirma Kaufbeurens, Frey u. Schäfer, mit einer Schußwunde an der Schläfe tot auf. Nackdem das Bankhaus Gerhauser zufammengebrochen war, hoben die Leute in zwei Tagen ihre sämtlichen Kapitalien und Guthaben ab, so daß dem Bank­haus über 300000 Mk. Umlaufgelder verloren gin­gen.

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Der Ba

Die Lage in Adrianopct.

* Sofia, 3. Jan. Zwei von Adriawopeh eingetroffene geflüchtete Offiziere melden, daß in der Festung die Not ihren höchsten Grad erreicht habe. Die aller Lebensmittel entblößte Bevölker­ung der Stadt, in der wegen des Mangels an Petroleum am Abend tiefste Finsternis herrsche, versuche durch tägliche Bittgesuche auf den Kom­mandanten der .Festung einen Druck dahin aus­zuüben, daß dem furchtbaren Elend baldigst ein Ende gemacht werde.

Die griechischen Kämpfe.

* Athen, 3. Jan. In Chios ergab sich nach zweitägigen Gefechten heute die gesamte türkische Garnison bedingungslos. Vor I anin a dauern die Geschützkämpfe fort.

König Ferdinand Mer Krieg und Frieden.

st Sofia, 3. Jan. In einer Rede, die der König gestern abend an die Abordnung hielt, die beauftragt war, die Antwort der Sobranje auf die Thronrede zu überbringen, hob er die hervor­ragende Selbstverleugnung und die beispiellose Tapferkeit, mit der die bulgarische Armee ihre Pflicht in dem gigantischen Kampfe um die Be­freiung der unterdrückten Brüder erfüllt habe, her­vor und sagte: Die in London geführten Verhand­lungen, die wir mit begreiflicher UngeduD ver­folgen, haben leider noch nicht das Resultat er­geben, das von der Menschlichkeit und im In­teresse zukünftiger guter Beziehungen zwischen den Kriegführenden gefordert wird. Ich hoffe noch immer, daß wir zu einer endgültigen Einigung gelangen werden, um uns sobald als möglich un­seren friedlichen Beschäftigungen widmen zu kön­nen. Aber wenn der unerforschliche göttliche Rat­schluß es anders will, werden wir nickt zögern, von neuem zu den Waffen die Zuflucht zu neh­men, um den Feind zu zwingen, uns für unsere kostbaren Opfer eine vollkommen billige und wür­dige Genugtuung zu geben.

Die Türkei besteht auf ihren Forderungen.

* Konstantinspet, 3. Jan. Der Minister des Aeußeren erklärte gestern abend auf der Pforte dem Privatkorrespondenten des Wokff'schen Telegraphen­bureaus, ' die Pforte habe ihren Delegierten in London neue präzise Instruktionen gesandt. Die Vertreter der Türkei würden die Delegierten des Balkanbundes auf Grund dieser Instruktionen wis­sen lassen, daß die Pforte k sine Insel des Aegäischeu Meeres abtreten könne, daß sie dagegen geneigt sei, einige Rektifikationen der Grenze des Wilajets Adrianopel vorzunehmen, das aber vollkommen der Türkei verbleiben müsse. Weiter führte der Minister aus, daß jetzt ein grö­ßerer Schritt zum Frieden getan sei, wenn auch zunächst nur eine Einigung übex das Schicksal Albaniens und Mazedoniens vorhanden sei, die unter der Suzeränität des Sultans bleiben. Bon einem gesicherten Frieden zu sprechen aber gehe zu weit, da die Türkei betreffend Advia- nopels unerbittlich sei und u'nbedingt den Krieg wieder beginnen wsrde, falls diele Stadt nicht der Türkei belassen werde.

st London, 3. Jan. In der heutigen Sitzung der Friedenskonferenz überreichten die Delegierten der Verbündeten ein dreifaches Ultimatum betref­fend Adrianopel, Kreta und die Aegäischen Inseln. Sie gaben gleichzeitig zu verstehen, dass sie die Verhandlungen abbirechen würden, falls sie nicht bis Montag nachmittag um 4 Uhr eine Kare und zufriedenstellende Antwort erhielten. Die Türken schlugen vor, daß sie ihre Antwort morgen nach­mittag um 4 Uhr geben würden. Dieser Vor­schlag wurde von den Delegierten der Verbün­deten angenommen. Er wird als ein Anzeichen dafür aufgefaßt, daß die Türken einen Bruch für unvermeidlich ansehen.

Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Laut.

Druck und Verlag der W. Rteker'schen Buchdruckerei in Altensteig

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