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1877.

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Dies-tag, de« iv. November.

Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.

ISIS.

Krieg dem Kriege!"

Die internationale Sozialdemokratie rüstet sich, den Krieg mit Worten und mit Resolutionen zu bekämpfen. In Deutschland redeten am Sonntag ausländische Sozialisten für den Völkerfrieden, und Herrn Scheidemann schickt man nach Paris, Herrn Liebknecht nach Budapest, um den Krieg tot­zureden. Klara Zetkin aber ruft die Frauen auf, zahlreich an dem internationalen Kongreß zu er­scheinen, ummachtvoll für den Frieden zu demon­strieren". Und Ende November wird sich die in­ternationale Sozialdemokratie in Basel ein Stell­dichein geben, allwo die Proletarier aller Länder in der Burgvogsteihalle über die »internationale! Lage und über die Vereinbarung einer Aktion ge­gen den Kriegt beraten wollen. Das Schema dafür liegt bereits fertig in den Artikeln der deutschen sozialdemokratischen Presse vor. Es beweist, wie die Sozialdemokratie in einem geschraubten Schlage wortiormalismus völlig erstarrt ist, so daß eigene Gedanken und selbständiges Nachdenken dagegen nicht mehr aufzukommen vermögen. Alle Erschein­ungen auf dem Welttheater werden in den großen VerlegenheitskesselImperialismus" geworfen, wie der Spötter Schippet neulich so treffend sagte,, und eine Abwechslung bietet höchstens das mar­kige Schlagwort von derkapitalistischen Raub­und Beutepolitik". Nur schade, daß die sozial­demokratische Doktrin auf die letzten weltpoliti­schen Ereignisse so g,ar nicht anzuwenden ist. Ita­liens Feldzug gegen die Türkei war sehr gegen die Interessen der kapitalistischen Machtfaktoren so­wohl Italiens wie der Türkei, da derKapitalis­mus" hüben und drüben an einem ruhigen Han­delsverhältnis viel stärker interessiert war als an einem kriegerischen Zusammenstoß mit Lander­werbsaussichten für die eine Partei. Ebensowenig paßt das sozialistische Schema auf den Angriff der Balkanvölker gegen die Türkei. Auch hier erlitten diekapitalistischen" Interessen eine empfindliche Störung. Eine Jdeenverwirrung ist aber bei der Sozialdemokratie durch den weiteren Verlauf des Krieges eingetreten. Die sozialistischen Theoreti­ker haben plötzlich ganz vergessen, daß es die Bal- kaustaaten waren, die den Krieg vom Zaune bra­chen, und mit einer fast rührenden Fürsorge sind die sozialdemokratischen Zeitungsartikel darum be­müht, daß Europa ja nicht die Balkanstaaten bei ihrem Geschäft des Beuteeinsteckens störe. Nun läßt sich zur Not die Angliederung solcher Gebiete, in denen Volksgenossen der Balkanvölker wohnen, mit der sozialdemokratischen Theorie von dem Selbst­bestimmungsrecht der Völker in Einklang bringen, obwohl es recht fraglich ist, ob die Bewohner jener Gebiete nun ohne weiteres sich als Brüder der siegreichen Völker fühlen und ihnen die neue Regierung dauernd gut bekommen wird. Ganz seltsam aber ist, daß die sozialdemokratische Presse sich mit einem fast heiligen Eifer gegen ein selb ständiges Albanien wendet, obwohl es doch logisch ist, daß, wenn mauden Balkan für die Balkan- Völker" fordert, mau auchAlbanien den Alba­niern" zugestehen muß. Hier versagt aber die sozialdemokratische Theorie von dem Selbstbestim- wungsrecht der Völker. Unhaltbar ist es doch, auch, das staatliche Selbstbestimmungsrecht zu fordern n. gleichzeitig das staatliche Lebensinteresse zu perhor- reszieren. Die Politik Oesterreich-Ungarns ist im Verlauf der letzten Jahre gewiß nicht frei von jeder Agression gewesen; ivenn sich aber Oester­reich jetzt gegen eine slawische Einkreifungspolitik wendet, so wird man ihm das im Interesse seiner Zukunft wahrhaftig nicht verargen können, und die Sozialdemokratie in ihrer Gedankenlosigkeit und gräßlichen Oberflächlichkeit begreift nicht, daß sie russische Interessen verficht, wenn sie Oester­reichs Vorgehen fortgesetzt mit den schärfsten Aus­drücken bekämpft. Im letzten Grunde, darüber kaun gar kein Zweifel sein, ist es Rußlands Vor tnl, ivenn slawische Staaten Oesterreich im ganzen Tüder, umfassen. "Sie bedrohen den staatlichen Bestand Oesterreichs, das zahlreiche "Slawen gU

seinen Staatsangehörigen zählt, und r'm Kriegsfälle mit Rußland zwingt ein starker Balkanbund Oester­reich zur Halbierung seiner Streitkräfte ein 'ge­radezu ungeheurer Vorteil für Rußland! Aber so weit sind die Sozialisten in ihre Dialektik verrannt, daß sie ganz den Sinn für die Wirk­ung ihrer Agitation verloren haben. Noch "heute ist Rußland das Haupt Ves Absolutismus und die Vormucht der Reaktion in Europa, llnd dennoch stützt die sozialistische Agitation diese Macht! Es klingt wie ein Treppenwitz der Weltgeschichte, wenn es nicht eine gefährliche Wahrheit wäre. Auch über die Kräfte, die den Weltfrieden wirklich er­halten, tappt die Sozialdemokratie völlig im Dunk­len. Dadurch, daß die Mächtegruppierungen unter­einander Zusammenhalten, ist der Friede mehr ge­währleistet als durch irgend einen anderen Faktor. Rußland wird sich hüten, einen Krieg wegen Ser­bien zu unternehmen, wenn es weiß, daß der Dreibund fest zusammenhält. Das vergrößerte Ri­siko eines Krieges infolge der europäischen Völker­bündnisse ist die stärkste Friedensgarantie. Kürzlich forderte die Sozialdemokratie in einer Demonstra­tionsversammlung Deutschland auf,seinen Ein­fluß für die Erhaltung des Weltfriedens bei den übrigen Großmächten geltend zu machen". Diese naiven Leute sollen doch bedenken, daß man im weltpolitischen Leben nicht Einfluß mit papiernen Resolutionen ausübt. Dazu gehören staatliche Machtmittel, die die Sozialdemokratie aber noch immer in unglaublicher Verblendung verwergeri. Man sieht immer wieder, wie wenig die Sozial­demokratie, die angebliche Partei der Wissenschaft, noch in die weltpolitischen Gegenwartsprobleme ein­gedrungen ist. Sie sollte lieber, anstatt sich an großen'Worten und auf internationalen Paraden zu berauschen, im stillen Kämmerlein darüber Nachdenken, ob nicht der Liberalismus auf dem richtigeren Wege ist, der dem Volk gibt, was des Volkes ist, aber auch vaterländische Notwendigkeiten nicht ans dem Auge läßt und damit dem Welt­frieden bessere Dienste leistet a!s die hohle so­zialdemokratische Ruhmredigkeit.

Landesnachrichten.

Zkltensieig, 19. November 1912.

* Markt. Der aus Dienstag, den 26. November fallende Krämer-, Vieh- und Flachsmarit in Alten steig wird ab gehalten.

* Justizroferendare in den Schutzgebieten. Die Reichskolonialverwaltung will Referendare, die sich später dem Kolonialdienst zu widmen gedenken, die Ableistung eines Teils ihrer VvrbereitungDzeit bei den Gerichten der Schutzgebiete ermöglichen. Das Justizministerium ist nach einer Bekanntmachung im Ministerialamtsblatt bereit, Württemberg. Re­ferendaren, die hiervon Gebrauch machen wollen, den erforderlichen Urlaub zu erteilen. Tie Beschäf­tigung bei den Gerichten der Schutzgebiete soll re­gelmäßig nach Ableistung von neun Monaten des amtsgerc, chen Vorbereitungsdienstes beginnen u. höchstens ein Jahr dauern. Wegen der Einteilung des amtsgerichtlichen Vorbereitungsdienstes emp­fiehlt es sich, etwaige Gesuche um Zuteilung an die Gerichte der Schutzgebiete schon zu Beginn desselben zu stellen und dem Justizministerium vor­zulegen. Das Nähere, insbesondere über die Be­dingungen der Zuteilung über die den Gestichen anznschließenden Belege, können die Referendare bei der Kanzlei des Justizministeriums erfahren.

* Uebertragen wurde eine ständige Lehrstelle in Nassach, Bez. Schorndorf, dem Schulamtsverweser Philipp Bischofs in Schernbach, Bez. Pfalzgra- senweiler.

ss Freudenstadt, 18. Nov. (Wintersport.) Der erste Wintersportsonntag brachte sehr lebhaftes wintersportliches Treiben. Mit dem in Stuttgart abgelassenen ersten Wintersportzug kamen rund 300 Skiläufer hierher, die teils zu Wagen, teils zu Fuß den Schneeschnhplätzen zueikten. Die hiesig''

Schneeschnhgilde unternahm eine Tour vom Kien­berg durch den Teuchelwald. Auch! die Rodelbah>- nen wurden von Jung und Alt zahlreich benützt. Der Ruhestein und die Hornisgrinde war von el- säßischen und badischen Schineeschuhläufern sehr stark besucht. Der Schnee liegt annähernd einen halben Meter hoch und dürfte sich, wenn kein Wit- ternngsumschlag eintritt, auch noch über den näch­sten Sonntag erhalten.

ss Catw, 18. Nov. (Betrug.) Der Händler und Schmied Gering von Dachtel, der einem Schä­fer in Knittlingen zwei größeren Darlehen abzu­gewinnen wußte, ist wegen Betrug verhaftet wor­den.

jj Neuenbürg, 18. Nov. Drei Rekruten von Loffenau, die ein Mädchen in wüster Weise miß­braucht hatten, sind verhaftet worden.

ll Herrenberg, 18. Nov. (Unfall.) In Rohrau brach gestern früh in dem Haus des Georg Kienzle, als die Frau Kaffee machen wollte, der Küchenboden, der über dem Stall liegt, hinunter. Die Frau mußte aus dem Schutt herausgeholt werden, er­litt aber glücklicherweise nur leichtere Verletzungen.

s s Tübingen, 18. Nov. (K önigsbesn ch.) Ge­stern vormittag stattete das KönigDpaar der von der Burschenschaft Germania veranstalteten Uhland- gedächtnisausstellung einen Besuch ab. Die Maje­stäten verweilten etwa eine halbe Stunde in der Ausstellung und waren über das Gesehene hoch befriedigt.

Il Göppingen, 18. Nov. (Ruchloses Ver­brechen.) Das zwischen Salach und Süssen in der Ftts aufgefundene Mädchen scheint einem ruch­losen Verbrechen zum Opfer gefallen zu sein. Wie verlautet, wurden zwei Personen verhaftet, die im dringenden Verdacht stehen, das Mädchen vergewal­tigt, ermordet, evenil. es in die Fils gestoßen zu haben, wo es seinen Tod fand.

X Pforzheim, 18. Nov. (7000 Mark ge­stohlen.) Ein sehr rentabler Einbruch wurde ge­stern nachmittag am Helten Tag hier begaipgen.

Meg in Ons Haus in die

Wohnung eines Gas-gelderhebers, wo es ihm glückte, verschiedene Lchmucksachen sowie eine alte Leder- lasche mit 7000^Mark Inhalt zu erbeulen. Man hat noch keine spur vom Täter.

-r.as LanoragswaWergebitts in Stuttgart-Stadt.

>l Stuttgart, 18. Nov. Ais Abgeordnete der Stadt Stuttgart wurden durch die am Samsiaa vorgenommene Proporzwahl folgende 6 Kam drdaten gewählt: Dr. Lindeinann' (Svz. ), W e st - meyer (Svz.), Engelhardt -Soz.,, Baumanv (Natl.,, v. Gauß (Vp.) und Hitler (Bi.). Die Parieren erhielten folgende Stimmenzahl: Sozial, demoirotie 139 204, Deutsche Partei 72 471, Volks. Partei 38 659, Konservativ r 094, Zentrum I 8 513 Dre Listen der Deutschen Partei und der Fort­schrittlichen Voikspartei sowie die der Konservativer mit dem Bund der Landwirte und des Zentrum- Waren verbunden. Im einzelnen erhielten: Dr Lindemann 35 880, Engelhardt 24 674, Westmeyer 23 477, Mauz 19 214, Oster 17 968, Schimmel l<99l, Baumann (DP? 18 800, Bazille (DP.. 18 240, Kriech (DP.) 8 662, Weitbrecht lDP.

13 607, Leibbrand (DP.) 6 884, v. Gauß (Vp 12078, Vötter (Vp., 8 651, Haaga Wv.) 6252, Frarsi (Vp.' 6074, Eisele (Vp.: 5411, Dr. Rüstige (Vp. 93, Hitler (Bk.) 13 427, Mangold (Bk.) 5042, Fi­scher (Bk.) 4861, Remppis i'Bk.) 3330, Mütter (M. 2097, Krug (Bk.) 329, Groß (Z.) 5367, Dt. Schik- i"lg (Za 4994, Schanbacher (Z.) 2208, Krumme, (Z.: 2119, Heinkeke Z.) 2091, Megger (Z.) 1.834 Bei den Proporzwahlen von 1906 sielen auf di« soz. Liste 117 136, (also heute mehr "'>068>, die Liste der Deutschen Partei 59 31n >.usio heut« mehr 13 156), ans die Liste der Vokkspartei 36 081 attso heute mehr 2578), auf die von Bund uni Konservative 16 527 (heute mehr 12 5670 Aus­fallend gering ist demnach der Zuwachs der Volks. Partei.